Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1978) (78)

Wohl entwickelten die einzelnen Häuser viele übereinstimmende Rechtsinstitute, die indessen keine allgemeine Rechtsverbindlichkeit erlangten. Hausrecht war nur, was das Haus kraft seiner Autonomie selber bestimmte. Die Frage nach dem Träger der Hausgesetzgebung bildete im 19. Jahrhundert Gegenstand gelehrter Kontroversen.21 Nach der Korpora- tionstheorie (vor allem vertreten von Beseler und Gierke) kam den Familien des hohen Adels Rechtspersönlichkeit zu, ihrem Oberhaupt somit lediglich Organstellung. Andere22 lehnten die Konstruktion einer juristischen Persönlichkeit ab und betrachteten das Familienoberhaupt als Inhaber der Satzungsgewalt. Für Liechtenstein stellt sich das Prob- lem kaum, da, wie zu zeigen sein wird, das Haus sich nach der Erb- einigung von 1606 als eigentumsfähige Rechtspersönlichkeit darstellte. Die liechtensteinischen Hausrechtsnormen kamen ausserdem immer unter Mitwirkung sämtlicher Agnaten zustande. Hausrechtsnormen waren objektives, auch Dritte bindendes Recht.23 Begrenzt war dieses Satzungsrecht durch die Reichs- und Landesver- fassung, die Reservatrechte des Kaisers, dann die rechtliche Beschaffen- heit des Gegenstandes der Verfügung sowie wohlerworbene und gesetz- lich unentziehbare Rechte Dritter.24 Ausserdem sollte das Hausrecht nicht über seinen Zweck, die Erhaltung des splendor familiae, hinaus- schiessen.25 Hausrecht bildete sich in den einzelnen Adelsfamilien nur allmäh- lich. Zuerst richtete sich auch der Herrenstand nach dem gewöhnlichen Landrecht.21' Dann, bis ins 14. Jahrhundert hinein, wurde in zahlreichen 21 Vgl. Hübner, HO und 336. 22 Z. B. Stobbe und Heusler (siehe Hübner aaO.). 23 Hübner, 109. — Bei unbefugter Veräusserung hausrechtlich gebundener Güter konnten die nach Hausrecht Anwartschaftsberechtigten die Sache von jedem Dritten mit Revokationsklage zurückverlangen (vgl. Hübner, 336). 24 Vgl. hierzu Scholly, 3. — Beispielsweise konnten die kurfürstlichen Häuser bezüglich der Kurlande keine der Goldenen Bulle von 1356 entgegenstehenden Sukzessionsnormen erlassen (es galt Primogeniturerbfolge; vgl. Klank, 5 ff). 25 Hübner, 110: «Daher bezogen sich die Sätze des Privatfürstenrechts im wesentlichen auf Erbfolge, Mitgliedschaft im Hause, Ebenbürtigkeit und Miss- heirat. Ausstattung der Frauen und nachgeborenen Söhne, Vormundschaften, Familienfideikommisse u. dg].». 26 Schulze, Fürstenrecht, 1356; derselbe, Erb- und Familienrecht, 18 ff. 10
	        

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