J A H R B U C H
DES H I S T O R I S C H E N V E R E I N S
FÜR DAS FÜRSTENTUM
L I E C H T E N S T E I N
A C H T U N D S I E B Z I G S T E R B A N D
/ A D U Z , I M S E L B S T V E R L A G D E S V E R E I N S , 1978
Redak t ion : Fe l ix Marxer , St. Annagasse 8, 9490 V a d u z
Photoli thos und C l i ches : J o h n + C o , 9004 St. G a l l e n
D r u c k : Buch - und Offse tdruckere i H i l t y , 9494 Schaan
Buchbindere i T h ö n y , 9490 V a d u z
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S
Seite
Z u m vierzigsten R e g i e r u n g s j u b i l ä u m Seiner Durchlaucht F ü r s t F ranz
Josef II. von und zu Liechtenstein V
A N S P R A C H E N
D r . Ka r lhe inz Ritter, L a n d t a g s p r ä s i d e n t I X
F ü r s t l . Justizrat D r . Gera rd Batliner, L a n d t a g s v i z e p r ä s i d e n t . . . . X I I
Hans Brunhart, Fü r s t l . Regierungschef X V I I
Georg Schmid Das Hausrecht der F ü r s t e n von Liechtenstein . . . 1
Otto Seger F ü r s t a b t Rupert Bodman von Kempten und sein W i r -
ken f ü r unser Land 183
M a r i o Broggi Die Pf lanzenwelt in den liechtensteinischen F lurnamen 203
K U R Z B E R I C H T E
Gustav W i l h e l m P l ä n e eines l änd l i chen Schlosses auf Gutenberg . . 259
Jakob B i l l E i n Brozehenkelfragment vom K r ü p p e l ob Schaan . 269
A l f o n s M a r x e r E i n Verzeichnis aus dem Jahre 1799 . . . . 271
V E R E I N S C H R O N I K
Jahresbericht, Jahresrechnung, Verzeichnis der Tausch-
vereine 273
Jahresbericht des Liechtensteinischen Landesmuseums 287
A N H A N G
Benedikt Bilger i Liechtensteinisches Urkundenbuch, I. T e i l , 5. Band,
3. L ieferung 187
Zum vierzigjährigen
Regierungsjubiläum Seiner
Durchlaucht Fürst Franz Josef IL
von und zu Liechtenstein
Ansprachen anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten
in Vaduz
Fürst Franz Josef II. von und zu Liechtenstein,
geboren am 16. August 1906. Regierungsantritt am 26. Juli 1938
V I I
A m 25. Juli 1978 läuteten die Glocken aller Kirchen des Landes
zum Gedenken an den vor 40 Jahren erfolgten Regierungsantritt S. D .
Fürst Franz Josef II. von Liechtenstein.
Die Feierlichkeiten zu diesem Anlasse boten Regierung und Volk
von Liechtenstein Gelegenheit, ihrer Freude, aber auch ihrer Dankbar-
keit gegenüber einem Monarchen zum Ausdruck zu bringen, der in be-
wegter Epoche, in einer Zeit tiefgreifender Wandlungen auf allen Ge-
bieten des menschlichen Zusammenlebens die Geschicke unseres Landes
mit hoher Verantwortung und staatspolitischer Klugheit geleitet und
entscheidend mitgestaltet hat.
Die vierzigjährige Regierungszeit Franz Josef II. umfasst die Ent-
wicklung Liechtensteins zum modernen Staat. Äussere Bedrohung und
innere Probleme haben Fürst und Volk zusammengeführt zu einer ech-
ten Lebensgemeinschaft.
Auch der Historische Verein, der Fürst Franz Josef II. viel verdankt,
stellte sich in die Reihe der Gratulanten, in der Überzeugung, dass seine
Glückwünsche nicht nur von seinen Mitgliedern sondern von allen
Liechtensteinerinnen und Liechtensteinern getragen werden, denen
Geschichte und Schicksal unseres Landes am Herzen liegen.
Nachstehend veröffentlichen wir drei Beispiele aus dem Kranz der
Jubiläumsansprachen, die die Bedeutung des Anlasses würdigen.
VII I
Ansprache von Herrn Landtagspräsident Dr. Karlheinz Ritter
anlässlich des 40. Regierungsjubiläums S. D. Fürst Franz Josef II.
von und zu Liechtenstein am 14. August 1978
Unseren Staatsfeiertag, den wir in jahrzehntealter Tradition am Ge-
burtstag unseres Fürsten begehen und der uns Anlass sowohl zu fest-
licher Freude als auch zu kritischer Besinnung geworden ist, verbinden
wir in diesem Jahr mit dem Gedenken an den vor vierzig Jahren erfolg-
ten Regierungsantritt S. D . des Landesfürsten.
Im März 1938, als Europa in das verheerende Gewitter einer Gross-
machtpolitik geriet, die unseren Nachbar Österreich, mit dem wir enge
und herzliche Beziehungen unterhielten, als erstes Opfer forderte und
die uns umso enger an die freundnachbarliche Schweiz rücken Hess, als
deren Neutralität und Wehrwille auch Schutz und Schirm für Liechten-
stein zu bieten versprach, übertrug der achtzigjährige in Österreich le-
bende Fürst Franz I. die Regentschaft über Liechtenstein an seinen
Grossneffen, Prinz Franz Josef. Vier Monate später, am 26. Juli 1938,
übernahm Prinz Franz Josef als Fürst Franz Josef II. die Nachfolge
seines eben verstorbenen Grossonkels und leistete den Verfassungs-
schwur. In seiner Botschaft an das liechtensteinische Volk gelobte er,
dem Lande ein gerechter Fürst zu sein, die verfassungsmässigen Frei-
heiten zu wahren, den Bedrängten und Armen ein Helfer und dem Recht
ein treuer Hüter zu bleiben. Dem feierlichen Ernst, mit dem der Fürst
das Gelöbnis in gefahrvoller Zeit leistete, entsprach die lautere Gesin-
nung, mit der er das Versprechen in der Folge einhielt.
Schon vor der Übernahme einer verfassungsmässigen Funktion in
unserem Lande hatte Prinz Franz Josef höchstes staatspolitisches Ver-
antwortungsbewusstsein bewiesen, als er der parteipolitischen Verstän-
digung und der demokratischen Zusammenarbeit zum Durchbruch ver-
half. Die damit wenige Wochen vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges
eingeleitete innenpolitische Befriedung hat uns vor einem unheilvollen
Schicksal bewahrt, und jenes Eingreifen des jungen Prinzen in die liech-
tensteinische Parteipolitik erweist sich schon aus der heutigen vierzig-
jährigen Distanz als eine Tat von wahrhaft historischer Bedeutung.
Als dem Hüter des Rechts waren und sind Gerechtigkeit und Frei-
heit unserem Fürsten grundsätzliche Anliegen, die er nie aus den Augen
I X
verliert. Wenn man die Politik als die Kunst des Möglichen bezeichnen
will , so hat Fürst Franz Josef aus der Staatspolitik eine Staatsweisheit
geformt, die nicht nur das Mögliche, sondern vor allem das Erstrebens-
werte zu erreichen sucht. Sein Demokratieverständnis hat unser Fürst in
mancher Form, in Wort und Tat, vornehmlich aber dadurch zum Aus-
druck gebracht, dass er sich selbst als den ersten Diener seines Staates
betrachtet.
Die staatsmännischen Fähigkeiten unseres Staatsoberhauptes erfül-
len uns mit Hochachtung vor dem Monarchen, erwecken unseren Stolz
über unsere Monarchie und tragen bei zu unserem Selbstbewusstsein.
Wenn wir Liechtensteiner aber eine echte Zuneigung und Verehrung für
unser Fürstenhaus hegen, so liegt der Grund dafür vorab in der Persön-
lichkeit des Fürsten. Menschliches Verständnis für die Probleme der
Bevölkerung, moralische Integrität als Ausdruck echter religiöser Le-
benshaltung, Bescheidenheit in den persönlichen Ansprüchen und Gross-
zügigkeit gegenüber anderen sind jene besonderen Eigenschaften, die
sowohl unseren Respekt vor dem Staatsoberhaupt als auch unsere tiefe
Verbundenheit mit dem sich uns zugehörig fühlenden Fürsten begrün-
den. In unsere Gefühle herzlicher Verehrung schliessen wir aber auch
die fürstliche Familie und besonders unsere Landesfürstin ein, deren
menschliche Tugenden nur noch von ihren vorbildlichen sozialen Le i -
stungen zum Wohle unseres Landes übertroffen werden.
Im Streben nach Beständigkeit können Fürstenhaus und Volk den
Erfolg nur gemeinsam erringen. So wie sich monarchistische und demo-
kratische Grundsätze in unserem Staat gegenseitig durchdringen und be-
grenzen, erfordert ihr Bestand die gegenseitige Übereinstimmung und
Anerkennung. Dazu ist die Fähigkeit des Fürsten, den an ihn gestellten
hohen Anforderungen zu genügen ebenso notwendig, wie die Einsicht
des Volkes in die Zusammenhänge unserer spezifischen staatspolitischen
Entscheidungsbefugnisse.
Man darf behaupten, dass der Liechtensteiner im allgemeinen die
staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten ernst nimmt. Was uns noch
stärker beschäftigen sollte, so scheint mir, ist das aktive Interesse an der
Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten, sei es durch die Teilnahme
an der politischen Diskussion, sei es durch die Mitwirkung an der politi-
schen Entscheidung selbst. Dazu gehört freilich mehr als ein blosser
Meinungskonsum. Willensbildung und Entscheidungsgrundlagen wollen
X
erarbeitet sein. Voraussetzung dafür ist die objektive, die sachliche In-
formation durch die zuständige Behörde. Die Befassung mit öffentlichen
Angelegenheiten hat immer einen entsprechenden Verzicht in der Be-
tätigung im privaten oder beruflichen Bereich zur Folge. Aber dieser
Verzicht hält sich auch dann in zumutbaren Grenzen, wenn man die für
eine objektive Urteilsbildung nötigen Informationen nicht zuhause di-
direkt vom Bildschirm erhält, sondern sich erst damit befassen muss,
zumal der Wohlstand, den die letzten vierzig Jahre gebracht haben, uns
diesen Verzicht erleichtern. A n den mit besonderen politischen Funk-
tionen betrauten Staatsbürger, an den Politiker also, werden selbstver-
ständlich strengere Massstäbe gelegt. E r hat die von ihm übernommenen
Aufgaben ohne Rücksicht auf sein Privatleben und unter Umständen
auch auf Kosten seiner beruflichen Verpflichtungen zu erfüllen. Für
beide aber, für den Bürger und für den Politiker, mag der heutige Tag
Anlass sein, ihre Verpflichtungen gegenüber der Öffentlichkeit zu über-
denken und sie zu vergleichen mit den von unserem Fürsten erbrachten
Leistungen und mit dem Ausmass seiner materiellen Opfer und seines
persönlichen Verzichts.
Durchlauchtigster Landesfürst! A m Gedächtnistag Ihrer vierzig
Regierungsjahre, die unserem Land zum Segen gereichten und für deren
volle Würdigung Zeit und Worte fehlen, sagt Ihnen Ihr Volk herzlichen
Dank für Ihr unermüdliches Wirken zum Wohle des Landes. Wir er-
neuern unser vor vierzig Jahren abgegebenes Gelöbnis, treu zum Für-
stenhaus zu stehen und im Staate mitzuwirken entsprechend den Fähig-
keiten und Möglichkeiten jedes Einzelnen.
Gott schütze Fürst, Volk und Vaterland !
X I
Ansprache von
Landtagsvizepräsident Fürstl. Jusizrat Dr. Gerard Batliner,
gehalten am Festakt aus Anlass des 40. Regierungsjubiläums
S. D. Fürst Franz Josef II. von und zu Liechtenstein, 13. August 1978.
Durchlaucht, als Sie am 26. Juli 1938 die Nachfolge des verstorbe-
nen Fürsten Franz antraten, standen Europa und die Welt vor dem
Krieg. Bereits seit Februar bewachten deutsche Truppen die österreichi-
sche Grenze. Bald folgte der Einmarsch in das Sudetenland und in die
Tschechoslowakei. Der Zweite Weltkrieg brach aus. Fast ganz Europa
fiel an die Achsenmächte. Mitten in diesem von Knechtschaft und Elend
heimgesuchten und gedemütigten Europa fand sich eine Insel der Frei-
heit: die bewaffnete, neutrale Schweiz und das unbewaffnete, neutrale
Liechtenstein. Seit damals sind die freundschaftlichen Beziehungen die-
ser beiden Staaten besonders eng geworden.
Schon vor Anbruch dieser Zeit hatten Sie Ihren Wohnsitz nach V a -
duz verlegt und Ihr Schicksal mit unserem Land verbunden. Später hei-
rateten Sie hier, und Ihre Kinder besuchten hier die Volksschule. Be-
reits vor Ihrem Regierungsantritt hatten sich — nicht ohne Ihre starke
Einflussnahme — die zerstrittenen Perteien auf eine Koalition geeinigt.
Die Liechtensteiner schlössen sich enger zusammen. Fürst und Volk
gingen starke gegenseitige Bindungen ein. Nach der Erbhuldigung im
Landtag folgte eine weitere, von der Verfassung nicht vorgesehene H u l -
digung des Volkes. Dieser Akt , der am 29. M a i 1939 auf der Schloss-
wiese stattfand, und bei dem Sie zuerst einen Eid auf die Sicherheit
unseres Landes ablegten, gestaltete sich zu einer Art «Rütlischwur» auf
die Unabhängigkeit unseres Staates, bei dem das versammelte Volk
nebst der Huldigung einen Schwur auf die «Erhaltung der Sicherheit»
unseres Landes leistete. 9 5 % der Stimmberechtigten sprachen sich in
dieser kritischen Zeit in einer Unterschriftensammlung für die Erhaltung
der Unabhängigkeit des Landes aus. Die «Frauen und Mütter» — heute
noch nicht wähl- und stimmberechtigt — veranstalteten 1940 eine ähn-
liche Aktion. Im selben Jahre weihten Sie, Durchlaucht, Land und Volk
in der Wallfahrtskapelle auf Dux der Gottesmutter. Dux wurde zum
Symbol des Schutzes.
X I I
Fürst und Volk und Institutionen waren auf das eine, schier un-
mögliche Ziel ausgerichtet: durchhalten und überdauern. Der Krieg ging
an uns vorüber, dank einer gütigen Fügung, dank des Bestandes der
Schweiz, aber auch dank des eigenen Durchhaltewillens.
Bevor ich auf die heutigen politischen Umweltbedingungen zu spre-
chen komme, möchte ich noch ein Ereignis hervorheben, das für unser
Aussenverhältnis von grosser Tragweite war und ist: Österreichs Wie-
dererlagung der Unabhängigkeit 1955 und dessen Erklärung der Neu-
tralität. Seither steht Liechtenstein auch im Osten einem neutralen
Staatswesen gegenüber. Abgesehen von den besonderen Verhältnissen
1938—1945 war Liechtenstein zwar seit seiner Unabhängigkeit von
aussen nie bedroht, doch verleiht die immerwährende Neutralität unserer
Nachbarn unserem Lande einen qualifizierten Schutz vor militärischen
Übergriffen. Der Schutz, den unsere bewaffneten und neutralen Nach-
barländer selbst geniessen, überträgt sich auch auf Liechtenstein. Rund-
um von Neutralen eingepolstert, ist damit unser unbewaffnetes Liechten-
stein gewissermassen vor äusseren Angriffen so sicher wie unsere be-
waffneten Nachbarn selbst. Die Staaten können ihren Platz auf der
Erde nicht aussuchen. Liechtenstein weiss um seinen glücklichen Stand-
ortvorteil zwischen zwei stabilen, friedliebenden und wohlgesinnten
Nachbarn. Der vor wenigen Tagen verstorbene, frühere Präsident der
Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Karl Czernetz, hat
in diesem Zusammenhang von einer «Sandwich-Situation» gesprochen.
Zur heutigen Wirklichkeit gehört eine weitere Dimension. Wir alle
sind zusehends Teil Europas und der Welt geworden, voneinander ab-
hängig und aufeinander angewiesen, wirtschaftlich, in Bezug auf die
Erhaltung der natürlichen Umwelt wie in Bezug auf den Frieden. Die
Interdependenz und die Weltprobleme zwingen über die herkömmlichen
bilateralen Beziehungen hinaus alle Staaten zu weitergehender multi-
lateraler Zusammenarbeit im Rahmen von Konferenzen, Übereinkom-
men, internationalen Organisationen. Auf diese Weise sind zahlreiche
Entscheidungszentren neben den Staat als einzigem Subjekt des inter-
nationalen Geschehens getreten. Feste Grenzen werden durchlässig und
eine nie gekannte Dynamik treibt die Staaten zusammen. Wo in einer
statischen Welt, überspitzt formuliert, der Staat, von gewaltmässigen
Eingriffen abgesehen, sozusagen durch die Einzeichnung auf der Land-
karte gesichert war, ist die ehemals relativ festgefügte Staatenwelt in
XI I I
einen neuen flüssigeren Aggregatzustand der Zusammenarbeit getreten.
Um dabei nicht aufgelöst oder von jeder neuen Welle der Entwicklung
überspült zu werden, bedarf es auch für grössere Länder beharrlicher
Festigkeit. Zugleich aber sind Öffnung und Mitwirkung und Solidarität
verlangt, will man den Bezug zur heutigen Wirklichkeit nicht verlieren.
Diese Spannung zwischen Beständigkeit und Anpassung, zwischen
Festigkeit und Öffnung muss auch ein kleiner Staat aushalten. Dass dies
wiederum —- vergleichbar mit den Zeiten zu Beginn Ihrer Regentschaft,
Durchlaucht — der Anstrengung aller Kräfte bedarf, ist offenkundig,
und wir müssen fragen: Sind unsere Institutionen auf diese neuen Her-
ausforderungen vorbereitet. Es wäre dem Ernst dieser Feierstunde nicht
angemessen, diese kritischen Fragen zu übergehen.
Unser Staat hat seine Leistungen in den vergangenen Jahren ver-
vielfacht. Höchste Erwartungen wurden übertroffen. Aber vielleicht
haben wir uns zu einseitig dem nur Nützlichen verschrieben. Unsere
demokratischen und repräsentativen Institutionen sind bei allen aner-
kennenswerten Verbesserungen und ihren grossen Leistungen teilweise
nicht entsprechend mitgewachsen. Die Frauen haben immer noch kein
Stimmrecht, obwohl gerade ein kleines Land alle seine Kräfte und Ta-
lente brauchen würde. Unsere Ständevertretung von 1818 mit 26 und
mehr Abgeordneten, unsere Volksvertretung von 1848 mit 24 Abgeord-
neten besitzt seit 1862 15 Mitglieder und derzeit zusätzlich 13 Stellver-
treter. Damit muss die enorm gewachsene Arbeit bewältigt und die
Kontrolle über die Regierung und die gross gewordene Verwaltung aus-
geübt werden. Dies einige Bemerkungen an unsere eigene Adresse. Die
demokratischen und repräsentativen Institutionen bedürfen in gewissen
Zeitabständen des Uberdenkens und der Reformen, sollen sie die ihnen
zukommenden Aufgaben erfüllen.
Wie schon in den Kriegsjahren, kommt auch dem monarchischen
Element eine staatserhaltende Rolle zu. Die erbliche Thronfolge ent-
hebt den Fürsten der Wahl auf Zeit und bildet so ein Element der Kon-
tinuität. Der Fürst, der die wechselnden Partei- und Wahlerfolge über-
dauert, ist ein Faktor politischer Stabilität. Und weil die Monarchie die
kluge und deswegen nicht weniger anteilnehmende Distanz hält und
nicht gezwungen ist, in die Geschäfte der Alltagspolitik hinabzusteigen,
steht sie über der Parteiung und dem demokratischen «Verschleiss» und
X I V
ist so eine Kraft des Ausgleichs und des Zusammenhalts. Durchlaucht,
Sie haben es in den vergangenen 40 Jahren verstanden, alle diese Prinzi-
pien mit Leben zu erfüllen.
Doch nicht nur das: A m 26. Juli 1938 gelobten Sie, «dem Lande ein
gerechter Fürst zu sein» und «den Bedrängten und Armen ein Helfer».
Wo die Parteien gelegentlich das tun, was der Mehrheit gefällt oder die
Mehrheit verschafft oder sie erhält, sind Sie, Durchlaucht, diesem Wett-
bewerb enthoben, vor allem auch dem nachgegangen, was solche A b -
sicherung nicht bot. Wie ein roter Faden durchzieht es Ihre Thronreden:
die Sorge um die sozial oder aus anderen Gründen Benachteiligten, die
Stellung der Frau und das Frauenstimmrecht, die Ausländer und deren
Familiennachzug, die Einbürgerung, andere Konfessionen. So sind Sie,
sich der Schwächeren und der Minderheiten annehmend, zugleich auch
Kraft der Integration geworden. In diesem Zusammenhang möchte ich
auch die Fürstin nennen, die, seit sie bei uns ist, in ihrer fraulichen und
mütterlichen Art zum Wohle vieler tätig wurde. Das Gemeinwohl ist
kein Abstraktum.
Monarchische und demokratische Elemente sind ineinander ver-
strebt. Sie verbinden und unterstützen und tragen einander. Ihre Grund-
struktur hat für unseren Staat Vorteile. Ich bin überzeugt, dass — bei
allen aufgezeigten demokratischen Anpassungen — unser Staat solide
Voraussetzungen mitbringt, um den heutigen Fragestellungen, den äus-
seren, und auch den inneren, von denen ich nicht gesprochen habe, ge-
recht zu werden.
Auf der offiziellen Medaille zum 40. Regierungsjubiläum stehen die
Worte: «PRO D E O C U M POPULO» (für Gott zusammen mit dem
Volk) . Wenn Sie, Durchlaucht, die Versprechungen zu Beginn Ihrer Re-
gierungszeit mit Leben erfüllt haben, so scheint mir der Schlüssel hiezu
in diesen Worten auf der Medaille zu liegen. Sie verstehen Ihre Stellung
als Dienst. Das strahlt aus. Zugleich ist der Staat für Sie nicht die letzte
verpflichtende Ordnung, wie es auch in eindrücklicher Weise in der
neuen Präambel zum Schweizer Bundesverfassungsentwurf, den Sie
Herr Bundesrat Furgler leitend mitgestaltet haben, steht, wo vom Na-
men Gottes des Allmächtigen die Rede ist und von den «Grenzen aller
staatlichen Macht». Nur die Einbettung von Staat und Mensch in diese
verpflichtende Ordnung wird den Menschen vor dem Staat und vor den
Menschen sichern.
X V
Wenn wir unsere heutige Situation betrachten gereicht vieles zur
Freude und alles zu berechtigtem Dank in dieser Feierstunde gegenüber
dem gütigen Geschick, gegenüber Ihnen, Durchlaucht, und gegenüber
unseren Nachbarn. Als Vertreter des Parlaments und des liechtensteini-
schen Volkes wünsche ich Ihnen noch viele Jahre guter Gesundheit und
des Wohlergehens.
X V I
Ansprache von
Regierungschef Hans Brunhart beim Festakt aus Anlass des
40. Regierungsjubiläum S. D. Fürst Franz Josef II.
am 13. August 1978
Das Fürstentum Liechtenstein feiert in diesen Tagen das 40. Regie-
rungsjubiläum seines Staatsoberhauptes, Seiner Durchlaucht Fürst
Franz Josef II. von und zu Liechtenstein. Wenn ich meine Ansprache
am offiziellen Festakt mit dieser Feststellung beginne, so möge dies als
Hinweis darauf gelten, dass auch dieser offizielle Anlass Ausdruck des
Dankes des liechtensteinischen Volkes an seinen Fürsten ist. Nicht nur
Sie als Gäste der liechtensteinischen Behörden und nicht nur diese Be-
hörden selbst begehen diese Tage, sondern das gesamte liechtensteini-
sche Volk .
40 Jahre Regierungstätigkeit eines Staatsoberhauptes sind ohne je-
den Zweifel für ein Land Grund zur Feier. Es kann sich dabei jedoch
nicht um eine Feier um des Feierns willen handeln, sondern es ist ihre
erste Aufgabe, allen Teilen unserer Bevölkerung an diesem ausser-
ordentlichen Anlass Gelegenheit zu geben, sich auf unser Vaterland, auf
seine Geschichte, auf seine Gegenwart und auf seine Zukunft zu besin-
nen. Diese Feierlichkeiten vermögen in einem kleinen Staat wie dem
unsrigen dies in besonders hervorragender Weise zu tun. Sind doch we-
sentliche, tragende Elemente unseres Staates in unserem Monarchen
verkörpert und ist es gerade der Jubilar Fürst Franz Josef II., der wäh-
rend der vier Jahrzehnte als regierender Fürst diese tragenden Grund-
sätze im Miteinander von Fürst und Vo lk erfolgreich sich entfalten liess.
Die Rückschau muss uns dankbar machen. Dankbar dem gütigen
Geschick gegenüber, welches auch während der letzten vier Jahrzehnte
unserem Land zugedacht war. Dankbar aber vor allem auch unserem
Landesfürsten, welcher unser Staatswesen in dieser Zeit äusserer Be-
drohung, innerer Probleme und oft ungestümer Entwicklung mit kluger
Hand und auf weitsichtigste Art geführt hat. Dankbar macht sie uns
auch gegenüber allen, die an diesem Land und an dem, was es heute ist,
mitgearbeitet haben. Unser heutiges Liechtenstein ist eine gemeinsame
Leistung unter der Führung unseres Landesfürsten, auf dem Boden der
verfassungsmässigen Verantwortlichkeit und aus dem gemeinsamen
X V I I
Wollen, Liechtenstein frei und selbständig zu erhalten und es zum Wohle
aller weiterzuentwickeln.
Ein Blick in die Gegenwart mag uns zeigen, dass Liechtenstein ein
geordneter, moderner, wohl entwickelter Staat ist.
Der Blick auf die Gegenwart soll kritisch sein. Auch Ansprachen an
Feierlichkeiten sind von dieser Forderung nicht auszunehmen. So ist
denn zu sehen, dass die grosse wirtschaftliche Entwicklung der vergan-
genen Jahrzehnte, welche unserem Land wirtschaftlichen Wohlstand
gebracht hat, auch nicht frei von Problemen ist. Liechtenstein muss sich
deshalb auch in diesen Jahren als kleiner Staat in einer sich schnell
wandelnden Welt klar sein, wohin sein Weg gehen soll.
Der Blick auf die Gegenwart soll uns auch den Blick in die Zukunft
schärfen. Obwohl gerade in den letzten Jahren Wissenschaft und For-
schung die Zukunft der Menschheit und der einzelnen Staaten mit im-
mer mehr Fragezeichen verhängt haben, ist dieser Blick in die Zukunft
ein Teil unseres Lebens und unserer Aufgabe. Ausgehend von Vergan-
genheit und Gegenwart vermögen wir der Zukunft Konturen zu geben,
die uns leiten können.
Dies alles soll in Liechtenstein das 40. Regierungsjubiläum unseres
Landesfürsten sein. Aber immer wieder kehren die Gedankengänge zu-
rück zum Dank. Und auch die Freude hat ihren gebührenden Platz im
Rahmen dieser Tage.
Im Mittelpunkt unserer Betrachtungen steht die Zeit von 1938 bis
1978. Eine Zeit, welche von ihren ersten Tagen an von der glücklichen,
staatspolitischen Hand unseres Monarchen gekennzeichnet war. A m
26. Juli 1938 übernahm Fürst Franz Josef II. als Nachfolger des Fürsten
Franz I. die Regierung. M i t den Worten: «Ich gelobe, meinem Lande
ein gerechter Fürst zu sein, die verfassungsmässigen Freiheiten zu wah-
ren, den Bedrängten und Armen ein Helfer und dem Rechte ein getreuer
Hüter zu bleiben» setzte sich der neue Fürst jenes Gelöbnis, das die
Entwicklung unseres Landes überdauert hat. Und von dieser Entwick-
lung muss zweifelsohne die Rede sein, wenn ein Blick zurück über diese
40 Jahre gemacht werden soll. Dem Betrachter in die Augen springt
sicherlich der immense wirtschaftliche Aufschwung, den unser Land
während diesen Jahrzehnten vor allem in der Zeit nach dem Zweiten
Weltkrieg erlebt hat. Der heutige Stand der liechtensteinischen Wirt-
schaft ist in der Tat beeindruckend und erst vor kurzer Zeit vermochte
XV11I
sie eine ernste Bewährungsprobe gut zu überstehen. Die liechtensteini-
sche Industrie, fast ausschliesslich Exportindustrie, hat sich heute in
hartem Kampf auf den Märkten der Welt zu behaupten und im liechten-
steinischen Gewerbe hat sich ein gesunder Mittelstand auf der Basis
unternehmerischer Eigeninitiative positiv entwickelt. Das Dienstlei-
stungsgewerbe hat sich einen immer grösseren Anteil innerhalb unserer
Volkswirtschaft erobert, und schliesslich ist die im Zusammenhang mit
dieser wirtschaftlichen Entwicklung oft gebrauchte Formulierung, dass
Liechtenstein sich vom Agrar- zum Industriestaat gewandelt habe,
quantitativ zu verstehen. Die Bedeutung der Landwirtschaft ist die
gleiche geblieben.
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wird zweifellos in die Ge-
schichte Liechtensteins als eine Zeit grosser wirtschaftlicher Blüte ein-
gehen. Allein nicht nur wirtschaftliche Veränderungen haben diese Jahr-
zehnte geprägt. Sie waren auch geprägt von der festen Basis, welche
unsere Verfassung von 1921 unserer Politik geboten hat. In Liechten-
stein lebt eine Verfassungswirklichkeit, welche die Basis für die er-
wähnten positiven Entwicklungen bildet. Sie lebt von einem Staatsober-
haupt, das seine Rechte und Pflichten gleich ernst nimmt, und sie lebt
von einem Volk, das von einem historisch gewachsenen, ursprünglichen
Demokratieverständnis geleitet ist. Auf dieser tragenden Basis hat sich
unser Staat verändert. Die sozialen Einrichtungen, welche man noch
vor wenigen Jahrzehnten in Notlagen schmerzlich vermissen musste,
sind heute wohl ausgebaut. Unserem Bildungswesen wird mit Recht
grosse Aufmerksamkeit geschenkt, bildet doch die Ausbildung unserer
Jugend einen wichtigen Faktor zur Bewältigung der liechtensteinischen
Aufgaben in der Zukunft. Unser Land war in der Lage, wirtschaftliche
Rahmenbedingungen zu schaffen, welche die Privatinitiative ermutigen.
Mi t diesen Beispielen sei angedeutet, dass die Wandlung Liechtensteins
eine tiefgreifende war und sich nicht nur in Zahlen ausdrückt.
Wandlung bringt Unsicherheit, wenn sie ein Schwenken und
Schwanken ist. Wandlung aber bringt Verbesserung und Fortschritt,
wenn sie innerhalb fester Ziele und auf einer tragfähigen Basis geschieht.
Sie, Durchlauchter Landesfürst, haben während der 40 Jahre Ihrer bis-
herigen Regierungstätigkeit die entscheidende Rolle in dieser bedeu-
tungsvollen Phase der liechtensteinischen Geschichte gespielt. Waren Sie
zu Beginn Ihrer Regierungstätigkeit vor die schwere Aufgabe gestellt,
X I X
unser Land vor verheerenden Kriegsfolgen zu bewahren, so trugen Sie
später entscheidend zum wirtschaftlichen Aufschwung unseres Landes
bei, so liegt hier über alle vier Jahrzehnte jene Aufgabe, der Sie sich
persönlich immer besonders verpflichtet fühlten: Den Liechtensteinern
ihr Vaterland als eine echte Lebensgemeinschaft zu vermitteln. Durch
Ihre Wohnsitznahme im Lande selbst und durch Ihre Art , hier zu leben,
gelang es Ihnen zusammen mit Ihrer Gemahlin, Ihrer Durchlaucht Für-
stin Gina und Ihrer Familie, den Liechtensteinern ein neues und leben-
diges Verhältnis zur Monarchie und damit zum Staat zu vermitteln. Das
Staatsbewusssein, das gerade in einem Kleinstaat oft zu verschüttet liegt,
ist gerade für uns von besonderer Bedeutung. Es ist für unsere Zukunft
notwendig, dass wir uns mit unserem Land und seinen Einrichtungen
auseinandersetzen, dass wir uns ein Bi ld von ihm machen. Sie, Durch-
lauchter Landesfürst, wirken durch Ihre hohe Auffassung von Ihrem
Amte, in dem Sie Pflichterfüllung als obersten Grundsatz betrachten
und ihn vor persönliches Wohl stellen, als Beispiel.
E i n Vergleich zwischen 1938 und 1978 und eine Darstellung der
Entwicklung Liechtensteins in diesen vier Jahrzehnten wäre unvoll-
ständig, ja wäre geradezu falsch, würde man die 160 k m 2 unseres Lan-
des als Insel betrachten. Gerade im Jahre 1938 und in den folgenden
Jahren bis 1945 waren es äussere Bedrohungen, welche die Existenz
unseres Landes gefährdeten. Heute liegt Liechtenstein zwischen zwei
neutralen und befreundeten Staaten. Liechtenstein ist seit Jahren be-
strebt, vor allem innerhalb Europas im Rahmen seiner Möglichkeiten
seinen Beitrag zur Verständigung und zur Zusammenarbeit unter den
Völkern zu leisten. Wir sind der Überzeugung, dass gerade ein Klein-
staat auf verschiedenen Gebieten modellhaft wirken kann und über Er -
fahrungen verfügt, die auch für grössere Staaten gültig sind. Die aussen-
politische Aktivität Liechtensteins ist über die europäische Integration
und Zusammenarbeit hinaus als eine Aktivität im Sinne einer weltweiten
Solidarität zu sehen. Ein Land hat nicht nur Verpflichtungen seinen
eigenen Bürgern gegenüber. Je länger, je mehr muss die Mitverantwort-
lichkeit allgemeiner und weitgespannter aufgefasst werden.
Die Basis der liechtensteinischen Aussenpolitik ist und bleibt inner-
halb ihrer Zielsetzungen die freundschaftliche Verbundenheit mit der
Schweizerischen Eidgenossenschaft, mit der uns seit über 50 Jahren
unsere wichtigsten Verträge und darauf aufbauend eine äusserst enge
X X
Partnerschaft und Freundschaft verbinden, und mit unserem Nachbarn
im Osten, der Republik Österreich, zu der ein altes und reiches Bezie-
hungsfeld besteht. Diese Verbundenheit mit unseren Nachbarn findet
ihren besonderen Ausdruck in der Tatsache, dass wir bei den Feierlich-
keiten zum 40. Regierungsjubiläum den Herrn Bundespräsidenten der
Republik Österreich, Herrn Dr. Rudolf Kirchschläger und Herrn Bun-
desrat Dr. Kurt Furgler mit Gemahlin als Gäste und Freunde unseres
Landes unter uns haben. Wir danken Ihnen und wir freuen uns, dass Sie
uns die grosse Ehre Ihres Besuches geben. E in kleines Land wie Liech-
tenstein braucht Freunde, und wir schätzen uns glücklich, in unseren
Nachbarn Freunde zu besitzen.
Die vorhin dargestellte Entwicklung, welche unser Land in diesen
40 Jahren genommen hat, wäre ohne die positive Entwicklung, welche
unser grosser Wirtschaftspartner Schweiz im gemeinsamen Zollgebiet
genommen hat, nicht in dieser Weise möglich gewesen. Die auf den
Zollvertrag, den Postvertrag und verschiedenen anderen Übereinkom-
men basierenden engen Beziehungen zwischen der Schweiz und Liech-
tenstein sind inzwischen weit über das Papier dieser Verträge hinaus-
gewachsen. Die gegenseitige Vertrauens- und Verständnisbasis war
gross genug, um auch mit der raschen Entwicklung unseres Landes
Schritt zu halten. Ich möchte an dieser Stelle der Schweizerischen E id -
genossenschaft und Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesrat, der Sie sich
unserem Land besonders verbunden fühlen, den Dank für diese stets
gewachsene Zusammenarbeit und freundnachbarliche Gemeinschaft
aussprechen. Ich hoffe und bin überzeugt, dass auch sich stellende
Probleme in Gegenwart und Zukunft in der gleichen Weise gemeinsam
angegangen und gelöst werden können.
Nicht nur unser Fürstenhaus, dieses wohl in besonderem Masse,
sondern die überwiegende Anzahl der Liechtensteiner verbinden viele
persönliche Beziehungen mit unserem Nachbarn Österreich. Handelt es
sich dabei zum Teil um jahrhundertealte Gemeinsamkeiten, so haben
sich vor allem in den letzten Jahren wieder verstärkte Beziehungen auf
wirtschaftlichem Gebiet entwickelt. Die Beziehungen zwischen unseren
beiden Ländern sind heute in freundschaftlicher Weise ausgestaltet. Ich
darf Ihnen, sehr geehrter Herr Bundespräsident, den wir als Freund un-
seres Landes betrachten dürfen, an dieser Stelle für die positive Auf-
nahme danken, welche verschiedene liechtensteinische Anliegen bei den
Behörden Ihres Landes gefunden haben.
X X I
Die liechtensteinische Aussenpolitik, und auch dies ist ein Fazit aus
der Tätigkeit und verschiedenen Thronreden unseres Landesfürsten,
muss in der Innenpolitik ihre Basis haben. Liechtenstein kann in der
Welt, gegenüber seinen Nachbarn und Partnern nur den Anspruch er-
heben, den seine Verhältnisse im Innern verdienen. Die Darstellung
Liechtensteins in der Welt und die Bewältigung der Probleme, welche
sich dem Lande stellen, ist deshalb als eine einheitliche Aufgabe zu
sehen.
Und in der Tat, auch unser Land befindet sich in einer Phase ent-
scheidender Weichenstellungen. Dabei ist es das Kennzeichen der heuti-
gen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation, dass
nicht mehr Einzelprobleme einer Lösung harren, sondern dass wir im-
mer mehr zusammenhängend denken müssen und dass die Probleme
immer komplexer werden. Ohne hier auf einzelne, aktuelle politische
Fragen eingehen zu wollen, möchte ich doch betonen, dass Fragen wie
die Schaffung eines neuen Steuergesetzes, die Reform des Gesellschafts-
wesens, die Weiterentwicklung unseres Bildungswesens und der Sozial-
gesetzgebung, die Sicherung der Landesversorgung auf verschiedenen
Gebieten und die möglichst grosse Sicherung der wirtschaftlichen Zu-
kunft überhaupt, insbesondere der Arbeitsplätze in unserem Land, Pro-
bleme sind, welche die gemeinsame Anstrengung aller erfordern, damit
sie gelöst werden können. Unser Land hat sich heute die Frage zu stellen,
wo seine wahren Zukunftsmöglichkeiten liegen. Bei der Befassung mit
den angesprochenen Themen und Aufgaben und bei der Antwort auf
die zuletzt gestellte Frage wird man leicht feststellen, dass es sich bei der
Bewältigung der liechtensteinischen Zukunft nicht um eine Aufgabe ein-
zelner Gewählter oder Bestellter handeln kann, sondern dass der Klein-
staat Liechtenstein in besonderem Masse auf die Mitverantwortung und
die Mitarbeit aller angewiesen sein wird. Und wenn ein Kleinstaat ein
Manko an wirtschaftlicher oder gar militärischer Macht aufweist, so
kann er aufgrund dieser Gegebenheiten ein hohes Mass an innerer Ge-
schlossenheit und gemeinsamer Kraft entwickeln. Ebenso wie Liechten-
stein auf wirtschaftlicher Ebene weiterhin die Leistungsbereitschaft von
Arbeitgebern und Arbeitnehmern und die Initiative von Unternehmer-
persönlichkeiten brauchen wird, um erfolgreich sein zu können, so wird
auch unsere Politik eine gemeinsame Leistung sein müssen. Es kann
sein, dass auch wir in Liechtenstein in den kommenden Jahren wieder
Werte entdecken müssen, die wir längst totglauben, um unser Land
X X I I
weiterentwickeln zu können. Auf jeden Fall wird es notwendig sein,
die dargestellten Vorteile unseres kleinen Staatswesens systematisch und
konsequent zum Wohle unserer Bürger zu nützen. Vieles, was im Zei-
chen des ungestümen Wirtschaftsaufschwungs notwendig und unum-
gänglich erschien, erweist sich heute als problematisch, ja als Belastung.
Ich möchte heute die Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner auf-
rufen, an der Zukunft unseres Landes mitzuarbeiten, an einer lebens-
werten, freien und selbständigen Zukunft.
In Ihrer Thronrede im Jahre 1951 haben Sie, Durchlauchter Landes-
fürst, zu den Landtagsabgeordneten gesprochen: «Nicht Sorglosigkeit
soll uns führen, sondern ein konstruktiver Optimismus, der auf einem
starken Gottvertrauen ruht.» Liechtenstein tut gut daran, sich diese
Grundsätze zur Bewältigung seiner Zukunft zu eigen zu machen. Die
Vergangenheit war auch einmal eine Zukunft, eine Zukunft, vor der die
damals Verantwortlichen auch gestanden sind und in die sie geblickt
haben mit Sorge, aber zugleich mit Vertrauen. Fü r die Entwicklung in
den letzten vier Jahrzehnten waren Sie, Durchlaucht, ein wesentlicher
Grund für dieses Vertrauen. Das Vertrauen der ganzen Bevölkerung
wurde durch Ihr Gelöbnis am 26. Juli 1938 geweckt: «Ich gelobe,
meinem Land ein gerechter Fürst zu sein, die verfassungsmässigen Frei-
heiten zu wahren, den Bedrängten und Armen ein Helfer und dem
Rechte ein getreuer Hüter zu bleiben». Wir Liechtensteiner danken
Ihnen für dieses wahrhaft fürstliche Regierungsprogramm und dafür,
dass Sie es mit dem Ihnen eigenen Pflichtgefühl in Konsequenz und
Beharrlichkeit zum Wohle des Landes und seiner Bevölkerung durch-
geführt haben und noch durchführen.
Möge Gott Sie, Durchlauchter Landesfürst, die fürstliche Familie
und unser Land weiterhin schützen.
X X I I I
Das Hausrecht der
Fürsten von Liechtenstein
D I S S E R T A T I O N
der Universität Zürich
Georg Schmid
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S
Seite
E I N L E I T U N G 8
r. Z U M B E G R I F F H A U S R E C H T . . . . . 8
IT. I N H A L T U N D Z W E C K D E R A R B E I T . . . . 11
H L D I E H I S T O R I S C H E N G R U N D L A G E N F Ü R D I E E N T S T E H U N G
V O N H A U S R E C H T . . . . . . . 12
1. Im Reich . . . . . . . . 12
2. In Niederösterreich . . 1 3
3. Beim Hause Liechtenstein . . . . . . 14
a) D i e h o c h f r e i e H e r k u n f t . . . . 14
b) D e r E i n t r i t t i n d i e M i n i s t e r i a l i t ä t . . 14
c) D i e B e s i t z u n g e n . . . . . . 14
E R S T E R A B S C H N I T T
Die Zeit der Teilungen . . . . . . . 16
§ 1 Die vorhausrechtliche Periode . . . . . 16
1. D E R U R S P R U N G D E S H A U S E S . . . . 16
II. D I E E R S T E E R B T E I L U N G . . . . . 18
III. H E I N R I C H I. . . . . . . . 20
IV . D A S T E S T A M E N T H E I N R I C H S I. V O N 1265 . . 21
V . N I K O L S B U R G . . . . . . . 22
V I . D I E N A C H K O M M E N H E I N R I C H S I. . . . 2 4
§ 2 Die Periode des «fallweisen» Hausrechts und die Entstehung
von Hausobservanzen (von 1386 bis zur Einführung des
Seniorates 1504) . . . . . . . 27
I. J O H A N N I. U N D D I E E R B E I N I G U N G V O N 1386 . . 27
1. Johann I., der «Gewalt ige Hofmeis ter» . 2 7
2. Die Erbeinigung von 1386 . 2 8
II. D I E Z E I T N A C H J O H A N N I. BIS Z U R E R B E I N I G U N G
V O N 1504 . . . . . . . . 30
1. Die Erbeinigung von 1451 . 3 1
2. Die Erbteilung von 1452 . . 3 1
3. Die Erbverzichte der Töchter . . 3 2
3
Seite
Z W E I T E R A B S C H N I T T
Die Entstehung und Entwicklung der Unteilbarkeit und Indivi-
dualerbfolge . . . . . . . . 34
§ 3 Die Periode des Seniorates (1504— 1606) . . . 34
I. D A S H A U S I M 16. J A H R H U N D E R T . . . . 34
1. Die Steierecker Linie (die Nachkommen Heinrichs VII.) 36
2. Die Nikolsburgcr Linie (die Nachkommen Christophs III.) 38
3. Die Feldsbergcr Linie (die Nachkommen Georgs V.) . 40
II. D I E S E N I O R A T S V E R F A S S U N G V O N 1504 . . . 43
1. Die Güter . . . . . . . 43
a) T e i l u n g . . . . . . 43
b) S i c h e r u n g . . . . • 45
2. Einführung des Seniorates . 4 6
3. Erbrechtliche Bestimmungen . . . . . 47
a) T ö c h t e r v e r z i c h t e b e i H e i r a t . . . 47
b) D i e E r b v e r z i c h t e b e i E i n t r i t t i n d e n
k i r c h l i c h e n D i e n s t . . . 48
c) A u s s t e r b e n d e r A g n a t e n . . . 48
4. Volljährigkeits- und Vormundschaftsbestimmungen 48
5. Verfahren bei Streitigkeiten . 4 9
6. Weitere Bestimmungen . . . . . . 49
§ 4 Die Periode der Primogeniturerbfolge (seit 1606) • • 50
A Die E i n f ü h r u n g der Untei lbarkeit und Primogenitur . . . 5 0
I. D A S H A U S Z U B E G I N N D E S 17. J A H R H U N D E R T S 50
1. Karl . . . . . . . . 50
2. Maximilian I. . 5 6
3. Gundacker . . . . . . . 57
II. D I E P R I M O G E N I T U R V E R F A S S U N G von 1606 . . 59
1. Die Unteilbarkeit der Hausgüter durch Errichtung eines
Familienfideikommisses . 6 1
a) R e c h t s n a t u r d e s F i d e i k o m m i s s e s . . 61
b) E r r i c h t u n g . . . . . . 62
c) G e g e n s t a n d d e s F i d e i k o m m i s s e s . . 62
d) D i e R e c h t e a m F i d e i k o m m i s s . . 63
aa) Das Eigentum . . . . . . 6 3
bb) Besitz und Nutzung . . . . . 6 4
aaa) Der Voraustei l des Primogenitus (die sog.
Er s tgebu r t sgü t e r ) . . . . 6 4
bbb) Die übr igen G ü t e r . . . . 6 4
4
Seite
e) D i e B e s t i m m u n g e n ü b e r d i e S i c h e r u n g
d e r F i d e i k o m m i s s g ü t e r i m E i n z e l n e n . 65
aa) Das V e r ä u s s e r u n g s v e r b o t . . . . 6 5
aaa) Der Grundsatz . . . . . 65
bbb) Ausnahmen . . . . . 6 5
bb) Das V e r p f ä n d u n g s v e r b o t . . . . 6 7
2. Die Einführung der Individualsukzession in Form der Primo-
geniturerbfolge . . . . . . . 67
a) D i e E r b f o l g e n a c h d e r R e g e l d e r P r i m o -
g e n i t u r . . . . . 68
b) D i e E i n s e t z u n g K a r l s i n d i e P r i m o g e n i t u r 69
c) R e c h t e u n d Pf l i c h t e n d e s P r i m o g e n i tu s . 69
aa) D i e Nutzung der E r s t g e b u r t s g ü t e r . . 6 9
bb) D i e übr igen Rechte und Pf l ichten . 6 9
d) U n m ü n d i g k e i t d e s P r i m o g e n i t u s . . 70
3. Weitere wichtige Bestimmungen . 7 0
a) D i e U n f ä h i g e n u n d i h r e V e r s o r g u n g . 70
b) B e s t i m m u n g e n b e t r e f f e n d S t r e i t e r l e d i -
g u n g . . . . . . . 7 1
c) Z u w i d e r h a n d l u n g e n g e g e n d i e E r b e i n i -
g u n g . . . . . . . 7 2
d) E r l ö s c h e n d e s M a n n e s s t a m m e s . . 72
e) D e r E i d a u f d i e E r b e i n i g u n g . . 72
B D i e Entwick lung des Hausrechtes nach der Erbeinigung von 1606 bis
zum Untergang des Reiches 1806 . . . . . 7 3
I. Z U R G E S C H I C H T E D E R K A R L I S C H E N H A U P T L I N I E . 73
II. D A S T E S T A M E N T D E S F Ü R S T E N J O H A N N A D A M A N -
D R E A S V O N 1711 . . . . . . 76
a) E r b e n e i n s e l z u n g . . . . . 77
b) F i d e i k o m m i s s i e r u n g v o n V a d u z u n d
S c h e l l e n b e r g u n d i h r e Z u w e i s u n g a n
J o s e p h W e n z e l . . . . . 78
c) D i e V e r t e i l u n g d e r ü b r i g e n G ü t e r . . 79
d) D i e V e r s o r g u n g d e r W i t w e . . , 80
e) V o r m u n d s c h a f t l i c h e Be S t i m m u n g e n . 80
f) Ü b r i g e B e s t i m m u n g e n . . . . 80
III. D A S T E S T A M E N T M A R I A T H E R E S I A S . . . 8 1
I V . D A S T E S T A M E N T D E S F Ü R S T E N H A R T M A N N V O M
24. D E Z E M B E R 1672 . . . . . 8 1
a) E r b e n e i n s e t z u n g u n d V e r t e i l u n g d e r
G ü t e r . . . . . ". . 8 1
5
Seite
b) V e r s o r g u n g d e r W i t w e . . . . 82
c) V e r s o r g u n g d e r T ö c h t e r . . . . 82
d) V o r m u n d s c h a f t l i c h e B e s t i m m u n g e n . 83
V . F Ü R S T A N T O N F L O R I A N (1656—1721) U N D D I E K O N -
S O L I D I E R U N G D E R P R I M O G E N I T U R . . . 83
1. Die Verträge zwischen dem Antonianischen und dem Philip-
pinischen Stamm . . . . . . 86
a) D e r T a u s c h v e r t r a g v o m 1 2 . M ä r z 1 7 1 8 . 86
b) D i e V e r g l e i c h e v o m 2 0 . M a i 17 18 u n d
1. J u n i 1 7 2 2 . . . . . . 87
c) D e r V e r g l e i c h v o m 1 0 . J u n i 1 7 2 2 . . 87
2. Die Entstehung des Fürstentums Liechtenstein und die Auf-
nahme in den Reichsfürstenrat . . . . . 88
3. Die weiteren Regicrer aus der Antonianischen Linie 91
V I . Z U R H A U S G E S C H I C H T E V O M Ü B E R G A N G D E R P R I -
M O G E N I T U R A U F D E N P H I L I P P I N I S C H E N S T A M M 1741
BIS Z U M E N D E D E S R E I C H E S 1806 . . . . 92
1. Fürst Joseph Wenzel Lorenz (1696 —1772) . . . 92
2. Fürst Franz Joseph I. (1726 — 1781) . . . . 94
3. Fürst Alois Joseph I. (1759 — 1805) . 9 5
V I I . Z U S A M M E N F A S S U N G . . . . . . 96
C V o m Untergang des Heil igen R ö m i s c h e n Reiches deutscher Na t ion
und der Erlangung der S o u v e r ä n i t ä t 1806 bis zur E i n f ü h r u n g der
Kognatenerbfolge durch das Hausgesetz von 1842 . . 9 7
I. Z U R S T A A T S R E C H T L I C H E N E N T W I C K L U N G L I E C H -
T E N S T E I N S I N D E R E R S T E N H Ä L F T E D E S 19. J A H R -
H U N D E R T S . . . . . . . 97
1. Der Rheinbund (1806 — 1813) . . . . . 97
a) Z u r a l l g e m e i n e n p o l i t i s c h e n L a g e . 97
b) F ü r s t J o h a n n J o s e p h I . u n d d i e E r l a n -
g u n g d e r S o u v e r ä n i t ä t d u r c h d i e A u f -
n a h m e i n d e n R h e i n b u n d . . . 98
2. Der Deutsche Bund (1815 — 1866) . . . . 101
a) D i e A u f n a h m e L i e c h t e n s t e i n s . . 101
b) D i e V e r f a s s u n g v o n 1 8 1. 8 . . . 101.
II. D I E H A U S R E C H T L I C H E E N T W I C K L U N G . . . 1 0 2
1. Zum Verhältnis Hausrecht — staatliches Recht 102
2. Das Testament des Fürsten Johann I. von 1832 104
3. Der Familienvertrag von 1842 . . 1 0 6
6
Seite
a) D i e T h r o n f o l g e o r d n u n g ( o r d o s u c c e d e n d i ) 107
aa) D i e agnatische . . . . . 107
bb) D i e kognatische . . . . . 108
b) E r w e r b u n d V e r l u s t d e s T h r o n f o l g e -
r e c h t e s ( i u s s u c c e d e n d i ) . . . . 110
c) Ü b r i g e B e s l i m m u n g e n . . . . I I I
D Die hausrechtliche Entwick lung nach 1842 . . . . 1 1 2
I. G E N E A L O G I E D E R S O U V E R Ä N E N F Ü R S T E N V O N
L I E C H T E N S T E I N . . . 1 1 2
II. Z U M V E R H Ä L T N I S H A U S R E C H T — S T A A T S R E C H T
N A C H 1842 . . . . . . . 113
III. D I E E R G Ä N Z U N G E N D E S F A M I L I E N V E R T R A G E S V O N
1842 . . . . . . . . . 1 1 7
1. Der Vertrag von 1893 . . . 1 1 7
2. Das Gesetz vom 8. Februar 1926 . 1 1 8
I V . Z U S A M M E N F A S S U N G . . . . . . 119
A N H A N G :
Die wichtigsten hausrechtlichen Urkunden im Wort laut
1. D i e Erbeinigung von 1504
2. Die Erbeinigung von 1606
3. D e r Famil ienvertrag vom 1. August 1842
4. Famil ienver t rag vom 11. September 1893
5. Gesetz vom 14. M ä r z 1895
6. Gesetz vom 10. Dezember 1902 .
6a. Gesetz vom 8. Februar 1926
7. Kundmachung vom 15. M ä r z 1923
8. H ö c h s t e s Handschreiben vom 10. M ä r z 1926
9. H ö c h s t e s Handschreiben vom 20. Februar 1932 .
10. H ö c h s t e s Handschreiben vom 21. September 1950
A b k ü r z u n g s v e r z e i c h n i s . . . .
I. Ungedruckte Quel len . . . .
11. Gedruckte Quellen . . . .
Literaturverzeichnis . . . . .
7
122
133
160
167
170
171
172
173
173
174
175
177
177
177
178
E I N L E I T U N G
I. Z U M B E G R I F F H A U S R E C H T
E in Kennzeichen des spateren Mittelalters war die Rechtszersplitte-
rung,1 namentlich in den heute dem Privatrecht zugeordneten Bereichen.
Die schwache Zentralgewalt2 und die mangelnde Gesetzgebung im
Reich'5 führten zur Bildung eines «Privatrechts» in engeren Verbänden
(Territorien, Städten, Herrschaften, Genossenschaften), «denen allen
nach der mittelalterlichen Ordnung ein Selbstgesetzgebungs-, ein Sat-
zungsrecht für ihre Kreise zustand» 4 .
Solche «Rechtskreise innerhalb des deutschen Privatrechts» 5 konn-
ten auch die Familien des Herrenstandes bilden, da ihnen ein solches
Satzungsrecht (sog. autonomische Satzung) im Bereiche der Familien-
angelegenheiten, also insbesondere im Erb-, Familien- und Güterrecht"
vom Reich zuerkannt wurde.
Im Rahmen dieses adligen Sonderrechtes entstanden spezifische
Rechtsinstitute, die dazu dienten, Glanz und Ansehen des Hauses
(splendor familiae) 7 zu wahren, die Hausmacht zu stärken. 8 Vor allem
galt es, das unselige deutschrechtliche Teilungsprinzip 9 durch geeignete
Regelungen im Bereiche des Erbrechts zu überwinden, insbesondere
durch die Einführung der Grundsätze der Unteilbarkeit und Individual-
sukzession, letztere meist in Form der Primogeniturerbfolge.
Die im 14. Jahrhundert sich anbahnende Landeshoheit bei den
reichsständischen Famil ien 1 0 vermag das Entstehen von Hausrecht nicht
1 Mit te is -Lieber ich , 7.
2 Mit te is -Lieber ich , aaO.
3 Beseler, 2. T e i l , 2. Band, 12.
4 H ü b n e r , 6.
5 H ü b n e r , 4.
6 U l shö fe r , Zo l l e rn , 19.
7 U l shö fe r , Zo l l e rn , aaO. und dort zitierte Literatur.
8 Schulze, Fü r s t en rech t , 1356; die knappe Abhand lung bietet einen vorzügl i -
chen Übe rb l i ck übe r das Thema.
9 Beseler, 2. T e i l , 2. Band, 7: « . . . im Al lgemeinen muss sonst f ü r gleich nahe
Erben die Regel gegolten haben, die fast alle Volksrechte bei ihren Succes-
sionsordnungen voraussetzen, . . . , näml i ch die gleiche Berechtigung und
T h e i l u n g » . V g l . auch Rauh , Band I, 10.
10 Schulze, F ü r s t e n r e c h t , 1356.
8
allein zu erklären. Gerade das fürstliche Haus Liechtenstein ist nämlich
ein sprechendes Beispiel dafür, dass auch nicht reichsständische Häuser
sich ein eigenes Hausrecht schufen. Als nämlich anfangs des 18. Jahr-
hunderts Liechtenstein Reichsstand wurde, lebte es bereits seit über
hundert Jahren mit der Primogeniturverfassung von 1606, die im
wesentlichen den Abschluss der liechtensteinischen Hausgesetzgebung
darstellte und in ihren Grundzügen teilweise heute noch gilt.
Deshalb kann das Recht der autonomischen Satzung nicht auf die
reichsständischen Häuser begrenzt werden, wie das etwa aus dem viel
zu eng gefassten Begriff «Fürstenrecht» herausgelesen werden könnte
(und wohl auch soll!). Es genügt eine gewisse «verfassungsmässige
Stellung» im Reich, «an die man bis 1806 ausschliesslich das Teilhaben
am Fürstenrecht, das Recht fürstenrechtlicher Autonomie geknüpft
hat te». 1 1 Zutreffender verwendet Heffter 1 2 den Ausdruck «Familien-
recht des hohen Adels» (gesetzlich erscheint aber der Begriff «hoher
Adel» erstmals in der Deutschen Bundesakte von 1815, für frühere
Zeiten muss er jedesmal definiert werden), 1 3 Moser 1 4 spricht sogar von
«Familienstaatsrecht», worin die staatsrechtliche Bedeutung des Haus-
rechtes zum Ausdruck kommt 1 5.
E in allgemeines Hausrecht als subsidiäre Rechtsquelle existierte
nicht.1" «Gemein» war nur die Rechtsetzungsbefugnis, nicht aber das
materielle Recht, 1 7 das jedes Haus, als «Herr über sein Recht», «ohne
Rücksicht auf andrer Ansicht und Rechtsgrundsätze» 1 3 nach eigenem
Gutdünken erlassen konnte. Soweit ein Haus indessen von seiner Rechts-
setzungsbefugnis keinen Gebrauch machte, galten auch für es die ge-
wöhnlichen Rechte, d.h. Land- und Lehenrecht, später das gemeine
Recht,1 1 1 nach 1806 die verschiedenen Landesgesetze.20
11 Dungern, Glossen, 59.
12 Hef f t e r , 40.
13 Dungern, Glossen, 28.
14 Johann Jacob Moser : Familien-Staatsrecht Derer Teutschen Re i chs s t ände .
2 Tei le . F rankfur t und Leipzig 1775.
15 V g l . zu dieser Themat ik Rehm, 5 f.
16 Dungern, Glossen, 54.
17 Dungern, Glossen, 146.
18 Dungern, Glossen, 54.
19 Heff te r , 39.
20 Dungern, Glossen, 54.
9
Wohl entwickelten die einzelnen Häuser viele übereinstimmende
Rechtsinstitute, die indessen keine allgemeine Rechtsverbindlichkeit
erlangten. Hausrecht war nur, was das Haus kraft seiner Autonomie
selber bestimmte.
Die Frage nach dem Träger der Hausgesetzgebung bildete im 19.
Jahrhundert Gegenstand gelehrter Kontroversen. 2 1 Nach der Korpora-
tionstheorie (vor allem vertreten von Beseler und Gierke) kam den
Familien des hohen Adels Rechtspersönlichkeit zu, ihrem Oberhaupt
somit lediglich Organstellung. Andere 2 2 lehnten die Konstruktion einer
juristischen Persönlichkeit ab und betrachteten das Familienoberhaupt
als Inhaber der Satzungsgewalt. Für Liechtenstein stellt sich das Prob-
lem kaum, da, wie zu zeigen sein wird, das Haus sich nach der Erb-
einigung von 1606 als eigentumsfähige Rechtspersönlichkeit darstellte.
Die liechtensteinischen Hausrechtsnormen kamen ausserdem immer
unter Mitwirkung sämtlicher Agnaten zustande.
Hausrechtsnormen waren objektives, auch Dritte bindendes Recht. 2 3
Begrenzt war dieses Satzungsrecht durch die Reichs- und Landesver-
fassung, die Reservatrechte des Kaisers, dann die rechtliche Beschaffen-
heit des Gegenstandes der Verfügung sowie wohlerworbene und gesetz-
lich unentziehbare Rechte Dritter. 2 4 Ausserdem sollte das Hausrecht
nicht über seinen Zweck, die Erhaltung des splendor familiae, hinaus-
schiessen.25
Hausrecht bildete sich in den einzelnen Adelsfamilien nur allmäh-
lich. Zuerst richtete sich auch der Herrenstand nach dem gewöhnlichen
Landrecht.2 1' Dann, bis ins 14. Jahrhundert hinein, wurde in zahlreichen
21 V g l . H ü b n e r , H O und 336.
22 Z . B. Stobbe und Heusler (siehe H ü b n e r aaO.).
23 H ü b n e r , 109. — Bei unbefugter V e r ä u s s e r u n g hausrechtlich gebundener G ü t e r
konnten die nach Hausrecht Anwartschaftsberechtigten die Sache von jedem
Dritten mit Revokationsklage z u r ü c k v e r l a n g e n (vgl. H ü b n e r , 336).
24 V g l . hierzu Schol ly , 3. — Beispielsweise konnten die k u r f ü r s t l i c h e n H ä u s e r
bezügl ich der Kur lande keine der Goldenen Bul le von 1356 entgegenstehenden
Sukzessionsnormen erlassen (es galt Primogeniturerbfolge; vgl . K l a n k , 5 f f ) .
25 H ü b n e r , 110: « D a h e r bezogen sich die Sä tze des P r i v a t f ü r s t e n r e c h t s im
wesentlichen auf Erbfolge , Mitgl iedschaf t im Hause, Ebenbür t i gke i t und Miss-
heirat. Ausstattung der Frauen und nachgeborenen S ö h n e , Vormundschaf ten ,
Famil ienf ideikommisse u. dg].».
26 Schulze, F ü r s t e n r e c h t , 1356; derselbe, Erb- und Famil ienrecht , 18 f f .
10
Einzelfällen vom Landrecht abweichend verfügt (vgl. insbesondere die
Töchterverzichte). In dieser Zeit bestand das Hausrecht «aus einem
Bündel einzelvertraglicher Regelungen, die immer nur für einen konkre-
ten Fall vereinbart wurden»,- 7 die sich mit der Zeit allerdings zu Ge-
wohnheitsrecht, sog. Hausobservanzen, 2 8 verdichten konnten. Die Haus-
rechtsquellen dieser Zeit bilden zahlreiche Familienurkunden: Ehever-
träge, väterliche Dispositionen, Teilungsverträge, Erbverzichte, usw.
Im 14. Jahrhundert setzt die Bildung eigentlicher Hausgesetze ein. 2 ' 1
Diese sollen, über den konkreten Anlass hinaus (meist eine bevorste-
hende Erbteilung), «ewig» gelten, d. h. es sind generell-abstrakte Nor-
men, die für alle hausrechtlichen Verhältnisse der Zukunft gelten
sollen. 3 0 Die Bezeichnung als «Hausgesetz» oder «Familiengesetz» ist
allerdings nicht die Regel und erst später anzutreffen. Die ersten
«Hausgesetze», gelegentlich bereits Kodifikationen des gesamten Haus-
rechts, erscheinen in der Form von Testamenten (mit agnatischer Zu -
stimmung) oder Verträgen unter den Agnaten (sog. Erbeinigungen). 3 1
Hausrecht ist somit der Inbegriff derjenigen Normen, die von mit
bestimmten Herrschaftsrechten ausgestatteten Adelshäusern 3 2 autonom
gesetzt wurden mit dem Ziel , Macht und Ansehen des Hauses (splendor
familiae) zu wahren und zu mehren. 3 3
H . I N H A L T U N D Z W E C K D E R A R B E I T
Vorliegende Arbeit will die Entwicklung dieses adligen Sonder-
rechts im fürstlichen Hause Liechtenstein anhand der wichtigsten Ur-
kunden untersuchen. Art. 3 der geltenden Staatsverfassung von 1921
des Fürstentums Liechtenstein 3 4 rechtfertigt, das Hauptaugenmerk auf
die staatsrechtlich relevanten Teile des Hausrechtes zu richten, ohne
aber die übrigen Teile gänzlich beiseitezulassen. Das Haus Liech-
27 U l s h ö f e r , Zo l l e rn , 19.
28 Heff te r , 40; Schulze, F ü r s t e n r e c h t , 1356.
29 H ü b n e r , 109; Schulze, F ü r s t e n r e c h t , 1356.
30 U l s h ö f e r , Zo l l e rn , 20.
31 Synonym: Erbvereinigung, Erbsunion.
32 Herrenstand, an dessen Spitze die r e i chss t änd i schen H ä u s e r ; nach 1806 die
s o u v e r ä n e n und mediatisierten (Standesherren) H ä u s e r .
33 Steger, 42.
34 Siehe hinten, Seite 116.
11
tenstein ist dank seiner staatsrechtlichen Stellung das einzige der ehe-
mals reichsständischen Häuser, dessen Hausrecht nach wie vor von
öffentlich-rechtlicher Bedeutung ist. Die Untersuchung verfolgt somit
neben dem rechtshistorischen Ziel in beschränktem Masse auch ein
aktuell-staatsrechtliches, indem sie Grundlage und Anreiz bilden soll,
das gegenwärtige Verhältnis Hausrecht — staatliches Recht zu unter-
suchen.
III. D I E H I S T O R I S C H E N G R U N D L A G E N FÜR D I E
E N T S T E H U N G V O N H A U S R E C H T
1. Im Reich
Die mittelalterlichen Erbfolgeordnungen kannten die Erbfolge in
Sondervermögen mit Teilung unter den Erbberechtigten, wobei der
Mannesstamm den Frauen allgemein vorging.'*3 Kannte das germanische
Recht noch keine gewillkürte Erbfolge,'"» so kamen im Mittelalter be-
reits Vergabungen von Todes wegen in Gebrauch, die, über blosse Ver-
gabungen zum Heil der Seele (Seelgeräte) hinaus, nun auch zugunsten
Verwandter und Ehegatten erfolgen konnten/ 1 7 Von Testierfreiheit
kann allerdings zu dieser Zeit noch nicht die Rede sein, da vor allem
die anwartschaftlichen Rechte der Kinder freie Verfügungen über Im-
mobilien stark einschränkten.
Der Adel war diesem deutschen Erbrecht ebenfalls unterworfen,
auch in Bezug auf die Nachfolge in herrschaftliche Rechte. Fortgesetzte
Erbteilungen konnten aber verheerende Folgen haben. So haben bei-
spielsweise die karolingischen Reichsteilungen das Reich Karls des
Grossen in einem Jahrhundert zugrundegerichtet. : ! s Als einziger germa-
nischer König führte der Vandalenherrscher Genserich Unteilbarkeit
und Tndividualerbfolge (in Form des Seniorates) ein. 3 9 Dieses älteste
35 Dami t waren aber die Frauen nicht gänzl ich ausgeschlossen (wie nach dem
Grundsatz der Lex Sal ica; Schulze, F ü r s t e n r e c h t , 1353) und die T ö c h t e r
erbten neben den Söhnen of t zu gleichen Tei len.
36 Conrad , Band 1, 161.
37 Conrad , Band 1, 420.
38 Rauh, Band 1, 9. Ebenda, 10 f., werden die üb len Folgen des Tei lungsprin-
zips f ü r das Haus Wak lbu rg beschrieben.
39 Schulze, Hausverfassimg, 341 ff .
12
mittelalterliche Hausgesetz4 0 machte indessen keine Schule. Erst mit
der Goldenen Bulle von 1356 wurden jene Grundsätze wieder aufge-
nommen, allerdings beschränkt auf die Kurlande. 4 1 Auch die übrigen
fürstlichen Häuser hatten inzwischen ihre Hoheitsrechte zu eigentlichen
Landesherrschaften verdichtet, gefördert durch den im 12. Jahrhundert
sich durchsetzenden Leihezwang 4 2 und das Statutum in favorem princi-
pum. 4 3 Sie erstrebten eine Angleichung ihrer Rechte an diejenigen der
Kurfürs ten. 4 4 Diese Entwicklung bei den grossen Dynastengeschlechtern
beeinflusste nun auch die Familienpolitik weniger bedeutender Herren-
häuser (auch von Ministerialen, die zum Herrenstand zählten und, wie
später Liechtenstein, gar zum Reichsfürstenstand aufstiegen).
2. In Niederösterreich
Die altadligen Geschlechter starben seit Beginn des 12. Jahrhunderts
schnell und fast vollständig aus. 4 5 M i t den übriggebliebenen bildeten
seither die Ministerialen den Herrenstand. 4 0 Aber auch aus politischen
Gründen vermochten die Ministerialen in Österreich eine bedeutendere
Stellung zu erreichen als im übrigen Reich, besonders im 13. Jahrhun-
dert.4 7 Die hochfreie Herkunft vieler niederösterreichischer Ministeria-
len, die ihre persönliche Freiheit und Schöffenbarkeit durch den E in -
tritt in die Ministerialität nicht verloren, bildete einen weiteren Grund
für ihre hervorragende Stellung. 4 8 Die Dienstmannen des Herzogs be-
40 Schulze, Erstgeburt, 31.
41 Rauh, Band 1, 10 f. A u s f ü h r l i c h K l a n k , 4 f f .
42 Conrad , B a n d 1, 309.
43 Rauh , B a n d 1, 10.
44 Ös te r re ich sogar mit einer F ä l s c h u n g , dem sog. Pr iv i l eg ium maius von 1358/59,
das dem Herzog von Ös te r re ich f ü r seine Lande Untei lbarkei t und Pr imo-
geniturerbfolge zubill igte (Conrad, Band 1, 312).
45 Dungern, Herrenstand, 149.
46 B r u c k m ü l l e r , 1.
47 Dopsch, 238. — In diesem Zusammenhang ist hinzuweisen auf den Aufs t and
der Minis ter ia len zu Beginn der Regierung des letzten Babenbergers, F r i e d -
rich II. des Streitbaren (1230 — 1246), gegen die bereits vom Vater Fr iedr ichs
verfolgte Pol i t ik , eine u n b e s c h r ä n k t e l a n d e s f ü r s t l i c h e Mach t aufzurichten
(Gör l i ch , 44 f.).
48 Plani tz-Eckhardt , 163; ebenda wör t l i ch : « N u r die Minis te r ia l i t ä t als Institu-
tion stammt also aus der Unfre ihe i t ; die Minis te r ia lenfami l ien als solche sind
grossenteils edelfreier H e r k u n f t » .
13
sassen alle wichtigen Herrschaftsrechte, die vom Reich stammten,4 9 als
Schloss, aktive Lehensfähigkeit (sie hatten Ritter), Vogtei, Gerichtsbar-
keit und Wildbann. 5 ( 1 Ihr Bestreben, wie die Grossen des Reiches ihre
Herrschaftsrechte auszubauen und zu sichern, u. a. auch durch haus-
rechtliche Bestimmungen, erscheint so verständlich.
3. Beim Hause Liechtenstein
a) D i e h o c h f r e i e H e r k u n f t
Der erste nachweisbare Namensträger ist Hugo. 5 1 In einer der ins-
gesamt sieben Urkunden, in denen er mit dem Namen Liechtenstein
zwischen 1133 und 1142 genannt wird, tritt er als Zeuge einer Schen-
kung auf, und zwar steht er in der Zeugenreihe zwischen den Hoch-
freien Hertnid und Konrad von Traisen und Hadmar von Kuffern. 5 -
Hieraus kann auf hochfreie Herkunft geschlossen werden. 5 3
b) D e r E i n t r i t t i n d i e M i n i s t e r i a l i t ä t
Wann und weshalb dieser erfolgte, ist unbekannt, jedenfalls eine
Erscheinung, die bei vielen edelfreien Geschlechtern im 12. Jahrhundert
nachweisbar ist. 5 4
In einer Urkunde Herzog Leopolds V . von 1183 erscheint Friedrich 1.
von Liechtenstein in der Zeugenreihe unter der Rubrik «de ministeriali-
bus nostr is». 5 5 Der Eintritt in die Ministerialität war also 1183 bereits
vollzogen.
c) D i e B e s i t z u n g e n
Die ausgedehnten und zahlreichen Besitzungen, mit denen das Haus
Liechtenstein bereits bei Beginn seines geschichtlichen Auftretens be-
gütert erscheint, weisen auf seine grosse Bedeutung hin. Die Eigengüter
an der Zaya dürften allein ca. 4'000 ha (30 — 40 Königshufen) betra-
gen haben. 5 6
49 Bruckmül l e r , 35.
50 Bruckmül l e r , 2.
51 Falke, 1, 16.
52 F R A 2 4 n. 635. — Jenne.
53 M i t s c h a - M ä r h e i m , 22.
54 M i t s c h a - M ä r h e i m , 22, A n m . 5.
55 Jenne.
56 M i t s c h a - M ä r h e i m , 28.
14
Die Liechtensteiner erscheinen somit als bedeutende Ministerialen 5 7
in Niederösterreich, die seit dem 12. Jahrhundert zum Herrenstand ge-
hören . 5 8 Durch den Hofdienst, in dem sie bald die höchsten Stellungen
erreichen, nähern sie sich der Position der freien Grafen 5 9 und sind
unter Herzog Leopold V I . (1198 —1230) dem höchsten weltlichen
Stand zuzuordnen. 0 0 Damit scheinen die Voraussetzungen für die Ent-
stehung eines eigenen Hausrechtes gegeben.
57 M i t s c h a - M ä r h e i m , 22.
58 Gutkas, T e i l 1, 55.
59 Gutkas , T e i l 1, 48.
60 Gutkas, T e i l 1, 51.
15
E R S T E R A B S C H N I T T
Die Zeit der Teilungen
§ 1 Die vorhausrechtliche Periode
I. Der Ursprung des Hauses
Zwei neuere Untersuchungen behandeln die Frage nach dem Ur-
sprung des Hauses Liechtenstein. Gustav Wilhelm hat einen Zusammen-
hang mit den Herren von Donauwörth gesehen, Mitscha-Märheim mit
den Babenbergern. Auf beide Hypothesen ist hier nicht näher einzu-
treten.
Der erste Namensträger ist Hugo, der zwischen 1133 und 1142 in
sieben urkundlichen Nachrichten erwähnt wird, sechsmal als Zeuge,
einmal als Schenkgeber eines Lehens Prumsendorf an das Stift Kloster-
neuburg.1, 2 E r ist identisch mit einem Hugo von Kranichberg, 3 dem
1142 König Konrad III. Petronell zu Eigen gibt.4 Die Untersuchung
Mitscha-Märheims bietet nun aber nicht nur für die Vorfahren Hugos,
sondern auch für dessen Deszendenz Neues. E r schliesst die Lücke
zwischen Hugo und der bisher als folgenden betrachteten Generation
mit einem Dietrich. 5 Dieser soll in die folgende Übersicht einbezogen
werden, die im übrigen den bisherigen Anschauungen folgt" und die
weiteren Abweichungen Mitscha-Märheims, da für die vorliegende
Arbeit unerheblich, nicht berücksichtigt.
Es ist indessen darauf hinzuweisen, dass die Deszendenz Hugos
noch keineswegs gesichert ist; erst ab der dritten Generation nach Hugo,
der auch Heinrich I., der Stammvater der heutigen Liechtensteiner, an-
gehört, sind die verwandtschaftlichen Zusammenhänge im wesentlichen
bis heute lückenlos gesichert.
1 Fa lke I, 16 f f .
2 A l l e Urkunden bei Jenne; sechs davon, jene aus dem Klosterneuburger Saal-
buch: F R A 2 4 n. 165, 192, 315, 620, 622, 635.
3 M i t s c h a - M ä r h e i m , 24.
4 Siehe Hirsch , der auch das Originaltranssumpt im Wort laut bringt.
5 M i t s c h a - M ä r h e i m , 44 f.
6 W i l h e l m , Stammtafel 1.
16
Hugo, der, wie bereits erwähnt, hochfreier Herkunft ist, nennt sich
nach der Burg Liechtenstein bei Mödling, ca. 25 Kilometer südlich von
Wien, 7 die als Stammsitz des Hauses gilt. 8
Bemerkenswert sind die Klostereintritte dreier Töchter aus der
dritten Generation nach Hugo, die jedesmal von bedeutenden Schen-
kungen von Lehen an das Stift Klosterneuburg begleitet sind.", 1 ( 1
Diese Häufung von Klostereintritten in einer Generation verbunden
mit der Tatsache, dass keine weltlich gebliebenen Töchter bekannt sind,
könnte darauf hinweisen, dass man die Töchter von der Erbteilung
ausschliessen wollte. Dies würde auch die bedeutenden Schenkungen
an das Kloster erklären. Die vorhandenen Quellen hierzu sind indessen
so dürftig, dass diese Hypothese nicht weiter gestützt werden kann.
Gegen sie spricht auch, dass die Versorgung in der Kirche im Hause
Liechtenstein in der Folge nie Bedeutung erlangt hat. 1 1
Ein gemeinsamer Ursprung des Hauses Liechtenstein mit anderen
des gleichen Namens, auch mit dem steirischen Ministerialengeschlecht
Liechtenstein-Murau, ist nicht nachgewiesen.12
II. D I E E R S T E E R B T E I L U N G
Schon in der ersten Hälf te des 13. Jahrhunderts dürfte unter den
Erben in der 2. und 3. Generation nach Hugo eine Teilung erfolgt sein,
wodurch «der liechtensteinische Besitz im Süden der Donau mitsamt
der Stammburg Liechtenstein selbst, da weder die Dietriche von Rohrau
noch die Alberte von St. Petronell männliche Erben hinterliessen, aus
der Hand der Familie gekommen, während ihre norddanubischen Eigen-
güter, der einzigen überlebenden Linie des Hauses, jener Heinrich 1., er-
halten blieben». 1 3 Somit ist die Annahme unzutreffend, Burg Liechten-
7 W i l h e l m , Stammtafeln, Vorbemerkung .
8 Falke I, 16.
9 Falke I, 19 f., 25, 28 f.
10 Jenne; F R A 2 4 n. 603, 428, 401.
11 Liechtenstein, 4.
12 Fa lke I, 8 ff . ; daselbst dennoch S. 55 — 276 die Geschichte des Hauses L iech-
tenstein-Murau, aller Trad i t ion folgend, wohl auch wei l es mit dem fürs t l i -
chen verschwäger t ist. Z u diesem steirischen Hause gehör t auch der bekannte
M i n n e s ä n g e r U l r i c h von Liechtenstein (1200—1275). Das Haus erlischt 1619
mit dem Tode Ottos V I 11.
13 M i t s c h a - M ä r h e i m , 25.
18
Ii MS
4
Stammburg Liechtenstein bei M ö d l i n g , nach welcher das Haus benannt wi rd .
19
stein sei Heinrich I. zugefallen, 1 4 obwohl er sich meist danach bezeich-
net und seine Linie den Namen allein weiterführt.
i n . H E I N R I C H [.
Heinrich I. ist der Stammvater aller späteren Liechtensteiner. 1 5, 1 6
Erstmals erwähnt 1233, ist er auch der erste Liechtensteiner, der nicht
nur eine eigene Geschichte hat, sondern auch in der Geschichte Nieder-
österreichs eine gewisse Rolle spielt. 1 7 E r steht politisch und militärisch
im Dienst der Herzoge von Österreich. 1 8 Als Landeshauptmann und
oberster Landrichter der Steiermark 1 9 bekleidet er höchste Ämter im
Lande.
Die erwähnte erste Erbteilung bringt Heinrich die Güter im Norden
der Donau mit dem Hauptsitz (Neu-)Lichtenwarth,2'' die stets freies
Eigen der Liechtensteiner waren.-'1 A m 14. Januar 1249 schenkt Mark-
graf Premysl Ottokar von Mähren (seit 1251 Herzog von Österreich,
seit 1253 König von Böhmen) Heinrich I. und seinen Erben beiderlei
Geschlechts die bedeutende mährische Herrschaft Nikolsburg zu freiem
Eigen. 2- Heinrich scheint noch im selben Jahr die Residenz nach
Nikolsburg verlegt zu haben und nennt sich auch danach. 2 3 Der Name
bleibt in der Folge dem Hause und dient ihm auch zur Unterscheidung
von den steirischen Liechtensteinern.
Heinrich I. stirbt um 1265/66.
14 Fa lke I, 279.
15 Fa lke I, 279.
16 M i t s c h a - M ä r h e i m , 25.
17 Fa lke [, 30.
18 Fa lke I, 280 ff . : Zuerst beim letzten Babenberger, Fr iedr ich II., dann beim
Premysliden Ottokar II. seit 1251.
19 Fa lke I, 295.
20 M i t s c h a - M ä r h e i m , 26; ebenda, 25, e r w ä h n t das Siegel, das Heinr ich I. als
«von L i c h t e n w a r t h » ausweist.
21 M i t s c h a - M ä r h e i m , 27.
22 Fa lke I, 289 ff . ; Urkunde abgedruckt bei Jenne sowie bei Dobner , M o n . hist.
Boemiae I V 262.
23 Fa lke I, 290.
2(1
IV. D A S T E S T A M E N T H E I N R I C H S I. V O N 1265
Zum besseren Verständnis diene folgende Übersicht der Nachkom-
menschaft Heinrichs. 2 4
Das Allodialvermögen in Österreich wird halbiert. Die eine Hälf te
erhalten die Kinder der ersten Gattin Diemut, die andere jene der
zweiten Gattin Mechthild (die Existenz einer dritten Gemahlin Elisabeth
ist nicht gesichert; sie wird im Testament nicht erwähnt): « summa
divisa in duas partes equales, unam partem accipiat Fridericus filius
meus et Margaretha et Diemudis sorores ipsius uterine, alteram partem
accipiant pueri mei, quos ex domina Mehthildi habeo vel habebo » . 2 5
Stirbt eines der Kinder, so soll sein Anteil nur den Vollgeschwistern
anwachsen.
Von den Kindern Diemuts erhält Friedrich I. Rabenstein, Marga-
retha Schloss Reichenberg, Diemut 2 0 Chrischenstetten. Für die Kinder
Mechthilds erfolgt keine Zuteilung im Einzelnen. Sie erhalten die
Schlösser Lichtenwarth und Wrinz. Die Lehen sollen unter den Söhnen
gleichmässig aufgeteilt werden: «Volo etiam, quod fi l i i mei me defuncto
feodalia omnia inter se equaliter dividant». 2 7
Dies sind die wichtigsten Bestimmungen des Testaments. —•
Der Inhalt des Testaments entspricht durchwegs dem geltenden
Land- und Lehenrecht. Die allodialen Güter folgen dem landrechtlichen
Teilungsprinzip, das in dieser Zeit (bis ca. Anfang 14. Jahrhundert) noch
keinen (allgemeinen) Vorzug der Agnaten kennt; 2 S die Lehen dem Prin-
zip der agnatischen Deszendentenerbfolge nach deutschem Lehnrecht. 2 i l
Es sei noch darauf hingewiesen, dass Testamente aus dieser Zeit
nicht mit den späteren römischrechtlichen verwechselt werden dürfen:
es fehlt die heredis institutio, die Erbeneinsetzung. Es sind «formlose
24 W i l h e l m , Stammtafeln . Die in dieser Arbei t jeweils gebotenen Ausschnitte
aus den Stammtafeln dienen nur dem besseren V e r s t ä n d n i s des jeweiligen
Abschnittes.
25 Falke 1, 509 f; ebenda 509 f f . ganze Urkunde abgedruckt, ebenso bei Jenne.
Z u m Inhalt des Testaments vgl . Fa lke I, 299 ff .
26 Ihr Gatte ist Otto von Liechtenstein-Murau. Es ist dies die erste bekannte
Verbindung der beiden H ä u s e r .
27 Falke 1,510.
28 Schulze, E rb - und Famil ienrecht , 46.
29 Schulze, Erb- und Familienrecht , 35.
21
Verordnungen», 3 0 die das Erbe unter die durch Land- und Lehenrecht
bereits bestimmten Erben aufteilen.
V . N I K O L S B U R G
Im Testament von 1265 wird Nikolsburg nicht erwähnt. D a Hein-
rich I. die Besitzung 1249 zu Eigen erhalten hatte (vgl. vorne unter
III.), sollte sie unter dem Allodialvermögen erscheinen, das im Testa-
ment einzeln aufgeführt ist. Es scheint aber in der Zeit zwischen der
Schenkung und der Abfassung des Testamentes einige Schwierigkeiten
gegeben zu haben. Die Schenkung war offenbar nicht unbestritten ge-
blieben, was schon daraus hervorgeht, dass sie im gleichen Jahr noch-
mals bestätigt wurde, 3 1 ebenso 1262: « . . . una cum suis heredibus
utriusque sexus. . . , perpetuo teneat, proprietatis nomine pleno iure
et libertate perfecta,... ».'1L' Nach dem Tode Heinrichs I. kommt Nikols-
burg an dessen ältesten Sohn, Friedrich L , nunmehr Haupt des Hauses. 3 3
Merkwürdigerweise erscheint nun aber Nikolsburg in einer Urkunde
vom 6. M a i 1277 als Lehen und nicht mehr als Eigen. Es handelt sich
dabei um einen Vertrag zwischen König Rudolf von Habsburg und
König Ottokar von Böhmen, worin u. a. festgehalten wird: « . . . Nicols-
purch, in cuius possessione F ( = Fridericus) de Liehtenstain, cuius
feudum esse dinoscitur, permanebit pacifice et quiete». 3 4 In dem Ver-
trag verpflichtet sich König Rudolf, die in seinem Streit mit König
Ottokar eroberten böhmischen und mährischen Schlösser letzterem
wieder zurückzugeben, ausser Nikolsburg, das er als Lehen Friedrichs
anerkennt.3"1 Wann und wie Nikolsburg Lehenseigenschaft erhielt, ist
nicht auszumachen. Jedenfalls musste dies vor 1277 geschehen sein, da
im genannten Vertrage ja nur die, bereits vorhandene, Lehensqualität
bestätigt wird. Sollte Nikolsburg aber bereits vor dem Testament, also
vor 1265, Lehen gewesen sein, so wäre es mit der Testamentsbestim-
mung über die Lehen miterfasst. Gehörte es indessen noch zum A l l o -
30 Schulze, Erb- und Famil ienrecht , 65.
31. 17. November 1249, Fa lke I, 290 mit Druckor t ; Jenne.
32 Jenne.
33 Fa lke I, 304.
34 Jenne, da als Druckor t M G H IV. , 413 ff .
35 Fa lke T, 305 f.
22
23
dialvermögen, so könnte seine Nichterwähnung im Testament höchstens
damit erklärt werden, dass für Nikolsburg, als dem Wohnsitz des bis-
herigen Hauptes des Hauses, bereits eine (hausrechtliche) Sonderrege-
lung bestand.'"'
Weitere Anhaltspunkte für diese Hypothese fehlen jedoch, weshalb
die Frage offen bleiben muss.
V I . D I E N A C H K O M M E N H E I N R I C H S I.
Von Bedeutung für das Haus ist nur Heinrich IL , der gleichzeitig
auch als einziger der Söhne Heinrichs I. ein historisches Gewicht hat.
1278 nahm er entscheidend Anteil an der Schlacht bei Dürnnkru t . 3 7
Er ist der jüngste der Brüder und pflanzt das Geschlecht fort. 1279 er-
scheint er — obwohl noch zu Lebzeiten Friedrichs I. — im Besitze von
Nikolsburg, was aus einer Urkunde hervorgeht, womit ihm Kaiser
Rudolf für Nikolsburg ein Privileg über einen Wochenmarkt erteilt. 3 8
Friedrich I., der älteste Sohn, hinterlässt einen Sohn, Friedrich IL , und
eine Tochter. Seine Linie erlischt mit den Töchtern Friedrichs IL,
Katharina und Elisabeth.
Katharina vermacht 1369 alle ihre Güter ihren Vettern aus der Linie
Heinrichs II. Hartneid I. stirbt bereits 1277 unvermählt. Die vier Töchter
vermählen sich alle, womit die ihnen durch das Testament von 1265
zugefallenen Güter dem Hause Liechtenstein verlorengehen.
Heinrich II. hinterlässt nur einen Sohn, Hartneid IL , der damit zum
neuen Stammhalter wird. Über die Tochter Elisabeth ist nichts näheres
bekannt, ebensowenig über eine allfällige Erbteilung unter den zwei
Geschwistern. Hartneid IL wird erstmals genannt 1310 und stirbt 1350.
Als Lehensmann König Johanns von Böhmen für Nikolsburg kämpft er
auf dessen Seite gegen die Herzoge von Österreich. Für in diesem Krieg
entstandene Verluste belehnt ihn König Johann mit Schloss Maidburg
(Magdeburg) in Böhmen; ausserdem erhält er verschiedene Privilegien
seine böhmischen Besitzungen betreffend. 3 9 Damit wird der Nikols-
burger Besitzstand wesentlich erweitert.
36 Diesen Hinweis verdanke ich D r . W i l h e l m .
37 Falke I, 308.
3S Jenne; Falke I, 308 f.
39 13. Januar 1334, erneut 1348. V g l . Fa lke 1, 322 und 324; Jenne.
24
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In welcher Weise der Nachlass Hartneids 11. unter seine sieben Söhne
und zwei Töchter aufgeteilt wurde, ist hier nicht näher untersucht wor-
den, da weder ein Testament noch irgendwelche Teilungsurkunden be-
kannt sind. Jedenfalls aber erscheint bereits 1366 Johann I. im Besitz
Nikolsburgs, da ihm Markgraf Johann von Mähren daselbst den Jahr-
markt bestätigt. 4 1 1
Mit dieser ersten Generation nach Hartneid II. beginnt nun erst
eigentlich die Zeit, die für diese Arbeit von besonderem Interesse ist.
Die starke Hand Johanns I. führt das Haus nicht nur zu wesentlich grös-
serer Bedeutung als bisher, sondern vermag auch alle Glieder desselben
zusammenzuhalten. Unter ihm beginnt das agnatische Prinzip erstmals
Form anzunehmen in der Erbeinigung von 1386. Von jetzt an kann
auch von «Haus» im Sinne des agnatischen Blutsverbandes gesprochen
werden, zu dem nur noch die durch Männer verwandten Männer zu
zählen sind. Wohl gelingt es ihm noch nicht, das agnatische Erbfolge-
prinzip vollständig durchzusetzen, ebensowenig das Prinzip der Unteil-
barkeit. Doch werden die wichtigsten Hausangelegenheiten hinfort
unter Zuziehung der Agnaten, und zwar aller, geregelt, während die
Töchter entschieden in den Hintergrund treten, teilweise auch bereits
Erbverzichte leisten.
Die überragende Gestalt Johanns I. sowie seine Leistungen können
kaum überbewertet werden. Da mit ihm eine neue Aera beginnt, soll
die Nachkommenschaft Hartneids II., soweit sie für die Folgezeit wichtig
ist, im nächsten § behandelt werden. —
Die bisher behandelte Zeit bringt keinerlei Anhaltspunkte, die auf
eine hausrechtliche Sonderregelung (das Problem Nikolsburg vorbe-
halten) hinweisen. Das Haus erscheint noch nicht als agnatischer Ver-
band, die Töchter erben gleichberechtigt mit den Söhnen. Töchter-
verzichte fehlen. Land- und Lehenrecht kommen voll zum Zuge.
40 Falke I, 335.
26
§ 2 Die Periode des «fallweisen» Hausrechts und die Ent-
stehung von Hausobservanzen (von 1386 bis zur Ein-
führung des Seniorates 1504)
I. J O H A N N I. U N D D I E E R B E I N I G U N G V O N 1386
1. Johann L, der «Gewaltige Hofmeister»
Unter den Söhnen Hartneids II. sind allein von Bedeutung Johann 1.,
Hartneid IV. und Georg II. In Haus- und Landesangelegenheiten treten
sie oft zusammen auf, vor allem seit 1370. 4 1 In der zweiten Hälfte des
14. Jahrhunderts bilden sie die eigentliche Vertretung des Hauses. Un-
ter ihnen ragt Johann I. weit hervor. Von den älteren Brüdern ist
Hartneid III. zu erwähnen, der das Geschlecht fortpflanzt.
1368 dürfte Johann zum Hofmeister Herzog Albrechts III. ernannt
worden sein. 4 2 1370 wurde er Mitglied jener fünfköpfigen Kommission,
der die Herzoge Albrecht III. und Leopold III. für einige Jahre die
Finanzverwaltung ihrer Lande übergaben, von dieser Massnahme wohl
eine Sanierung ihrer misslichen Finanzlage erhoffend; damit traten sie
der Kommission faktisch die Regierungsgewalt ab. 4 3 Hieraus erhellt
Stellung und Bedeutung Johanns, vorab aber das Vertrauen, das ihm
die beiden Herzoge von Österreich entgegenbrachten. M i t zahlreichen
Darlehen half er ihnen ausserdem aus manchen finanziellen Schwierig-
keiten. 4 4 1377 erhält er vom Markgrafen Jobst von Mähren, 1380 von
König Wenzel von Böhmen Bestätigungen betreffend die mährischen
Besitzungen des Hauses. 4 5 Daraus geht hervor, dass er, noch zu Leb-
zeiten seines älteren Bruders Heinrichs IV. , als das Haupt der Familie
betrachtet wurde.4" Im Jahre 1395 wird er von Herzog Albrecht für
seine Gattin, Elisabeth von Puchheim, und ihre Erben beiderlei Ge-
schlechts mit einem Teil an Stadt und Herrschaft Feldsberg belehnt.4 7
41 Fa lke I, 327 und 335; sie wurden auch of t zusammen belehnt: z . B . 1376 mit
Stadt und Feste Traburg (Falke 1, 341), 1389 Feste Lundenburg und 1394
Schloss und Mark t D ü r n h o l z (Falke I, 368; Urkunden jeweils bei Jenne).
42 Fa lke 1, 335 f.
43 Fa lke I, 337 f.
44 Fa lke I, 340 f„ 344 f.
45 Fa lke f, 335; Jenne.
46 Fa lke I, 345.
47 Falke I, 363 (aus der Ehe geht indessen nur eine Tochter, Kathar ina , hervor).
27
Ab 1386 scheint die Verbindung zum Hause Luxemburg in Böhmen
wieder enger geworden zu sein. 4 S
Johann I. vergrösserte den liechtensteinischen Besitz gewaltig
durch Erbschaft, Belehnungen, vor allem aber durch Käufe «mit Hilfe
seiner Sparsamkeit und klugen Verwaltung». 4 9 Eine der wichtigsten
Erwerbungen ist jene von Eisgrub im Jahre 1370. 5 9 1394 traf Johann
die sogenannte «Ungnade bei Herzog Albrecht» (Herzog Leopold war
bereits gestorben), deren Ursache noch ungeklärt ist 5 1 und die das Haus
um den grössten Teil der österreichischen Besitzungen brachte. 5 2 Sämt-
liche Agnaten des Hauses Liechtenstein mussten sich im folgenden
Jahre einem demütigenden Urteilsspruch beugen, dem jede Begründung
fehlte. 5 3 Erhalten blieben dem Hause vorab noch: Herrschaft, Stadt und
Feste Feldsberg, die Festen Ravensburg, Ringleinsdorf, Mistelbach,
Ulrichskirchen, Ebelsberg und Neudeck. 5 4
Nach diesem Verlust wurden die mährischen Besitzungen zu den
bedeutendsten, über die frei zu verfügen Markgraf Jobst von Mähren
Johann I. 1396 die Befugnis gab. 5 5 Johann vererbte sie hierauf seinen
drei Neffen Mathias I., Johann II. und Heinrich V . Das Testament
selber ist nicht erhalten, wohl aber eine Bestätigung desselben durch
Herzog Albrecht vom Jahre 1398. 5 8
Johann überlebte seine beiden jüngeren Brüder und starb 1397.
2. Die Erbeinigung von 1386
A m 5. September 1386 schliessen die drei bereits erwähnten Brüder
Johann I., Hartneid IV. und Georg II., zusammen mit ihren fünf Neffen
Christoph I., Mathias 1., Georg III., Johann II. und Heinrich V . den
ersten Hausvertrag. Die Vertragspartner sind wohl sämtliche damals
48 1386 schenkt Kön ig Wenzel Johann I. ein Haus in Prag, «dass er ö f t e r zu
ihm komme und bei ihm sei» und ernennt ihn zu seinem Rat (Falke I, 364 f.).
49 Falke I, 367.
50 Falke 1, 336.
51 Falke 1, 368.
52 Falke I, 369.
53 Falke I, 371 f.
54 Falke 1, 374.
55 Falke I, 379; Jenne.
56 Falke 1, 380.
lebenden volljährigen Agnaten. 5 7 Der Vertrag wurde 1425 durch Kaiser
Sigmund bestätigt. 5 8
Sie beschliessen «Das wir die drey Vestt Nicolspurg, Wasenstain und
Maydberg in dhainen wegen nymmer die weil wir leben miteinander
tailen süllen noch wellen wenn si unser rechtes veterleichs Erb sind, und
emals in dhainen zeiten nye getailt sind worden». Sterben einzelne, so
sollen die übrigen weiterhin die drei Festen ungeteilt halten. Weiter wer-
den bestimmte gemeinsame Rechte und Pflichten festgelegt: Etwa, dass
die Burgen allen jederzeit offen sein sollen; dass keiner ohne Wissen
und Zustimmung der andern von einer dieser Burgen aus Krieg führen
dürfe; dass Unterhalt, Verteidigung und Ernennung von Burggrafen
gemeinschaftlich zu erfolgen habe (bei Uneinigkeit über die Wahl eines
Burggrafen entscheidet die Stimmenmehrheit der Anwesenden). Bei
Streitigkeiten sollen zwei Freunde ( = Verwandte) entscheiden. Gewalt-
anwendung ist zu unterlassen. Wer gewaltätig vorgeht oder den Schieds-
spruch nicht annimmt, dem gegenüber entfallen die vertraglichen Ver-
pflichtungen der übrigen. Dieses ist der erste und wichtigere Teil des
Vertrages.
Im Mittelpunkt des anderen Teils steht Johann l . Er soll, so be-
schliessen die übrigen Agnaten, wegen seiner Verdienste um das Haus,
«die mänigveltig-Iawtter trew der wir an demselben Hofmaister enphun-
den haben, das er uns so frewntleich bedacht hat damit wir liepleich mit
einander geleben mögen . . », über sämtliche von ihm erworbene (unter
welchem Rechtstitel auch immer) Güter frei verfügen können, sei es
unter Lebenden oder von Todes wegen.
Der Vertrag erscheint bedeutender als Zeugnis für die Harmonie,
die zu der Zeit im Hause Liechtenstein geherrscht haben muss und als
Ausdruck der Wertschätzung, die Johann I. von den übrigen Agnaten
entgegengebracht wurde, denn als Quelle des Hausrechts. Doch ist auf
einzelne bemerkenswerte Punkte hinzuweisen.
Standen nach dem Testament Heinrichs I. von 1265 die Töchter
noch gleichberechtigt neben den Söhnen, so ist in diesem ersten be-
kannten Hausvertrag von den Töchtern keine Rede mehr. Neben seiner
Tochter Katharina dürften zu dieser Zeit auch noch eine Schwester und
57 Falke 1, 327; vgl . zum Inhalt des Vertrages Falke I, 365 f.
58 Fa lke I, 365; Jenne.
29
eine Nichte Johanns I. gelebt haben, von denen keine Erbverzichte be-
kannt sind. Nun handelt es sich bei den drei im Vertrag genannten
Festen um Lehen, das heisst eine Zustimmung der Kognaten ist nicht
erforderlich, da nach Lehenrecht für Lehen eine rein agnatische Erb-
folge vorgeschrieben ist. Der Verzicht auf ihre Anwartschaftsrechte,
den die Agnaten Johann 1. gegenüber leisten, umfasst nach dem Wort-
laut des Vertrages aber offensichtlich auch die allodialen Besitzungen,
auf welche mindestens seine Tochter Katharina nach Landrecht anwart-
schaftliche Rechte besitzt. Nun könnte man einwenden, dass die Kog-
naten durch diesen Vertrag nicht gebunden worden seien. Dies ist aber
unwahrscheinlich. Vielmehr dürften die noch lebenden Kognaten doch
verzichtet haben, wenn auch über diese Verzichte nichts bekannt ge-
worden ist.
Der Annahme, dass im Erbrecht des Hauses Liechtenstein bereits
das agnatische Prinzip durchgedrungen war, das Haus also bereits zum
rein agnatischen mit «ausschliesslicher Berechtigung des Mannsstam-
mes» 5 1 ' geworden war, stehen die Töchterverzichte aus dem 15. Jahr-
hundert entgegen.
Der Gedanke, Güter nicht zu teilen, sondern in gemeinsamem Besitz
zu behalten, findet sich noch in einer weiteren Vereinbarung zwischen
den Brüdern Johann I., Hartneid IV. und Georg 11. Dies geht hervor
aus einer Bestätigung Herzog Albrechts III. von Österreich vom 29. Sep-
tember 1392. , i n Die Urkunde selber fehlt; über deren Inhalt und Datum
ist Näheres nicht bekannt.
II. DIE Z E I T N A C H J O H A N N 1. BIS Z U R
E R B E I N I G U N G V O N 1504
Die nun gewaltig zunehmende Zahl von Nachrichten über das Haus
Liechtenstein verlangt eine immer stärkere Beschränkung auf das für
die Entwicklung des Hausrechtes Notwendigste.
Einzig fortführende Linie ist jene Hartneids III. (vgl. Übersicht
Seite 25). Sie allein wurde auch im Testament Johanns I . 8 1 bedacht. Mit
59 Schulze, Erb- und Familienrecht , 46.
60 Falke I, 362/63; Jenne.
61 Das Testament fehlt, vorhanden ist nur eine Bes tä t igung durch Herzog A l b -
recht III. vom 8. Sept. 1398. Falke I, 379 f.; Jenne.
30
Georg III. erreicht erstmals ein Mitglied des Hauses die Fürstenwürde
(1412 Reichsfürst). Als einziger ergreift er die kirchliche Laufbahn:
1390 wird er Bischof von Trient, 1411 Kardinal (allerdings durch den
Gegenpapst Johann X X I I I . ernannt!).
A m Anfang des 15. Jahrhunderts findet sich wieder eine Dreierver-
tretung des Hauses: Die Brüder Johann II. und Heinrich V . und ihr
Vetter Hartneid V . Auch sie treten häufig gemeinsam auf, insbesondere
bei Käufen, und werden gemeinschaftlich mit wichtigen Gütern belehnt.
1. Die Erbeinigung von 1451
Wieder erscheint ein Triumvirat an der Spitze des Hauses: Wilhelm,
Johann V . und Heinrich VI I . Die drei erledigen die Hausangelegen-
heiten gemeinsam.*3
A m 11. Apr i l 1451 bestätigt Wilhelm eine Vereinbarung mit seinen
beiden Vettern, wonach keiner ohne Wissen und Willen der anderen die
«Eribgüeter weder verseczen verkawffen noch kain geltschuld nicht
machen» dürfe. Alle Pfleger sollen allen drei Vertragsschliessenden
Gehorsam geloben. Gemeinsam soll ein oberster Schaffner zur Vermö-
gensverwaltung bestellt werden.
Die kurze, inhaltsarme Vereinbarung zeugt von wenig Enthusiasmus
zu gemeinsamem Handeln im Interesse des Hauses. Dieser Eindruck
verstärkt sich noch beim Vergleich mit dem ersten Hausvertrag von
1386. Jedenfalls vermochte die Erbeinigung den ersten bekannten Zwist
im Hause nicht zu verhindern, der Wilhelm von seinen beiden Mitkon-
trahenten trennte und schiedsrichterliches Eingreifen nötig machte. Be-
reits im folgenden Jahr erfolgte denn auch eine vollständige Teilung
(Totteilung) der Güter.
2. Die Erbteilung von 1452
A m 13. Juli 1452 erfolgte eine Erbteilung. 1" Da keine Einigung zu
finden war, wurde ein gesuchtes Schiedsgericht, bestehend aus dem
Grafen Ulrich von Ci l l i und Ulrich Eitzinger von Eitzing, eingesetzt,
welches auch die Urkunden ausstellte.
63 Fa lke I, 465.
64 Falke I, 465.
65 Fa lke I, 465 f.; Jenne.
31
Geteilt wurde zwischen den Linien Georgs IV. (vertreten durch
Johann V . und Heinrich VIII.) und Christophs II. (vertreten durch
Wilhelm). Die Güter sind in der Urkunde einzeln aufgeführt; Wilhelm
fällt der Hauptsitz Nikolsburg zu.
Tiefere Folgen zeitigt diese Teilung jedoch nicht; Wilhelm stirbt
bereits 1459 kinderlos eines gewaltsamen Todes und die ihm zugeteilten
Güter fallen an die Linie Georgs IV." 1 1
3. Die Erb verzichte der Töchter
Seit dem 13. Jahrhundert kommt es vor, dass die Töchter adliger
Häuser auf ihr angeborenes Erbrecht auf vertraglichem Wege verzich-
ten. 0 7 Da sowohl nach dem Schwaben- als auch nach dem Sachsen-
spiegel die Töchter erbrechtlich recht günstig standen, musste immer
damit gerechnet werden, dass namhafte Güter, oft sogar Stammgüter,
zufolge Heirat der Töchter an fremde Häuser verloren gingen.
Wie die später durch autonomische Satzung eingeführte Unteilbar-
keit der Hausgüter und die Primogeniturerbfolge, dienen auch diese
kognatischen Erbverzichte der Erhaltung des Vermögens im Mannes-
stamme. Da sie kein gesetztes Hausrecht darstellen, bilden sie keine
bleibende Norm für das ganze Haus; vielmehr handelt es sich um blosse
Regelungen von Einzelfällen im Interesse des Hauses. Durch fortgesetzte
Übung vermag sich aber eine Observanz zu bilden, die in ihrer Wirkung
der autonomen Satzung nahekommt.
Umfang und Dauer der Verzichte konnten verschieden sein: Ver-
zicht auf das väterliche u n d mütterliche Erbe oder auf eines der
beiden; Wiedereinsetzung in die Erbeigenschaft, falls keine männlichen
Nachkommen überlebten.
In der Regel verzichteten die Töchter anlässlich ihrer Verheiratung,
wobei die Aussteuer das Äquivalent des wegfallenden Erbteils bildete.
Verzichte wurden auch häufig bei Klostereintritten geleistet.
Im Hause Liechtenstein sind für das 15. Jahrhundert vier Fälle
näher zu betrachten.
66 Falke I, 468.
67 V g l . hierzu und zu den folgenden A u s f ü h r u n g e n Schulze, Erb- und Fami l i en -
recht, 71 ff .
32
a) 1434 überträgt Anna, Tochter Hartneids V . , ihrem Vetter Georg IV .
eine Vollmacht und übergibt ihm ihre Güter." 8 Es handelt sich hier
natürlich um keinen Erbverzicht. Die Erwähnung rechtfertigt sich
trotzdem, da wenigstens ansatzweise das agnatische Prinzip durch-
scheint, indem zugunsten eines Agnaten Verfügungsbeschränkungen
hingenommen werden.
In diesem Verständnis kann der Vorgang als Vorläufer der spä-
teren Erbverzichte verstanden werden, wenn er auch rein rechtlich
betrachtet etwas anderes darstellt.
b) Die älteste Tochter Georgs IV., Barbara, leistet ihren Verzicht im
Jahre 1460 anlässlich ihrer Vermählung mit ihrem zweiten Gatten
Heinrich Strein von Schwarzenau gegenüber ihren Brüdern auf ihr
liechtensteinisches Erbe. 6 9
c) Elisabeth, die jüngere Schwester Barbaras, ist Nonne im Kloster
St. Jakob in Wien. Sie leistet den gleichen Verzicht wie ihre Schwe-
ster schon 1456. 7 0
Ob auch Margaretha, die jüngste der Töchter Georgs IV . einen
Verzicht leistete, ist nicht bekannt, da Nachrichten fehlen. 7 1
d) Eine weitere Elisabeth, Tochter Johanns V . , verzichtet 1467 gegen
«ihre lieben Vettern Heinrich, Christoph und Georg», also gegen-
über allen damals lebenden Agnaten, auf ihr väterliches Erbe und
behält sich nur das mütterliche vor. 7 2
68 Fa lke I, 458.
69 Fa lke 1,461.
70 Fa lke 1,461.
71 Fa lke 1,461.
72 Falke 1,461.
33
Z W E I T E R A B S C H N I T T
Entstehung und Entwicklung der Unteilbarkeit und
Individualerbfolge
§ 3 Die Periode des Seniorates (1504—1606)
I. D A S H A U S TM 16. J A H R H U N D E R T
Drei sind es wiederum, Brüder diesmal, die am Beginn einer neuen
Phase stehen: Heinrich VII . , Christoph III. und Georg V . Obwohl von
diesen nur Christoph III. die Schwelle zum 16. Jahrhundert überschrei-
tet und kurz vor seinem Tode am Vertragswerk von 1504 teilhat, sind
sie doch alle die Gründer jener drei Linien, die das Bi ld des Hauses im
16. Jahrhundert prägen. Diese Linien nennen sich nach den Hauptsitzen,
die ihnen die Erbeinigung von 1504 zuweist.
Konnte der Zusammenhalt des Hauses im 14. Jahrhundert noch
durch die kraftvolle Persönlichkeit Johanns I. gewahrt werden und ver-
hinderte im 15. Jahrhundert nur das zufällige Fehlen lebensfähiger
Nebenlinien einen Zerfall, so musste sich das Haus im 16. Jahrhundert
eine Verfassung schaffen, die, über Zufälligkeiten hinaus, Weiterbestand
und Prosperität gewährleisten konnte.
Erstmals in der Hausgeschichte treten im 16. Jahrhundert nun drei
Linien in Erscheinung, denen durch die Senioratsverfassung von 1504
Gleichberechtigung und eine gewisse Selbständigkeit zuerkannt wird.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Steierecker Linie be-
reits im Jahre 1548 im Mannesstamm erlischt und die Nikolsburger
Linie wenig später wegen der Misswirtschaft Christophs IV . sowohl ihr
Ansehen als auch ihre rechtliche Stellung wegen Verletzung des Ver-
trages von 1504 weitgehend verliert und für die Hausgeschichte hinfort
unwichtig wird. Dies kommt besonders darin zum Ausdruck, dass die
Nikolsburger am Aufstieg des Hauses in den Fürstenstand keinen Anteil
mehr haben, obwohl sie erst 1691 aussterben.
Aber auch die beiden anderen Linien vermögen in dieser letzten
«vorfürstlichen» Phase kaum überragende Persönlichkeiten hervorzu-
bringen, weder im Hinblick auf das Haus noch in Bezug auf die Ge-
schichte Niederösterreichs. Es scheint, als ob alle Kräfte nach innen
34
gerichtet seien; als ob sie sich auf das konzentrieren würden, was dem
Hause allein zur gesellschaftlichen und politischen Stellung, die in jener
Zeit einem wenig bedeutenden Herrengeschlecht erstrebenswert er-
scheinen mochte, verhelfen konnte: auf das Erlangen der Fürstenwürde,
genauer der Reichsfürstenwürde mit Sitz und Stimme im Reichstag. Es
ist hier nicht zu untersuchen, wie weit in den Köpfen der Liechtensteiner
jener Tage dieser Gedanke schon Gestalt angenommen hatte. Tatsache
ist, dass die Entwicklung geradlinig verläuft, wie im weiteren zu zeigen
sein wird. E in erster Höhepunkt wird in der Erhebung der Brüder Kar l ,
Maximilian und Gundacker in den Fürstenstand am Eingang zum 17.
Jahrhundert zu erblicken sein.
Im folgenden sei auf die Geschichte der drei Linien etwas näher
eingegangen.
1. Die Steierecker Linie (die Nachkommen Heinrichs VII.)
Sie bildet die älteste Linie und zählt, da sie bereits in der ersten
Generation nach dem Gründer im Mannesstamm ausstirbt, ausser dem
Stammvater nur noch vier männliche Mitglieder. Sebastian und Chri-
stoph sterben jung; über Erasmus ist wenig bekannt und seine Bedeu-
tung gering.
Obwohl im Vertrag von 1504 nach seinem Bruder Erasmus genannt,
dürfte Georg V I . der älteste Nachkomme Heinrichs VI I . sein. Er wird
Kriegsmann, 1502 Artilleriemeister Kaiser Maximilians und nimmt
unter anderem an verschiedenen Italienfeldzügen teil, teils als blosser
Hauptmann, teils als oberster Feldhauptmann und Oberst. 7 3
Georg V I . vermachte 1540 seinem Schwiegersohn Johann V I . aus
der Nikolsburger Linie die Herrschaft Wolfersdorf, 7 4 die seiner Linie
mit der Erbteilung 1504 zugefallen war. Das Seniorat, das er seit 1520
innehatte, übergab er, wohl aus Gesundheitsrücksichten, 1543 ebenfalls
an seinen Schwiegersohn.7"' Die Herrschaft Ruttenstein, auch sie aus
dem Vertrag von 1504 an seine Linie gekommen, vermochte er trotz
grossem Einsatz in einem langwierigen Streit dem Hause nicht zu
sichern; sie geht nach seinem Tode endgültig verloren.7 1'
73 vgl . Falke IT, 17 ff .
74 Falke 11,31.
75 F a l k e l l , 32.
76 vgl . Fa lke If, 27 ff .
36
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37
Georg V I . starb am 6. August 1548. Zwei seiner Töchter vermählte
er mit Liechtensteinern aus dem gleichen Haus. Eine dritte, Benigna,
mit einem Otto aus dem Geschlecht von Liechtenstein-Murau.
Der Nachlass Georgs V I . ging schliesslich an die beiden anderen
überlebenden Linien über, nachdem in einem Vertrag von 1558 seinen
Töchtern, die Anspruch erhoben hatten, 10'600 Gulden als Abfindung
zugesprochen worden waren. 7 7
2. Die Nikolsburger Linie (die Nachkommen Christophs III.)
Die beiden Brüder Wolfgang 1. und Leonhard I. traten im politischen
Leben kaum hervor. Leonhard I. wie auch sein Neffe Johann V I . waren
Anhänger der Reformation. So soll vor allem Balthasar Hubmeyer von
Friedberg, Haupt der Wiedertäufer in der Schweiz, auf Nikolsburg Auf-
enthalt und zeitweilige Wirkstätte gefunden haben. 7 8
In einem Teilungsvertrag zwischen Wolfgang I. und Leonhard I.
wurde bestimmt, dass der Komplex Nikolsburg zwar gemeinsamer Be-
sitz bleiben sollte, die Einkünfte daraus aber zu teilen seien. Das Schloss
Nikolsburg sollte beiden als Wohnung dienen.71'
Johann V I . , der ältere der beiden Söhne Wolfgangs I., war in erster
Ehe mit Anna, einer Tochter Georgs V I . aus der Steierecker Linie ver-
heiratet; 1540 erhält er von seinem Schwiegervater die Herrschaft W i l -
fersdorf. 8 0 Zusammen mit seinem Bruder Wolf Christoph besitzt er die
eine Hälfte von Nikolsburg, die andere ist gemäss einem Teilungsvertrag
von 1538 über den Nachlass Christophs III. im Besitze der Söhne Leon-
hards I.: Christophs IV . und Leonhards II.
Christoph IV. , der sonst in keiner Weise von Bedeutung ist, verkauft
1560 ohne Wissen und Willen der Agnaten den Hauptsitz des Hauses,
Schloss und Herrschaft Nikolsburg, an Ladislaus von Keretschin. 8 1
1571 verkauft Wolfgang II. mit Eisgrub eine weitere bedeutende Be-
sitzung. Diese für das Haus nicht nur machtmässig sondern auch ideell
schweren Verluste haben die Einführung der Unteilbarkeit und Primo-
77 Falke II, 34 ff .
78 Fa lke II, 43 f f .
79 Fa lke II, 40.
80 Fa lke II, 51.
81 Fa lke II, 70 f f .
38
genitur im Vertragswerk von 1606 beschleunigt. Weiteres über diese
Linie, die zwar erst 1691 erlosch, mit dem Tode von Christoph IV . und
Wolfgang II. 1585 aber jede Bedeutung verlor, ist nicht zu erwähnen.
3. Die Feldsberger Linie (die Nachkommen Georgs V.)
H a r t m a n n I. wird erstmals im Vertrag von 1504 erwähnt. E r
war Kammerherr König Ferdinands und kaiserlicher Rat. Während der
Belagerung Wiens betraute ihn König Ferdinand mit der Beschützung
Mährens.
Nach dem Tode seines Vetters Erasmus 1525 empfing er als nun-
mehriger Senior für das Haus die Belehnung mit den österreichischen
Lehen; ebenso mit den mährischen Gütern Nikolsburg, Maidburg,
Dürnholz, Kostel und Lundenburg durch König Ludwig von Ungarn
als Markgraf yon Mähren. Hartmann I. starb 1542.
G e o r g H a r t m a n n I. ist von den drei Söhnen Hartmanns
allein zu erwähnen. 1513 geboren, heiratete auch er, wie schon 1535
Johann V I . aus der Nikolsburger Linie, eine Tochter Georgs V I . Steier-
eck, Susanna. 1552 übertrug ihm der Senior des Hauses, Wolf Chri-
stoph, die Senioratsrechte; nach dessen Ableben 1554 wurde Georg
Hartmann selber Senior und empfing als solcher die letzte Belehnung
mit Nikolsburg. Als Miterbe am Nachlass Georgs V I . besass er bereits
die Hälfte des Hauptsitzes der ältesten Linie, Steiereck, die andere
Hälfte erwarb er sich 1553 durch Kauf von Wolf Christoph; auch
kaufte er sich 1562 von Christoph IV . Dürnholz.
Falke IT, 86, schliesst die Geschichte über ihn: «Es heisst, er sei von
seiner Linie der erste gewesen, welcher der Augsburgischen Confession
zugethan war. Seinem Vetter Christoph dem Verschwender gegenüber,
muss man ihm wesentlich das Verdienst zusprechen, die Güter des
Hauses nach Kräften erhalten und gesichert zu haben».
H a r t m a n n IL , 1544 geboren, ist das älteste der 13 Kinder
Georg Hartmanns 1. und zugleich der einzige der neun Söhne, der die
Linie fortführt. Beim Tode seines Vaters im Jahre 1562 war er erst
18 Jahre alt, scheint aber bald darauf mündig erklärt worden zu sein,
da er bereits 1563 von Kaiser Ferdinand mit den österreichischen Gü-
tern des Hauses belehnt wurde, nachdem ihm der damalige Senior
Christoph IV . seine Senioratsrechte abgetreten hatte. Diese letztere Tat-
40
sache erscheint umso bemerkenswerter, als neben Christoph IV. noch
zwei weitere ältere Agnaten der Nikolsburger Linie lebten, nämlich
Georg VII . und Wolfgang II. Dies lässt auf eine damals bereits bedeu-
tende Persönlichkeit Hartmanns II. schliessen, «eine Persönlichkeit,
wie sie nach den Verlusten, welche das Familienbesitzthum durch
Christoph IV. erlitten hatte, um so nöthiger erschien». 8 2 Mehr als andere
Familienglieder aus jener Zeit tritt Hartmann II. in öffentlichen Ange-
legenheiten hervor. So ist er unter anderem von 1571. —1574 besolde-
ter Beisitzer im Regierungsrat von Niederösterreich sowie kaiserlicher
Kommissär. Ausserdem gewährt er dem Staat namhafte Darlehen in der
Grössenordnung über 50'000 Gulden. Wie sein Vater ist er Anhänger
der Augsburgischen Konfession und nimmt sich namentlich der Mähri-
schen Brüder an. 8 3
1575 gewann er das durch Wolfgang II. verkaufte Eisgrub zu freiem
Eigen gegen einen Kaufpreis von 30'000 Gulden rheinisch zurück.
Dagegen veräusserte er 1580 Steiereck und 1582 Reichenstein.
Mit seinen Brüdern schloss Hartmann II. im Jahre 1570 einen Ver-
trag über die Teilung der väterlichen Güter. Da indessen keiner seiner
Brüder Nachkommen hatte, finden sich später im wesentlichen alle
diese Güter im Besitze seiner Söhne. Sein Tod fällt in das gleiche Jahr
1585 wie derjenige von Christoph IV. und Wolfgang II. aus der Nikols-
burger Linie. Damit kam das Seniorat, da die Nachkommenschaft Chri-
stophs IV. als nicht mehr zum Hause gehörend betrachtet wurde, end-
gültig an die Feldsberger Linie. Neuer Senior war nunmehr der älteste
Bruder Hartmanns IL , Georg Erasmus, der die Militärlaufbahn ein-
schlug. Mit seinem Testament aus dem Jahre 1591, seinem Todesjahr,
hielt er sich genau an die Erbeinigung von 1504: die eine Hälfte seiner
Güter hinterliess er den Söhnen Hartmanns IL, die andere dem einzigen
noch lebenden Bruder Johann Septimius. 8 4 Dieser studierte in Lausanne
und unternahm zahlreiche Reisen, unter anderem ins Heilige Land.
Die Bedeutung, welche dem Hause Liechtenstein nunmehr von
kaiserlicher Seite zugemessen wurde, erhellt insbesondere auch daraus,
dass Heinrich IL , ein weiterer Sohn Georg Hartmanns L , 1584 als kaiser-
82 Falke II, 87.
83 Fa lke II, 96 ff .
84 Falke II, 104 f.
42
licher Gesandter an den Hof des Sultans nach Konstantinopel entsandt
wurde. 8 3 Mi t ihm ging auch sein jüngerer Bruder Georg Hartmann II.
Beide erlagen den Strapazen dieser Reise und starben 1585 — im glei-
chen Jahr, in dem drei weitere Agnaten des Hauses den Tod fanden,
alle in blühendem Alter.
Mit dem Tode Johann Septimius' 1596 gingen die Senioratsrechte
über auf Karl , den ältesten Sohn Hartmanns II. und damit auf die Gene-
ration, die das Haus in die Primogeniturordnung und den Fürstenstand
führen sollte.
II. D I E S E N I O R A T S V E R F A S S U N G V O N 1504
Die Erbeinigung vom 3. März 1504 8 8 geht über den Anlass einer
blossen Erbteilung weit hinaus. Sie stellt eine eigentliche Hausverfassung
dar, ein Grundgesetz, das bis zur Erbeinigkeit von 1606, also über mehr
als hundert Jahre, Gültigkeit besass.
Es sind Christoph III. als ältester des Hauses und Gründer der
Nikolsburger Linie, die Brüder Georg V I . und Erasmus als Vertreter
der Steierecker Linie und Hartmann I. für die Feldsberger Linie, welche
«aus Rechter Vetterlichen angeboren Natur Vetterlichen lieb und frunt-
schafft und von aufnemen wegen unnsers namen und Stamen» diese
«Vetterliche und fruntliche erbainigung und gleiche Aussaignung» 8 7 für
sich und alle Erben und Nachkommen des Namens von Liechtenstein
vereinbaren.
Die rechtsetzende Dispositio dieser Urkunde bringt folgende Be-
stimmungen.
1. Güter
a) T e i l u n g
Die Teilung der bisher im gemeinsamen Besitze aller Agnaten ste-
henden Güter des Hauses erfolgt nach Linien.
Christoph III. erhält Nikolsburg, die Schlösser Raschenstein und
Maidburg sowie die Festen Lundenburg, Hohenau und Ulrichskirchen.
Georg V I . und Erasmus fallen zu Herrschaft und Stadt Steiereck, die
85 Fa lke II. 106 ff , wo sich eine a u s f ü h r l i c h e Schilderung dieser Reise findet.
86 Siehe A n h a n g 1.
87 Text nach Jenne.
43
44
Schlösser Ruttenstein und Reichenstein, die Festen Wilfersdorf und
Dürnholz und die Stadt Gostal. Hartmann I. bekommt neben Feldsberg
das Schloss Haggenberg, die Feste Ravensburg sowie Feste und Herr-
schaft Mistelbach.
Z u jedem Teil gehören ausführliche Pertinenzformeln. Zur Erb-
einigung gehört ausserdem ein umfangreiches Register, in welchem die
Güter und Zugehörungen jedes Erbteils nach Art und Ertrag spezifiziert
sind. Danach werden sowohl Lehen als auch allodialer Besitz mit dieser
Erbeinigung erfasst und damit ihren Bestimmungen unterworfen. 8 8 , 8 9
b) S i c h e r u n g
Es handelt sich hierbei um Vorkehren zur Erhaltung der Güter für
das Haus als solches, nicht nur um ihre Bewahrung innerhalb einer Linie.
Z u diesem Zweck wird zunächst vereinbart, dass jeder Teil seine
Güter mit allem Zubehör gemäss Register «als seins aussaigtten guts
gebrauchen nuczen und Niessen sol». Hieraus kann wohl geschlossen
werden, dass es sich hier um eine blosse Nutzungsteilung (Mutschierung)
handelt und nicht um eine Teilung der Substanz, die weiterhin allen
Agnaten gesamthänderisch verbleibt.
Von den Gütern darf nun aber «kains von dem Namen und Stamen»
abgewendet werden und niemand darf «davon verschreiben Günnen
vermachen, noch Öffnunng darinnen geben», wie es auch die Vorfahren
gehalten haben. Sollte dies trotz dieses Veräusserungs- und Belastungs-
verbotes geschehen, so würde eine solche Verfügung «wider solh unnser
verainigunng kain krafft haben». So veräusserte Güter konnten somit
von den übrigen Agnaten mit Revokationsklage von jedem Dritten her-
ausverlangt werden. 9 0
Von diesem Veräusserungsverbot werden nun allerdings verschie-
dene Ausnahmen vorgesehen. Aus eherechtlicher Ursache, zum Seelen-
heil und aus echter Not durften Veräusserungen und Verpfändungen
von Gütern vorgenommen werden. Bei Not war zuerst den übrigen
Agnaten anzubieten und erst, wenn diese von ihrem Vorkaufsrecht
88 Dies zum Beispiel im Gegensatz zum waldburgischen Hausgesetz von 1463,
das auch Fahrnis erfasst; Rauh I, 34.
89 Die hier vorliegende Te i lung ist eine sog. Universal te i lung, d. h . eine das
ganze Haus betreffende Tei lung , i m Gegensatz zur Part ikular tei lung, die nur
eine L in i e b e r ü h r t .
90 V g l . H ü b n e r 336.
45
keinen Gebrauch machten, durfte veräussert werden, bei Lehen ausser-
dem nur mit ausdrücklicher Zustimmung und Mitwirkung des Ältesten
als Lehensträger. 1 , 1 Diesen Bestimmungen sollten auch neue Erwerbun-
gen unterworfen werden.
2. Einführung des Seniorats
Senior ist der älteste weltliche Agnat eines Hauses, dem Kraft Ver-
einbarung oder Herkommen gewisse Rechte und Vorzüge vor den an-
deren Agnaten zukommen."2 Dabei spielt es keine Rolle, ob er der älte-
sten oder einer jüngeren Linie entstammt, massgebend allein ist das
Geburtsdatum.
Indessen kommt es nicht selten vor, dass ein Senior, sei es zufolge
längerer Abwesenheit oder anderer Hinderungsgründe, einzelne seiner
Rechte oder gar sämtliche Senioratsrechte dem Zweitältesten oder sogar
einem noch jüngeren Agnaten überträgt, wie dies im Hause Liechten-
stein mehrmals vorgekommen ist.
Mit der Einführung des Seniorates gibt sich das Haus Liechtenstein
erstmals eine Art Oberhaupt. Allerdings bleiben seine Befugnisse darauf
beschränkt, in seinem und aller anderen Agnaten Namen die Lehen des
Hauses zu empfangen und auszugeben (aktive und passive Lehensfähig-
keit). Ausserdem kommt ihm nur noch zu, den E i d auf diese Erbeini-
gung von denjenigen entgegenzunehmen, die neu Erbgüter empfangen.
Es sind folgende Seniores beziehungsweise Inhaber der Seniorats-
rechte bis zur Einführung der Primogenitur zu nennen:
91 Dogmat isch d ü r f t e das Erfordern is der Zus t immung zu B e s i t z s c h m ä l e r u n g e n
dem altdeutschen Beispruchsrecht der n ä c h s t e n Erben zuzuordnen sein, das
hier, unter Ausschluss der Kognaten , auf s ä m t l i c h e Agnaten ausgedehnt w i r d ;
Schulze, F ü r s t e n r e c h t , 1356 f.
92 Moser , Staatsrecht, T e i l 22, 512
Christoph III
Wolfgang I.
Georg V I . 1520—1543 (1543 überträgt er die
Senioratsrechte an Johann V I . , nach-
dem ihn bei den Belehnungen in den
Jahren 1523 und 1525 bereits Hart-
mann I. vertreten hatte.)
1506—1520
1504—1506
46
Johann V I . 1543—1552
Wolf Christoph 1552 (überträgt Senioratsrechte im
selben Jahr an Georg Hartmann I.)
Georg Hartmann I.
Christoph IV.
(der Verschwender) (tritt 1563 alle Rechte ab an Hart-
mann II. unter Umgehung der noch
lebenden älteren Agnaten der eige-
nen Linie!)
1552—1562
1562 — 1563
Hartmann II. 1563 — 1585
Georg Erasmus
Johann Septimius
1585 1591
1591 1596
Karl 1596 1606
(letzter Senior und erster Fürst
und Regierer des Hauses).
Grundsätzlich Neues brachte die Einführung des Seniorates aller-
dings nicht, war es doch auch schon bisher Brauch, dass entweder der
Älteste oder der Stärkste das Haus nach aussen vertrat und häufig auch
die Lehen im Namen aller Agnaten empfing und ausgab. Dass sich trotz
der Institutionalisierung des Seniorates auch jetzt oft der Stärkste, ins-
besondere die stärkste Linie als Machtträger durchzusetzen vermochte,
zeigt vor allem der endgültige Ubergang der Senioratsrechte auf die
Linie Feldsberg im Jahre 1563.
3. Erbrechtliche Bestimmungen
a) T ö c h t e r v e r z i c h t e b e i H e i r a t
«Damit unser Männdlicher Stam desterpas bey wirden gehallten»
werden kann, wird das Heiratsgut auf höchstens 2000 Gulden ungarisch
festgesetzt. Die heiratswilligen Töchter haben dafür auf die väterliche,
nicht aber auf die mütterliche Erbschaft zu verzichten. Damit wird der
bisher schon gepflogene Töchterverzicht auf die väterliche Erbschaft
zum Gesetz erhoben.
47
b) D i e E r b v e r z i c h t e b e i E i n t r i t t i n d e n
k i r c h l i c h e n D i e n s t
Der Eintritt in den geistlichen Stand verlangte ebenfalls Erbverzicht
sowohl von Söhnen als auch von Töchtern. Für Töchter, die nur in ein
Kloster eintreten konnten, mochte dies wohl gehen, während es für
Söhne, die die Laufbahn des Weltgeistlichen ergreifen wollten und da-
her für einen standesgemässen Unterhalt besorgt sein mussten, unüber-
windliche Schwierigkeiten bringen mochte. Deshalb wurde bestimmt,
dass Söhnen wie Töchtern ein Leibgut oder eine andere Abfindung nach
Massgabe des vorhandenen Vermögens gegeben werden solle. Zuständig
für die Festsetzung war bei den Töchtern der Vater, bei dessen Fehlen
die Mehrheit der Agnaten, die allein auch bei den Söhnen zuständig
waren.
Wenn aber kein weltlicher Agnat mehr lebt, so sollen die geistlichen
Söhne und Töchter unter Einwerfung ihres Leibgutes oder ihrer A b -
findung erben «wie es sich gebührt».
c) A u s s t e r b e n d e r A g n a t e n
Ist kein männlicher ehelich geborener Spross mehr am Leben, so
sollen die Güter auf «unnser negst frunnde und erben» fallen, nach
Ordnung der «Recht oder Lanndssprauch und gewonnhayt».
Diese Bestimmung hat lediglich deklaratorische und keine konstitu-
tive Bedeutung, da subsidiär immer das «gewöhnliche» Recht zur A n -
wendung kommt.
4. Volljährigkeits- und Vormundschaftsbestimmungen
Mündigkeitstermin soll das vollendete 18. Lebensjahr sein. 9 3 Zum
Vormund wird der älteste Bruder des Unmündigen, bei dessen Fehlen
oder Untauglichkeit der Senior bestimmt. Der Vormund muss die Güter
und die Fahrhabe des Mündels verwalten und nach Beendigung der
Vormundschaft abrechnen.
Bei Unfähigkeit oder Unbotmässigkeit kann ein Mündiger unter
Kuratel gestellt werden.
93 Der gleiche M ü n d i g k e i t s t e r m i n findet sich auch in der Goldenen B u l l e ; er
war in Deutschland stark verbreitet ( H ü b n e r , 65).
48
5. Verfahren bei Streitigkeiten
Streitigkeiten sind nicht durch Gewalt, sondern schiedsrichterlich
beizulegen. Das Schiedsgericht setzt sich aus je zwei von den beiden
Parteien frei zu bestimmenden Personen zusammen. Kommen diese vier
zu keinem Resultat, können sie einen unparteiischen Obmann berufen,
dessen Urteil endgültig ist. Die Parteien haben sich an den Schieds-
spruch zu halten.
6. Weitere Bestimmungen
Die Erbeinigung enthält eine genaue Regelung der Bewirtschaftung
der Fischteiche.
Es wird ferner bestimmt, dass alle bisher gegründeten frommen
Stiftungen aufrecht zu erhalten seien, «Damit wir unns in dem und
allem anndern unnsern S a c h e n und Notturfften gott dem allmaechtigen
wellen bevolhen haben».
Endlich folgt der E i d der Vertragspartner auf diese Erbeinigung,
der inskünftig auch von allen Erben zu leisten ist, bevor sie in die ererb-
ten Güter einzusetzen sind.
49
§ 4 Die Periode der Primogeniturerbfolge (seit 1606)
A D I E E I N F Ü H R U N G D E R U N T E I L B A R K E I T
U N D P R I M O G E N I T U R
I. D A S H A U S Z U B E G I N N D E S 17. J A H R H U N D E R T S
Es kann sich im folgenden nur mehr darum handeln, die für die
Erbeinigung von 1606 wichtigen Persönlichkeiten kurz darzustellen und
damit einen knappen Uberblick über die Hausgeschichte in dieser für
die weitere Zukunft des Hauses entscheidenden Zeit zu geben.
Die folgende genealogische Übersicht beschränkt sich auf die für die
vorliegende Arbeit bedeutenden Personen und ist somit nicht vollständig.
Aufgeführt sollen indessen z. T. auch jene Töchter werden, die in bedeu-
tende Häuser eingeheiratet haben (die meisten!), woraus die nunmehr
rapid wachsende Bedeutung des Hauses Liechtenstein hervorgeht. Die
Übersicht soll nun aber hier nicht auf die unmittelbar an der Erbeinigung
von 1606 Beteiligten und deren direkte Nachkommen beschränkt sein,
da aus der nunmehr zunehmenden Zahl lebensfähiger Agnaten und
Nebenlinien die Wichtigkeit jenes Vertragswerkes von 1606 nur noch
deutlicher wird. Ausgelassen werden insbesondere die ledig gebliebenen,
vor allem aber die im Kindesalter oder doch wenigstens in jungen Jahren
verstorbenen Mitglieder des Hauses, deren Zahl im hier behandelten
Zeitraum erschreckend gross ist. So starben beispielsweise von den 24(!)
Kindern Hartmanns allein 15 zwischen 0 und 3 Jahren.
Kar l (1569—1627), Maximilian (1578 — 1643) und Gundacker
(1580—1658) führen mitten im Dreissigjährigen Krieg das Haus in den
Reichsfürstenstand. Damit beginnt eine völlig neue Epoche der Hausge-
schichte. Die jahrhundertelange Treue zum Hause Habsburg machte
sich nun bezahlt.
1. Karl
Karl wird 1596 als letzter Senior von Kaiser Rudolf II. mit den
Familiengütern belehnt."4 Wie damals alle Familienmitglieder evange-
lisch erzogen, 9 5 wurde er 1599 katholisch. Falke charakterisiert ihn als
94 Falke II 130.
95 E r besuchte u. a. die b e r ü h m t e Schule der M ä h r i s c h e n (oder B ö h m i s c h e n )
B r ü d e r in E ibenschü tz , wohl gleichzeitig mit K a r l von Zie ro t in ; Fa lke II 128.
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Für s t Karl (1569 — 1627)
M i t b e g r ü n d e r der Erbeinigung von 1606. Erster Regierer des Hauses Liechtenstein.
W i r d 1620 als erster seines Hauses in den erblichen R e i c h s f ü r s t e n s t a n d erhoben.
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den «Begründer der erneuerten Macht und des gegenwärtigen Ansehens
des Hauses»; seit Johann I. habe kein Mitglied der Familie tiefer und
entscheidender in die Geschichte des Landes eingegriffen, im Unter-
schied zu jenem habe Karl aber die Früchte dieser Anstrengungen der
Familie bewahren können. 9 " In unbedingter Treue stellte er seine Ener-
gie und staatsmännische Begabung in den Dienst der habsburgischen
Sache, 9 7 worüber er aber seine eigenen Interessen nicht vernachlässigte. 9 8
Von Haus aus ist Kar l schon «einer der ersten in zwei Ländern»
(Böhmen und Österreich). 9 9 Seine Dienste für die Habsburger sind
zunächst finanzieller Natur. Die Kaiser Rudolf II. geliehenen Gelder
belaufen sich im Jahre 1605 auf die ansehnliche Summe von rund
410'000 Gulden. 1 0 " Eine kluge Finanz- und Heiratspolitik — er ehe-
lichte anfangs der Neunziger Jahre eine der beiden Erbtöchter des
namhaft begüterten Hauses Schembera von Boscovitz und Butschovitz,
während sein Bruder Maximilian die andere heimführte 1 " 1 — ermög-
lichte ihm diese Darlehenspolitik.
Seine steile politische Laufbahn führte Kar l schon im Jahre 1599
zum Amt des Oberstlandrichters von M ä h r e n 1 0 2 und, 1600, zum Gehei-
men Rat, Obersthofmeister am Hofe zu Prag, 1 0 3 1604 zum Landes-
hauptmann von Mähren , 1 0 4 1605 sogar zum Feldherrn der Mähren ge-
gen Ungarn. 1 0 5 1607 erfolgte der Bruch mit Kaiser Rudolf IL , der ihm
noch 1606 den Titel «Hoch- und Wohlgeboren» sowie 1607 den Palati-
96 Fa lke II 127.
97 Seger 6.
98 Burckhardt II 454 A n m e r k u n g 67 findet «solche mit materiellen Vor te i len im
Stil der Zeit eng v e r k n ü p f t e G e s i n n u n g » auch bei dem K a r l nahestehenden
F ü r s t e n und spä te ren Herzog von K r u m a u , Hans U l r i c h von Eggenberg,
1568 — 1634, der f ü r die Wiederberufung des im v e r s c h w ä g e r t e n Wallenstein
eintrat.
99 Fa lke II 128.
100 Fa lke II 141.
101 Fa lke II 135 f f schildert die Schwierigkeiten beim Ubergang der bedeuten-
den E r b g ü t e r (auf K a r l kamen die Herrschaf ten Czernahora und Aussee, auf
M a x i m i l i a n Butschovitz und Posori tz) des Hauses Schembera auf das Haus
Liechtenstein übe r die beiden E r b t ö c h t e r .
102 Fa lke II 141.
103 Fa lke II 141 f.
104 Fa lke II 148.
105 Fa lke II 149.
54
natsbrief gegeben hatte.11"' Kar l legte seine Ämter nieder und schloss
sich dem Bruder und Gegner des Kaisers, Erzherzog Matthias an. 1 0 7 In
der Folge erhob ihn Matthias als König von Ungarn am 20. Dezember
1608 zum Fürsten. 1 1 1 8 Darüber hinaus wurde dem Primogenitus und
Regierer des Hauses Liechtenstein in Österreich und Mähren die erste
Stelle auf den beiden Landtagen e ingeräumt. 1 0 9 A m 4. Januar 1614 ver-
lieh ihm der nunmehrige Kaiser Matthias in seiner Eigenschaft als böh-
mischer König und oberster Herzog in Schlesien das schlesische Herzog-
tum Troppau. 1 1 9 Als letzte Ehrung gab er ihm 1618 den Titel «Oheim». 1 1 1
Unter dem neuen Kaiser Ferdinand nahm Karl an der Schlacht am
Weissen Berg te i l . 1 1 2 In den folgenden Jahren bis zu seinem Tode 1627
hatte er, zuerst als kaiserlicher Kommissär, ab 17. Januar 1622 als Statt-
halter, Böhmens Unterwerfung zu vollenden, 1 1 ' 5 eine schmerzliche Auf -
gabe, von der ihn zu entheben er den Kaiser vergeblich anging. 1 1 4
Auch Kaiser Ferdinand liess die Verdienste Karls um ihn und das
Haus Habsburg nicht unbelohnt. Vorerst erhob er ihn am 23. Juni 1620
in den erblichen Reichsfürstenstand. 1 1 5 Zum Komplex von Herr-
schaften, die er durch seine Verdienste erwarb, gehörten zur Haupt-
sache Mährisch-Trübau und Hohenstadt, Neustadt, Schönberg, Golden-
stein und Eisenberg als böhmische Lehen. 1 1 6 Als weitere Schenkung
erhielt Kar l am 13. M a i 1623 das Troppau benachbarte schlesische
Herzogtum Jägerndorf als Mannlehen für sich und seine Erben . 1 1 7
Durch Kauf erweiterte er seine nunmehr bereits umfangreichen Besit-
106 Fa lke II 153/54.
107 Ebenso wie seine B r ü d e r M a x i m i l i a n und Gundacker ; Fa lke II 155/56.
108 Fa lke II 165.
109 Fa lke II 165/66.
110 Die m ä h r i s c h e n S t ä n d e und die drei oberen S t ä n d e in Troppau bestritten
indessen die Zugehör igke i t Troppaus zu Schlesien und beanspruchten es f ü r
die Markgra fschaf t M ä h r e n . Der Streit endete aber 1622 zugunsten einer
Zugehör igke i t zu Schlesien und damit zur K r o n e B ö h m e n s ; Fa lke II 178 ff .
111 Fa lke II 166.
112 Fa lke II 193.
113 Fa lke II 216.
114 Fa lke II 199.
115 v. In der M a u r 23/24.
116 Fa lke II 230.
117 Fa lke II 232, 234.
55
zungen namentlich um den Komplex Schwarzkosteletz in der Nähe
Prags. 1 1 8
Eine seiner Töchter, Franziska, vermählte sich mit Graf Werner
Tilly, Neffen des ligistischen Feldherrn.
Unter seinen zahlreichen kirchlichen Werken sei die Berufung der
Barmherzigen Brüder aus Italien nach Feldsberg erwähnt.
2. Maximilian I.
Maximilian war in erster Linie der Soldat unter den drei Brüdern.
Er nahm an verschiedenen Feldzügen des Türkenkrieges und des
Dreissigjährigen Krieges teil. In der Schlacht am Weissen Berg soll sein
Anteil entscheidend gewesen sein. 1 1" E r war unter anderem Oberster
Feldzeugmeister und als solcher verantwortlich für das gesamte Ar t i l -
leriewesen. 1613 wurde er unter Matthias kaiserlicher Rat und Oberst-
stallmeister.1 2 0
Von 1626 bis 1632 war er als Vormund seines Neffen Karl Eusebius
Chef und Regierer des Hauses Liechtenstein.
1623 wurde er zusammen mit Gundacker in den erblichen Reichs-
fürstenstand erhoben. 1 2 1
Die wichtigste seiner zahlreichen frommen Stiftungen war die Schaf-
fung des Klosters Wranau mit einer Familiengruft, das er dem Orden
der Paulaner anvertraute.1 2 2
Auch Maximilian erwarb neben den Erbgütern seiner Gattin durch
verschiedene Käufe und Schenkungen von kaiserlicher Seite ein beacht-
liches Vermögen, welches, da er kinderlos am 23. Apr i l 1643 verschied,
auf seine Brüder fiel.
118 Fa lke II 235.
119 Fa lke II 250 f f .
120 Fa lke II 247.
121 Fa lke II 258/59.
122 Fa lke II 263/64; f ü r dieses W e r k wurde er zusammen mit seiner G e m a h l i n
unter die verdienten Stifter dieses Ordens aufgenommen und er bestimmte,
im Ordenskleid bestattet zu werden. Der Orden der Paulaner oder M i n i m e n
(ordo min imorum) wurde 1435 vom h l . F r a n z von Paola als Mendikanten-
orden g e g r ü n d e t und besteht gegenwär t i g noch in 40 Niederlassungen mit
240 Mi tg l iedern (nach A n n u a r i o Pont i f i c io 1977).
56
3. Gundacker
Die Stärke des jüngsten der drei am Vertrag von 1606 beteiligten
Brüder lag im Hofdienst und in der Administration seiner eigenen zahl-
reichen und umfangreichen Besitzungen.1 ->:! Die meiste Zeit seines Le-
bens brachte er in der Erfüllung zahlreicher kaiserlicher Gesandtschaf-
ten zu. Unter den vielen Hofämtern, die er bekleidete, sind zu nennen
etwa Hofkammerpräsident und Oberhofmeister (zuerst des Erzherzogs
Johann Karl , dann der Kaiserin Anna). Ferner war er Landmarschall in
Nieder- und Landeshauptmann in Oberösterreich. 1621 ernannte ihn
Kaiser Ferdinand zum Geheimrat. 1 2 4
Auch seine unermüdliche und zuverlässige Tätigkeit für die Habs-
burger blieb natürlich nicht ohne Früchte. So wurde er bereits 1608 mit
dem Titel «Hochgeboren» versehen. Entschieden bedeutender war der
auf männliche und weibliche Nachkommen vererbliche Reichsfürsten-
titel, den er 1623 zusammen mit Maximilian erhielt. Im folgenden Jahre
wurde er mit dem Prädikat «Oheim» ausgezeichnet, 1633 mit dem
Palatinat, 1 2 5 beides erblich in der Primogenitur.
Seine Herrschaften Krumau und Ostra in Mähren, als Rebellengüter
seinerzeit konfisziert und ihm gegen 600'000 (!) Gulden «geschenkt»,
wurden 1633 zu einem Fürstentum mit dem Namen Liechtenstein er-
hoben. 1 2 f i Weiter erwarb er den Markt Wolframitz. 1-' 7
Seine Ehen mit zwei Erbtöchtern verliefen in Bezug auf Erwerbun-
gen ausgesprochen unglücklich, verglichen mit den diesbezüglichen Er-
folgen seiner Brüder. Was dem Hause Liechtenstein daraus im wesent-
lichen verblieb, war der von der ersten Gattin Agnes Gräfin von Ost-
friesland herrührende Titel eines Grafen von Rietberg, der allerdings —
im Gegensatz zu den von seinen Brüdern durch ihre Heirat erworbenen
Gütern — dem Hause bis heute geblieben ist ! 1 2 S —
123 Dies zeigte sich etwa auch durch eine 1601 erlassene Ordnung f ü r die Unter-
tanen in Wi l fe r sdor f ; Fa lke II 270.
124 Fa lke II 272.
125 Fa lke II 287; D i p l o m abgedruckt in I B L 1, 64 f f (als integrierender Bestand-
teil des Palatinatsdiploms v. 23. Jan. 1719 übe r die Erhebung der Reichsherr-
schaften V a d u z und Schellenberg zum R e i c h s f ü r s t e n t u m Liechtenstein).
126 Fa lke II 287, 288 f f .
127 Fa lke II 290/91.
128 Fa lke II 298.
57
Fürs t Gundaker (1580— 1658)
M i t b e g r ü n d e r der Erbeinigung von 1606. W i r d 1623 in den erblichen
R e i c h s f ü r s t e n s s t a n d erhoben. Ist B e g r ü n d e r des heute regierenden Famil ienzweiges.
Wie aus dem Vorangegangenen erhellt, erwarb sich das Haus in der
kurzen Zeitspanne von 1620 bis 1633 nicht weniger als den erblichen
Reichsfürstentitel und drei, allerdings nicht reichsunmittelbare, Herzog-
bzw. Fürstentümer. Damit war aber die Reichsstandschaft, wozu ein
reichsunmittelbares Territorium angemessener Grösse die Vorausset-
zung bildete, noch nicht erreicht.
Die Grundlagen dazu waren indessen durch die zahllosen Ver-
dienste, namentlich auch durch die enormen Darlehen an das Haus
Habsburg, womit sich dieses gegenüber den Liechtensteinern trotz zahl-
reicher Gunstbeweise und Schenkungen noch in tiefer Schuld befand,
insbesondere aber auch durch den gewaltigen Reichtum, das Ansehen
und den Einfluss, den sich die Brüder durch eine klare und massvolle
Haltung in den Wirren des Dreissigjährigen Krieges erworben hatten,
nunmehr gelegt. Gesichert wurden sie aber nur dank der klugen Erb-
einigung von 1606, die die Macht auf einen klar und unzweifelhaft be-
stimmbaren Agnaten konzentrierte und jeder Zersplitterung des Haus-
vermögens ein für allemal den Riegel schob.
II. D I E P R I M O G E N I T U R V E R F A S S U N G V O N 1606
Das Original 1 2 1 ' umfasst 47 Seiten und ist damit recht umfangreich.
Die von Karl , Maximilian und Gundacker am 29. September 1606 un-
terzeichnete Erbeinigung ist Hauptgegenstand der vorliegenden Arbeit.
Nach ihr sind es bis heute nur noch wenige Urkunden, die weitere
Hausrechtsnormen aufstellen. —
Nach der Narratio soll diese neue Erbeinigung die alte Seniorats-
verfassung von 1504 nicht nur erläutern und erklären, sondern sie
ausserdem verbessern und vermehren und eine «unverkehrliche stand-
hafte und ewig verbindliche Ordnung» schaffen. Sie ist somit etwas
wie eine «Totalrevision» der alten Verfassung, deren Grundgedanken
(Erhaltung des Stammes und Namens, des splendor familiae) sie über-
nimmt und ausbaut. Als Grund wird die mangelhafte Beachtung jener
alten Ordnung angeführt.
Darüber hinaus brachte die neue Verfassung aber auch noch eine
129 U S L V
59
Erste Seite der Erbeinigung von 1606
annähernd lückenlose Kodif ikat ion 1 3 0 der Hausnormen, die bisher, im
unsicheren Herkommen und zahlreichen Einzelregelungen verstreut,
die ihnen zugedachte Wirkung oft nicht entfalten konnten. Sie bildet
noch heute die Grundlage des fürstlichen Hausrechts.
Im Einzelnen bringt die Erbeinigung von 1606 folgende Bestim-
mungen.
1. Die Unteilbarkeit der Hausgüter durch Errichtung eines
Familienfideikommisses.
Mit ihrem grundsätzlichen Veräusserungsverbot, verbunden mit
einem Vorkaufsrecht der Agnaten bei Ausnahmen davon, konnte die
Erbeinigung von 1504, wie bereits dargelegt, den Verlust wichtiger
Stammgüter nicht verhindern. Das deutschrechtliche Teilungsprinzip
galt nach wie vor und sollte nun durch die Errichtung eines Familien-
fideikommisses überwunden werden. —
Die letzte Teilung betraf das Erbe Hartmanns IL, das seine Söhne
1598 wie folgt verteilen: Karl erhielt Feldsberg und Herrenbaumgarten
in Österreich sowie Eisgrub in Mähren , 1 3 1 Maximilian Rabensburg und
Hohenau in Niederösterreich, 1 3 - Gundacker Wilfersdorf und Ringels-
dorf. 1 3 3
a) R e c h t s n a t u r d e s F i d e i k o m m i s s e s
Familienfideikommisse sind auf rechtsgeschäftlicher Stiftung beru-
hende Bindungen bestimmter Güter im Mannesstamm. Seit dem 17.
130 Solche Kod i f ika t ionen e r fü l l t en nach der Rezeption des r ö m i s c h e n Rechts
auch noch einen anderen Zweck. N a c h der Reichskammergerichtsordnung
von 1495 hatten die Gerichte das neue Gemeine Recht anzuwenden. A u f
G r u n d der sog. «Sa lva to r i schen Klause l» ging Sonderrecht aber vor, doch
war dieses vor dem Richter zu beweisen, da der Grundsa tz «iura novit cur ia»
nur f ü r das Gemeine Recht galt. Dami t war aber auch das Hausrecht, das
als adliges Sonderrecht dem Gemeinen Recht ebenfalls vorging, vor Ger icht
zu weisen, was na tü r l i ch am besten mit einer mögl i chs t umfassenden und
klaren, in r e c h t s g e n ü g e n d e r F o r m abgefassten Zusammenstel lung zu bewerk-
stelligen war. — V g l . W . U l s h ö f e r , 67.
131 Fa lke II 128.
132 Fa lke II 246.
133 Fa lke II 270.
61
Jahrhundert waren sie meist mit einer festen Einzelfolgeordnung, in der
Regel mit der Primogeniturerbfolge, verbunden. 1 3 4 Die Sukzession
brauchte sich allerdings nicht unbedingt auf das Eigentum an den
Fideikommissgütern zu erstrecken, sondern konnte auch nur auf die
Nutzung derselben beschränkt sein. Die Stiftung beruhte darin, dass be-
stimmte Güter von dem bzw. den Verfügungsberechtigten dem Zwecke
gewidmet wurden, den splendor familiae sowie Namen und Stamm des
Hauses zu erhalten. Weitere Wesensmerkmale waren Unveräusserlich-
keit und Unteilbarkeit (mindestens des Eigentums; die Nutzung konnte
geteilt werden, wie im folgenden zu zeigen sein wird). Das Sukzessions-
recht (ius succedendi) kam dem Sukzessionsberechtigten (unabhängig
von der Sukzessionsordnung, dem ordo succedendi) nicht vom Vor-
besitzer, sondern unmittelbar vom Stifter bzw. den Stiftern zu. Dies in
Anlehnung an das (lehenrechtliche) Prinzip der successio ex pacto et
Providentia maiorum. 1 3 5 Das Prinzip sagt nichts anderes, als dass sich
die Erbfolge nach dem rechtsgeschäftlich festgehaltenen Willen der
Stifter (maiores ist hier so zu verstehen) richtet. Damit werden andere
erbrechtliche Ansprüche, insbesondere solche der Erben des Vorbe-
sitzers, im voraus ausgeschlossen.
b) E r r i c h t u n g
Die Errichtung eines solchen Fideikommisses konnte entweder un-
ter Lebenden oder von Todes wegen erfolgen. 1 3" Die Form war in der
Regel das Testament oder die Erbeinigung.
Vorliegend wurde die Form eines Rechtsgeschäftes unter Leben-
den, eben der Erbeinigung, gewählt. Dies lag nahe, da nicht ein einzelner
Agnat im Besitze so umfangreicher Güter war, dass sich die Errichtung
eines Fideikommisses lohnte. Es bedurfte der Zusammenlegung von
Gütern mehrerer Linien, was zwangsläufig Vertragsform erforderte.
c) G e g e n s t a n d d e s F i d e i k o m m i s s e s
Neben Gütern (Allodien und Lehen) konnten auch Mobilien und
Rechte (z.B. Hoheitsrechte, dingliche Rechte) in ein Familienfidei-
134 H ü b n e r 339.
135 vgl . Stichwort Fami l ienf ide ikommiss im H a n d w ö r t e r b u c h zur Deutschen
Rechtsgeschichte, L. Band, Spalten 1071 ff . und dortige Literaturhinweise.
136 H ü b n e r 341.
h l
kommiss eingebracht werden. Die Stiftung konnte sich auch auf zu-
künftige Erwerbungen erstrecken. 1 3 7
Die drei Brüder unterwerfen vorerst im wesentlichen alle ihre Güter,
nämlich:
Kar l : Feldsberg
Herrenbaumgarten
Eisgrub
Blumenau
Prossnitz
Maximilian: Rabensburg
Hohenau
Gundacker: Wilfersdorf
Mistelbach
Ringelsdorf
mit allen Zugehörungen, wie sie jeder derzeit besitzt und nutzt und wie
sie die Register, Urbare und Inventare ausweisen, dem Fideikommiss.
Ausserdem wird bestimmt, dass die Verlassenschaft des letzten
Agnaten einer Linie, sofern dieser nicht letztwillig darüber verfügt,
eo ipso dem Fideikommiss anwachsen soll.
Alles das soll diesem «Fideicommisso ad Familiam conservandam»
unterworfen sein, und zwar so, dass alles ein «ewig gestiftetes zusam-
mengeschlagenes und gewidmetes Corpus und eine unzertrennliche
Massa» bildet.
d) D i e R e c h t e a m F i d e i k o m m i s s
aa) Das Eigentum
Die Streitfrage, ob jeweils das Haupt eines Hauses Eigentümer der
Fideikommissgüter sei oder das Haus selber im Sinne der Korporations-
theorie, 1 3 8 ist vorliegend nicht weiter von Interesse, da dies die Erbeini-
gung klar regelt und diese als «lex specialis» einem «gemeinen Fidei-
kommissrecht» 1 3 9 vorgeht.
137 Hef f t e r 176.
138 vgl . hierzu H ü b n e r 336/337, 342.
139 H ü b n e r 342.
63
«Die Proprietät und Eigenschaft aber solcher Güter und Herrschaften
soll unsers Geschlechts ehelichen männlichen weltlichen Stammen ins-
gemein . . . . als ein unwiderrufliches unaufhörliches . . . . Erbvereini-
gungs- und Fideikommissgut cediert, eingeräumt, und übergeben sein,
. . . . in massen wir dann hiemit solcher Proprietät uns und unsere Nach-
kommen frei und gutwillig selbst privieren und entsetzen und dieselbe
obgedachtem unserem Gesch lech t . . . . übergeben».
Damit kommt also den ehelichen Agnaten als einer Vereinigung mit
selbständiger Rechtspersönlichkeit allein das Eigentum zu. Die Geist-
lichen indessen sind hievon ausgenommen.
bb) Besitz und Nutzung
Das Teilungsverbot bezieht sich nur auf das Eigentum (dominium)
an den Fideikommissgütern. Diese sind somit nur der Substanz nach
unteilbar, d.h. ihre fideikommissarische Eigenschaft (qualitas fideicom-
missaria) muss unangetastet bleiben, Besitz und Nutzung können in-
dessen innerhalb dieses Spielraumes unter die Agnaten aufgeteilt werden.
aaa) Der Vorausanteil des Priomogenitus (die sog. Erstgeburtsgüter)
Dem Oberhaupt des Hauses kommen, wie weiter unten zu zeigen
sein wird, neben verschiedenen Rechten auch zahlreiche aufwendige
Pflichten zu, die er nur zu erfüllen vermag, wenn ihm ein entsprechendes
gesichertes Einkommen zufliesst. Deshalb bestimmt die Erbeinigung,
dass dem jeweiligen Primogenitus zukomme, die Herrschaften Felds-
berg, Herrenbaumgarten, Blumenau und Prossnitz «zu einem Voraus
zu besitzen, zu haben, zu nutzen und zu geniessen».
Da sie dem Primogenitus ( = Erstgeborenen) zukommen, werden sie
Erstgeburtsgüter genannt. Sie dürfen keinem anderen Zwecke dienstbar
gemacht werden, als dem Chef und Regierer des Hauses die für die
Erfüllung seiner Aufgabe nötigen Mittel zu verschaffen. Ihre Übergabe
erfolgt an Karl als dem ersten Primogenitus.
bbb) Die übrigen Güter
Besitz und Nutzung der verbleibenden Fideikommissgüter werden
unter die drei Brüder aufgeteilt: auf Karl fällt (neben und unabhängig
von den Erstgeburtsgütern) Eisgrub, Maximilian erhält Hohenau
und Rabensburg, während Gundacker die Herrschaften Wolfersdorf,
Ringelsdorf und Mistelbach zugewiesen werden. Sie erhalten die Nutz-
niessung an diesen Gütern nicht nur für sich, sondern für ihre Linien.
64
Die Erbfolge können sie frei bestimmen, eine weitere Teilung der Nut-
zungsrechte unter die Söhne ist nicht ausgeschlossen, nur darf dabei die
fideikommissarische Eigenschaft nicht angetastet und dürfen die Güter
nicht «deterioriert» werden.
e) D i e B e s t i m m u n g e n f ü r d i e S i c h e r u n g d e r
F i d e i k o m m i s g ü t e r i m E i n z e l n e n
Diesem Thema wird in der Erbeinigung besondere Aufmerksamkeit
gewidmet und die diesbezüglichen sehr eingehenden Bestimmungen
umfassen mehrere Seiten.
aa) Das Veräusserungsverbot
aaa) Der Grundsatz
Dem Veräusserungsverbot unterliegen alle gegenwärtigen und zu-
künftigen Erbeinigungs- (= Fideikommiss-) Güter. Es fliesst einerseits
als logische Konsequenz aus dem Fehlen von Eigentumsrechten der
einzelnen Agnaten (was einem nicht gehört, darüber kann man auch
nicht verfügen), andererseits aus dem Grundsatz der Unteilbarkeit des
Fideikommisses, der es eben nicht erträgt, dass einzelne Stücke einem
anderen Schicksal folgen als das Ganze.
Die ausdrückliche Erwähnung dieses an sich selbstverständlichen
Veräusserungsverbotes dient demnach wohl eher der Erläuterung und
dürfte vor allem als Gegenreaktion auf die schlechten Erfahrungen seit
der Erbeinigung von 1504 zu verstehen sein. Unter diesem Gesichtspunkt
erscheint auch die weitschweifige Aufzählung zahlreicher Rechtsge-
schäfte, unter deren Titel eine solche «Alienation» erfolgen könnte
sowie die Schlussbemerkung zu diesem Kapitel « . . . wie solches (Ver-
äussern, d. V. ) menschliche List und Vernunft immer erdenken und
aussinnen möchte», verständlich. Alle solchen Veräusserungen sind
nichtig, selbst dann, wenn sie «ad pias causas», also zu frommen Zwek-
ken (Stiftungen) vorgenommen werden. Ausdrücklich werden auch
(gemeinrechtliche) Erbansprüche (z. B . Quarta Falcidia und Trebel-
lianica) ausgeschlossen.
bbb) Ausnahmen
In zwei Fällen allein soll eine «gänzliche Alienation oder Alteration
der Proprietät» gestattet sein.
Der eine Fall betrifft die Verbesserung des Fideikommisses. Eine
65
Veräusserung, insbesondere ein Tausch, soll grundsätzlich zugelassen
werden, wenn dafür ein besseres oder günstiger gelegenes Stück einge-
handelt werden kann. Eine Arrondierung bestehender Güterkomplexe
soll damit gefördert werden. Bedingung für die Rechtsgültigkeit eines
solchen Geschäftes ist allerdings die Zustimmung des Direktors (= Pr i -
mogenitus) und der «Mitinteressenten», worunter nur die übrigen Agna-
ten verstanden werden können. Die Notwendigkeit der Zustimmung
s ä m t l i c h e r Agnaten für irgendwelche Veräusserungsgeschäfte er-
gibt sich daraus, dass auch sämtliche Agnaten das Fideikommiss ge-
stiftet und alle diesbezüglichen Bestimmungen erlassen haben. Gegen-
teiliges könnte nur dann angenommen werden, wenn die Bestimmungen
der Erbeinigung beispielsweise ein einfaches oder qualifiziertes Mehr
genügen liessen oder dem Primogenitus als Organ des Hauses diesbe-
zügliche Kompetenzen zuständen, was nicht der Fall ist.
In der Praxis soll so verfahren werden, dass derjenige, der eine Ver-
besserung des Fideikommisses auf diese Weise herbeiführen möchte,
dem Primogenitus einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet, der
dann seinerseits zur Beratung und Beschlussfassung die übrigen Agna-
ten beizuziehen hat.
Die andere Ausnahme ist der Notverkauf. Ist ein Agnat mit seiner
Familie unverschuldet, also durch die Einwirkung höherer Gewalt (vis
maior), in eine Notlage geraten, die er anders als durch Verkauf (oder
Verpfändung) von Fideikommissgütern nicht glaubt abwenden zu kön-
nen, so hat er dem Primogenitus davon Anzeige zu machen. Der Wort-
laut dieser Bestimmung ist aber recht widersprüchlich. Denn es wird
vorgesehen, dass der Veräusserer zuerst dem Direktor und dann dem
«nächsten des Geschlechts» und so fort anbieten soll und daher der
Verkauf innerhalb des Hauses erfolgen soll; ein Verkauf «in extraneum»
soll nicht gestattet werden. So gesehen liegt aber überhaupt keine Aus-
nahmebestimmung zum Verbot der «gänzlichen Alienation oder Alter-
nation der Proprietät», unter welchem Titel die Bestimmung erscheint,
vor. Der Widerspruch liegt darin, dass nur eine Veräusserung der Sub-
stanz (durch Verkauf oder Verpfändung) an D r i t t e im Falle einer
Notlage eine echte Ausnahme vom grundsätzlichen Veräusserungsverbot
darstellen würde, gerade die Veräusserung an Dritte aber ausgeschlossen
werden soll. Möglicherweise ist die Stelle aber so zu verstehen, dass
z u e r s t unter den Agnaten selber eine Lösung angestrebt werden soll,
b e v o r eine Veräusserung an Dritte erfolgen kann.
66
bb) Das Verpfändungsverbot
Im besondern legt die Erbeinigung Wert darauf, dass kein Agnat
Fideikommissgüter mit Schulden belastet. Da aber auch ein «guter und
fleissiger Hausvater» gelegentlich Geld aufnehmen muss, so darf er
ausnahmsweise unter den drei folgenden Bedingungen hiefür Fidei-
kommissgüter zur Sicherung verwenden. Erstens darf die Verpfändung
nicht heimlich geschehen. Vielmehr sind vorgängig der Primogenitus
und die übrigen Agnaten (bzw. bei deren Fehlen die Kognaten!) zu
begrüssen, deren Zustimmung Gültigkeitsvoraussetzung für ein solches
Geschäft darstellt. Zum anderen hat der zukünftige Pfandschuldner den
gleichen Personen einen Rückzahlungsplan zu unterbreiten, dem diese
ebenfalls zuerst zustimmen müssen. Drittens soll nach Möglichkeit der
Pfandbrief so abgefasst werden, dass die Haftung auf die Früchte des
Fideikommissgutes beschränkt bleibt und die Substanz nicht gefährdet
wird (sog. Revenüenhypotheken 1 4 0 ) .
2. Die Einführung der Individualsukzession in Form
der Primogeniturerbfolge
Eine bestimmte Erbfogeordnung war keineswegs Merkmal des Fidei-
kommisses, 1 4 1 wenn sie auch, offenbar unter spanischem Einfluss, im
17. Jahrhundert in der Form der Primogeniturerbfolge nach Deutsch-
land drang. 1 1 2 Um diese Zeit wurde diese Sukzessionsordnung so zur
beherrschenden, dass man sogar die älteren, in dieser Beziehung unbe-
stimmten Hausgesetze, so auslegte,1 4 3 das heisst, es entstand eine Ver-
mutung für die Primogenitur. 1 4 4 Ob nun die Nachfolge in alte hoch-
adlige Stammgüter, in Fideikommisse, in Herrschaftsgüter, in Herr-
schaftsrechte oder in die Regierung des Hauses in Frage stand, es galt,
nach den Erkenntnissen der Zeit, diese Güter und Rechte in e i n e r
Hand zu vereinigen, sie untrennbar und unteilbar mit einer so klaren
Folgeordnung zu verbinden, dass die jeweils berechtigte Person ein-
deutig bestimmbar und jede tendenziöse Auslegung der massgeblichen
Normen unmöglich war. —
140 H ü b n e r 343.
141 H ü b n e r 337.
142 H ü b n e r 339.
143 Schulze, Erstgeburt, 393.
144 H e f f t e r 203.
67
Umso erstaunlicher mag es auf den ersten Blick sein, dass im Hause
Liechtenstein die beiden Prinzipien (Unteilbarkeit und Individualsuk-
zession) wenig miteinander zu tun haben. Weil nämlich — wie oben
gezeigt — weder das Eigentum noch die Nutzung des gesamten Fidei-
kommisses einer Einzelperson zukam, mithin auch nicht dem Primo-
genitus, konnte das Fideikommiss als solches überhaupt nicht Gegen-
stand der Erbfolge sein. Die Primogenitur beschränkt sich daher auf die
Nutzung der Erstgeburtsgüter (die zum Fideikommiss gehören) sowie
auf die Organstellung eines Chefs des Hauses, mit welcher eine Anzahl
Rechte und Pflichten verbunden sind, wie später im einzelnen zu zeigen
sein wird.
a) D i e E r b f o l g e n a c h d e r P r i m o g e n i t u r
Das Wesen der Primogeniturerbfolge besteht darin, dass immer der
E r s t g e b o r e n e aus der ä l t e s t e n L i n i e in das Nachlassgut
folgt. Man bezeichnet dies als die r e i n e L i n e a l e r b f o l g e , da
die Nähe des Grades zum letzten Inhaber nicht berücksichtigt w i rd . 1 4 5
Die Seitenverwandten kommen also nicht zum Zuge, solange in der
ältesten Linie noch Agnaten vorhanden sind. Somit hat das Repräsen-
tationsrecht unbeschränkte Geltung, 1 4 6 d.h. selbst der entfernteste Des-
zendent nimmt die Stelle seines vorher verstorbenen Aszendenten e in . 1 4 7
Der erstgeborene Sohn des letzten Berechtigten erwirbt bei seiner Ge-
burt für sich und seine gesamte männliche Deszendenz das ausschliess-
liche Sukzessionsrecht. Er braucht selber nicht zur Nachfolge zu gelan-
gen; auch wenn er vorher stirbt, bleibt die Sukzession in seiner Linie:
seine männlichen Nachkommen «repräsentieren» ihn. E in nachgebore-
ner Sohn des letzten Inhabers erlangt für sich und seine männliche Des-
zendenz lediglich ein eventuelles Sukzessionsrecht, das erst zur Wirkung
gelangt, wenn in der Linie des Erstgeborenen keine sukzessionsfähigen
Agnaten mehr vorhanden sind.
In der Linie des Erstgeborenen erlangt wieder dessen Erstgeborener
145 Dies im Gegensatz zum Gradualsystem (das den Nach fo lge r unter den dem
Erblasser dem Grade nach am nächs t en stehenden suchte, wobei unter meh-
reren gleich nahe Verwandten in der Regel der ä l tes te den V o r z u g erhielt),
sowie Misch fo rmen beider Systeme.
146 H ü b n e r 804.
147 V g l . hierzu und zum folgenden: Schulze Erstgeburt 396.
68
für sich und seine männlichen Nachkommen das Nachfolgerecht vor
seinen jüngeren Brüdern usw.
Beim Erlöschen einer Linie wird somit nächstberechtigt die zweit-
nächste Linie des gemeinsamen nächsten Vorfahren. 1 4 8
b) D i e E i n s e t z u n g K a r l s i n d i e P r i m o g e n i t u r
Maximilian und Gundacker setzen Karl als den Erstgeborenen unter
den drei Brüdern und des Hauses überhaupt in die Rechte der Primo-
genitur nach Massgabe dieser Erbeinigung ein und treten ihm alle er-
forderlichen Rechte hierzu für sich und ihre Linien ab. Sie ernennen
ihn zum Haupt, Direktor und Inspektor des Geschlechts und Hauses der
Herren von Liechtenstein. Karl nimmt diese Ernennung an.
c) R e c h t e u n d P f l i c h t e n d e s P r i m o g e n i t u s
aa) Die Nutzung der Erstgeburtsgüter
Wie bereits erwähnt, soll dem Primogenitus zur Finanzierung seiner
Amtstätigkeit vorab die Nutzniessung bestimmter Güter, der sog. Erst-
geburtsgüter, zukommen. Sie sollen jedem Chef des Hauses «zum vor-
aus ewiglich von denen andern des Geschlechts ungehindert verbleiben».
Das Prinzip der Unteilbarkeit kommt nur bei diesen Erstgeburts-
gütern uneingeschränkt zur Anwendung. Denn nur sie allein können,
im Gegensatz zu den übrigen Fideikommissgütern, auch der Nutzung
nach nicht aufgeteilt werden. Sie bilden den eigentlichen Gegenstand der
Nachfolge, nicht das Familienfideikommiss als ganzes, wie dies im
Regelfall bei anderen Häusern war. Auf diese Erstgeburtsgüter muss
sich der Primogenitus stützen; nach ihnen bemisst sich seine Vorrang-
stellung als Regierer des Hauses vor den übrigen Agnaten. Von ihrer
Bedeutung und ihrem Umfang hängt somit seine Machtstellung ab.
bb) Die übrigen Rechte und Pflichten
Zu den weiteren Prärogativen des Regierers gehört namentlich, wie
bereits nach der Senioratsverfassung, die aktive und passive Lehns-
fähigkeit in Bezug auf die Hauslehen (geistliche Lehen und Patronats-
rechte inbegriffen).
148 H e f f t e r 206.
69
Sodann obliegt ihm die Führung eines Hausarchivs, worin die Origi-
nale aller bedeutsamen Urkunden aufzubewahren sind und darüber ein
Inventar aufzustellen ist.
Weiter ist er Vormund aller unmündigen Glieder des Hauses, welche
Stellung ihm kein Agnat, auch nicht durch letztwillige Verfügung, neh-
men kann.
Endlich ist er zur Schlichtung von Streitigkeiten im Hause ver-
pflichtet und hat, gegebenenfalls, als Obmann eines Schiedsgerichtes zu
wirken.
d) U n m ü n d i g k e i t d e s P r i m o g e n i t u s
In Bezug auf den Mündigkeitstermin folgt die Erbeinigung von 1606
der Regelung von 1504 und unterscheidet nicht zwischen dem Primo-
genitus und den übrigen Agnaten, sodass für alle als Mündigkeitstermin
das vollendete 18. Lebenjahr gilt.
Ein unmündiger Primogenitus wird durch den nächsten volljährigen
Anwärter auf die Primogenitur vertreten, unter Beiziehung der zwei
ältesten Agnaten des Hauses.
3. Weitere wichtige Bestimmungen
a) D i e U n f ä h i g e n u n d i h r e V e r s o r g u n g
Unfähig zur Nachfolge in die Primogenitur sind einmal die Frauen
sowie die Kognaten schlechthin, selbst im Falle des Erlöschens des
Mannesstammes. Anders die ebenso ausgeschlossenen Geistlichen, die
beim Aussterben der weltlichen Agnaten beim Papst um Laisierung
nachsuchen können. Deshalb ist die von den Geistlichen vorschrifts-
mässig zu leistende Renunziation auf die väterliche Erbschaft keine un-
bedingte; vielmehr ist sie zum vornherein, d. h. ohne dass dies in der
Verzichturkunde festgehalten sein muss, mit der Resolutivbedingung
verknüpft, dass ihre Wirkung dahinfällt, wenn keine sukzessionsfähigen
weltlichen Agnaten mehr leben und der Papst einem Laisierungsgesuch
entsprochen hat. Sodann sind zur Nachfolge unfähig die Unehelichen
(selbst legitimierte) und die Adoptierten sowie die Blödsinnigen.
Geistliche sollen für ihren Erbverzicht nicht abgefunden werden; sie
werden vielmehr auf die Einkünfte aus ihrer geistlichen Stellung ver-
wiesen.
70
In Bezug auf die Versorgung bzw. Abfindung der Frauen finden sich
jedoch recht ausführliche Vorschriften. So werden Heiratsgut und Aus-
steuer auf 3000 Gulden rheinisch festgelegt, welche Summe allerdings
bei entsprechender Besserstellung nach Ermessen erhöht werden darf,
jedoch ohne die geringste Beeinträchtigung von Fideikommissgütern.
Über Ausstattung und Leibgeding (Widerlegung, Witwensitz) darf der
einzelne Agnat ohne Zustimmung des Direktors (bzw. der Agnaten,
wenn es sich um die Heirat des Primogenitus selber handelt) nichts
vereinbaren. Da sich Widerlegung und Leibgeding nach der Höhe
des von der Ehefrau einzubringenden Heiratsgutes richten, darf der
Primogenitus höchstens 12TJ00 und dürfen die anderen Agnaten höch-
stens 6'000 Gulden rheinisch entgegennehmen. Mit agnatischer Z u -
stimmung ist auch hier, wiederum ohne Schmälerung fideikommissa-
rischer Substanz, eine Erhöhung zulässig. —
V o n einer Abfindung bzw. Versorgung (Apanagierung) Nachgebo-
rener kann wenigstens im Gesamthause Liechtenstein keine Rede sein,
da jeder der drei Linien eine Nutzungsgewere an einem Teil des Fidei-
kommisses zukommt. Von Nachgeborenen kann eigentlich nur in der
Linie des Primogenitus gesprochen werden. Von diesen ist denn auch
in der Erbeinigung insofern die Rede, als sie ausdrücklich von jedem
Erbanspruch in Bezug auf die Erstgeburtsgüter ausgeschlossen und den
übrigen Agnaten gleichgestellt werden.
b) B e s t i m m u n g e n b e t r e f f e n d S t r e i t e r l e d i g u n g
Diesem Thema widmet die Erbeinigung verhältnismässig viel Raum.
Dem Primogenitus obliegt als eine der wichtigsten Aufgaben die Erhal-
tung des Friedens unter den Mitgliedern des Hauses. Entsteht Streit, so
haben die Parteien, denen jede Tätlichkeit ausdrücklich untersagt ist,
ihre Sache vor den Direktor zu tragen, der versuchen soll, einen Ver-
gleich herbeizuführen. Misslingt eine vergleichsweise Erledigung, so hat
der Primogenitus ein Schiedsgericht einzuberufen, dessen Obmann er
von Amtes wegen ist und das weiter aus je zwei von den Parteien zu
bezeichnenden Agnaten des Hauses (fehlendenfalls Aussenstehenden)
zusammengesetzt ist. Dieses Schiedsgericht entscheidet letztinstanzlich
mit Stimmenmehrheit, nötigenfalls nach Beizug eines Rechtsgelehrten
als Experten. Ist der Primogenitus selber Partei, so tritt der Älteste der
zweiten Hauptlinie als Obmann an seine Stelle.
7 1
c) Z u w i d e r h a n d l u n g e n g e g e n d i e E r b e i n i g u n g
Übertreter sind vor dem Erstgeborenen und den beigezogenen A g -
naten zur Rede zu stellen und zweimal zu ermahnen, die Erbeinigung
gemäss ihrem Eid zu befolgen. Sie haben einen Rechtsanspruch darauf,
vor diesem Gremium sich zu rechtfertigen. Alsdann, wenn die Ermah-
nungen nichts fruchten, ist der Sachverhalt einem Rechtskundigen zu
unterbreiten, der die Frage der Zulässigkeit der poena privationis
prüfen soll. Lautet das Gutachten zu Ungunsten des Übertreters, ist die
poena privationis zu verhängen und sind zur Exekution notfalls der
Landesherr und das Landesrecht anzurufen.
d) E r l ö s c h e n d e s M a n n e s s t a m m e s
Die Erbeinigung begreift das Haus ausschliesslich im Sinne des
agnatischen Männerverbandes, sodass auch beim Erlöschen desselben
die Kognatenseite nicht zur Nachfolge gelangt. Die weitere Erbfolge
richtet sich alsdann nach «Ordnung der Recht und Landsgebrauch oder
Gewohnheit», d. h. das gewöhnliche ordentliche Recht kommt zur A n -
wendung.
Vorbehalten bleiben allerdings zukünftige Erbverbrüderungen. Hier-
unter versteht man die gegenseitige Einsetzung zweier Häuser in die
Nachfolge im Falle des Aussterbens des einen oder anderen derselben.
Eine solche Erbverbrüderung ist das Haus Liechtenstein indessen nie
eingegangen.
e) D e r E i d a u f d i e E r b e i n i g u n g
Karl , Maximilian und Gundacker beeiden für sich und ihre Nach-
kommen die Erbeinigung feierlich. Der gleiche E id wird für jeden in
diese Erbeinigung eintretenden Agnaten (d. h. jeden, der mündig wird)
vorgeschrieben; ebenso für jeden Primogenitus, bevor er in sein Amt
eintritt.
7 2
B. D I E E N T W I C K L U N G D E S H A U S R E C H T E S
N A C H D E R E R B E I N I G U N G V O N 1 6 0 6 B I S
Z U M U N T E R G A N G D E S R E I C H E S 1 8 0 6
Der nun folgende Zeitabschnitt ist durch tiefgreifende Ereignisse
und durch eine ausgedehnte Verzweigung des Hauses gekennzeichnet.
A m bedeutendsten erscheint der Erwerb der Reichsstandschaft, haus-
rechtlich sodann vor allem die Verbindung des Reichsfürstentums
Liechtenstein mit der Regierung (also der Primogenitur) des Gesamt-
hauses.
I. Z U R G E S C H I C H T E D E R K A R L I S C H E N H A U P T L I N I E
Nachfolger Karls als Primogenitus und Regierer des Gesamthauses
ist sein einziger Sohn Kar l Eusebius (1611 —1684). Beim Tode Karls
1627 ist er noch minorenn, sodass, trotz kaiserlicher Volljährigkeits-
erk lärung, 1 5 0 in Übereinstimmung mit der Erbeinigung von 1606 Fürst
Maximilian als nächster volljähriger Anwärter auf die Primogenitur
sein Vormund wird.
Als Primogenitus war Karl Eusebius zunächst einmal im Besitze des
Vorausteiles sowie, als einziger Sohn, des Anteiles der Karlischen Linie
am Fideikommis. Darüber hinaus war er aber auch noch im Besitze der
nicht zum Familienfideikommiss gehörenden Güter seiner Linie, wozu
insbesondere die Herzogtümer Troppau und Jägerndorf, die Herr-
schaften Trübau und Hohenstadt und der Komplex Schwarzkosteletz,
Aurzinowes und Skworetz gehörten. Hinzu kam das Erbteil seiner
Mutter aus dem Hause Boscovitz (ergänzt durch die andere Hälfte nach
dem Tode des Fürsten Marimilian): Butschowitz, Posoritz und Nowih-
rad. Für 240'000 Gulden erwarb er die ehemals liechtensteinische Herr-
schaft Lundenburg. 1 5 1
«Gelang es so dem Fürsten Karl Eusebius, den Besitzstand seines
Hauses zu vermehren, den Glanz zu vergrössern und namentlich durch
wohlgeordnete Wirthschaft alles zu sichern, so erreichte er ein anderes
nicht, nämlich die Einführung seines Hauses zu Sitz und Stimme im
Reichsfürstencollegium des deutschen Reiches. Ja er musste es selbst
150 Fa lke II 304.
151 Fa lke II 315.
73
erleben, dass drei andere österreichische Häuser, die Dietrichstein,
Piccolomini und Auersperg, welche später die Fürstenwürde erhalten
hatten, noch früher zu dieser Ehre kamen, wenn auch nur bedingungs-
weise. Dies war im Jahre 1654 auf dem Reichstage zu Regensburg ge-
schehen. Dem Fürsten Karl Eusebius und seinen Vettern blieb nichts
übrig als einen motivierten Protest dagegen einzulegen, dass diese E in -
führung ihre früheren Rechte nicht schädige.» 1 5 2
Dritter Regierer des Hauses wurde nach seinem Tode 1684 sein ein-
ziger Sohn Johann Adam Andreas, wie sein Vater mit einer Fürstin
Dietrichstein verheiratet und auch er politisch und militärisch kaum in
Erscheinung tretend. Genannt «der reiche Hans Adam», war er «eine
höchst interessante und bedeutende Persönlichkeit, eine der bedeutsam-
sten in der Geschichte seines Hauses». 1 5 '* Es gelang ihm, den Besitz
seiner Linie so zu erweitern, dass die Erträge daraus annähernd jene des
Familienfideikommisses erreichten. 1 5 4
Die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wichtigsten Erwerbun-
gen beliefen sich auf eine Summe von mindestens 2'000'000 Gulden, so
u. a. die Herrschaft Sternberg in Mähren (erworben 1695 und 1699 für
insgesamt 504TJ00 Gulden), Judenau, Dittersdorf und Ordental (1701
für zusammen 156'000 Gulden); 1702 Lypto Ujvar in Ungarn für
129'800 Gulden; 1703 u. a. Weissenberg und Kirchberg für total rund
200'000 Gulden; 1708 Rotenhaus in Böhmen für 903'000 Gulden . 1 5 5
Im Vergleich hierzu nehmen sich die dem Grafen von Hohenems
abgekauften und im Schwäbischen Kreis weitab gelegenen reichsun-
mittelbaren Besitzungen Schellenberg und Vaduz unbedeutend aus. Sie
wurden zudem stark überzahlt: die Herrschaft Schellenberg wurde bei
einem zwischen 2000 und 4000 Gulden liegenden jährlichen Ertrag im
Jahre 1699 für 115'000 Gulden, die Grafschaft Vaduz (jährlicher Ertrag
zwischen 4000 und 7000 Gulden) 1712 zu 290^00 Gulden erworben. 1 5 6
152 Fa lke II 316/17.
153 Fa lke II 325.
154 Fa lke II 326.
155 V g l . Fa lke II 327 ff .
156 V g l . Fa lke II 343 f f . — N a c h Seger 31 wurde Schellenberg sogar auf 1'200
Gu lden , Vaduz auf 2'400 G u l d e n j ä h r l i c h e n Steuerertrag e ingeschä tz t , w ä h -
rend als f ü r s t e n m ä s s i g geltende G ü t e r mindestens 15'200 G u l d e n ergeben
sollten. — D i e geringe wirtschaft l iche Bedeutung des nur rund 160 k m '
74
Für s t Johann Adam Andreas (1657— 1712), genannt «der reiche Hans A d a m » .
Erwirb t Vaduz und Schellenberg, womit er die Grundlage f ü r die spä t e r e Erhebung
des Hauses zur Reichsstandschaft schafft .
75
Unterstützt durch ein zinsloses Darlehen an den Schwäbischen Kreis
in der Höhe von 250'000 Gulden, gelang es aber nur, dem Hause Sitz
und Stimme auf der Fürstenbank des Schwäbischen Kreises zu sichern, 1 5 7
während der Eintritt in den Reichstag dem Hause vorläufig noch ver-
sagt blieb, 1 5 8 obwohl mit Vaduz Sitz und Stimme im Reichstage ur-
sprünglich verbunden gewesen waren. 1 5 9
Mit dem Tode des Fürsten Johann Adam Andreas am 16. Juni 1712
erlosch die Karlische Linie männlicherseits, da ihn kein Sohn überlebte.
In der zweifelsohne grössten Frau des Hauses, seiner Tochter Maria
Theresia, lebte die Linie indessen bis 1772 fort.
II. D A S T E S T A M E N T D E S FÜRSTEN J O H A N N A D A M
A N D R E A S V O N 1711
Die Erbsunion von 1606 fand nun in der Folge im wesentlichen
getreue Anwendung in zahlreichen Testamenten, Eheverträgen usw.,
auf die im einzelnen einzugehen den Rahmen vorliegender Arbeit spren-
gen würde. Vielmehr soll noch auf jene Urkunden näher eingegangen
werden, welche zur Weiterentwicklung des Hausrechtes beigetragen
haben oder sonstwie für die Stellung und Bedeutung des Hauses und
des Primogenitus wichtige Anordnungen enthalten. —
Das mit Wien, 17. Juli 1711 datierte Testament des Fürsten Johann
Adam Andreas 1 0 9 ist vorab wegen der Bestimmungen über die reichs-
unmittelbaren Gebiete Vaduz und Schellenberg wichtig, die merkwür-
digerweise nicht dem nächsten Regierer Anton Florian, sondern dessen
Neffen Josef Wenzel zugesprochen werden. Das Verhältnis zwischen
dem Erblasser und Anton Florian scheint nicht das beste gewesen zu
sein. 1 6 1
grossen Gebietes zeigt sich auch deutlich im Vergle ich zu dem von Raton 19
f ü r die erste H ä l f t e des. 17. Jahrhunderts angegebenen Besitzstand: 5'800 km-,
24 S täd te , 25 Mark t f l ecken , 756 D ö r f e r und 56 Schlösser .
157 Falke II 345.
158 Fa lke II 347.
159 Fa lke II 344.
160 V g l . Fa lke II 351 ff .
161 Fa lke II 351; er liess ihm sogar noch etwas weniger, als ihm nach der E r b -
einigung von 1606 und den Lehensbriefen zustand (vgl. Fa lke II 353).
76
a) E r b e n e i n s e t z u n g
Bei der Errichtung des Testamentes lebten ausser dem Testator nur
noch sechs Agnaten, alle aus der Linie Gundackers: Anton Florian,
dessen Neffen Josef Wenzel, Emanuel und Johann Anton sowie dessen
jüngster Bruder Hartmann, ausserdem noch dessen Sohn Josef Johann.
(Siehe Tafeln S. 53 und 85).
Somit verblieb noch eine der drei Hauptlinien von 1606, und nach
der Erbeinigung wäre die allodiale Hinterlassenschaft des Fürsten Hans
Adam bei Fehlen eines Testamentes ohne weiteres an die Gundacker'-
sche Linie gefallen und dem Familienfideikommiss angewachsen, d. h.
nutzungsweise auf Anton Florian als den Nachfolger Hans Adams in
der Primogenitur gekommen.
Indem Hans Adam aber erwog, Anton Florian und dessen Linie
seien mit den bisherigen Familienfideikommissgütern und der Primoge-
nitur des Gesamthauses sowie dem Fideikommiss und der Primogenitur
der Gundacker'schen Linie ausreichend begütert, überging er ihn und
seine Linie bei der Erbeneinsetzung. A n Anton Florian sollten somit nur
die durch die Investiturbriefe der Primogenitur des Hauses gewidmeten
Lehen (vor allem Troppau und Jägerndorf, Mährisch Trübau, Hohen-
stadt, Schildberg und die sog. Glashütten Schönberg und Goldenstein)
sowie die Erbeinigungsgüter (Feldsberg, Herrenbaumgarten, Blumenau
und Prossnitz = Erstgeburtsgüter und Eisgrub = Nutzungsanteil der
Karlischen Linie am Familienfideikommiss) fallen.
Über alle anderen Güter, die also weder durch die Erbeinigung von
1606 noch «per expressum regium consensum ad primogenituram»
gebunden waren, in diesem Sinne somit als «vera allodia» betrachtet
wurden, durfte Hans Adam in Übereinstimmung mit der Erbsunion
von 1606 frei testieren.
Z u Erben setzte er ein (wie bemerkt, unter Umgehung der ältesten
Linie) die Fürsten Josef Wenzel, Emanuel und Johann Anton (alles
Söhne des jüngeren Bruders Anton Florians, Philipp Erasmus') und
seine fünf noch lebenden Töchter Maria Elisabetha, Maria Antonia,
Gabriele, Maria Theresia und Dominica.
77
b) F i d e i k o m m i s s i e r u n g v o n V a d u z u n d S c h e l l e n -
b e r g u n d i h r e Z u w e i s u n g a n J o s e f W e n z e l
Zusammen mit den 1707 dem Schwäbischen Kreise geliehenen
250'000 Gulden werden die Reichsgrafschaft Vaduz und die Reichs-
herrschaft Schellenberg als Fideikommiss, vererbbar in der Primo-
genitur, dem Fürsten Josef Wenzel zugewiesen. Nach der Regel der
Primogeniturerbfolge gehen sie somit nach Aussterben der Josefinischen
Linie auf die Emanuel'sche, dann auf jene Johann Antons. Erst zuletzt,
also nach dem vollständigen Erlöschen des gesamten Philippinischen
Stammes soll die Linie Anton Florians, also die Primogeniturlinie des
Hauses, wieder zum Zuge kommen.
Bei Eintritt eines Erbberechtigten in den geistlichen Stand erhält
der Nächstberechtigte ipso facto einen Rechtsanspruch auf sofortige
Nachfolge. Sollten die 250'000 Gulden vom Schwäbischen Kreis zurück-
erstattet werden, ist daraus wenn möglich sofort eine Herrschaft zu er-
werben, andernfalls sind sie im Interesse des Fideikommisses gut anzu-
legen. — Diese Zuweisung der für die erstrebte Reichsstandschaft
bedeutendsten (weil immediaten) Herrschaften des Hauses an die
Sekundogenitur (die Philippinische Linie) unter ausdrücklicher Hintan-
stellung der Primogeniturlinie widersprach zwar nicht dem Buchstaben
der Erbsunion von 1606, wohl aber eindeutig ihrem Geist. Als unzwei-
felhaft allodiale Besitzungen durfte Hans Adam frei über sie testieren;
als einzige unmittelbare Besitzungen des Hauses gehörten sie aber ein-
deutig dem Famillienfideikommiss, innerhalb desselben sogar den Erst-
geburtsgütern, zugewiesen. Sie einer vergleichsweise wenig begüterten
Nebenlinie zukommen zu lassen, erscheint umso weniger sinnvoll, als
die (vorläufige) Nichtzulassung zum Reichstag und zuerst sogar auch
noch zur Fürstenbank des Schwäbischen Kreises (deshalb auch die Dar-
lehen von 250'000 Gulden) mit der schwachen Begüterung mit imme-
diaten Herrschaften begründet wurde. Diesem Mangel konnte nur mit
anderweitigen bedeutenden Besitzungen begegnet werden, die dennoch
eine standesgemässe Lebensführung erlaubten. Z u diesem Zwecke wäre
aber eine Vereinigung der Regierung des Hauses mit dem Besitz der
reichsunmittelbaren Herrschaften allein sinnvoll gewesen, was, wie zu
zeigen sein wird, in der Folge dann auch gütlich zustande kam.
78
c) D i e V e r t e i l u n g d e r ü b r i g e n G ü t e r
Auf Josef Wenzel fallen weiter die vom Testator bewohnten Häuser
an der Herrengasse in Wien, die Herrschaften Butschowitz und Turnau,
weiter Gestüte und Pferde (mit Vorkaufsrecht der Brüder im Ver-
äusserungsfalle). Dazu Lundenburg als Fideikommiss in der Primo-
genitur der drei Linien.
Emanuel erhält die Häuser auf der kleinen Seite von Prag sowie das
Gut Rostock in Prag. Dann die in Österreich gelegenen Herrschaften
Weissenberg und Kirchberg sowie verschiedene Besitzungen in Wien,
darunter das «auf dem Platz gegen heil. Kreutz liegende» Haus
(= Palais in der Löwelbastei)" ' 2 zusammen mit den Gemälden und
(nichtsilbrigen) Statuen und der Bibliothek, dies alles als Fideikommiss
in der Primogenitur und folgender Reihenfolge der Linien: zuerst jene
der drei Brüder, dann auf die männliche Deszendenz Eleonoras (Schwe-
ster des Testators), weiter auf jene der Fürstin Maximiliane (Tochter
des Fürsten Maximilian Jakob Moritz), zuletzt als Al lod an die Linie
des Fürsten Hartmann. Weiter erhält Emanuel noch Posoritz und
Nowihrad bei Brünn in Mähren"" .
A n Johann Anton gehen die Herrschaften Landskron und Lands-
berg in Böhmen, Lypto-Ujvar in Ungarn und verschiedene Dörfer in
Mähren.
Die Töchter erben die übrigen Immobilien als Allode zu gleichen
Teilen: Göding in Elisabeth und Antonia je hälftig nach mährischem
Recht (d.h. die ältere teilt, die jüngere wählt), Sternberg und Aussee an
Gabriela, Kosteletz und Skworetz und Aurzinowes sowie Czech an
Maria Theresia, Rotenhaus und Czernahora usw. an Dominica. Die
Barschaft, ausser 50'000 Talern für die Witwe, geht zu gleichen Teilen
an die drei noch ledigen Töchter.
162 Fa lke II 353.
163 Diese stammen, wie die Wenze l zugesprochene Herrschaf t Butschowitz , aus
der angeheirateten Verlassenschaft des F ü r s t e n M a x i m i l i a n . Hans A d a m
beruft sich f ü r seine d iesbezüg l i che Disposi t ion a u s d r ü c k l i c h auf das Testa-
ment des F ü r s t e n M a x i m i l i a n vom 29. A p r i l 1641, welche Disposi t ion in der
Folge von A n t o n F lo r i an mit E r f o l g angefochten wurde.
79
d) D i e V e r s o r g u n g d e r W i t w e
Das ihr durch Ehekontrakt vom 13. 2. 1681 Zugekommene und
seither Geschenkte soll ihr ungestört gehören. Neben den bereits er-
wähnten 50'000 Talern aus der Barschaft und einem Wohnrecht (zu-
sammen mit den drei unverheirateten Töchtern) im Palais Löwelbastei
erhält sie die Herrschaften Judenau und Dittersdorf mit der Auflage,
sie einer oder allen Töchtern zu hinterlassen. Mit der gleichen Auflage
werden ihr Kleinodien, Schmuck und Silber überlassen. Zum standes-
gemässen Unterhalt haben ihr die Töchter jährlich 12'000 Gulden (in
halbjährlichen Raten) zu geben, die sie zu gleichen Teilen aufzubringen
haben.
e) V o r m u n d s c h a f t l i c h e B e s t i m m u n g e n
Abweichend von der Erbeinigung von 1606 legt Hans Adam die
Volljährigkeit der Agnaten für die Nachfolge in die Erbgüter auf 20
Jahre fest. Z u Vormündern werden Fürst Walter Xaver Dietrichstein
und Graf Max Ulrich von Kaunitz und Rietberg gegen ein Entgelt
von 5000 bzw. 3000 Gulden bestellt. Auch mit dieser Bestimmung
wird Anton Florian übergangen, der nach der Erbeinigung von 1606
als Primogenitus von Rechts wegen auch Vormund aller minderjährigen
Agnaten ist. Diese abweichenden Bestimmungen waren rechtlich als
Ausfluss der Testierfreiheit zulässig, da sie sich ja strikte auf die Erb-
güter bezogen. Indem sie aber die (wenn auch nur vormundschaftliche)
Verwaltung selbst der reichsunmittelbaren Güter ausser Hauses gehen
Hessen, verkannten sie Sinn und Zweck des Familienpaktes von 1606.
Vormund der Töcher, die bereits mit 15 Jahren mündig sein sollten,
sollte ihre Mutter sein, im Todesfalle oder bei Wiederverheiratung die
älteste Tochter, immer unter Mitwirkung der Agnatenvormünder.
f) Ü b r i g e B e s t i m m u n g e n
Diese betrafen u. a. fromme Stiftungen, die Ablösung von Schulden,
die Verwaltung verschiedener pfandweise vom Kaiser für eine Schuld
von 500'000 Gulden überlassener Herrschaften, Vergabungen, sowie
Freilassung verschiedener Untertanen aus der Leibeigenschaft.
80
III. D A S T E S T A M E N T M A R I A T H E R E S I A S
Maria Theresia Herzogin von Savoyen-Carignan (1694—1772) war
die zweitjüngste Tochter Hans Adams. Bereits seit 1729 Witwe, erlangte
sie vorab durch ihr karitatives Wirken hohes Ansehen.
Sie hinterliess testamentarisch ihren ansehnlichen Besitz (Kosteletz,
Aurzinowes, Skworetz und Rattai in Böhmen aus der väterlichen Hin -
terlassenschaft, von der Mutter Judenau und Ditterdorf sowie Büchsen-
dorf in Österreich) dem Primogenitus des Hauses mit der Auflage, ihn
wenn möglich dem Majorate einzuverleiben. 1 6 4
IV . D A S T E S T A M E N T D E S F Ü R S T E N H A R T M A N N
V O M 24. D E Z E M B E R 1672 1 6 5
Hartmann (1613—1686) war als Fürst der erste dieses Namens und
der bedeutendste Vertreter der ersten Generation nach Gundacker so-
wie Stammhalter dieser Linie und damit auch des Gesamthauses, da
Fürst Maximilian 1643 kinderlos verstarb und die Karl'sche Linie 1712
männlicherseits erlosch. Allerdings gelangte er selber nie zur Regierung
des Hauses, da er beim Übergang der Primogenitur auf die Gundacker'
sehe Linie im Jahre 1712 nicht mehr lebte.
Fürst Hartmann I. war in erster Linie ein vorzüglicher Verwalter der
ererbten Besitzungen seines Vaters, die ihm dieser noch zu seinen Leb-
zeiten zur Administration überlassen hatte. 1 6 8 Sein öffentliches Auftre-
ten fiel weniger ins Gewicht, doch diente er immerhin auch unter
Wallenstein, vorab in den Schlachten bei Lützen und Nördl ingen. 1 6 7
a) E r b e n e i n s e t z u n g u n d V e r t e i l u n g d e r G ü t e r
Z u Erben setzte er seine vier Söhne ein und nahm folgende Teilung
vor:
Der älteste Sohn Maximilian Jakob Moritz (1641—1709) erhält vorab
die Nutzung der Familienfideikommissgüter: Wilfersdorf, Ringelsdorf,
Mistelbach (= ursprünglicher Anteil der Gundacker'schen Linie)
sowie Hohenau und Ravensburg ( = ursprünglicher Anteil des Fürsten
Maximilian, den er testamentarisch an die Gundacker'sche Linie ge-
164 Fa lke II 362/63.
165 Fa lke II 373.
166 Fa lke II 370.
167 Fa lke II 369/370.
8 1
langen Hess). Ausserdem erhält er alles, was weiter vom Fürsten Max i -
milian an Gundacker gekommen und von diesem als Fideikommiss in
der Primogenitur seiner Linie gestiftet worden war.
Die drei jüngeren Brüder Anton Florian, Philipp Erasmus und
Hartmann erhalten je lOO'OOO Gulden aus dem Ertrag der Güter des
ältesten Bruders, ausserdem die meisten Schuldforderungen, das Bargeld
und die Herrschaften, die der Testator bis zu seinem Tode noch erwer-
ben sollte, je zu gleichen Teilen. Alles zusammen soll jedoch ein ge-
meinsames Fideikommiss der drei Linien der «Sekundogeniti» bilden,
welches erst nach deren Aussterben an die Linie des ältesten Bruders
fallen sollte. Die Vorschriften und Beschränkungen, denen diese Se-
kundogeniturgüter unterworfen sein sollten, gleichen im wesentlichen
jenen der Erbsunion von 1606 für das Familienfideikommiss. Bezüglich
der Ausschliessung von der Nachfolge bringen sie allerdings eine Erwei-
terung auf jene, die sich «wider Standesgebühr auch ohne Vorwissen
und Einwilligung des Regierers unseres fürstlichen Hauses und anderer
Agnaten verheiraten» oder von der «römisch katholischen . . . Religion
abweichen».
b) V e r s o r g u n g d e r W i t w e
Die Witwe kann unter den Herrschaften ihren Sitz frei wählen. Der
Unterhalt für sie und die minderjährigen Kinder, die bei ihr wohnen und
auferzogen werden sollen, ist ihr gewährleistet.
Aus der Hinterlassenschaft erhält sie 50TJ00 Gulden eigentümlich,
lOO'OOO zur Nutzniessung, die nach ihrem Tode an die Söhne gehen
sollen. Zudem soll sie das Tafelsilber bekommen und von den beiden
älteren Söhnen mit Pferden, Wagen, Mobilien, Getreide und Wein ver-
sorgt werden.
c) V e r s o r g u n g d e r T ö c h t e r
Die älteren Töchter sind bereits verheiratet und haben ihren ordent-
lichen Erbverzicht geleistet. Sie haben ihre Abfindung erhalten, ausser
Sidonia Agnes, welcher noch die Hälfte der ihr «aus väterlichen
Gnaden» versprochenen 25'000 Gulden zusteht, wofür sie aus der
Barschaft zu befriedigen ist. Hieraus ist ebenfalls die jüngste, noch un-
verheiratete Tochter Maria Magdalena abzufinden. Auch sie hat über
die kraft Erbeinigung von 1606 geschuldeten 3'000 Gulden noch
25'000 Gulden durch väterliche Disposition zugute.
82
d) V o r m u n d s c h a f t l i c h e B e s t i m m u n g e n
Auch dieses Testament setzt den Mündigkeitstermin auf 20 Jahre
fest. Zu Vormündern der drei jüngeren Söhne bestimmt der Testator
den Regierer Kar l Eusebius (der gemäss Erbeinigung von 1606 im
übrigen bereits Vormund ist), den ältesten Sohn Maximilian Jakob
Moritz und die Gemahlin. Sie alle werden auch mit der Willensvoll-
streckung betraut. —
Dies ist der wesentliche Inhalt des Testamentes. Misst man es an den
Vorschriften der Erbsunion von 1606, so stellt man eine vorbildliche
Übereinstimmung fest. Augenfällig ist die Errichtung einer Sekundo-
genitur in Analogie zum Familienfideikommiss der Primogenitur des
Gesamthauses. Der für die Nachfolge in diese Sekundogeniturgüter er-
weiterte Ausschliessungskatalog wurde später durch das Hausgesetz
von 1842 auch für Primogenitur des Hauses angenommen.
V . FÜRST A N T O N F L O R I A N (1656— 1721)
U N D D I E K O N S O L I D I E R U N G D E R P R I M O G E N I T U R
Das Testament des Fürsten Johann Adam Andreas hatte die Primo-
genitur in Frage gestellt. Es galt, sie wiederherzustellen, insbesondere
durch die Einverleibung der Reichsherrschaften. Nicht nur dies gelang
Anton Florian, er erwirkte auch die Gründung eines Fürstentums Liech-
tenstein aus den Herrschaften Vaduz und Schellenberg sowie seine
Aufnahme (ad personam) in den Reichsfürs tenrat . 1 8 8
Seit dem Tode des Fürsten Karl war Anton Florian wieder das erste
Haupt einer Linie (bzw. später des Hauses), das zeitlebens in kaiser-
lichen Diensten stand. 1 3 9 Nach einer rund sechs Jahre dauernden
Gesandtschaft am päpstlichen Hof wurde er Erzieher und Obersthof-
meister von Erzherzog Karl , dem designierten Thronfolger in Spanien
und späteren Kaiser Karl V I . 1 7 0 In dieser Aufgabe verharrte er bis zu
seinem Tode und wich kaum mehr von der Seite Kar l s : 1 7 1 erst in Wien,
dann in Spanien in vergeblichem Kampf um die Thronfolge, dann wie-
168 V g l . zu diesem Abschnit t insbesondere Seger 16 f f .
169 Fa lke III 67.
170 U b e r diese Tä t igke i t en berichtet Fa lke III 4 f f a u s f ü h r l i c h .
171 Fa lke III 13.
83
Fürs t A n t o n F l o r i a n (1656— 1721).
E r erreicht 1719 die Erhebung von V a d u z und Schellenberg
zum R e i c h s f ü r s t e n t u m Liechtenstein.
Hartmann
Anton Florian
geb. 28. 5. 1656
verm. 23. 11. 1679 mil
Barbara Gräfin v. Thun
(10.11.1661—9. 2.1723)
gest. 11. 10. 1721
Josef Johann
geb. 27. 5. 1690
1. verm. 1. 12. 1712 mit
Gabriele Fürstin
Liechtenstein
(12. 7. 1692—7. 11. 1713)
2. verm. 3. 2. 1716 mit
Marianne Gräfin Thun
(27. 9. 1698—23. 2. 1716)
3. verm. 3. 8. 1716 mit
Marianne Gräfin
Öttingen-Spielberg
(21.9. 1693—15.4. 1729)
4. verm. mit
Marianne Gräfin
Kottulinsky
(12. 5.1707—6. 2. 1788)
gest. 17.12.1732
Philipp Erasmus
geb. 11.9.1664
verm. 8. 5.1695 mit
Christina Gräfin
Löwenstein
(31.10.1665—
30. 4. 1730)
gest. 9. 1. 1704
I Josef Wenzel Loren/
geb. 9. 8.1696
verm. 19.4. 1718 mit
Anna Fürstin
Liechtenstein
(11.9. 1699—20. 1. 1733)
gest. 10. 2.1772
F.manuel
geb. 2. 2. 1700
verm. 14. 1. 1726
Maria Gräfin
Dietrichstein
(10.9. 1706—7. 1. 1777)
gest. 7. 1.1771
Johann Anton
geb. 20. 12.1702
gest. 28. 3.1724
( führt das Haus allein fort
(siehe Tafel Seite 931
Johann Nepomuk Karl
geb. 8. 7. 1724
verm. 19. 3. 1744 mit
Maria Gräfin Harrach
(20. 11. 1727—15.2. 1788)
gest. 22. 12. 1748
85
der in Wien. 1703 wurde ihm und seinen Nachkommen das spanische
Grandat verliehen. 1 7 2
Anton Florian war ein prachtliebender Barockfürst. E r scheute
keinen Aufwand, sich und dem Haus bei den Höchsten des Reiches
Geltung zu verschaffen. Er vereinigte mehr Macht in seiner Person als
je einer seiner Vorgänger, nicht nur politische als engster Vertrauter
des Kaisers, sondern auch innerhalb des Hauses: 1711 fiel mit dem
Tode seines Neffen Max Anton das ganze Gundacker'sche (Primogeni-
tur-) Fideikommiss an ihn, ein Jahr später durch den Tod Johann Adam
Andreas' das Karolinische zusammen mit der Primogenitur des Hauses.
Da er auf den Glanz des Hauses bedacht war, focht er das als ungerecht
empfundene Testament Hans Adams, seines Vorgängers in der Regie-
rung des Hauses, an. Die kostspieligen Prozesse wurden schliesslich teils
von ihm, teils von seinem Sohn Joseph Johann vergleichsweise beendet.
1. Die Verträge zwischen dem Antonianischen und dem
Philippinischen Stamm.
a) D e r T a u s c h v e r t r a g v o m 12 . M ä r z 1718
1718 lebten nebst Anton Florian und seinem Sohn Joseph Johann nur
noch vier weitere Agnaten: die im Testament Hans Adams als Erben
eingesetzten drei Philippinischen Brüder (Joseph Wenzel, Emanuel und
Johann Anton) und Hartmann, der jüngste Bruder Anton Florians.
Nach dem genannten Testament hatte Joseph Wenzel allein A n -
spruch auf die Reichsherrschaften Schellenberg und Vaduz. Anton
Florian strebte aber deren Verbindung mit der Primogenitur an, um
gestützt auf diese reichsunmittelbaren Besitzungen die Bemühungen um
Aufnahme in den Reichsfürstenrat (für das Haus; persönlich war er be-
reits am 15. Februar 1713 eingeführt worden 1 7 3) wieder aufnehmen zu
können. A m 12. März 1718 vereinbarte er deshalb mit Joseph Wenzel
den Tausch von Vaduz und Schellenberg gegen die von ihm 1681 für
270'000 Gulden erworbene Herrschaft Rumburg. 1 7 4
172 Fa lke III 15.
173 Seger 35.
174 Fa lke III 77.
86
b) D i e V e r g l e i c h e v o m 2 0 . M a i 1 7 1 8
u n d 1 . J u n i 1 7 2 2
Nach dem ersten Vergleich zwischen Anton Florian und den Philip-
pinischen Brüdern verzichteten letztere gegen 60'000 Gulden jährlich
auf fast alle aus dem Testament Hans Adams hergeleiteten Ansprüche;
ausgenommen blieben die bereits abgetretenen Reichsherrschaften sowie
Lypto-Ujvar . 1 7 5
Dieser erste Vergleich scheint indessen nicht ausgeführt worden zu
sein, 1 7 6 weshalb Fürst Joseph, der Sohn Anton Florians, mit den Philip-
pinischen Brüdern am 1. Juni 1722 einen weiteren abschloss. 1 7 7 Dieser
zweite wichtige Vergleich hatte im wesentlichen denselben Inhalt wie
der erste. Ausdrücklich verzichten die drei Brüder auf jene Ansprüche
an die Primogenitur, die sich aus dem Testament Hans Adams oder aus
anderen Urkunden ableiten Hessen. Insbesondere treten sie zugunsten
der Primogenitur ab die Herrschaften Butschowitz, Posoritz, Nowihrad,
Tyrnau, Landskron und Landsberg, Blumenau und Rostock, verschie-
dene Häuser in Brünn und an der Herrengasse in Wien, verschiedene
Rechte sowie den umfangreichen Mobiliarbesitz Hans Adams: Statuen,
Bibliothek und Gemälde. Auf diese Weise wurden im Sinne der Erb-
einigung von 1606 die Rechte der Primogenitur vollumfänglich wieder-
hergestellt, dem «Splendor familiae» genüge getan. Es gelangte so auch
die heute noch berühmte liechtensteinische Gemäldegalerie, bisher Fidei-
kommiss der Philippinischen Linien, an die Primogenitur des Hauses.
Als Gegenleistung für diese Abtretungen sollten die drei Brüder jährlich
36'000 Gulden erhalten.
c) D e r V e r g l e i c h v o m 1 0 . J u n i 1 7 2 2
Mit diesem weiteren Vergleich 1 7 8 verzichteten die Philippinischen
Brüder zugunsten des Fürsten Joseph auf alle Ansprüche an die Primo-
genitur aus dem Testament ihres Grossvaters Hartmann sowie auf ver-
schiedene weitere Ansprüche und Forderungen gegen eine Summe von
insgesamt 16'000 Gulden jährlich. Der Vertrag ist hausrechtlich nicht
weiter von Bedeutung, zeigt aber den anhaltenden Willen zur Stärkung
der Primogenitur und damit des Hauses.
175 F a l k e III 71.
176 Fa lke III 71.
177 Fa lke III 72 f.
178 Fa lke III 233 f.
87
2. Die Entstehung des Fürstentums Liechtenstein und die Aufnahme
in den Reichsfürstenrat 1 7 9
Die Bemühungen für die Aufnahme in das Reichsfürstenkollegium
begannen schon 1630. A m 20. Dezember 1633 wurden die mährischen
Herrschaften Krumau und Ostra des Fürsten Gundacker zu einem Für-
stentum mit dem Namen Liechtenstein erhoben. 1 8 0 Dies bedeutete eine
Ehrung Gundackers durch Kaiser Ferdinand II. E in Anrecht auf Zu -
lassung zum Reichsfürstenrat konnte daraus indessen nicht abgeleitet
werden, da es ein mährisches Fürstentum war. Die Habsburger hatten
als Markgrafen von Mähren keinerlei Interesse daran, reichsunmittel-
bare Gebiete innerhalb ihrer Hausgüter entstehen zu lassen.
Ein erstes Gesuch der Fürsten Carl Eusebius, Maximilian und Gund-
acker vom 30. August 1641, der Kaiser möge die Aufnahme in den
Reichsfürstenrat empfehlen, scheiterte. Eine Empfehlung während der
zu Ende gehenden Sitzungsperiode des Reichstages erfolgte nicht. Kurz
darauf erging ein kaiserliches Dekret, das eine erhebliche Erschwerung
der Zulassungsbedingungen brachte. In der Folge wurden Bestrebungen
unternommen, immediate Herrschaften zu erwerben, welche vorerst je-
doch erfolglos blieben.
Der nächste Versuch erfolgte während des Reichstages von 1654,
nachdem gleich zu Beginn die Fürsten Maximilian von Dietrichstein,
Johann Weikhart von Auersperg und Generalleutnant Octavio Piccolo-
mini aufgenommen worden waren. Aber auch dieser Versuch verlief,
zur grossen Enttäuschung der liechtensteinischen Fürsten, die auf min-
destens gleichwertige Verdienste wie die Aufgenommenen verweisen
konnten, im Sande. E in kaiserliches Versprechen auf Empfehlung im
Hinblick auf den nächsten Reichstag blieb ein schwacher Trost. Denn
kurz zuvor war ein Reichshofratsgutachten gebilligt worden, das den
179 Z u diesem Thema sind vorab zu nennen: C a r l von In der M a u r , der im
J B L 1 die wichtigsten Urkunden ediert (Kaufb r i e fe ü b e r Schellenberg und
Vaduz ; kaiserliches D i p l o m ü b e r die Er r ich tung des F ü r s t e n t u m s Liechten-
stein vom 23. Januar 1719); sodann Seger, der i m J B L 68 knapp und präz is
aber doch e r s c h ö p f e n d den m ü h e v o l l e n Weg bis zur A u f n a h m e in den
R e i c h s f ü r s t e n r a t beschreibt.
180 D e r N a m e wurde spä te r auf das jetzige F ü r s t e n t u m Liechtenstein ü b e r t r a -
gen. — Dass der N a m e des Hauses als Bezeichnung eines neuen F ü r s t e n -
tums diente, geschah auch im Fa l l e W i n d i s c h g r ä t z 1804 (Heff te r 431).
88
Besitz fürstenmässiger Immediatgüter zur unabdingbaren Voraussetzung
für eine Aufnahme in den Reichsfürstenrat erklärte.
Dies hatte zur Folge, dass nun das Hauptgewicht auf den Erwerb
solcher Güter gerichtet wurde. E in erster Teilerfolg gelang allerdings
erst am 18. Januar 1699 mit dem Kauf der Reichsherrschaft Schellen-
berg. 1 8 1 Diese hatte aber seit jeher nur als Teil der Reichsgrafschaft
Vaduz, mit der allein Sitz und Stimme auf dem Reichstag verbunden
waren, gegolten. Beide zusammen genügten zudem für eine fürsten-
mässige Begüterung nicht. Fürst Johann Adam Andreas wurde 1707 nur
Mitglied der Fürstenbank des Schwäbischen Kreises, zu dem Schellen-
berg gehörte, nachdem er diesem als Ersatz für mangelhafte Begüterung
250'000 Gulden zinslos hatte leihen müssen. Trotz Empfehlungen des
Schwäbischen Kreises und Kaiser Karls fand aber auch ein weiteres Ge-
such um Aufnahme am 9. Juli 1709 in Regensburg keine Gnade. Der
Erwerb von Vaduz 1712 konnte vorerst auch nicht ausgenützt werden,
da er erst im Todesjahr des Fürsten Hans Adam erfolgte und die imme-
diaten Güter, wie bekannt, nicht auf die Primogenitur übergingen.
Weit mehr brachte das Vertrauensverhältnis zwischen dem 1701 an
die Regierung gelangten jungen Kaiser Kar l V I . und seinem Erzieher,
dem Fürsten Anton Florian. Jener empfahl den Fürsten am 6. Apr i l
1712 zur Aufnahme wegen seiner Verdienste um ihn und weil das Haus
Liechtenstein schon vor fast hundert Jahren in den Reichsfürstenstand
erhoben worden sei. Kein Wort mehr von immediater Begüterung. Be-
reits am 3. Dezember 1712 wurde die Zulassung Anton Florians und
seiner Nachkommen zu Sitz und Stimme auf der weltlichen Fürstenbank
beschlossen; die Einführung fand am 15. Februar 1713 statt. Die Z u -
lassung erstreckte sich damit nicht auf die Philippinische Linie. Damit sie
wenigstens für seine Linie wirksam wurde, musste sich Anton Florian
zum Erwerb fürstenmässiger Immediatgüter verpflichten, sonst blieb sie
auf seine Person beschränkt. Wie bekannt, gelang es Anton Florian,
unter agnatischer Zustimmung tauschweise die reichsunmittelbaren
Herrschaften an sich zu bringen und sie mit der Primogenitur des Hauses
zu verbinden. Die kaiserliche Bestätigung des Tauschvertrages vom 12.
März 1718 erfolgte bereits am 8. Juni desselben Jahres, worauf Anton
Florian den Kaiser um Erhebung dieser Herrschaften zu einem Fürsten-
181 D e n K a u f Schellenbergs behandelt Seger a u s f ü h r l i c h im J B L 58.
90
tum ersuchte,18-' welcher Bitte mit Diplom vom 23. Januar 1719 ent-
sprochen wurde. Die Fürst Gundacker seinerzeit durch Palatinatsdiplom
vom 14. November 1633 gewährten Rechte und Privilegien wurden auf
das neue Fürstentum übertragen und für Anton Florian, seine Erben
und den «jedesmaligen Erstgeborenen des fürstlich-liechtensteinischen
Hauses Besitzer obgemelten Fürstentums Liechtenstein» bestätigt.
Aber noch sollte es bis zum 13. August 1723 dauern, bis der Sohn
Anton Florians, Fürst Joseph Johann, nicht nur für sich und seine
Nachkommen, sondern auch für seine Erben (d.h. also auch Agnaten
anderer Linien des Hauses) endgültige Aufnahme im Reichsfürstenrat
fand. Damit war das Haus Liechtenstein zur Spitze des Reichsadels
aufgestiegen und hatte das langersehnte Ziel erreicht.
3. Die weiteren Regierer aus der Antonianischen Linie
Der einzige überlebende der acht Söhne Anton Florians war Joseph
Johann Adam, kurz Fürst Joseph genannt. Er gelangte am 11. Oktober
1721 zur Regierung des Hauses und des neuen Fürstentums sowie der
(vereinigten) Karolinischen und Gundacker'schen Fideikommisse. 1 8 3
E r stand kaum in öffentlichen Diensten, sondern widmete sich der Ver-
waltung: Tilgung der enormen Schulden seines Vaters und Erledigung
der familiären Streitigkeiten. Wie oben gezeigt, erlangte unter seiner
Regierung das Haus die (volle) Reichsstandschaft. V o n seinen vier Gat-
tinnen war die erste eine Tochter des Fürsten Hans Adam, Gabriele,
die ihm die von ihrem Vater geerbten Allodialherrschaften Aussee und
Sternberg einbrachte, wodurch diese dem Hause erhalten blieben. 1 8 4
Bei seinem 1732 erfolgten Tod war sein Sohn und Nachfolger Jo-
hann Nepomuk Kar l erst acht Jahre alt, sodass der nächste Anwärter
auf die Primogenitur, Fürst Joseph Wenzel, als Vormund die Regierungs-
geschäfte übernahm. Mi t dem Tode Johann Nepomuk Karls am 22. De-
zember 1748 erlosch der Antonianische Stamm.
182 Dass ein Gesuch (wahrscheinlich m ü n d l i c h ) erging, ergibt sich aus dem Text
des D ip loms deutlich.
183 Fa lke III 83.
184 Fa lke III 88 f.
91
V I . Z U R H A U S G E S C H I C H T E V O M Ü B E R G A N G D E R P R I M O -
G E N I T U R A U F D E N P H I L I P I N I S C H E N S T A M M 1741 BIS
Z U M E N D E D E S R E I C H E S 1806
1. Fürst Joseph Wenzel Lorenz (1696 — 1772)
Fürst Philipp Erasmus, der dem vielfach erwähnten Philippinischen
Stamm den Namen gab, war Feldherr gewesen und hinterliess drei
Söhne: Joseph Wenzel, Emanuel und Johann Anton.
Als erster dieses Stammes gelangte Fürst Joseph Wenzel 1748 an die
Regierung, nachdem er dieses Amt vormundschaftlich bereits von
1732—1745 versehen hatte. 1712—1718 hatte er die Reichsherrschaf-
ten bereits zufolge der Bestimmungen des Testamentes des Fürsten Hans
Adam innegehabt. Wie sein Vater war er in erster Linie Soldat, nahm an
zahlreichen Feldzügen teil und siegte u. a. als Feldmarschall in der
Schlacht bei Piacenza. 1 8 5 1735 kam er als Botschafter an den preussi-
schen Hof, wo sich eine Freundschaft mit Friedrich dem Grossen ent-
wickelte, 1 8 6 1737 in gleicher Funktion an den französischen H o f . 1 8 7
Seine grösste Leistung lag auf dem Gebiete des Artilleriewesens; als
«Vater der österreichischen Art i l ler ie» 1 8 8 reorganisierte er das öster-
reichische Geschützwesen grundlegend.
Im Jahre 1737 regelte er die Angelegenheit um das zinslose Darlehen
an den Schwäbischen Kreis mit einem Vergleich; von den 250'000 Gu l -
den konnten noch ganze 75'000 zurückgewonnen werden. 1 8 9 Trotz die-
sem Verlust lieh er dem Staat aus dem Familienfideikommiss 150'000,
aus eigenen Mitteln 80'000 Gulden. 1 9 0 Als Anerkennung für seine Ver-
dienste verlieh ihm und seinen jeweiligen Nachfolgern in der Regierung
185 von In der M a u r , J B L 1, 29.
186 Fa lke III 115 f f mit dem interessanten Briefwechsel zwischen den beiden.
187 Fa lke III 163 ff .
188 Fa lke III 204.
189 Seger, J B L 68, 31 f.
190 Fa lke III 112 f.
92
Philip Erasmus
Josef Wenzel Emanuel
Franz Josef I.
geb. 19. 11. 1726
verm. 6. 7. 1750 mit
Maria Leopoldine
Gräfin Sternberg
(11. 12. 1733—17. 6. 1809)
gest. 18. 8. 1781
Karl Borromaus
geb. 29. 9. 1730
verm. 30. 3. 1761 mit
Eleonore Fürstin
Öttingen-Spielberg
(7.7. 1745—26. 11. 1812)
gest. 21. 2. 1789
Alois Josef 1.
geb. 14. 5. 1759
verm. 16. 11. 1783 mit
Karoline Gräfin
Manderscheid!
(13.11. 1768—11.6. 1831)
gest. 24. 3. 1805
Jobann Josef I.
geb. 27. 6. 1760
verm. 12. 4. 1792 mit
Josefa Landgräfin
v. Fürstenberg
(21.6. 1776—23.2. 1848)
gest. 20. 4.1836
Philipp
geb. 2. 7. 1762
gest. 18. 5. 1802
I Diese Linie erlischt 1908 I
führt das Haus fort
(siehe Tafel Seite 113)
93
Kaiser Franz I. 1760 den Titel «Durchlaucht» . 1 9 1 Verheiratet mit seiner
Cousine Anna (Tochter Anton Florians), verstarb er 1772 kinderlos. 1 9 2
2. Fürst Franz Joseph I. (1726 — 1781)
Der jüngere Bruder Wenzels, Emanuel, war 1723 in den Malteser-
orden eingetreten,1 9 3 wegen drohenden Aussterbens des Hauses aber
wieder ausgetreten, wie dies in einem solchen Falle die Erbsunion von
1606 ausdrücklich vorsah. 1726 heiratete er eine Dietrichstein, hatte mit
ihr 13 Kinder und wurde so zum Stammhalter des Hauses. 1 9 4
Seine zwei ältesten Söhne, Franz Joseph I. und Karl Borromäus
wurden die Begründer zweier neuer Linien; die Borromäische erlosch
1908, die Josephinische ist die heute noch regierende.
Fürst Franz Joseph I. galt früh als zukünftiger Regierer und genoss
eine entsprechende Erziehung und Vorbereitung, vor allem als ständiger
Begleiter seines regierenden Onkels, des Fürsten Joseph Wenzel , 1 9 5 dem
er auch auf dem italienischen Feldzug folgte.
A n die Regierung gelangte er am 10. Februar 1772. 10 Tage später
starb die letzte Tochter des Fürsten Hans Adam, Herzogin Maria The-
resia von Savoyen, wodurch er gestützt auf ihr Testament in den Besitz
ihrer bedeutenden Güter gelangte, vor allem des Komplexes Schwarz-
kosteletz. In Befolgung des Testamentes versuchte er, die geerbten Güter
mit dem Familienfideikommiss zu vereinigen, wozu er aber trotz eines
Gesuches von 1775 von der Kaiserin Maria Theresia keine Bewilligung
erhielt; die Güter behielten ihre allodiale Eigenschaft. 1 9" Franz Joseph
begründete die berühmte liechtensteinische Kupferstichsammlung. 1 9 7
191 von In der M a u r , J B L 1, 30 f. Ebenda Seite 31 in A n m e r k u n g 1 die Fest-
stellung, dass dieser f r ü h e r nur den K u r f ü r s t e n reservierte T i te l vom 17. Jahr-
hundert an auch anderen R e i c h s f ü r s t e n verliehen wurde; spä t e r war er das
« E h r e n p r ä d i k a t der S o u v e r ä n e der deutschen F ü r s t e n t h ü m e r sowie der Ange-
hör igen ihrer H ä u s e r » .
192 Fa lke III 228 e r w ä h n t ein Testament von 1769, w o r ü b e r aber nichts weiter
bekannt ist.
193 Seit Georg III. Bischof von Trient , also seit ü b e r 300 Jahren, hatte kein
Liechtensteiner mehr eine geistliche Lau fbahn ergr i f fen.
194 Fa lke III 232.
195 Fa lke III 240.
196 Fa lke III 241.
197 Fa lke III 242.
44
Er starb am 18. August 1781.
Sein Testament vom 27. Juni 1781 1 9 8 enthält folgende Bestimmun-
gen: Seinen ersten Sohn (und späteren Nachfolger) Alois Joseph setzt er
zum Universalerben ein und hinterlässt ihm das ganze Allodialvermögen;
allerdings belegt er die von Maria Theresia herrührenden Güter mit
einem Veräusserungsverbot . 1 3 9 Der zweite Sohn Johann Joseph soll
jährlich zum Unterhalt 18'541 Gulden erhalten; neben 150TJ00 Gulden
Kapital hinterlässt er ihm noch die Herrschaften Loosdorf und Hagen-
dorf, was alles im Falle seines Ablebens vor erreichter Mündigkeit auf
den jüngsten Sohn Philipp fallen soll. Dieser wird mit einem Kapital von
30CT000 Gulden abgefunden, welches im Todesfall auf die beiden älteren
Brüder fallen soll. Seine Töchter Leopoldine und Maria Antonia erhal-
ten ein jährliches Legat von je 2000 Gulden. Die jüngste, Maria Josepha
(Hermenegilde) soll bei ihrer Heirat neben dem (hausrechtlich vorge-
schriebenen) ordentlichen Heiratsgut noch mit 50'000 Gulden begabt
werden.
3. Fürst Alois Joseph I. (1759 — 1805)
Dieser Fürst regierte von 1781 — 1805. Wegen seiner Kränklich-
keit musste er eine begonnene Militärlaufbahn aufgeben. Trotzdem
reiste er viel und studierte und wandte das Erfahrene und Gelernte zur
«Veredelung der Viehzucht, für die Cultur des Bodens und die Hebung
der Industrie» (er gründete ein Eisenwerk im Ölmützer Kreis) an . 2 0 0
Er widmete sich auch der Kunst, vermehrte die berühmte Gemälde-
galerie und gründete die grosse Fideikommissbibliothek. 2 0 1 Krankheits-
bedingt starb er, erst 45jährig, am 24. 3. 1805 kinderlos.
Der jüngste Bruder, Fürst Philipp, ist vorliegend nicht weiter von
Bedeutung; er gelangte nicht an die Regierung und starb bereits 1802
unvermählt. —
In mehrfacher Beziehung weit wichtiger als seine anderen Brüder war
der mittlere, Fürst Johann Joseph I. E r führte nicht nur die heute allein
198 Fa lke III 242 f.
199 Dami t wurde wenigstens dem Sinne nach dem theresianischen Testament
entsprochen. Diese V e r f ü g u n g wurde in der Folge auch von den Nachfo lge rn
getroffen; vgl . Fa lke III 242, A n m e r k u n g 4.
200 Fa lke III 277/78.
201 Fa lke III 278/79.
95
noch bestehende Linie fort. Es gelang ihm auch, dank seiner militäri-
schen Begabung und seinem Verhandlungsgeschick, womit er sich die
besondere Achtung und Aufmerksamkeit Napoleons erwarb, das Für-
stentum und das Haus vor der Mediatisierung zu bewahren. Ihm hat
Liechtenstein die Souveränität zu verdanken. Sein Hauptwirken fällt in
die Zeit des Unterganges des Reiches und später, weshalb über ihn erst
im folgenden Abschnitt berichtet werden soll.
VI I . Z U S A M M E N F A S S U N G
Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts ist eine Befestigung der durch
den letzten männlichen Spross der alten Karlischen Hauptlinie, den
Fürsten Hans Adam, gefährdeten Primogeniturverfassung festzustellen.
Mi t seinem Testament von 1711 hatte er gegen Sinn und Zweck der
Erbeinigung von 1606 Verstössen. Mit dem Tauschvertrag von 1718
sowie den verschiedenen Vergleichen von 1718 und 1722 zwischen dem
Antonianischen und dem Philippinischen Stamm wurden die entspre-
chenden Korrekturen vorgenommen. Die Animosität zwischen Hans
Adam und Anton Florian hatte die Ordnung von 1606 nicht umzustürzen
vermocht; die Hausverfassung hatte sich im ganzen als wirksames In-
strument gegen Partikularinteressen erwiesen. Hausrechtlich liegt in der
ersten grossen Bewährung der Erbeinigung von 1606 die Bedeutung
dieses Zeitabschnittes, der im übrigen keine neuen hausrechtlichen Vor-
schriften brachte.
Die Entstehung des Reichsfürstentums Liechtenstein aus den Reichs-
herrschaften Vaduz und Schellenberg sowie die Zulassung des Hauses
zur Fürstenbank des Reichstages stellen die Krönung einer zielstrebigen
und jahrhundertelangen Hauspolitik dar. Wenigstens für das Gesamt-
haus hätte dieses Ziel ohne die Erbeinigungen von 1504 und 1606 kaum
erreicht werden können. —
Auch die nun folgende Epoche bringt nicht mehr viele neue Haus-
rechtsnormen; ausser der Ausdehnung der Erbfolge auf die Kognaten
bei Erlöschen des Mannesstammes im Hausgesetz von 1842 finden sich
nur noch einige eherechtliche Bestimmungen. Indessen brachte der U n -
tergang des Reiches im Verhältnis Hausrecht — Staatsrecht eine Zäsur,
indem das Hausrecht nun nicht mehr dem Land- und Lehenrecht gegen-
überstand, sondern dem Recht der Nachfolgestaaten bzw. deren Organi-
sationen (Rheinbund, Deutscher Bund).
96
C. Vom Untergang des Heiligen Römischen Reiches deut-
scher Nation und der Erlangung der Souveränität 1806
bis zur Einführung der Kognatenerbfolge durch das
Hausgesetz von 1842
I. Z U R S T A A T S R E C H T L I C H E N E N T W I C K L U N G L I E C H T E N -
STEINS I N D E R E R S T E N H Ä L F T E D E S 19. J A H R H U N D E R T S
1. Der Rheinbund (1806—1813)
a) Z u r a l l g e m e i n e n p o l i t i s c h e n L a g e
«Die gänzliche Umgestaltung Deutschlands in politischer und terri-
torialer Hinsicht war nicht eine Folge der neuen Ideen der Französi-
schen Revolution, welche die benachbarten Deutschen zunächst zwar
rasch begeisterten, aber kaum eine Nachahmung des französischen Vor-
bildes brachten. Der deutsche Partikularismus und die andersartige
wirtschaftliche und soziale Struktur des Reiches lieferten keinen frucht-
baren Boden für die westlichen Ideen, sondern entscheidend waren die
siegreichen Schlachten Napoleons und die von ihm, pochend auf seine
Erfolge und Macht, äusserst klug geführten Verhandlungen und sehr
günstigen Friedensverträge.» 2 0 2
Napoleon war am 18. Mai 1804 Kaiser der Franzosen geworden.
In verschiedenen — teils geheimen — Friedensverträgen nützte er einer-
seits die Begehrlichkeit der kleineren und mittleren Fürsten nach terri-
torialer Erweiterung aus. Andererseits fand er in der antikirchlichen
Haltung Kaiser Josephs IL , im sog. Josephinismus, indirekt eine Stütze
seiner Politik, nämlich die deutschen Fürsten für die Wegnahme links-
rheinischen Gebietes mit rechtsrheinischen geistlichen Territorien (über-
reichlich) zu entschädigen. Der Kaiser billigte dieses Prinzip der Säku-
larisation sogar selber, indem er im Frieden von Campo Formio 1797
sich bereit fand, für die Abtretung linksrheinischen Gebietes (Mainz)
sich mit rechtsrheinischem entschädigen zu lassen. 2 0 3
Ein bereits 1801 im Zusammenhang mit dem Frieden von Luneville
gebildeter Ausschuss (Deputation) des Reichstages fasste am 25. Febru-
ar 1803 den vom Kaiser am 27. Apr i l sanktionierten Reichsdeputations-
202 Rauh II 9/10.
203 Rauh II 10.
9 7
hauptschluss.2 0 4 Mi t diesem letzten grossen Akt der Reichsgesetzgebung
wurde «die territoriale Revolution von Reichs wegen beschlossen»
und durchgeführt , - 0 5 nämlich die Auflösung der geistlichen Staaten und
ihre Aufteilung an die durch linksrheinische Verluste geschädigten
Reichsstände; Württemberg erhielt dabei z . B . das Vier-, Baden sogar
das Sieben- bis Achtfache der abgetretenen Gebiete. 2 0 6
Den Todesstoss versetzte Napoleon dem morsch gewordenen Alten
Reich aber durch die Schaffung des sog. Rheinbundes. Unter seinem
Protektorat schlössen sich in der Rheinbundakte vom 12. Juli 1806
neben Bayern und Württemberg (die er schon vorher zu Königreichen
erhoben hatte) noch weitere süd- und südwestdeutsche Fürstentümer
zum Rheinbund zusammen und lösten sich vom Reich . 2 0 7
Hierauf legte Kaiser Franz II. am 6. August 1806 die Reichskrone
nieder, nahm die Würde eines Kaisers von Österreich an und entliess
alle Reichsangehörigen aus den Reichspflichten. Mit diesem Akt «war
der Reichsverband in aller Form aufgelöst erklärt, das Ende des Alten
Reiches besiegelt .» 2 0 8
b) F ü r s t J o h a n n J o s e p h I . u n d d i e E r l a n g u n g d e r
S o u v e r ä n i t ä t d u r c h d i e A u f n a h m e i n d e n
R h e i n b u n d
Das Schicksal Liechtensteins in der wirren Zeit vom Untergang des
Reiches bis zur Konsolidierung einer neuen Ordnung durch den Wiener
Kongress 1815 ist eng verbunden mit der Person des Fürsten Johann
Josephs I. (1760—1836). Für Fürst Johann I., wie er genannt wird,
finden die Historiker des Hauses höchstes L o b . 2 0 0 Wie viele Liechten-
steiner vor und nach ihm schlug er die militärische Laufbahn ein und
wurde schliesslich Feldmarschall. E r tat sich vorab in den Schlachten
204 Genau : « H a u p t s c h l u s s der ausserordentlichen Reichsdeputation vom 25. Feb-
ruar 1803», abgedruckt bei Wa lde r 14 f f .
205 Walder 3.
206 Rauh II, 11.
207 A r t i k e l 1: «Les etats et le prince de Lichtenstein seront
separes ä perpetuite du territoire de l 'Empi re Germanique et unis entr'eux
par une confederation particuliere sous le nom d'Etats confederes du R h i n » ;
gedruckt bei Walde r 68ff.
208 Walder 4.
209 V g l . Fa lke III 285 — 337; von In der M a u r , J B L 1, 31 f f .
98
gegen Napoleon hervor. In der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz vom
2. Dezember 1805 kommandierte er die Kavallerie und deckte den
Rückzug der Verbündeten; an den anschliessenden Friedensverhand-
lungen nahm er als Unterhändler teil und unterzeichnete Namens des
Kaisers den Frieden von Pressburg vom 26. Dezember 1805.
Im Jahre 1809 ermöglichte Johann durch die Einnahme von Regens-
burg Erzherzog Karl nach der Schlacht bei Eckmühl den Rückzug über
die Donau. E r zeichnete sich weiter aus in den Schlachten bei Aspern,
Wagram und Znaim, nach welcher ihm an Stelle des zurücktretenden
Erzherzogs Karl der Oberbefehl übertragen wurde. In dieser Eigenschaft
fiel ihm erneut die Aufgabe der Führung von Friedensverhandlungen
mit Napoleon zu. —
Die Aufnahme in den Rheinbund brachte auch Liechtenstein die
Souveränität , 2 1 0 wenn auch keinen Gebietszuwachs. Sie war ohne Zutun
Johanns erfolgt und stellte eine reine Auszeichnung durch Napoleon dar,
dessen Achtung sich der Fürst in den Schlachten und Friedensverhand-
lungen erworben hatte. 2 1 1 Als einziger Mitgliedstaat hat Liechtenstein
die Bundesakte nie unterzeichnet.2 1 2
Fürst Johann war nun in einen Zwiespalt geraten: Einerseits war er
seit dem 24. März 1805 Regierer seines Hauses und des Fürstentums,
durch den Rheinbund sogar Souverän eines Staates, der Napoleon
Truppen gegen Österreich zu stellen hatte; andererseits stand er als
General der Kavallerie in Österreichs Diensten/ 1 3 Artikel 7 der Rhein-
bundakte bot hier eine willkommene Lösung: bundfremde Dienste wur-
den zwar untersagt, doch konnten solche beibehalten werden, wenn die
210 N a c h vö lke r r ech t l i chen Gesichtspunkten waren Staatsgebiet, Staatsvolk und
Staatsgewalt gegeben, wenn auch die Staatsgewalt von Napoleons Gnaden
n a t u r g e m ä s s faktisch eine sehr b e s c h r ä n k t e war. Die einzelnen Souve rän i t ä t s -
rechte umschreibt A r t . 26 : «Les droits de souverainete sont ceux de legisla-
tion, de jur idic t ion supreme, de haute police, de conscript ion mil i taire ou de
recrutement et d ' i m p ö t » . Walde r 77.
211 Fa lke III 327; auch die hohenzollerischen Staaten entgingen der Mediat is ie-
rung u . a . wegen den pe r sön l i chen Beziehungen zur F a m i l i e Napoleons
( U l s h ö f e r , Z o l l e r n , 91).
212 Raton 24; Pöl i tz 381.
213 Raton 24. — A u f Liechtenstein f ie l ein Kontingent von 40 M a n n , die f ü r
Napo leon zu stellen waren (Falke III 327).
100
Regierung an einen Sohn abgetreten wurde, was Johann bewog, diese
unter Beibehaltung der Vormundschaft seinem noch unmündigen Sohn
Kar l formell abzutreten. 2 1 4
2. Der deutsche Bund (1815 —1866)
a) D i e A u f n a h m e L i e c h t e n s t e i n s
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig zerfiel der Rheinbund und
Fürst Johann konnte nun die Regierung seines Landes wieder selber
übernehmen. Er trat mit dem Fürstentum Liechtenstein dem am 8. Juni
1815 gegründeten Deutschen Bund be i . 2 1 5 Nach Art. IV der Deutschen
Bundesakte hatte Liechtenstein zusammen mit Hohenzollern, Reuss,
Schaumburg Lippe, Lippe und Waldeck eine Stimme in der (engeren)
Bundesversammlung: im Plenum hingegen verfügte es allein über eine
Stimme gemäss Art . V I . 2 1 6
Mit dem Deutschen Bund hatten die deutschen Staaten nach dem
Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft einen neuen Staaten-
bund geschaffen. Die Aufnahme Liechtensteins besiegelte dessen Souve-
ränität. Zweifellos war auch seine Stellung unabhängiger als zur Zeit
des Rheinbundes, obwohl es natürlich auch jetzt wieder ein Kontingent
an Bundestruppen zu stellen hatte. 2 1 7
b) D i e V e r f a s s u n g v o n 1 8 1 8
Artikel XIII der Bundesakte bestimmte: «In allen Bundesstaaten
wird eine Landständische Verfassung statt f i nden» . 2 1 8 Fürst Johann I.
kam dieser Vorschrift mit dem Erlass der Verfassung vom 9. November
1818 nach. 2 1 9 Diese sah eine Vertretung des Volkes in zwei Ständen,
Geistlichkeit und Landmannschaft (Adel und Städte gab es nicht) vor . 2 2 0
214 Fa lke III 327.
215 Fa lke III 327.
216 Die Deutsche Bundesakte ist abgedruckt bei N ä f 28 f f .
217 G e m ä s s A r t . X I . — 1815 stellte Liechtenstein sogar ein Kontingent von 100
M a n n den badischen Truppen (Raton 25).
218 N ä f 38.
219 Die Verfassung bestimmt selber die «in den K . K . ö s t e r r e i ch i schen Staaten
bestehende l a n d s t ä n d i s c h e Verfassung in ihrer Wesenheit z u m M u s t e r » .
220 V g l . zur Verfassung von 1818: Fa lke III 328 und Ra ton 27 f f , insbesondere
aber: Ospelt 23 f f und Quaderer 16 f f . Text abgedruckt in J B L 5 213 ff .
101
Die kurze Verfassung mit ihren 17 Artikeln schmälerte den fürst-
lichen Absolutismus in keiner Weise. Die Kompetenzen des Landtages
waren sehr begrenzt; Beschlüsse konnten nur rechtskräftig werden,
wenn «unsere hohe Einwilligung gewährt worden ist» (Artikel X V I I ) .
«Johann I. führte die landständische Verfassung nicht ein, weil seine
Autorität gegenüber den Untertanen gesunken wäre, sondern lediglich
um den Art . 13 der Bundesakte zu erfüllen. Die Rechte, die dem Volk
in dieser Verfassung zugestanden wurden, waren auch dementsprechend
ger ing». 2 2 1 Inhaber der Staatsgewalt blieb der Fürst. Es war eine oktroy-
ierte Verfassung, an welcher der Volkswille gänzlich unbeteiligt war.
Es versteht sich von selbst, dass eine solche Verfassung dem Recht des
fürstlichen Hauses auf eine autonome Hausgesetzgebung keinen A b -
bruch tun konnte.
Positiver für die Rechtsentwicklung war, dass Johann I. 1809 das
Grundbuch und eine Konkursordnung, 1812 das österreichische Allge-
meine Bürgerliche Gesetzbuch ( A B G B ) (mit gewissen Einschränkungen),
die dazu gehörige Gerichtsordnung und das österreichische Strafgesetz
e in führ te . 2 2 2
II. D I E H A U S R E C H T L I C H E E N T W I C K L U N G
1. Zum Verhältnis Hausrecht — staatliches Recht
Das unter dem Alten Reich, gestützt auf die autonome Satzungs-
gewalt, durch die hochadligen Häuser geschaffene Hausrecht ging mit
dem Reich nicht unter, da es mit der Reichsverfassung nicht zusammen-
hing. 2 2 3 Auch die Rheinbundakte beseitigte weder die alten Haus-
gesetze224 noch tastete sie die Befugnis an, neue zu schaffen.
Durch den Wegfall der Reichsgewalt waren die neuen Souveräne in
die Stellung europäischer Monarchen aufgestiegen. Für die nicht regie-
renden Mitglieder ihrer Häuser war damit allerdings eine Minderung
ihrer Stellung verbunden: zur Zeit des Reiches waren sie selber reichs-
unmittelbar gewesen, jetzt nur noch Untertanen ihres regierenden Fa-
milienoberhauptes, das sie, dem napoleonisch-despotischen Zeitgeist
221 Quaderer 17/18.
222 Ospelt 21 f.
223 Schulze F ü r s t e n r e c h t 1358.
224 He f f t e r 41.
102
entsprechend, oft willkürlich seiner Gewalt unterwarf. 2 2 5 Als absolute
Herrscher waren sie nicht nur im staatlichen Bereich Inhaber der
Gesetzgebungsgewalt, sondern auch im Bereiche ihres Hauses. Sie
konnten nunmehr Hausgesetze erlassen ohne sich um eine agnatische
Zustimmung zu kümmern. Da das neue Staatsgebiet zudem im
wesentlichen mit dem bisherigen Hauptbesitz zusammenfiel, entfiel
eines der bisherigen Hauptmotive der Hausgesetzgebung für viele
Häuser: die Verhinderung einer Zersplitterung des Hausbesitzes, Kon-
zentrierung der Mittel im Interesse einer stärkeren Machtstellung des
Gesamthauses innerhalb des Reichsverbandes. Da jetzt der Souverän
bestrebt war, seine persönliche (staatsrechtliche) Position gerade gegen
die Ansprüche seiner eigenen Familie zu betonen, war er an einer Tren-
nung des bisher einheitlich betrachteten Hausrechtes in einen «staatli-
chen» Teil (Thronfolge, Regentschaft etc.) und einen «privaten» Teil
interessiert. Diese Entwicklungstendenz sollte später in zahlreichen kon-
stitutionellen Verfassungen ihren Niederschlag finden, die jene Bereiche
der Hausgesetzgebung entzogen.
Für das Haus Liechtenstein sahen die Verhältnisse freilich etwas
anders aus. Sein Hauptbesitz 2 2" befand sich ausserhalb seines Staatsge-
bietes in Österreich. Das kleine und arme Liechtenstein bot keine
Grundlage für einen monarchischen Absolutismus im Stile der Zeit, ja
nicht einmal für den Unterhalt des regierenden Fürsten selber. Hieraus
erklärt sich das zu dieser Zeit immer noch bestehende Desinteresse der
Fürsten an ihrem Lande. 2 2 7
Die Frage nach dem Verhältnis des Hausrechtes zum staatlichen
Recht des Fürstentums Liechtenstein stellte sich zu dieser Zeit über-
haupt nicht. Die Verfassung von 1818 hatte keinerlei diesbezügliche
225 Schulze F ü r s t e n r e c h t 1359.
226 Stekl 13 f ü h r t um 1848 an Besitz gegen 2'000 k m 2 an, n ä m l i c h : in M ä h r e n
(Aussee, Butschowitz, Eisenberg, Eisgrub, Goldenstein, Hohenstadt, Klos ter
Hradisch , Kar lsberg, Ungarisch-Ostra , Blumenau, Posori tz , Sternberg, M ä h -
r i s c h - T r ü b a u ) ca. 1110 k m 2 , in B ö h m e n (Aurzinowes mit Skworetz, Kaun i t z ,
Landskron , Rad im , Rattay, Rumburg und Schwarzkosteletz) ca. 350 k m 2 ,
in N i e d e r ö s t e r r e i c h (Feldsberg, Josefsdorf, Judenau, Liechtenstein, Rabens-
burg, Schottwien und Wi l f e r sdor f ) 210 k m 2 , W i e n (Lichtental), Ungarn (Acs),
Schlesien (Herzogtum J ä g e r n d o r f - T r o p p a u ) 90 k m 2 , F ü r s t e n t u m Liechtenstein
knapp 160 k m 2 !
227 F ü r s t A l o i s II. besuchte erst 1842 als erster V a d u z (Raton 20).
103
Bestimmungen getroffen. Thronfolge und Regentschaft sowie Volljährig-
keit bestimmten sich nach der Primogeniturverfassung von 1606. Dem
Landtag war diesbezüglich kein Mitspracherecht eingeräumt worden, so
dass auch eine Revision der entsprechenden hausrechtlichen Bestim-
mungen allein nach Hausrecht erfolgen konnte, d.h. durch eine Zustim-
mung sämtlicher Agnaten. Das Hausgesetz von 1842 hat denn auch, wie
noch zu zeigen sein wird, auf diesem Wege eine Ausdehnung des Thron-
folgerechtes auf die Kognaten gebracht.
Im Vordergrund des Interesses steht vielmehr die Frage der Gültig-
keit der alten Hausgesetze im Nachfolgestaat Österreich. Als Rechts-
nachfolger des Alten Reiches hatte dieser Staat die Gültigkeit solcher
Bestimmungen von in seinem Gebiet begüterten ehemaligen Reichs-
ständen nicht aufgehoben. Die Deutsche Bundesakte brachte dann mit
Artikel X I V sogar die ausdrückliche Bestätigung der (hausrechtlichen)
Autonomie, welche Bestimmung nicht nur für die mediatisierten, son-
dern sinngemäss auch für die souverän gewordenen Familien Gültigkeit
besass.2 2 8
2. Das Testament des Fürsten Johann I. von 1832
In seiner zweiten Lebenshälfte, der «Friedenszeit», war Johann I.
«einerseits Landwirth und Verwalter im grossen Stil geworden, anderer-
seits liebte und förderte er Kunst und Wissenschaften». 2 2 9 Unter den
zahlreichen Erwerbungen nach Antritt der Regierung 1805 ragt der
1807 erfolgte Rückkauf des ursprünglichen Stammsitzes Liechtenstein
bei Mödling hervor. 2 3 0 —
Sein Testament vom 21. Februar 1832 war das erste eines regieren-
den Fürsten seit Untergang des Reiches. Nach diesem Testament wird
228 Schulze F ü r s t e n r e c h t 1360. —
D e r massgebende Passus im umfangreichen A r t . X I V (wo an und f ü r sich
eigentlich nur von den Mediatisierten die Rede ist) lautet:
« . . . . 2. werden nach den G r u n d s ä t z e n der f r ü h e r e n deutschen Verfassung
die noch bestehenden Fami l i en V e r t r ä g e aufrecht erhalten, und ihnen (den
Mediatisierten, d. V . ) die Befugniss zugesichert ü b e r ihre G ü t e r und F a m i -
l i en-Verhä l tn i s se verbindliche V e r f ü g u n g e n zu treffen, welche jedoch dem
Souverain vorgelegt und bey den h ö c h s t e n Landesstellen zur allgemeinen
Kenntnis und Nachachtung gebracht werden müssen .» V g l . N ä f 39.
229 Fa lke III 328.
230 Fa lke 333 ff . die zahlreichen Erwerbungen im Einzelnen.
104
sein ältester Sohn und Nachfolger Alois Joseph II. Universalerbe: es soll
ihm «alles dasjenige Verlassenschaftsvermögen zufallen, worüber Wir in
diesem Testamente nicht besonders verfügt haben», insbesondere die
erkauften ungarischen Herrschaften Acs, Czatka und Pernau. Für diese
ungarischen Herrschaften soll Alois Joseph beim Kaiser von Österreich
in seiner Eigenschaft als König von Ungarn die Erlaubnis erwirken, aus
ihnen ein Fideikommis zu bilden und sie derart mit der Primogenitur
des Hauses zu vereinigen. Das übrige auf den Primogenitus fallende
Allodialvermögen behält zwar rechtlich seine allodiale Eigenschaft,
doch soll er dafür besorgt sein, dass es auch in Zukunft jeweils in der
Person des Primogenitus mit dem Hauptfideikommiss faktisch vereinigt
bleibe. Der Wille des Testators geht dahin, «dass Unser Universalerbe
in Unserem Allodialvermögen stets derjenige sein soll, welcher secun-
dum ordinem primogeniturae nach der bestehenden Erbeinigung, und
den Fideikommissinstituten zufolge, Regierer Unseres fürstlichen Hauses
sein wird». Mit dieser Bestimmung wird die fortdauernde Gültigkeit der
«bestehenden Erbeinigung» (= jene von 1606) eindeutig dokumentiert,
ebenso das Fortbestehen der Fideikomisse.
Mit dem grössten Teil der erworbenen Allodialherrschaften werden
jedoch für die drei weiteren Söhne und ihre Linien drei Fideikommisse
(Majorate) gegründet: für Franz Joachim (Stammhalter der gegenwärtig
regierenden Linie) verschiedene Herrschaften in Untersteiermark (Neu-
landsberg, Frauental, Feilhofen, Harrachegg, Schwamberg, Limberg,
Hohenegg, Kirchberg, Kornberg und Riegersburg); für Karl Johann
Neulengbach und Totzenbach in Niederösterreich; an Friedrich Rosegg
mit Rosenbach und Truttendorf in Kärnten, Liechtenstein 2 3 1 und Weyer
«mit den Gülten Heiligen Geist» und Riegersdorf in Obersteiermark und
das Haus in Klagenfurt. Der Anteil Friedrichs sollte sobald als möglich
mit weiteren Gütern im Wert von ca. 174'000 Gulden ergänzt werden.
Karl und Friedrich sollten ausserdem noch freieigentümlich je ein
Kapital von lOO'OOO Gulden erhalten. Jedes der drei Fideikommisse ist
231 1814 hatte Johann I. auch den Stammsitz des steirischen Hauses erworben:
« W i e d e r u m war es die F ü r s o r g e um den N a m e n und die Geschichte des
Hauses, welche den K a u f eines anderen Liechtenstein veranlasste, jenes
Liechtenstein in Obersteiermark, welches dem steirischen Hause Liechten-
stein den N a m e n gegeben ha t» (Falke III 334). — Liechtenstein bei M ö d l i n g
blieb dem Universalerben (Falke III 335).
105
nach den Regeln der Primogenitur vererbbar in der jeweiligen Linie.
Sollte die landesfürstliche Genehmigung für die Fideikommissierung
dieser Güter nicht erfolgen, so dürfen die Söhne darüber nur zugunsten
ihrer allfälligen ehelichen männlichen Nachkommen frei verfügen. Feh-
len solche Nachkommen, fallen die Güter an den nächsten Bruder bzw.
dessen eheliche Agnaten. Sollte einer dieser drei Söhne wider diese A n -
ordnungen «Einsprüche machen, so soll derselbe des obigen Vermächt-
nisses verlustig sein und dasselbe soll Unserem Universalerben zufallen,
der ihm dagegen bloss den strengen Pflichtteil auszubezahlen hat».
Die drei jüngsten Söhne Eduard, August und Rudolph erhalten
neben einem Kapital von je 150'000 Gulden jährliche Apanagen von
je 4'500 Gulden.
Sollte die Primogenitur an einen jüngeren Bruder fallen, muss dieser
sein Fideikommiss an den nächstjüngeren Bruder, dieser sein bisheriges
ebenfalls an den nächsten u. s. f. weitergeben, da keiner mehr als ein
Fideikommiss innehaben soll. Wenn ein Fideikommiss auf diesem Wege
an einen Apanagierten fällt, verliert dieser die Apanage zugunsten des
Primogenitus.
Der jeweilige Regierer ist Vormund seiner minderjährigen Ge-
schwister.
Das Testament schliesst mit der Weisung an alle betroffenen Behör-
den, es zu handhaben und es soll in «allen Provinzen, wo Wir Besitzun-
gen haben, zur Intabulation angenommen werden».
Als erbetene Zeugen unterfertigen: Friedrich Xaver Prinz zu Hohen-
zollern, Rudolf Fürst zu Colloredo-Mansfeld, Heinrich Gundacker Graf
von Würmbrand, Johann Graf Klebelsberg und Eugen Graf Wrbna.
3. Der Familienvertrag von 1842
Fürst Johann I. war am 20. Apr i l 1836 gestorben, worauf sein älte-
ster Sohn Alois (Joseph) II. (1796—1858) die Regierung übernahm.
Unter Fürst Alois IL , der sich erheblich mehr als seine Vorgänger
um das Fürstentum kümmerte und es auch als erster besuchte, trat
Liechtenstein 1852 dem österreichischen Zollverband be i . 2 3 2
Der Familienvertrag, «gegeben in Unserer Landvogtei zu Vaduz am
1. August 1842», kam «in Übereinstimmung mit Unseren Durchlauch-
232 v. In der M a u r , J B L 1, 34.
106
tigsten Herren Brüdern und Agnaten unter Vorausschickung aller histo-
rischen und rechtlichen Motive» zustande. Tatsächlich unterzeichneten
in der Folge in den Jahren 1843 und 1844 sämtliche volljährigen Agna-
ten, ausser Alois II. und seinen 6 Brüdern noch der einzige der Borro-
mäischen Linie, Fürst Karl Franz, die Urkunde.
Der Vertrag bezweckt «über die Verhältnisse Unseres souveränen
Fürstentums eine bleibende Bestimmung festzusetzen».
Die Introductio setzt sich vor allem mit dem Schicksal der seinerzeit
dem Schwäbischen Reichskreis geliehenen 250'000 Gulden auseinander
und stellt fest, dass mit dem Tauschvertrag vom 12. März 1718 die
«Reichsgrafschaften samt Kapital sowie die Reichsfürsten-Qualität,
dann Sitz und Stimme bei Reichs- und Kreistagen auf den jeweiligen
Regierer Unseres Fürstlichen Hauses nach der in der ursprünglichen
Erbsunion de anno 1606 über das Majorat-Fideikommiss festgesetzten
Primogenitur-Erbfolge» übertragen worden sind.
Von den 250'000 Gulden seien vom Schwäbischen Kreis 1737
75'000 Gulden (intabuliert 1754 auf die liechtensteinischen Allodial-
herrschaften Aussee, Sternberg und Karlsberg), nach Untergang des
Reiches durch Konvention von 1809 mit den Nachfolgestaaten Bayern,
Hohenzollern (Hechingen und Sigmaringen) und Leyn nochmals
92'000 Gulden Reichswährung (resp. 77'000 Gulden neuer Währung)
zurückbezahlt worden. Diese Rückzahlungen stellten die «dermalige
Dotation des Fürstentums» dar, die «mit demselben dem monarchischen
Prinzip und den Institutionen Unseres Hauses gemäss an den berufenen
jeweiligen Regierer und souveränen Chef desselben zum Fruchtgenusse
oder zur sonstigen den weiter unten folgenden Bestimmungen gemässen
Verwendung übergeht».
In der rechtsetzenden Dispositio der Urkunde wird «in Ausübung
Unserer Souveränitätsrechte, in Beachtung der bei Unserem Fürstlichen
Hause bestehenden Familienstatute und in Ubereinstimmung mit Unse-
ren Fürstlichen Herrn Brüdern und Agnaten» folgendes bestimmt.
a) D i e T h r o n f o l g e o r d n u n g ( o r d o s u c c e n d i )
aa) D i e a g n a t i s c h e
Besitz und Regierung des Fürstentums (inkl. dem zurückbezahlten
schwäbischen Kapital von 152'000 Gulden bzw. allfälliger Surrogate
desselben) verbleiben bei dem nach den Familienstatuten berufenen
107
Regierer des Hauses nach Ordnung der Linealprimogenitur. Konkret
bedeutet dies, dass der Thron zuerst in der Linie Alois ' II. bis zu deren
völligem Absterben im Mannesstamm verbleibt, dann auf die Linien
der jüngeren Brüder in der Reihenfolge ihres Alters, zuletzt auf die
Borromäische Linie übergehen soll; innerhalb der Linien ist der jeweils
Erstgeborene der unmittelbar Nachfolgeberechtigte. Dies ist genau die
Sukzessionsordnung von 1606; im Grunde eine modifizierte Form des
sogenannten salischen Erbrechts. 2 3 3
bb) D i e k o g n a t i s c h e
Zu der in den Abschnitten I — III der Urkunde geregelten männli-
chen Thronfolge tritt nun neu im Abschnitt I X die Einführung der
weiblichen Thronfolge. Von einer Gleichberechtigung mit den Agnaten
kann jedoch keine Rede sein. Das Prinzip der reinen Agnatenerbfolge
wird nicht berührt. Erst nach dem völligen Abgang des Mannesstammes
soll der «Besitz und die Souveränität des Fürstentums auf die Frauen
des Liechtenstein'schen Stammes» übergehen und von diesen «auf deren
allenfällige männliche Erben, wenn sie altadeligen Geschlechtes sind,
alles unter Aufrechterhaltung der übrigen Bestimmungen dieses Statuts
und der Erbs-Union von 1606».
Subsidiäre Kognatenthronfolge war in den deutschen Staaten eine
Ausnahme. 2 3 4
Erlaubt das System der Linealprimogenitur unter allen Anwart-
schaftsberechtigten den individuell Berechtigten unzweifelhaft zu be-
stimmen, so trifft dies beim Übergang der Nachfolge auf die Kognaten
nicht mehr ohne weiteres zu, da die wenigsten Hausgesetze klar bestim-
men, welche unter den Töchtern des Hauses nachfolgen soll. Oft fehlt
sogar ein Anhaltspunkt, ob überhaupt der Thron einer Tochter des
Hauses (= agnatische Kognatin) anfallen soll, oder unmittelbar an die
männliche Deszendenz einer solchen ( = kognatische Agnaten) über-
gehen kann. Ist Letzteres möglich, so können auch die männlichen
Erben einer bereits verstorbenen Kognatin (= sog. Regredienterben) A n -
233 Steger 45.
234 Rehm 143 nennt Bayern, Sachsen, W ü r t t e m b e r g , Baden, Hessen, Mein ingen ,
Waldeck, Scbaumburg-Lippe, beide Schwarzburg und Lippe . Dass Liechten-
stein nicht genannt wi rd , d ü r f t e auf das Fehlen wissenschaftl icher Pub l ika -
tionen ü b e r das liechtensteinische Hausrecht z u r ü c k z u f ü h r e n sein.
108
Sprüche erheben. Nach dem reinen Linealprimogeniturprinzip wäre dann
Regredientlinie die Linie der ersten Kognatin, die, wären keine Agnaten
nach dem ersten Erwerber vorhanden gewesen, den Thron geerbt
hätte. Innerhalb der so ermittelten Linie wäre unter den männlichen
Nachkommen der individuell Berechtigte dann ebenfalls wieder nach
dem System der Linealprimogenitur zu bestimmen. 2 3 5 Allein, wo sie
nicht ausdrücklich vorgesehen ist, steht der Regredienterfolge die neuere
Lehre entgegen.23" Massgebend ist daher die Nähe der Verwandtschaft
zum letzten Throninhaber, nach der die sog. Erbtochter bestimmt wird.
M . a. W.: Die Linie der Erbtochter geht der Regredientlinie vor . 2 3 7
Nach diesem und der Formulierung der massgeblichen Bestimmung,
wonach der Ubergang zuerst auf die Frauen und erst danach auf deren
allfällige männliche Nachkommen stattfinden solle, kann das Prinzip
der Regredienterbschaft für Liechtenstein ausgeschlossen werden. Da-
mit ist aber noch nicht bestimmt, ob die Erbtochter nach dem Lineal-
oder dem Gradualsystem zu ermitteln ist. Die Lösung liegt im Lineal-
Gradualsystem, d.h. zuerst ist die Nähe der Linie zum letzten Agnaten
massgebend, innerhalb der Linie die Nähe des Grades, 2 3 8 innerhalb des
gleichen Grades das Alter. Damit hat die älteste Tochter des letzten
Throninhabers den Vorzug vor allen anderen Töchern des Hauses. 2 3 9
Ist der Übergang auf die Erbtochter vollzogen, so erbt anschliessend
deren eheliche männliche Deszendenz, sofern diese die übrigen Voraus-
setzungen für die Thronfolge erfüllt. Die kognatische Sukzession ver-
wandelt sich so wieder in eine agnatische.2 4 0
Fehlt es überhaupt an Erbtöchtern, so gilt das Haus als völlig erlo-
235 R e h m 397.
236 Schulze F ü r s t e n r e c h t 1371.
237 Rehm 397. — Schulze 1371 e r w ä h n t in A n m e r k u n g 1 die « l ebha f t e s t e K o n t r o -
verse» in dieser Streitfrage: Be im E r l ö s c h e n des habsburgischen Manns-
stammes bestritt K u r f ü r s t K a r l Albrecht von Bayern die Rechte M a r i a The-
resias nicht wegen seiner Gat t in (einer Tochter Kaiser Josephs I.) sondern
wegen seiner Urururgrossmutter vä te r l i cherse i t s , einer Tochter Kaiser Fe rd i -
nands I.
238 Rehm 397.
239 Schulze 1371.
240 Schulze 1371.
109
sehen und der Thron als erledigt, da weder Erbverbrüderungen bestehen
noch anderweitig eine Regentschaft für diesen Fall vorgesehen ist . 2 4 1
b) E r w e r b u n d V e r l u s t d e r T h r o n f o l g e f ä h i g k e i t
( i u s s u c c e d e n d i )
Die Voraussetzungen für den Erwerb der Thronfolgefähigkeit richten
sich nach der Erbsunion von 1606 und den entsprechenden Ergänzun-
gen durch das Testament des Fürsten Hartmann von 1672. Die mass-
geblichen Stellen beider Urkunden sind als beglaubigte Auszüge Be-
standteile des vorliegenden Familiengesetzes.
Die Sukzessionsfähigkeit erwirbt jeder in einer gültigen Ehe gezeugte
und geborene («in einem rechten Ehebett erzeugt . . . simul legitimi et
naturales in legitimo matrimonio nati»; vgl. Erbeinigung 1606) Agnat.
Unfähig sind die Legitimierten, gleichgültig, ob die Legitimation durch
Pfalzgrafen (per Palatinos Comites), durch den Kaiser (per rescriptum
summi Principis) oder durch nachfolgende Ehe (per subsequens matri-
monium) erfolgt sei, sowie die Adoptierten. Auch die geistig Unfähigen
(Blödsinnigen) bleiben von der Nachfolge ausgeschlossen.
Der Verlust der Nachfolgefähigkeit kann aus drei Gründen eintreten.
Erstens mit dem Eintritt in den kirchlichen Dienst, wobei hier die Be-
sonderheit besteht, dass beim Abgang der weltlichen Agnaten und L a i -
sierung durch den Papst die Nachfolgefähigkeit wieder hergestellt wird.
Zweitens durch eine nicht standesgemässe Ehe und drittens durch eine
Eheschliessung ohne Einwilligung des Regierers und der anderen Agna-
ten. Die Eingehung einer nicht standesgemässen Ehe ist allerdings nur
ein Sonderfall der Eheschliessung ohne Agnatenkonsens. Denn zweifel-
los kann durch einen Agnatenbeschluss auch eine solche Ehe in eine
standesgemässe verwandelt werden. Beim Fehlen einer Einwilligung des
Regierers und der Agnaten liegt im Sinn des Hausrechtes überhaupt
keine gültige Ehe vor, weshalb Nachkommen aus solchen Ehen weder
Nachfolgefähigkeit noch überhaupt Mitgliedschaft im fürstlichen Hause
erwerben können.
Die Bestimmung über Erwerb und Verlust der Thronfolgefähigkeit
sind sinngemäss auch auf die Erbtöchter und deren agnatische Deszen-
denz anwendbar.
241 W i e z. B . in Bayern, wo die Kronbeamten in einer bestimmten Reihenfolge
zur Regentschaft berufen waren (Rehm 31 f.).
110
c) Ü b r i g e B e s t i m m u n g e n
Die übrigen Bestimmungen des Familienvertrages betreffen vorab
die Verwendung der 152'000 Gulden. Diese sollen, wenn irgend mög-
lich, zur Vergrösserung des Gebietes des Fürstentums verwendet
werden.
Die Ziffern V I und VII enthalten sodann die grundlegende Bestim-
mung, dass die volle Integrität des Fürstentums (zusammen mit allfälli-
gen Vergrösserungen) immer zu bewahren ist. Damit wird der alte
(fideikommissarische) Grundsatz der Unteilbarkeit auf den neuen sou-
veränen Staat Liechtenstein übertragen. —
Der Familienvertrag von 1842 bezweckte zweierlei. Einmal sollte
grundsätzlich die fortdauernde Gültigkeit der bisherigen «Familien-
statute», also insbesondere der Erbeinigung von 1606 und des Testa-
mentes Hartmanns von 1672, bestätigt werden, womit die bisherigen
Fideikommisse und die agnatische Primogeniturerbfolge aufrechterhal-
ten wurden. Zum zweiten sollte für den souveränen Staat Liechtenstein
eine Erbfolgeordnung eingeführt werden, die von der bisherigen wegen
des Einbezuges der Kognaten abwich. Auch musste, da Liechtenstein als
souveräner Staat kein Fideikommiss mehr sein konnte, die Unteilbar-
keit neu bestimmt werden.
Der erste Zweck konnte aber nach Auflösung des Deutschen Bundes
nur mit Sicherheit erreicht werden, wenn Österreich, wo die übrigen
Familienbesitzungen lagen, den Familienvertrag anerkannte, da die
«Familienfideikommisse und die damit verbundenen Beschränkungen
des Erbrechtes nach der damaligen österreichischen Verfassung nur
Gültigkeit hatten, wenn sie von beiden Häusern des Parlamentes geneh-
migt und als Gesetz kundgemacht wurden» . 2 4 2 Die entsprechende Ge-
nehmigung erfolgte durch Gesetz vom 12. Januar 1893, womit der
Familienvertrag und damit sinngemäss auch die früheren Hausgesetze
von «den Gerichten für giltig und verbindlich zu achten» waren. 2 , 1 3
242 K l e i n w ä c h t e r , A n m e r k u n g 16, S. 367.
243 Reichsgesetzblatt 14.
111
D. D I E H A U S R E C H T L I C H E E N T W I C K L U N G
N A C H 1 8 4 2
I. G E N E A L O G I E D E R S O U V E R Ä N E N F Ü R S T E N
Johann Josef I.
geb. 27. 6. 1760
verm. 12.4. 1792 mit
Josefa Landgräfin
v. Fürstenberg
gest. 20. 4. 1836
reg. 1805—1836
Alois Joseph II.
geb. 25. 5. 1796
verm. 8. 8. 1831 mit
Franziska Gräfin Kinsky
gest. 12.11. 1858
reg. 1836—1858
Johannes II.
geb. 5. 10. 1840
gest. 11.2.1929
reg. 1858—1929
Franz I. de Paula
geb. 28. 8. 1853
verm. 22. 7. 1929 mit
Elsa v. Gutmann
gest. 25. 7. 1938
reg. 1929—1938
Franz Joachim
geb. 25. 2. 1802
verm. 3. 6.1841 mit
Julie Gräfin Potocka
gest. 31. 3. 1887
Alfred Alois
geb. 11. 6. 1842
verm. 26. 4. 1865 mit
Henriette Prinzessin
v. Liechtenstein
gest. 8.10. 1907
Alois I
geb. 17. 7. 1869
verm. 20. 4. 1903 mit
Elisabeth Erzherzogin
v. Österreich
gest. 16. 3. 1955
verzichtete am 26. 2.1923
zugunsten seinesältesten
Sohnes
Franz Josef II.
geb. 16. 8. 1906
verm. 7. 3. 1943 mit
Georgine Gräfin Wilczek
reg. seit 1938
Johann Adam
geb. 14. 2. 1945
Erbprinz
112
II. Z U M V E R H Ä L T N I S H A U S R E C H T — S T A A T S R E C H T
N A C H 1842
Die Revolution von 1848 brachte «die Voraussetzungen für den
endgültigen Übergang vom Absolutismus zum Konsti tutionalismus». 2 4 4
War Liechtenstein bis dahin noch mit einer «Scheinverfassung . . . im
Stile des Spätabsolut ismus» 2 4 5 regiert worden, trat nun unter der Regie-
rung Johanns I I . 2 4 6 die grundlegende Wende ein, die den staatsrechtlich
wichtigsten Ausdruck in der konstitutionellen Verfassung vom 26. Sep-
tember 1862 2 4 7 fand, womit die «Spannung zwischen Monarchie und
Volkssouveränität . . . eine zeitgerechte Lösung» 2 ' 1 8 erreichte.
Diese Verfassung von 1862 entzog in § 1 die Verfügungsmacht
über das Gebiet des Fürstentums der Hausgesetzgebung, indem sie die
Landschaften Vaduz und Schellenberg als ein unteilbares und unver-
äusserliches Ganzes garantierte.2 4 9 In dieser Bestimmung lag etwas
Revolutionäres: sie konkretisierte den Wechsel von der absolutistisch-
patrimonialen Staatsauffasung zur konstitutionellen. Der Staat hörte
auf sich im Fürsten zu verkörpern, emanzipierte sich von seinem
«Souverän», seinem «souveränen Haus», wurde selber souverän, vom
regierenden Monarchen und seinem Haus unabhängig, wurde ein «Staat
der Staatspersönlichkeit», 2"' 0 eine Gebietskörperschaft, der Monarch ein
244 G e i g e r l l .
245 Geiger 24.
246 E r regierte 1858— 1929, also ü b e r 70 Jahre, die längs te Regierungszeit in der
Geschichte des Hauses. N a c h Raton 31 verdiente er es, Johann der Gu te
genannt zu werden.
247 V g l . zu dieser Verfassung: Geiger 286 — 333, Steger 34 — 37, Raton 39 — 45,
Pappermann 33 — 35. D e r Text findet sich in : « S o n d e r a u s g a b e der wicht i -
geren Gesetze und Verordnungen des F ü r s t e n t u m s L iech tens te in» I. T e i l ,
doch ist zu beachten, dass es sich dabei um eine durch verschiedene Gesetze
a b g e ä n d e r t e Fassung handelt; vgl . hierzu Geiger 287, A n m . 2.
248 Geiger 287.
249 § 1 lautet: « D a s F ü r s t e n t u m Liechtenstein bildet in der Vereinigung seiner
beiden Landschaften V a d u z und Schellenberg ein untheilbares und unver-
äusse r l i ches Ganzes und als solches ein Bestandteil des deutschen Bundes .»
250 R e h m 25.
113
Organ des Staates.-'51 Die Gebietsgarantie des Familienvertrages von
1842 wurde damit gegenstandslos. Die Bestimmungen über die Ver-
erbung von «Besitz und Souveränität» waren nur noch anwendbar für
den Übergang der Organstellung, des Thrones, der Regierung. Alle dies-
bezüglichen Regelungen blieben nach § 3 der Verfassung ausdrücklich
der Hausgesetzgebung vorbehalten.25-' Das Hausrecht blieb damit neben
der Verfassung eigene Rechtsquelle.2'5 3 § 3 hat nur deklaratorische Be-
deutung: E r begründet nicht das Recht der autonomischen Satzung,
ebensowenig das Recht am Thron. Diese Rechte werden lediglich be-
schränkt: ausgeschlossen wird das Recht, Erbverbrüderungen zu verein-
baren, da die Regierung nur im Hause Liechtenstein erblich sein soll.
Die kognatische Erbfolge wird aber nicht aufgehoben, da die Erbtöchter
Mitglieder des Hauses sind und ihre Abkömmlinge ohne weiteres die
Mitgliedschaft im Stammhause erwerben."5 4 Soweit der Landesfürst mit
dem Erlass dieser Verfassung nicht auf das Recht der Hausgesetzgebung
verzichtet hat, bleibt es erhalten und es bedarf für eine Revision der
Hausgesetze sicherlich keiner Mitwirkung anderer Staatsorgane. Im
Rahmen der Verfassung können somit Thronfolge, Erwerb und Verlust
des Thronfolgerechtes, Regentschaft, Mündigkeitstermin usw. durch
agnatischen Konsens, wie dies seit jeher im Hause rechtens war, neu
geregelt werden.
E in Weiteres scheint diese Auffassung zu stützen. Der erste Haus-
vertrag nach Einführung der neuen Verfassung, derjenige von 1893, der
weiter unten erläutert werden soll, regelt mit Berufung auf die «dem
regierenden Fürstenhause Liechtenstein zustehende Familienautonomie»
gewisse Fragen über Eheschliessungen. Diese Fragen interessieren aber
nicht nur die fürstliche Familie, da sie für den Staat bedeutsame Aus-
wirkungen haben können, indem sie Bestimmungen über den Erwerb
251 Steger 49.
252 § 3 lautet: «Die Regierung ist erbl ich im F ü r s t e n h a u s e Liechtenstein nach
Massgabe der Hausgesetze. A u c h wi rd nach letzteren die Vo l l j äh r igke i t des
L a n d e s f ü r s t e n und des Erbpr inzen , so wie die Vormundschaf t vorkommen-
den Fa l l s geordne t .»
253 Rehm 24, 40 f f .
254 Rehm 146.
114
und Verlust des Thronfolgerechtes enthalten. Ob nämlich z . B . eine
ganze Linie zur Nachfolge gelangt oder nicht, je nach dem, wie streng
die Ebenbürtigkeitsvorschriften sind, muss den Staat ebenso interessie-
ren und ist in diesem Sinne ebenso Staatsangelegenheit, wie wenn an-
stelle der Primogeniturerbfolge beispielsweise das Seniorat oder Juniorat
eingeführt oder die Kognatensukzession abgeschafft würde. Denn unter
«erblich . . . nach Massgabe der Hausgesetze» kann nicht nur die Erb-
folgeordnung verstanden werden, sondern muss ebenso Erwerb und
Verlust des Erbrechtes miteinbezogen werden. Wollte man den 1862
bestehenden o r d o s u c c e d e n d i als (materielle) Verfassungsnorm
betrachten und damit sinngemäss für eine Änderung ein verfassungs-
änderndes Gesetz verlangen, so müsste man dasselbe für eine Änderung
des i u s s u c c e d e n d i logischerweise auch vorsehen. Der Vertrag
von 1893 kam aber ohne Mitwirkung des Landtages zustande.Ä" ,4a Hier-
aus kann geschlossen werden, dass § 3 der Verfassung von 1862 nicht
254a Daran ä n d e r t nichts, dass der wesentlichste Inhalt dieses Hausvertrages von
1893 im L G B L 1895 N r . 1 als «Gese tz» erschien. A u c h im 20. Jahrhundert
wurden noch verschiedene hausrechtliche V e r f ü g u n g e n unter diversen Be-
zeichnungen («Gese tz» , « H ö c h s t e s H a n d s c h r e i b e n » oder « K u n d m a c h u n g » )
im L G B L publiziert , ohne dass dies f ü r die Rechtskraft dieser Erlasse konsti-
tutiv gewesen w ä r e . Es ging lediglich darum, die Interessierten, insbesondere
«den Landtag in geeigneter F o r m in Kenntnis zu se tzen» (letzter Satz der
K u n d m a c h u n g v o m 15. M ä r z 1923, L G B L 1923 N r . 12). D i e F o r m war aller-
dings ungeeignet. Hausrechtliches gehör t nicht in das Publikat ionsorgan f ü r
staatliche Erlasse, es sei denn, die Verfassung oder ein anderes Staatsgesetz
schrieben dies ausd rück l i ch vor, was f ü r Liechtenstein nicht zu t r i f f t . —
Im L G B L wurden bisher folgende hausrechtliche Erlasse publiziert:
1) Gesetz betreffend die hausgesetzlichen Bestimmungen ü b e r die Ehe-
schliessung der F ü r s t e n und Pr inzen des fü r s t l i chen Hauses v o m 14. M ä r z
1895, L G B L 1895 N r . 1 (siehe A n h a n g 5).
2) Gesetz womit ein Nachtrag zu dem Gesetze vom 14. M ä r z 1895 betref-
fend die hausgesetzlichen Bestimmungen übe r die Eheschliessung der
F ü r s t e n und Prinzen des fü r s t l i chen Hauses erlassen wi rd vom 10. De-
zember 1902, L G B L 1902 N r . 2 (siehe A n h a n g 6).
3) Kundmachung vom 15. M ä r z 1923, L G B L 1923 N r . 12 (Regierungsver-
zicht der Pr inzen Franz und A l o i s ; A l o i s war der Vater des gegenwär t i -
gen L a n d e s f ü r s t e n ) (siehe A n h a n g 7).
4) Gesetz betreffend die A b ä n d e r u n g des f ü r s t l i c h e n Familienvertrages vom
l . August 1842 vom 8. Februar 1926, L G B I . 1926 N r . 3 (siehe A n h a n g 6a).
115
so verstanden wurde, dass das damals geltende Hausrecht in Verfas-
sungsrecht umgewandelt und damit der hausgesetzlichen Revision ent-
zogen wurde. L V , 4 b
M . E . lässt sich diese Auffassung auch im Hinblick auf die heute
geltende Verfassung vom 5. Oktober 192 1 2 5 5 vertreten. Deren Art . 3
entspricht dem § 3 der Vorgängerin und lautet: «Die im Fürstenhause
Liechtenstein erbliche Thronfolge, die Volljährigkeit des Landesfürsten
und des Erbprinzen sowie vorkommendenfalls die Vormundschaft wer-
den durch die Hausgesetze geordnet». Steger25" vertritt hier eine andere
Meinung. Nach ihm «ist das Hausgesetz inbezug auf die in Art. 3 der
Verfassung erwähnten Materien als eigene Rechtsquelle formell ver-
schwunden» und es «bedarf eine Änderung der in Art. 3 genannten
Gegenstände der Zustimmung des Landtages» . 2 5 7 Ohne hier einer staats-
rechtlichen Untersuchung der Frage 2 5 8 vorgreifen zu wollen, muss,
5) H ö c h s t e s Handschreiben vom 10. M ä r z 1926 betreffend die T i t e l f ü h r u n g
durch die aus der Ehe Seiner Durchlaucht des Her rn Pr inzen Ferdinand
von und zu Liechtenstein mit Ihrer Durchlaucht Prinzessin Shelag von
und zu Liechtenstein geb. Brunner, stammende Nachkommenschaf t ,
L G B l . 1926 N r . 9 (siehe A n h a n g 8).
6) H ö c h s t e s Handschreiben vom 20. Februar 1932 betreffend die T i t e l f ü h -
rung durch die aus der Ehe Seiner Durchlaucht des Her rn Pr inzen Johan-
nes von und zu Liechtenstein mit Ihrer Durchlaucht Prinzessin Aleene
von und zu Liechtenstein geb. M a c F a r l a n d stammende Nachkommen-
schaft, L G B l . 1932 N r . 12 (siehe A n h a n g 9).
7) H ö c h s t e s Handschreiben v o m 21. September 1950 betreffend die Ti te l -
f ü h r u n g Seiner Durchlaucht des Her rn Prinzen W i l h e l m von und zu
Liechtenstein und der aus der Ehe mit E m m a Baronesse von Gutmanns-
thal stammenden Nachkommenschaf t , L G B l . 1950 N r . 26 (dies ist der
einzige bekannte T i t e l - und Erbverzicht eines liechtensteinischen Prinzen)
(siehe Anhang 10).
254b Geiger 291 meint allerdings, die L a n d s t ä n d e hä t t en bei der E inwi l l i gung in § 3
«zweife l los» die zu jener Zeit gü l t igen Hausgesetze verstanden, r ä u m t aber
ein, dass der Wort laut eine s p ä t e r e Ä n d e r u n g nicht ausschloss.
255 L G B l . 1921 N r . 15.
256 Steger 54/55.
257 Steger 55
258 Eine solche w ä r e dr ingl ich . Sie sollte sich allerdings nicht nur auf den A r t . 3
der Verfassung b e s c h r ä n k e n , sondern die Frage nach dem V e r h ä l t n i s von
Hausrecht zum staatlichen Recht ü b e r h a u p t untersuchen. Dies kann nicht
Gegenstand der vorliegenden rechtshistorischen Arbei t bi lden.
116
wenigstens aus rechtshistorischer Sicht, an der Eigenständigkeit des
Hausgesetzgebungsrechtes, auch und gerade in den Gegenständen des
Art. 3, festgehalten werden.ä>9
III. D I E E R G Ä N Z U N G E N D E S F A M I L I E N V E R T R A G E S V O N
1842
1. Der Vertrag von 1893
A m 11. September 1893 einigten sich die Agnaten des Hauses «kraft
der dem regierenden Fürstenhause Liechtenstein zustehenden Familien-
autonomie», die «Bedingungen und Grundsätze» für die Eheschliessun-
gen «für uns und alle Nachkommen bindend und verpflichtend» sowie
«bestimmt und zweifellos» festzustellen. 2 6 0
Nach Art. I sollten die Mitglieder des Hauses für die Eingehung
vollwirksamer Ehen nur noch der Einwilligung des Regierers (bzw.
dessen Stellvertreters) bedürfen, die allerdings vor der Eheschliessung
einzuholen war. Der Regierer selber bedurfte nur noch agnatischer Z u -
stimmung falls er gedachte, eine nicht standesgemässe Ehe einzugehen
(Art. II). Diese Bestimmungen brachten gegenüber dem bisher unbe-
stimmten Erfordernis der Einwilligung des Regierers «und anderer
Agna ten» 2 6 1 eine klare Zuständigkeitsordnung. Dies war angesichts der
zunehmenden Zahl volljähriger Agnaten 2 6 2 schon aus praktischen Grün-
den notwendig, war es doch höchst schwierig, für jede Ehe die Einwil l i -
gung aller volljährigen Agnaten einzuholen. Der Begriff der Standes-
gemässheit wurde erstmals im Testament Hartmanns ohne nähere U m -
schreibung erwähnt. E r sollte nun in Art . III eine nähere Umschreibung
erfahren: standesgemäss waren nur noch Ehen mit regierenden und
standesherrlichen (= ehemals reichsunmittelbaren) Häusern, die wenig-
259 K l e i n w ä c h t e r widerspricht dem im Grunde nicht, auch wenn er bedauernd
feststellt, es widerspreche dem «Wesen des Verfassungsstaates, dass so grund-
legende Verfassungsfragen ohne M i t w i r k u n g s ä m t l i c h e r sonst verfassungs-
mäss ig berufener Faktoren geregelt werden k ö n n e n » .
260 Wort laut vgl . A n h a n g 4.
261 Worunter das Haus Liechtenstein in der Praxis allerdings immer s ä m t -
l i c h e Agnaten verstanden hatte.
262 1893 waren es bereits 12.
117
stens den gräflichen Titel führten und den Adel mindestens auf die
Regierungszeit Kaiser Maximilians I. (1493 —1519) zurückführen
konnten.
Diesen Bestimmungen nicht genügende Ehen sollten auf die Nach-
kommen weder das Thronfolgerecht noch das Recht auf die Nachfolge
in das Primogeniturfideikommiss übertragen. Selbst fürstlicher Titel,
Stand und Wappen sollten ihnen und den unebenbürtigen Gemahlinnen
nicht zukommen (Art. IV) . Art . V schloss die Rückwirkungen dieses
Gesetzes auf bereits abgeschlossene Ehen aus. —
Wie bereits erwähnt, erfolgte die Publikation der wesentlichen Be-
stimmungen dieses Hausgesetzes im Landesgesetzblatt,2 6 4 damit es im
Fürstentum seine Kraft entfalte. Mit einem weitern «Gesetz» von 1902 2 6 5
wurde es aber für Liechtenstein wieder ausser Kraft gesetzt, bis es in
Österreich gesetzliche Anerkennung und Geltung erlangt haben würde.
Fürst Johann II. wollte nämlich, wie es die Präambel festhält, damit jede
«Gefahr einer Disparität zwischen der Succession in das Fürstentum
Liechtenstein und jener in das in Österreich befindliche Primogenitur-
Fideicommiss» vermeiden. 2 6 6 Da die österreichische Anerkennung nie
erfolgte, fand der Familienvertrag von 1893, obwohl in der Folge nie
förmlich aufgehoben, keine Anwendung.
2. Das Gesetz vom 8. Februar 1926
Mit dem «Gesetz betreffend die Abänderung des fürstlichen Fami-
lienvertrages vom 1. August 1842» vom 8. Februar 1926,"2f i6a veranlasste
Johann II. eine Ergänzung der eherechtlichen Bestimmungen, wie sie
im Annex II zum Hausvertrag 1842 (also im Auszug aus dem Testament
Hartmanns) recht allgemein formuliert sind. Der Regierer des Hauses
erhält die Befugnis, Titel und Rang der in Missachtung dieser Bestim-
mungen heiratenden Agnaten, ihrer Gattinnen und Nachkommenschaft
zu bestimmen. —
264 L G B l . 1895 N r . 1 (vgl. auch Anmerkung 254a); A n h a n g 5.
265 L G B l . 1902 N r . 2 (vgl. auch A n m e r k u n g 254a); A n h a n g 6.
266 L G B l . a. a. O .
266a L G B l . 1926 N r . 3; A n h a n g 6a.
118
IV. Z U S A M M E N F A S S U N G
Die vorliegende Untersuchung musste sich, angesichts der grossen
Zeitspanne, die es zu berücksichtigen galt (rund 800 Jahre, von der
ersten Hälfte des 12. bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts) und
der Fülle von Hausrechtsquellen in dieser Zeit, auf die grundlegenden
Urkunden beschränken. Hierbei wurde das Hauptgewicht auf jene Teile
des Hausrechtes gelegt, denen nicht nur eine familieninterne Bedeutung
zukommt, sondern die auch für das (verfassungsrechtliche) Schicksal
der im Besitze des Hauses befindlichen Gebiete und deren Bevölkerung
entscheidend waren: die Regelung der Erbfolge. Dabei erwies es sich,
dass sich das Haus die jeweiligen Erkenntnisse auf dem Gebiete des
Hausrechtes in seinem Interesse zunutze machte. Es überwand das
deutschrechtliche Prinzip der Teilung, vorerst einmal, indem die Töchter
ausgeschlossen wurden, dann, indem nur noch die Nutzung geteilt und
die Substanz erhalten wurde (1504), endlich durch die Errichtung eines
Familienfideikommisses (1606). Parallel mit der stufenweisen Realisie-
rung des Unteilbarkeitsprinzipes entwickelte sich der Gedanke der In-
dividualsukzession, wobei sich die Nachfolge zur Zeit des Seniorates
(1504—1606) auf gewisse Vorrechte (vor allem das alleinige Recht,
Hauslehen zu empfangen und weiterzugeben) beschränkte, seit Einfüh-
rung der Primogeniturerbfolge (1606) auf die Nutzung des Vorausteiles,
nach Erlöschen der Karlischen Hauptlinie sogar des gesamten Haupt-
fideikommisses.
Eherecht, Abfindungen bei Erbverzichten, Versorgung der zur
Nachfolge Unfähigen, der Witwen usw. sind Gebiete, die hier keine
selbständige Behandlung fanden. Auch die hausrechtliche Stellung der
Frau fand die ihr gebührende Beleuchtung nicht. 2 6 7
Die Arbeit schliesst mit dem Gesetz vom 8. Februar 1926. Die
Hausrechtsgeschichte hat damit aber nicht ihren Abschluss gefunden.
Es sind durch den Untergang der österreichischen Monarchie und so-
dann im Gefolge des 2. Weltkrieges äussere Veränderungen eingetreten,
die auch hausrechtliche Konsequenzen erforderten und noch erfordern
werden. Die Auflösung der Fideikommisse in den Nachfolgestaaten der
österreichischen Monarchie, der Verlust des grössten Teils der Familien-
267 Z u diesem Thema sei die höchs t aufschlussreiche Arbei t von Barbara S c h ö n e r
ü b e r die Frauen des Hauses Hohenlohe besonders e r w ä h n t .
119
Für s t Franz Joseph II., seit 1938 regierender L a n d e s f ü r s t .
120
besitzungen durch die Verstaatlichung in der Tschechoslowakei, 2 6 8 er-
forderten eine Anpassung des Vermögensrechtes. Der jetzige Landes-
fürst, Franz Joseph IL , in dessen Privateigentum die ehemaligen Fidei-
kommissgüter übergingen, brachte zu Beginn der 1970er Jahre was
übrigblieb in die «Fürst von Liechtenstein Stiftung» ein, deren Haupt-
zweck darin besteht, dem regierenden Fürsten die Erfüllung seiner staat-
lichen und familiären Pflichten zu ermöglichen.
Vom alten Hausrecht sind vorab jene Bestimmungen geblieben, von
denen auch Art . 3 der geltenden Staatsverfassung von 1921 handelt: die
Thronfolge nach dem 1606 eingeführten System der Linealprimogenitur
mit der 1842 erfolgten Ergänzung durch die subsidiäre Kognatenerb-
folge, der Mündigkeitstermin von 18 Jahren, die Berufung des nächst-
berechtigten mündigen Thronfolgers zum Regenten.
268 D u r c h Dekret v o m 21. Juni 1945 wurden die Besitzungen, die (nach der
ersten Bodenreform) ca. 660 k m 2 massen, konfiszier t (Schaedler 54).
121
A N H A N G :
Die wichtigsten Hausrechtlichen Urkunden im Wortlaut
1. Die Erbeinigung von 1504
(Faksimile des Privatdruckes Jenne).
122
$mfäm 1. v£liritlo}jb III., i>anbmaxf§att, 2- j§r<tjsintt# M I P >̂corg VI . ,
ttttv $. Jkrfmatm I. (Jlerffttöto).
f icofe&W0, 3. itär? 1504.
3>d) ffiriftaff t«*tt £ i e f i | t e i u t f t r m i » o » l l i r o l f j j u v g al§ bei' etltift 3d) («»rarm
M) (Otorg. gebrüeber f j c r r n § a i n r t r i , c i t » o « i" tcr i»tct tnf tnin Sfi t t SBn 3d) f i e t t t -
n e i ö ( g a r t man) |>etrn (Ororrtii t i au £ t r r l | t r » » R a i i t § u n oll nettem oon £ i e d ) =
t e n n ft a i n t o n 31 i c o I f p u r g SBetennen für onnfj all onnfer (Jrben onb nadjfotneu be£
namen» oon Siedjtennftain onb tun fumib offennlicf) mit bifem hrieue. ba» nitt onnf§ au§
Siecfjter SBetterltdjen angeboren Statur SBttterlidjer lieb onb frunntfcfjafft tmb oon aufnemen
toegen onnfer§ namen onb Stamen aud) nach, Statt onnfer negften frunnbe mit gutem roillen
onb roolbebacbtem muet mit gemainent oerainten jcitigem Statt, omb alle onnfve ©eflöffer
Jpevrfdjefften Stet yjiergfht Refften onb Sörffer Stügff) ©üllt onb guetet roie bte onnfer
oontorbein gemixt onb genoffen haben ain Sktterlidje onb fruntlidje erbatnigunng. onb
gleidje SJtufjai^unng getan mib gemadjt haben, tun onb madjen bie auch hiemit roiffennlid)
in trofft big bvteueä Sllfo ba§ mir folbe erbatnigunng onb SJtufjaigunng SBeftigflicfj onb
onjevbrocben halltten füllen onb roellen mit allen Sßuncten artigfln onb orbnungen roie
bernachttollgt S o ift mir E r i f t o f f e n u o n i! i e d) t e n n ft a i n o o n 31 i c o l f p u r g au§
onnfer alter oerainiguung uetterlidjev oernritligunng onb crblidjen aufjaigunng geuatlen.
Sie fyerrjchafft 3i i c o t f p u r g bnl ©cfloS» bafelb» mitfjambt ber ©tat S a § © e f 1 o § §
Sf a f d) e n n ft a i n S a § © c f t öS § 3Ji a i b b u r g. S ie SB e f f t e n 2 u n n t e n b u r g. Sie
SB e f f t n 6 o b e n n a ro S ic SB e f f t e n SB l r i d) f f i r d) e n mit allen onb ngtidjen 3nt
juegcfjorunngeu Dberfaiten Ijerrligtaiten frenbaiten Sannbgericbten Siennten 3 i n f ™ ©ülltett
©ettaib Seinjetj.'iinteu SBergfredjten Siennften SBogteyen SDJeutten fiollcjern SBünnen Sütoen
Sffitlbpanen Rathen SBifdjtoaiben SBtfdjeren 3Jiu(l mulfteg Seen SBoglgefligl onb funnft allen
anubevn nitcuingen onb juegerjornngen roie bte genannt onb gebaiffen mügen »erben onb
oon allterher bavjue • geljörig fein, ^nuballt ainS SBerftgcllten Siegifter bas beriivt £err=
fdiaffteu ©eflöffer Stett 9Jfergff)t SBefften onb Sörffer Stügff) ©üllt onb güeter mit namen
Begriffen. Siefelben Siegifter ain? nebentails' onnber onnfern SJnfigln befreffttgt onb oev=
fertigt flerltd) anjaigt So ift mir ( S r n f t n o n b © e ö r g e n g e b r u e b e r n o o n £ i e d i =
I e n u ft a i n o o n 31 i c o l f p u r g tu foltjer frünntlicher SBerainigunng unb erbaufjaigunng
geitaden bie <£>errfd)afft S t e i j r e g f h initganibt ber Statt S a § @ cf (o § § S{ u t te n ft a i n
S a § © e f l o 3 § S H e n r ) e n n f t o i n Sie R e f f t e n SÜB u I f en fto r f f Sie SBe f f t en
S ü r v n n 1) o l l e j S a § S t a t l © o f f t a t ! mitfjambt bcv SBefften bafelbs mit allen onb
nglidjeu treu äitegeljorunugeu Oberfotten ©errligfaiten fretjtjaiten Sannbgeridjtn Sienntteu
jinfen ©üüten getraib onb SEgeinje^ennteu Sßergfredjten biennften Sßogterjen meutten Ijöllcjem
roüunen amen SBilbpanen jaioen SBift^waiben SBifdjerenen SJlüfn SJlülIftegen Seen onb funnft
allen annbern Shtcjunngen onb äuegefjorunngen SESte bie genannt onb gefjaiffen mügen
werben onb oon adterher barjue gehörig fein. Snnljallt ainä SBerftgeütn Siegifter ba§ berürt
.pevrfdjafften ©eflöffer Stett SlJiergfht SBefften unb Sörffer i;ebe§ tanlä feins aufjaigenS
SBnnber onnfern Qnfigl befreffttgt unb oerfertigt, flerlid) anjaigt, SBerrer ift mir § e r 11 =
n e i b e u o o u S t e d j t e n n f t a t n o o n 3! i c o I f p u r g in oorangejaigter erbaufjatgunng.
aufsgejaigt SBorbenn Sie .öerifdjafft S B e l b f p c r g baä ©eflos? bafelb? mittfjambt ber
Statt, ba§ @ef(o3§ © a g f e n n b e r g , S ie SB e f f t e n Si a m b e n f p u r g Sie SB e f f t e n
onb .p e r r f d) a f f t 9Ji t ft 1 b a ch mit allen onb qglidjen 3ren juegetiorunngen. Oberfaiten
herrligt'aiten frenljaiten fiannbgeridjten Sienntten jinfen ©ütlten ©etraib unb Sffieinjefjenntn
•^ergfredjten biennften SBogtenen. Wlattiea ^dücjern Söüniieti Süroeii SBilpanen 3aiben
Sßifdjroaiben sÄfd)erei)en SJiüll mülfteg Seen onb funnft alten annbern Slucjungen onb
juegehorunngen. Sffiie bie genannt onb gefjaiffen mügen roerben onb oon allterfjer barjue
geljorig fein Sjnnehallt ainä oerfigellten Siegifter ba§ berürtt ©errfdjafften ©eflöffer Stett
SJlergftjt SBefften onb borffer tjebeä tai)l§ fein§ aufjaigenn§. SBnnber onnfern Snftgl befreffttgt
Dnb oerfertigt flerltd] anjaigt. S i r bewilligen and) für onnfj all onnfer erben ba§ fid)
ain geber tarjl. berfelben güeter roie in ben SRegiftern ain§ neben tants begriffen. al§ feins
aufjaigtten gut§. gebrauten nucjen onb Sfieffen fol jufambt allen anligunben ©tilgten
©uEten onb guetern S a § mir ober onnfer erben ber ocjt f)aben. nid)t§ baron tjinbau
gefecjt ober aufjgefloffen Üttfo onb mit folfjer onnberfcfjib. Sas onnfer fainer nod) onnfer
erben Serfelben Slöffer onb güeter im grunnbt nid)ts Sßergeben SBerfflmern, nod) fatnä oon
bem Stamen onb ©tarnen nit roennben ober annber nemannbt§ t'ainen tai)l bauon oerfdjreiben
©ünnen oermadjen, nod) Cffnunng barinnen geben füllen, aE§ fid) bes and) Sßnnfer elftem
Dhb ooruorbern onnqfjer gebraucht onb ©efiaflteu haben in fain mens nod) meg SBnb ob
fol()5 befdjäd) ober befd)ef)en roer fotf es loiber folf) onnfer oerainigunng fain (rafft baben
©S loer bann fad) bas fid) ainer SBerl)ep,ratet SBnb berfelben feiner gemäbl ain gemacht
Sarauf oevfd)rib. ober gebe, fouil bann nad) gelegennfjaitt befjfelben herirat? bas mit SRatt
onb roiffen ber annbern ©o ben Sannbe warn befdjefien fol, tun mag. and) ob er ettbas
jimblid) ju feiner ©eel f)ai)I oerfd)affen wollte, madjt fjabeu Cber 100 ainer aus ehaffter
not ober funnft ©röflid) georfadjt mürbe fein gutt ober aius tatjls juuerfeejen @ol er in
aEweg fein negft frunnbe bes namens anmieten onb fid) ainer jeijt uevainen. Sarinne foll)
oerpbanntung gefd)eljen müge. SEBo fr) Si)d) aber ber SBerpbanntfdjafft nit oevgleidjen
ober oertragen möcfjten ©ol onb mag berfelb ber SJiottürfftig junerfeejen ift. aljjbann fein
guet ober biefelb Sßl)anntfd)afft rool ainem anbern geben. Sod) fall er in alletueg ulnjs
furmennben bamit im unb feinen erben ju folljer SBerpljanntfdjafft Sfifung auf simblid) jent
geben roerbe SBnb ob was onnber ben ©tügfen bie uerfeejt ober uerpdennt mürben Sehen
märn foll mit miffen bes elltiften alls Seljenntragers befcheben. SBnb er and) barein uer=
luilligen bariune fain oerfjinbrunug tun SBnb ob er bejjfjnlb alls ain mitfjigler gebeten, onb
erfudjt mürbe, fol burd) in SBolftregfunng befd)et)eu. SBir bewilligen onb wellen aud).
S a § albeg ber elltift onnber onnfj aEe ©eftofjjer jperrfdjäfftn Stugfl) güEt SBefftn unb güeter
fo mir Don ben Surften SBifdjofen unb ^reläten äitlehen haben oon onnfern hegen empbaben
fol. bod) mit ber merertanl roiffen auf onnfer aller t'offt berfelben Scl)enntragev fein oer=
bienen unb oeranntburten. SJBir bewilligen aud) für onnfj onnfer erben, bas albeg ber
elltift onnber onnfj alle Seljeiinfdjafft ©eiftlid) onb roellt(id) wie bann burd) onnfer oov>
uorbern bes Siainens befebeben innehaben onb fein lehennlanng Seifjen ongeuer. Samt
mal ber geiftficfjen Sefjennfcbafft. ongeuerlid) ;u ben ©töffern onb gea'fcfiafften ©o er
JnnfjaEt feins aujjatgeu befncjt. unb innefjat juegeljörig finb. macfjtljaben biefelben feins
geualleit jitucrleifjen Sßrib albeg burd) bie elltiften onnfers namen roie fid) gebürt geprefenn=
tiert werben onwiberreb *J3nb wo biefelben oorberürten Sehen in- anfprad) ober irrnnng
roüdjffen roie fid) bas begab, foE berfelb alain fouil 3m barinne juttjun ntüglid) auf onufjr
affer foftunng onb barlegen foll) anfprad) onb irrnnng auftragen onb 9tid)tig inadjcn Üfud)
fo fofl er an ber annbern tan! roiffen mcfjts' bauon freuen, ©meiern nod) ennrjieben. fonnber
©i) orbenulich onb unuertänlid) fjatlten. SBnb wo Sefjen lebig mürben, folh. Sehen foll
ber elltift alls Sebenntvager mit roillen onb roiffen ber annbern hannbin. Sßeiter bewilligen
onb orbneu mir für Sßnnfj onnfer erben. Samit onnfer 9Jiäunblid)tr ©tarn, befterpas1 bei)
wirben geballten unb in aufnemen fönt bas fainer 51t feiner todjter. für 3 r SBätterfid) erb=
guet *-Bber jmantaufennt gufben SBnngrifd) }it fjanraitguet nit geben fülle. Sarjue erberlid)
uertigen als ainer 3rem geboren ftannbe juegebürt. Sarauf ©i) fid) alfjbann gegen bem
gannejen namen mannblichs geflecbts Slottürfftigflid) uerjeiheu fülle Sßa3 aber mueterlid)
erbguet jufatlen Mm füllen 2 n ongeuerlid) unuerjigen fein. SBnb ob aiue ju ©eiftlicheu
ftannbe onnfer! namen gewibemt würbe, foll ain jimblid) Seihgebing nach Sermügen
geben werben nach beflüssS ber SJferer unnfers namen unb ftamen ©0 ain Satter felbs nit
in leben SBär Db aber ainer unnferl namen onb ©tauten ju ©eiftlid)em ftannbe geroibemt
roirbet ©I roer ju SBriefterroirb Sumhern ober annberm ©eiftlidjen ftannbe was Drben
Stegl ba§ war. füllen roir unnfer erben unb nad)fömen, allen ulei)§ haben bamit berfelh auf
ain Seibgebing. ober jimblichjer enntridjtunng nad) evfauntnüss be§ 9)}ererntai)ls onnfers
namen oerjeitjen fol bamit onnfer nam unb ©tarn befterpaä in aufnemen 3Bad)ffcn müge.
Ob aber onnferä namen Sßnb ©tarnen fainer mer in Sehen SBär, fol 3 n 3 r erbitaü roie
fid) gebürt mit etnwerffuungg (!) folf) Seibgebing ober enntridjtunng SEBie bann ben tochtem
onnferi namen onenntgeEt fein. S2Bir orbnen aud) für onnfj onnfer erben, ob ainer onnber
onnfj finb el roären ©ün ober töchter crroürb bie onuogtper toem onb l)inber fein Siess
Siefelben finb onb 3 r guet foE albeg beffelben 'Brueber, beä namen onb ©tarnen roo ber
jit foldjem gefdjigfbt unb teroglid) in oormunbSroenSS oerfetjen ober aber roo ber nit teroglid),
ober fain SSrueber oertjannben roer foll albeg ber elltift berfelben finber gueter trerolid)
Snuenntiern unb auffdjreiben roie fid) gebürt e§ fei) ligunnb onb oarunnbä ain treroer
uerroallter fein ^ r guet beraarn innhaben, unb hannbin auch benfelben erben, menblicfjs
Sta in! ben folh guet jugefjort, S o Si) }U grn oogtbern Sarn all§ auf adjjefjen 3ar 3 r §
allters förhen fein erber auffricfjtig anjaigen onb Dtecfmunng tb,un aud) roas ©n befjtjalben
fdiutlbig mürben jalumig. onb oberanntburtunug ber güeter tun füllen ongeuer bod) bie
todvter wie obennftet oerbei)raten. SBeiter orbnen onb fecjen wir für onnfj onb onnfer erben
Cb fid) begab, bas1 roir burd) erbfdjafft lauf ober in annber erber weg iner güeter ©efloss
wrvfdjafften ober annberö eroberten roie fid) bas begab onb ob roas darüber ßauffen roürbe
barinne füllen roir all trerolid). anninannber fübern (!) unb fjellffen. aud) ainer bem annbern
mit jimblicher hillf juftaten fomen. Surd) bai folfjs jum namen beftfrättlicher bradjt SBnb
berfelb bie fad) berucrunnb onb in SSbunng ift. bas geflosl ober berrfdjafft befjallten müg
aud) bei) bem SJJtannblidjen namen onb ©tarnen beleiben onb geballten roerben inmaffen
roieuor aujaigt ift. Sind) ob onnfer ainer ober mer feiner aufjaigten güeter mit 8ied)t anfprad)
geroünne ©o füllen onb roellen roir trerolid) onb oettevlid) anainannber tjetlffen. Sie fadjen
auf onnfer aller Koftunng onb jerunng oertreten onb SBerannthurten Sßnb ob aud) ycjt
ober furo burd) onnfj als ben SDtererntarjl. in folrjem onb unnberm bes namen Stotturfft
ber onb annber fadjen bie roir uejt haben ober füro geroinnen fouil onb roas ber fadjen
namen onb ©tarnen ju eren onb guet erbegen. onb furgenomen roirbet burd) ben merern
tai)l foll Diiuerl)inbert ber annbern trerolid) onb ongeuerlid) gefüllten roerben. SJBir roellen
onb beroilligeu aud) für uniijj onnfer erben, ob fid) begab, bas onnfer bes namens! onb
©tarnen! mer roiuben unb jiueu ober mer in ain Slo§3 jufamen fämen. biefelben füllen
fid) ainl frunntlidjen SBurgffribs ballten onb gegen aiuannber geloben, onb Ejallten jroifdjen
oren SBerfonen unb ber 3rn. bamit fain aufrur. ober loibevroillen j io i fdjn 3nc erfte. ober
erroadjfen aud) bas" mit SÜotturfftigen Seroen onb bäcfjern mitaiuannber trerolid) oerfeben
unb atlenutl)albcn loefeunlid) ballten ongeuer. Sföeitcr bereinigen onb orbnen roir für unnjj
unb uuufer erben, bas jiuifcben onnfer onnfern erben onb naefifömen roiberroill ober nunigs
erlai) SJrrunng enutftunnben es roer jroifdjen onnfer fetbs onnfer biener ober unnbertan
SBnb berfetbs nit oerainen ober oertragen mödjten fouerr fid) bas fügte, onb begab ©o fol
bod) fainer gegen bem annbern mit ber Sat nicfjt furnemen nott) bannbin. ©onnber bes"
3ren aujjtrag tjaben onb nemen. Oieinlid) ber geftaüt. yft fölf)§ jroifdjen onnfer ober ber
berrn, ober onnfer nactjfomen ijcjt ober tjinfüro felbs1, fo foll onnfer onb rjtioeber jroen feiner
frunnbe ober roer 3" barjue geuellig bie er l)aben unb erpiten mag. nemen juuerfjör
niberfecjeu bie fadjen onb SJrrung r)öra erbegen unb otcnSs haben füllen bie fjerrn juuer=
tragen, roo ©i) aber bie oollg nit erlanngtn bie fad) onb Imming juuertrag nit 9iid)ten.
über pringen mödjten ©o füllen biefelben ojer Sjr erbeten frunnbe. geroallt onb macht laben,
amen onpnrteiidjen Crttman. ber fachen gemäss juerbellen roas alfjban ber SJierertanl auf
genugfam oerbor barinne fpredjen ober madjen. baben fotl es an alle oerrere roangiunng
beleihen, folfjent gelebt unb nndjganngen roerben. SSBelbcr baraus gen rooltt. füllen bie annbern
bes namen? nad; ^rcni oermügeu barjue ballten, bamit ain ueber bei) ber pilligfait unb bifer
orbnunug ge()aunfl)abt roerbe. Sann 3rer biener onb umibtertanf)alb foll ain lieber herr
fouil unb roa§ 3m ber juegeburt, biefelben ju aller pilligfait unb 9tcd)t medjtig fein roie
obgefdjribeu trerolid) onb ongeuer. Sffio aber onnber bem namen. ainer ober mer uu=
orbenulid) roefen in fid) näm. ober onbefint roürbe. barburd) er feiner oernufft beraubt ober
fein guet l'eicbtfevtigtlicb onb püjjtid) oertät. barburd) er fonnberlid) in oerberhen, auch ber
nani in fdjinnpff) unb fpott gefeejt roürbe ober mödjt. bas1 füllen bie annbern bei namen
nit geftatten nod) juefetjen ©onnber bemfjelben onbefinten. ober bie S o roieuor ftet 3 r guet
l'eidjtfertigflid) ober SjSiiflid) oertunn roollten füllen burd) bie annbern merer§tarjl§ mit ©ura=
torj onb ©erfjaben befeejt onb ain ijebcr nad) gebür. mit narunng onb annberm Sßerfeben
roerben unb bas1 annber trerolid) oerroaUten onb fo e§ jufällen Eumbt. biefelben gueter bem
liegften Cautt bifer onnfer erbannigunng. onb aufjaigunng ueruallen onb eingeanntburt roerben
SBeiter fecjen onb orbnen roir für onnfj onnfer erben bas bie ©tnfftmes§ 3«rteg
(Jahrestage) onb annbers roie bie ougeuerlich bei) onnfern Sperrfdjafften Steten SDJergften
borffern onb ©otfjfjerofern finb onb burd) onnfer Satter SBrueber onb uoruorbern unb bei)
onnfern jeoten roie bann bie Stifftbrieff barumben anjaigeu. geftifft onb furgenomen oon
tainein nit gefroedjt nod) geminbert. fonnber biefelben ©tqfft roie Si) furgenomen ©ott ju
2ob in trat roefen beleihen gehallten onb gepeffert roerben füllen, bei mit nichte fain ennt=
jiebuung uod) ahganng geroinnen in fain roerjss. Samit roir onnfa in bem onb allem annbern
onnfern fadjeu onb Siotturfften gott bem admecbtigcn roetlen beuolljen baben. SSeiter be*
rotHigen mir für onnfj onb onnfer erben. 3ladjbem mir SSnnfer SJiergflidjn fadjen onb sJiot=
turfften in fchutibcn geroadjffen borumben roir bann oerfdjriben. bas onnfer' neber berfelben
fd)ulben onnber onnfern pettfdjabten befrefftigt ain Sdjrifft nemen fülle, bas roir folti
fdjullben roa§ ainem rjeben tagt jubejalen gebürt. mitainannbev trerolid) onb auf ba§
furberlidjeft bejalen füllen onb reellen, roo fid) aber onnber onnfj ainer ober mer ober
angejarjgte fdjullben. auffer ber annbern roiffen ober oerroilligunng. SJerrer in ftfjulben gab.
berfelb foll fein fcrjullben für fid) felb» bejaln unb ben annbern an 3rer erbainigunng onb
aufjaigunng an fdjabii fein. Sfßtv beroilligen aud). für onnfj. onnfer erben. ®a§ roir all
onnfer tend)t roie bie genannt onb roo bie gelegen fein nidjts hjerjnne aujjgefloffen, trerolid)
mit ainannber SBifdjen paroen befecjen onb mit annber Slotturfft roie roir bann bie brjfjber
gefällten oerfeben. onb toas" Serlid) aus fotfjtrt tendjlen auü bem 3Sifef)uerfauff geuellt
foll flerlid; in ain Siegifter gebrad)t onb in Summu bcjaichehnt roerben bauon füllen onb
roellen roir bie S3ifd)fned)t onb annber arbaiter, bie bei) folbeu testeten gearbaitt. bejalln.
3)aä obrig gellt mal bie fliaittunng bringen roirbet trerolid) onb octterlid) mitainannber
tarjln. ©s füllen aud) bie tendjtmaifter Icndjtfdjreiber unb annber So mit ben teidjten in
einnemen onb aufjgeben onb in annber roege subannbln haben nebemtanl gelobt fein ongeuer.
©amit aber bife onnfre erbainigunng onb aujjjaiguiing oon unnss allen onb onnfern
erben onb nadjtömen es fein mann! ober fratuenpitlb. oon unnferm gcbluet namens onb
Stameus eelid) geborn. nil furo S tä t onb onjerbrodien geballten roerbe. lefjbalben roir onnfj
obgenannt. S r i ft o f f S r a f m ( S e o r g o n b e r r t n e g b g e b r ü e b e v o n b
9J e 11 e r n o o n 8 i e d) t e n n ft a i n o o n 9! i c o l f p u r g jufaiuen oeraint onb oevpunnben
onb tun bal biemit roiffenntlid) mit bem brieue für unnjj onnfer erben unb nadjfömen.
Solbem alten genncjlidj nadjjulebeu oolljiehen onb ballten bei) onnfern warn au,ben onb
treroen. ©auon roir unnfj nod) onnfer erben abfotuiern ßaffen julleu nod) roellen. ©3
foll aud) fainer onnfev mennblid) erb in onnfer oerlaffeu güeter eingefecjt nod) juegelaffen
roerben. et hab bann bem elltiften onnfers namen unb Stauten rocllttidjs ftaunbes uor bifer
erbainigunng onb aufjaigunng für fid) onb fein erben gelobt unb uerfpvodjen juballben. Ob
abev fad) roär bas roir onnfer mennblid) erben onnfers Stantens uub namens, eelid) geborn.
mit tobe n(l abgienngen. baS got ber allmed)tig gcnebigflid) uei'büctten reelle. S o füllen
alfjbann onnfre güeter erblid) uallen auf onnfer negft frunnbe onb erben oub funnft roie fid)
bas nad) orbminng ber 9ied)t ober ßanubjjpvaud) onb gcroounbai)t gebürt. alles getrerotid)
unb ongeuerlid). SBnb }u ©larobtidjer SBrfunnb bes brieues onnber onnfer porbenannten
G r i ft o f f n S r a f m © e o r g e n o n b .£> e r 11 tt e i b e n g e b t u e b e r o n b O e t t e r n
u o n S i e d j t e n n f t a i n o o n 91 i co 1 f p u r g nebe§ anbanngunnben Snftgl beroart. SSnb
ju gejerognülS unb merer befeftigunng baben roir mit elerjss gebeten S)ie SBolgeborn berru
Ijerru S u b ro i g e n o o n 3 1 a v b e n n b e r g, jpevrn £> a n n f e n o o n *B u d) a i m o o n
f j o r n erbbruggfeS! in öfterreid), £>errn £> n n n f e n u o n Q e l f i n g onnfer lieb Sroegev
Setter onb frunnbe, bas St) 3re 3nfigl jugejeiognusl ber fadjen an bifen brieff gebaungeu
baben 2>od) 3" 3reu erben unb 3nftgeln oufcfjaben ongeuer. Öeben ju SUcolfourg
Sunntngs Sfteminifccre in ber oafften 9tadj Griftj gebürbe. 3m fünnfsebenubunnbertiftn onb
oierben Ovaren.
©viftoff oon ßierijtenftaiu Grasm Do._Stecfyt~flain uo. Siicolfp.
Jorg oo. "Siedjteftain oo.~3!icolfp. Jmrtman uom ßiedjteftai." ßuboic oo. Stavbempe.
S ' S
. . . us uou Sucdjaim S . fjannfen jperrn uon Reifing.
jUf?ai$«» h$ erfftt hy$$ auf §«t $>yq f ltcoffpr^.
$cmerg,Rßf (!) 5<t$ anfjaicjctt tw5 wftg,efffKg,iffer 6ct güefer 5cs 4ti1n faulte fox
mir C r i p l ö l f c n » a n £ i c d j t c t t n f t n t n »Ott IHcofffiitt-g mit kn ^cfföfletn | s f{f«t
•§efffn sfRrgltfjftt tmo forffent 4>dxa\b S^eitt j«§emtf«tt ^cnnifcu pit& $tt(Tjett wie
6attit trt oer ^ii'eaitttam'ita, DK6 pcrftfrcibnniig J>o nur Jeftbafb aufctcticßf ptt6 in
ocm cjrurtttf«(u|ter oartnn «ajicßer fottn&erlid} rva$ et von feiner beftejumtg »tt6 U-
fjattftm aneff Sieitet Bctjriffrt oa? ainem «eoen fantf Aber fei« aufjaietn geben ift
Herrief) anqatgf. jitejenaKcit ift.
3)ie berrfdjafjt 9c i c o l f p u v g. ba= gefloSS bafelbs mittfjambt bev ©tat. $aS
gef(os§ 9? a f cfj e n n ft a i n. S a § ©ef tos! S R a i b b u t g bie SBefften S u n n t e n n b u r g .
3)ie nefftn f i o I) c n 11 a tu Sie oefftn SS I v t d) f t i t d) e n, mit ben Stugfenn »üb güllten roie
hc rnnrfjuolgt.
$Sf<ttttittj$ttJH U§ etfjfteit fanff« auf bm Uxnaänyfdnikn tntefern.
9lico(fpurg Sullgarn
Sain'bovff SBaltennftain
Sergen CttenntaU
©lennticj Srnffcnbofu
Obetmmftamcj SlHtenruepevftovff
9!ibcrmoiftnnicj Steroeuruepevftorfj
Salaro Broeinbart
2tod)nics jpobeimaio
SEradjt Salltetnnborff
Sarofjram SBlridjffivdjen
Kofgnieb fframperg
JÖnnngerborff Stämeunftorff
Suntenburg «Bncjtug
Satbicj SMunidjjjftall
lemej ©aroejennborff
lurbonic} Sareftorff
giicotttffljicj SJtaunbartfprunn
Sierparom Stägfeuuborff
Eofftnicj ajJoHmatmftocff
Siannbjjbuet .fjeberftorff
9)!ufdiaro Clbernnborff
Sdjagfroic} ßnncjejjfeflb
SBootefjp turnt ©lempadj
aJUlbicj
Summa ber pfenninggüllt auf betörten guetetn f*. r iü <J Lru i i i i L Lrru_J <% (=
1369 Sfunb 75 ' / , »Pfennige).
ajeiftetbadj 1 -~
©anabicj f J1
I erntereif bk meüii
rrroj t 4 = 30 ff. - 9f-
9J2ullner jU Sarofjrnm
SJfuUnet ju ©nfgrueb
SHuIIner am Siabennbofj
SBhtdnet ju 9)cufdiaro
Wiullner an ber 9tormül
/ L?'»i L r r i i i j \ = 64 «Bf. 24 Sfenn.
So bringt bie boücjgüUt » ie bann ba-5 jevliei) oertaufft ju meinem tai)I(
Hj <C L r r r r i j ' L L r r u ^ = 392 %\. 76 ' / , »}.%
Summa ber phenuiugüUt be? auuberru tan(§ fs. roi (p rro L oi) i i ii^J 4
= 1621 $ f 7 Sd)i(l 2 ' / , S f g .
%txmx^x\\ S>en getraib^eftenut M O tra%iuTt attf bat fjcrttacß^efcfjrif^ii
tjüefetn
SMbfperg ©obnaftorff
Sdjrä'tennperg 9teronnlied)tenbnrt
ftacjlaftorff §errnnpaungarten
©arffenntatt Äecjlennftorff
©eiitfdjin Sbennborff
Sogftorff Strauffing
£>agfennberg Sibennftal
Sratigeftorff iöiannfjtrenngtrj
Sribroert! ©roffenmugl
äButtennborff äüttnrueperftorff
2ffltmann§ Cttenntat
©nannborff ©atennprunn
3roenntenborf 2Bi(t)a(bnnftorff
9tambfpnrg Söennbting
Summa oorgefajribner jetjennt onb traibgültt ain 3ar bem annbern jubiltf.
aBagej
florn
§abern
Lo i i i (58) 9J?utt r r i i i i (24) SMecjn 4 9ld)tl
rroii i (28) 9J}ntt rroii i i (29) äRecjn
Lrrri i"(82) SWutt oiii (8) ä)(ec}n
auefettt.
Sarofjram SBalfennftain
Safbgcj Ottenntall
Sürmnnicj SBIricfif firdjn
SJiifttbad) Sonftorff
gerrnpaungartn
Suini in mugen bie »orgefdjriben 3 eb eunt aiix 3ar bem annbern jugilf ertragen
L iü j (54) breiting ain uirtl.
©er büener onb agv, mag fid) ain gebet tagt S i iuebaßt fein! grunutregifter. auf ben
guetevn. berürts aufjaigens gebraud)en einnemen unb 511 feinem nucj roennben trerolid) unb
ungeuerlid). © e l ju befeftigunng unb roarm (roabrem) SSrfunb ift bifcs" Siegiftet unb
aufjaigen bei erfften tagte. Sßnnbet mein ( f r i f t o f f e i l , ffirafttt © c ö r g r t f unb g j e r r f t t t t b e u
gebrueber unb uetteru. t um f i c r f ) t c i t l i f t r t iu v o n l l i c o l f p u r g . gebes annganngnnben
Snnfigl oerferttgt unb beiuart, SBefdjeben an Sonntag Sieminifcere. in ber Rafften Slad)
Griffi geburbe. im funnfjetienngunnbertiftn unb oierben Sjaienn.
Snfdjviften ber 4 an einer Seibenfdjuur gängenbeit Siegel:
Gr . . toff uon Sie . . tnftain. Grnfm uo Sied)t ff ain oo Siicotfp.
3org oo ain 00 Siicotfp. Hartman oouu Siedjtnftai
J U f f a i c p Se<3 mnkxn faulte auf kn Jkyq i^ f5f |*e t0 .
i m * )
%»nHX0]i oit£ attfsaigen wt6 w f t g c ü ' f regt ff er 6ct gitefer 5cs5 attn5cru far/ffe 6er
mir g c i T t n c i b e i t * * ) v o n gtcrijtcmtfftttH von f l i t o l f p u r g mif Seit <f>effö|fern
Jrfefett fjefffit egfcrglifn tm§ f o i f c f n 4dxaib ^ e ü w ß e i t f e n $/ttmUttt mt> $Wtt<n
wie öatttt iit 5er erbaitugniiitg iniv tHUfcfireibuniig |>.c> mir 6efb>fb aufgerießf pn5
in 6cm (fwttfregifter 6<triutie «lieber foitiuVrCicß wa$ ex von feiner befujunttg tnt6
befiaufrm gitef Mettet begriffen 6a? abteilt we6cu fanfT vUx fein aufaign geben ift
fiferl'ieß anjaigt jttgeitalTen ift.
Sie öerq'ttjafft S e Ib f p c r g. bn§ ©eftos»1. mitfjambt ber Statt. ®a§ gefloH
•V) a (j f e u u 6 e v fi, bie iiefftu D i ' a i n b f p u v g , bie Üefftn unb t)evffcfjafft SR i ft e ( b a et),
mit ben ©tugfeu unb ©ullten SJiUe he.vuad)uo((gt.
l|femuttga,ufff bes ctttitoeut faulT* auf btn fievttacf^efcfjftficn aitefem.
Setbfpevg Sttttennlictjtenbai't
Scbrateuupevg Sieinnntieditenbart
Sfacjtaftovff ASaiufjprumt
©arvff emitat •üüfttbad) mitfjambt ber gollcjgüflt 3ol nnb
©elttfdjin Dtigcttt bnfelbs
Setjemifdjnfvnit §ittennborff
Sonfiorff Sanncjennborff
'IBecjtennftovff SSattterftorff ennbafb Stjunnaro
yagfennbevg iöerrnpaunngarten
ftribroertS Secätennftorff
S-ratigeftovff . Strupffing
SBalfennborff ©iiugerftorfj
Sttttmauns gatingfee
»fsaungavten bei fiaa Stranncjennborff
©nannborff ©tinfennborff
3menntennbovff Dbernfibennpruun
3mingennborff .öof)ennrueperftorff
31abarn ©ennfiernnburff
Skrnnfjartftat Slureftal
.Öaiujjfirctjen SDiofmannfjperg
Dtabennfpurg ©ereftorff
Sobnafftorff
Summa ber pfenuiuggiittt auf bevuvteu gnetevn p. j'j (p yjj'iij L ii) ß j r i i j \ = 1133
'fijunb 3 Sdjilting 23 Pfennige.
*) Drig. im 2ied}t. ttvd).
**) 91 m Sianbe bie Üemerfung : „foll .<e>avtmaim tjciiffett".
fjemcrcjßljf 6ie ^Teüff
Siibernniiftni i ic} j
Sunntennbnrg ^
9Jhifd)aiu ! A u ^ i ' u ' L u i i ß H D i i i ^ ( = 2 1 3 ^ ' l m b
©nfgrueb ' 7 ® ^ u a " B 28 «fennige).
SJJuKner ju Stibermuiftanic} r i i i j L L rvu j (= 14 « f . 7ß cBfeun.)
.podcjgüdt aus bem boflcjuerfauff roie bas jevlict) bnvcf) bie uorffter uevfeiufft luivbct
gcpui't m i r r ru i i j L L r i i j «\ ( = ' 2 8 « f u n b 63 Sfg . )
S u m m a ber ptjenniugutlt bes cvfftn tavjCS y*t j"oj Q r ru L uij ß ü f j
(= 1G25 f|?f 7 Schiff 2 ' A S f g . )
ISon ohgcfct)vibeu meii i icn mu-5 man jevlicl) ju ber S t i j f t gen 33e(bfpcrg gehen
n p j L ,\ ( - 32 %*f. p femi . )
SSilb ju ber S t i f f t gen Sunuteunburg bem pfjarrer bafetb? roj L <% ( = 26 « f . *f>fg.)
für berürt nufjgab ifi 9.'!iifä)nio unb (i i i fgrueb mit ber 9 ' iouü iingejtagen.
5ievmcrajil}f. ben tiefraio gcf}cnnf xuib frai&cu'ilff auf ben tuuMcarif j i ;
lUiefen;
©roffcnf iueinhavt .vjiaiuftprunn
9.'!rinuerftovff Hcnmhavtf; tn(
•Dbrrnfibcnnpri ini i Sel)eniif:l;enrrntt
(ül iujcmibovff Slicitad
Cnucjennf ior f f hei) ber 'Jhunnaiu .fujitennborff
.SJcrrtftcten i 'amu'äennborf
fi'agrnn .ftlnbarn
(Sllpell iaio .y>ol)cn»ani
SJcaijfpierpaium Sadternnbor f
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bufel SHegifter unb aujjaigen be§ auuberutiu)ts unnber mein Crtftoffeu. ffirulm © c o r g t t
unb gjcrttKeiocn*) gebrucbcr unb R e t t e r n von f icrl|tcurrniti von flicolfyttra
nebeS anfjannguubeu Sufigl uerfertigt unb beroavt. Q3efdjel)en an Sonntag Sieminifcere
in ber uaffteu Sladj Grifti geburbe in bem fuuufjetjentjunbertiftn unb uierben Savn.
Snfdjriften ber 4 Sieget, roeldje an einer Seibenfdjnur tjängen:
Griftoff uon Siecbtnftnin.
S'ovg uo Sicdjt ftnin oo Slicolfp.•
Grafm oo Siedjt ftain uo Sücolfp.
Önrtman uonn fiiedjtnftai .
*) SRcmbbeniertung : ©artman.
2. Die Erbeinigung von 1606
(Die Wiedergabe erfolgt im wesentlichen buchstabengetreu, doch wurde die Gross-
und Kle inschre ibung — wo tunl ich — vereinheitlicht).
In Namen Gottes Vatters, Gottes Sohns, und Gottes heiligen Geistes-
Amen.
Nachdem Wir hernachbenante Carl, Herr von Liechtenstein von
Nicolspurg, Herr auf Veldtsperg, Herrnpaumgarten, Eyssgrueb, Blu -
menau Prossnitz, Aussee, und Cziernahor, Rom. Kay. Mth . Gehaimer
Rath, Obrister Hofmaister, Camerer, und Landtshauptman des Marg-
grafthumbs Märhern, Maximilian Herr von Liechtenstein von Nicols-
purg, Herr auf Rabenspurg, Hohenau, Budtzowitz, Posoritz und No-
wyhradt, höchstgedachter Kay. Mth . Reichshofrath, und Gundagger
Herr von Liechtenstein von Nicolspurg, Graf zu Rittberg, Herr auf
Wulferssdorff, Mistelbach, Poystorff und Ringelsdorf, mehrhöchstermel-
ter Irer Kay. Mth . Hof Camer Rath, E r l . Dr l . Ertzhertzogs Matthiae zu
Österreich Camerer, auch einer löblichen Landtschafft des Ertzhertzogs-
thumbs Österreich unter der Ennss verordneter bey uns selber reifflich
betrachtet, dass zu Erhaltung wir aller anderen Sachen, also auch der
Geschlechter und Stammheüser nichts Vorträglichers und Nutzlichers
ist, dann guete und bestendige Ordnung zu machen, und ferner in acht
genommen, das zwar noch mehr, dann vor hundert Jahren, das ist Anno
funftzehenhundert und vier, den Samstag vor Reminiscere durch wey-
landt Unsere geliebte in Gott ruhende Voreltern, Herrn Christoffen von
Liechtenstein von Nicolspurg gewesenen Landtmarchalch in Österreich,
als damalss den Eltisten des Geschlechts, so dann Herrn Erasmum und
Herrn Georgen Gebruedern, Herrn Hainrichen Söhne, dessgleichen
Herrn Hartman, Herrn Georgen Söhne, alle Herrn von Liechtenstein
von Nicolspurg, eine stattliche Erbainigung und Ausszeigung irer
Schlösser, Herrschafften, Städt und Güeter, gemacht und aufgerichtet,
aber doch nit allerdings so genau und vleissig, wiewol geschehen hette
sollen, gehalten worden, sintemal vil ansehnliche Stuck und Güeter,
durch gefehrliche Alienationes der geschlossenen Vergleichnus zu Nach-
tail, in anderer Leuth Händte und Besitz gerathen.
Disemnach, so haben Wir zu Vorkommung solcher schädlicher Unge-
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legenheiten, und dann zu desto gewisser Fortpflanzung und Manutention
Unsre und Unsrer Posteritet, Ehr, Wolfart, Nuzen und Aufnemmens,
obengedachte alte Erbverainigung nicht allein zu erfrischen, und wider-
umb zu würcklicher Observanz zu bringen, sondern auch zu erleuttern,
zu erkleren, zu verbessern, zu vermehren, und fort an in ein unverkehr-
liche standthaffte und ewiglich verbundtliche Ordnung zu sezen, uns
fürgenommen, inmassen Wir dann solches hiemit thuen, in der aller
besten und bestendigsten Form, wie solches von Rechts oder Gewohn-
hait wegen, oder auch in Krafft unserer alten Privilegien, Rechten und
Gerechtigkaiten, Herkomen und Besitzes geschehen soll kan oder mag,
wie hernach volgt.
Anfenglich, weyin die höchste und grösste Verainigung, mehr in den
Gemuettern, dann in denen Güettern hafftet, so geloben und verspre-
chen Wir alle drey, einander selbst ganz treulich und aufrichtig, wollen
auch hierzue alle Unsere Nachkommen hiemit embsiglich ermahnt ha-
ben, das Wir und Unser Nachkomment gantzes Geschlecht, einander
jederzeit lieben, ehren und befördern, einer des andern Nutz und Fro-
men betrachten, Schaden und Nachtail, sovil immer möglich verhüetten
und abwenden sollen und wollen, da auch ainiche Spern oder Jrrung,
sy weren gross oder klein, sich zwischen Uns und Unsern Nachkommen,
umb was Ursach das sein möchte, erreugen sollten, und dieselben könn-
ten zwischen Uns selber nicht alsbalden in der Güte verglichen werden,
so solle es mit Schlichtung derselben, Spern und Jrrungen, zu Verhüet-
tung, das kaine rechtliche Process zwischen Uns und Unsern Nachkom-
men erwachsen, änderst nicht, dann wie hievon unten ein sonderlicher
Absatz zubefinden sein wirdt, gehalten werden.
Und damit nun dise Verainigung der Hertzen und Gemüeter auch
eusserlich, in und bey denen zeitlichen Güetern, und der künfftigen
Succession deroselben erscheine, so erkleren Wir Uns waitter hiemit,
deutlich und offenlich, das Wir Unser Haab und Güeter, einem ordent-
lichem ewig werendem strictissimo fideicommisso, pro conservanda
familiae, et agnationis dignitate, unterworffen haben wollen, und hiemit
unterwerffen, der gestalt, wie hernach volgt.
Demnach Wir drey Herrn von Liechtenstein von Nicolspurg, oben-
genant, an yetzo in Unsern Gewahren und Besitz haben, die Herrschaff-
ten Veldtsperg, Herrnbaumgarten, Rabenspurg, Hohenau, Wulfersdorff,
Mistelbach, Ringelsdorff, Eyssgrueb, Plumenau und Prossnitz, so sollen
1 3 4
alle und jede, yetztgenante Herrschafften und Güeter zusambt allen
darein und darzue gehörigen aigenthumblichen und lehenbaren Schlös-
sern, Vesten, Heusern, Städten, Märckten, Herrligkaiten, Dörffern,
Weylern, Höffen, Underthanen, Stucken, Güetern, Rentten, Zinsen,
Zehendten, Gültten, Geschütz, Munition, Rüstungen, und zu yedem
Guet aigentlich gehörenden nothwendigen Farnusse oder Mobiiibus et
sese moventibus, wie dieselbigen ein jeder unter uns dise Zeit inen hat,
besitzt, nuzet und geniesset, und wie solches die hierüber aufgerichte
und besigelte Register Urbarj und Jnventaria aigentlicher aussweisen,
also auch all das jenige, was Wir oder Unsere Nachkommen von neuem
darzue fundirt, gewidmet und verschafft, oder noch künfftig widtmen
und verschaffen möchten, von nun an, in und unter dise Erbverainigung
gehören, derselben und einem ewigen Fideicommisso ad familiam con-
servandam, einverleibt, zugewandt, verbunden und unterworffen sein,
also und dergestalt, das obgenandte Herrschafften und Güeter sambt
allen derselben Pertinentien und Zugehörungen, ein ewig gestiftetes
zusambgeschlagenes und gewidmetes Corpus, und ein untheilbare und
unzertrennliche Massa sein beharren und verbleiben, und weder Wir
noch Unsere Erben, Erbnehmen oder Nachkommen, Uns daran nun
forthin, zu ewigen Zeitten mit dem wenigsten ainiche sonderbare privat
proprietet oder Aigenschafft zumessen oder attribuirn sollen, sondern
alsslang Gott Unser Geschlecht der Herren von Liechtenstein von
Nicolspurg, das ist von uns obgenanten dreyen der Herren von Liechten-
stein von Nicolspurg, Gebrüeder, herruernden Linien,inmassen dann
auch so offt Unser Geschlecht der Herren von Liechtenstein von Nicols-
purg, in diser Erbverainigung genennet wirdt, darunter niemandt anders,
alls Wir drey Paciscenten und Unsere mannliche eheliche Leibs Erben,
und also fort an derselben Erbens Erben, verstandten werden sollen auf
diser Weldt erheltts, so sollen und wollen Wir und die jenigen, welche
in dise Erbverainigung gehören, oder derselben Succession fehig und
habhafft sein werden, in hieoben specificirten Herrschafften, Güetern,
und dero Zuegehörungen, Uns und inen mehern und weitter nichts,
dann den blossen Usufructum oder gemäss auf die Mass und Weiss, wie
es dise aufgerichte Erbverainigung vermag, und wie unten davon in
specie gemeldt werden solle, zu geniessen, und zu geprauchen, reservirt
und vorbehalten haben. Die Proprietet und Aigenschafft aber solcher
Güeter und Herrschafften solle unsers Geschlechts ehelichen mannlichen
weltlichen Stammen, insgemain allermassen wie hierin begriffen ist, als
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ein unwiderriieffliches und unaufhörliches vertrauttes Erbainigungs und
Fideicommiss Guet cedirt, eingeraumbt und übergeben sein, und sollen
wir, sowole unsere Erben, Erbnehmen und Nachkommen, so vil unsere
Privat Personen antrifft, vorangeregter Proprietet und Aigenschafft, ehe
verstadtenermassen gäntzlich privirt und entsetzt sein, inmassen Wir
dann hiemit solcher proprietet, Uns und Unsere Nachkommen frey und
guetwillig selbst privirn und entsezen, und dieselbe obgedachten Unse-
rem Geschlecht und mannlichen Stammen und Namen deuttlich und
krefftliglich cediren, einräumen, übergeben und zuaignen, in der aller-
besten und bestendigsten Form und Mass, als solches von Rechts: oder
Gewonheit wegen geschehen solle, kan oder mag, gelobendt und ver-
sprechende bey Unsern und Unsern Erben, Erbnemen und Nachkom-
men, höchstens Wort und Warhait, Uns solcher privat Aigenschafft,
ferner nicht anzumassen, sondern dieselbige je und allweeg als ein fidei-
commisirtes Corpus und Massam, bey dem Geschlecht und mannlichem
Stammen der Herrn von Liechtenstein von Nicolspurg unverrückt ver-
bleiben zulassen.
Dieweiln aber in angestelten Gemeinschafften, wo nicht sonders
guete Particular Ordnungen, darbey angestellt werden, leichtlich aller-
handt Confusiones und Verwirrungen zuerfolgen pflegen, als ist weitter
zuvernemmen, wie es mit der Particular Administration und Usufructu,
dieser obgesezten gemainen Massae, so dann mit den künfftigen Succes-
sionibus, in solche verainigten Güetern, baides zwischen Uns den
jetzigen Paciscenten, und ins künfftig in infinitum, bey, allen und jeden
Unsern Erben, Erbnemen und Nachkommen gehallten werden solle.
Es weiss jedermeniglich, und gibt es die tägliche Erfahrung, wo bey
grossen Verainigungen, Confoederationibus, Societatibus Administratio-
nibus und dergleichen kain vorgesetztes Haupt oder Director des gantzen
Wercks, ist, das es gewönlich übel, oder ja nit richtig daselbsten Zuezu-
gehn pfleget, wo aber von den verainigten Glidern ein gebürrender
Respect gegen dem Haupt befunden wirdt, das daselbsten sich auch die
beste Harmonia und Conservatio totius ereignet.
Derenthalben, und weiln Unser Geschlecht es auch als herpracht,
das der Eltiste desselben, vor disem je und allwege die Jnspection und
Aufsehen auf den ganzen Stammen gehabt, so wollen Wir disen Punct
dahin deuttlich verändert und erklert haben, dass das Jus und die Ge-
rechtigkait solcher Direction und Inspektion auf der Primogenitura und
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in der Linea Primogenitj, solang dieselbe wehret, jederzeit bestendiglich
verbleiben, und also gedachtes Jus Primogeniturae von dem Jure Direc-
tionis niemale getrent oder abgesondert werden soll.
Und so dann an jetzo unter Uns den Paciscenten, Herr Carl Herr
von Liechtenstein von Nicolspurg, der Erstgeborne in dem gantzen Ge-
schlecht, der Herren von Liechtenstein von Nicolspurg ist,
Also erwehlen, erküesen, nennen, erkennen und ehren Wir Maximi-
lian und Gundagger Herrn von Liechtenstein von Nicolspurg als die
Ander und Drittgeborne, vor Uns und Unserer yederzeit Linien, Nach-
kommende, Jne Unsern freundlichen geliebten Herrn Bruedern, Herrn
Carln, und weme nach Jme, die Succession oder Folg, an der Erstge-
burths gerechtigkait gebürren wirdt, für Unsers Geschlechts und Hauses
der Herrn von Liechtenstein von Nicolspurg, Haupt, Directorn, Jnspec-
torn und ainichen aufsehen, tradirn, übergeben und lifern Jme und
Jhnen auch vorangeregte Jnspection und Aufhebung in Unserm Ge-
schlecht und Hause, mit allen jetzigen und künfftigen zum Erstgeburths-
thumb gehörigen und darzue aussgezaigten oder gestifften Würdten
Ehren, Rechten, und Gerechtigkaiten, dieselbe diser Erbverainigung
gemess zubesitzen, jnnhaben, zugeniessens und zugebrauchen.
Geloben, zuesagen und versprechen darauff, im vvortt der Warhait
und vermög dess zu ende diser Erbainigung einverleibten Eydts, Jme
Herrn Carln, und weme, vermog diser Erbainigung die Succession des
Erstgeburthsthumbs gebüren wirdt, hierinnen durchaus keinen Eintrag,
Verhinderung oder Jrrung mit nichten zuthun, welches alles nun also.
Jch Carl Herr von Liechtenstein von Nicolspurg für mich, auch mein
und anderer nachkommenden Erstgeborenen Unsers Hauses, wie die
nach Ordtnung diser Erbainigung darzue gehören, würcklig acceptire
und annemme, gelobe und verspriche auch gleichergestalt, im Worth der
Warhait, und in Krafft ehegedachten Erbainigungs Eydts, das Jch deme
allem und Jedem, was dise Erbainigung dem Erstgeborenen und Direc-
torj des Geschlechts zulaisten und zuvolziehen auferlegt, steiff, vest, un-
verbrüchlich, getreulich und ohne alle gefehrde, geleben und nach-
kommen soll und will .
Und sein aber die Jura, Gerechtigkaiten und praeminentien dises
Erstgeburthsthumbs Direction und Jnspection dise hernachvolgende.
Erstlichen, weyin zugebüerender Manutention, Erhalt: Verwalt: und
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Verrichtung eines so grossen und wichtigen Wercks, nit allein grosse
Muehe, Vleiss und Arbeit gehört, sondern auch zu Ausshaltung der
notwendigen Beampten, Kanzleyen und anders ein mercklicher Un-
kosten und Verlag erfordert wird, so sollen dem Erstgebornen und
Directorj des Hauses die Herrschafften Veldtsperg, Herrnbaumgartten,
Blumenau und Prossnitz, so vil den usufructum derselben antrifft, zu
einem Voraus zubesitzen, zuhaben, zunutzen und zugemessen gebüeren,
und zu dem Erstgeburthsthumbs und Direction gestifftet und gewidmet
sein, ja hinfüro die Erstgeburthsthumb Güeter haissen und genennet
werden, und bey allen und jeden Erstgebornen und Directorn des Hau-
ses zum Voraus, ewiglich, von denen andern des Geschlechts ungehin-
dert verbleiben.
Jngleichen und zum Andern solle der Erstgeborne und Director,
auch dise Praerogativam haben, das Er aliein die Gütter und andere
Lehen, so von Uns des Namens und Stammens der Herrn von Liechten-
stein von Nicolspurg, in gemain zu Lehen gehen nach Aussweisung der
Registraturn, Jnventarien und Verzeichnisse, Unsern und Unsers Ge-
schlechts Vasalln und Lehenleuthen, wie Recht Sitt und Herkommen ist,
verleihen, und hierentgegen die Lehenspflicht, und Revers, von inen zu
seinen Händen empfahen möge. Davon dann die gewönliche herge-
brachte Lehens geniesse auch Jhme Directorj und Erstgebornen allein
zustehe und gebüren sollen, doch, das Er hierentgegen auf solche Ritter-
lehen, und des Geschlechts gemaine Lehen fürter guete Achtung gebe,
damit keines derselben leichtlich andrergestalt, dann wie vor alters Her-
kommen und vorhin breuchig gewesen verlihen und geraicht, in allweg
auch, da etwas neues bedingt werden solt, das solches mit Vorwissen
und Consens der andern Agnaten, geschehe, und dardurch der Lehen-
schafft Reputation, Condition und Gelegenhait nicht geschmelert, son-
dern vilmehr erhöht und gebessert werde, jnmassen Er dann auch darob
sein soll und will, das kain solch Lehen verschwigen unentpfangen oder
etwan für Aigen vereüssert, verändert, oder zu andern Güetern der
Vasalln und Lehensleuthen, alss etwan ein Pertinenz und Zugehör ge-
schlagen, sondern in jrem alten Wesen erhalten, und da etwa dessent-
halben Stritt fürfallen wollte, durch Mitt l der Güete oder Rechtens,
widerumben zu dem alten Stand reducirt und gepracht werden.
Zum Dritten, sollen auch die geistlichen Lehenschafften und Jura
Patronatus, welche Unserm Namen, Stammen und Geschlecht von al-
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tershero ins gemain zugehöret haben, in Administration, Verwalth, und
Verleihung des Erstgebornen, und Directoris, allein stehen, doch, das
gleichwol ein Jeder, auf den jenigen Herrschafften, Schlössern, Städten,
Vesten, Märckten, Dörffern und Weylern, die Er Jnnhalt seines Auss-
zaichens besitzt und jnnen hat, über die Kirchen, und Capelle alda Jme
das Jus Patronatus oder geistliche Lehenschafft zustehet, Macht habe,
seines Gefallens selbst qualificirte und taugliche Personen zue Pfarrern,
Priestern und Caplänen drauff fürschlagen, und zu nominirn, jedoch,
das nichts desto weniger allweeg dieselben Personen durch den Erst-
gebornen und Directorem des Hauses dem ordinario, auch anstatt und
in Namen seines Bruedern oder Vettern gebüerlich und ohne Verwaige-
rung praesentirt und vorgestellt werden, inmassen es dann in Unser
lieben Vorfahren alten Erbvereinigung auch eben also verordtnet ge-
wesen und gehalten worden. Was aber neue geistliche Lehenschafften
oder Jura Patronatus antreffen wirdt, welche zuvorhin bey Unserm
Geschlecht und Namen von alters nit gewesen, sonder einer oder der
ander aus dem Seinigen, entweder selbst gestifftet, oder durch andere
Gelegenhaiten erlangt hette, da soll einem Jeden, damit seines Gefallens
zuthuen, und zuerfahren frey gelassen werden.
Zum Viertten, weyin hierentgegen auch unser Geschlecht und
Stamme nicht wenig Stuck und Güeter von andern zu Lehen tregt, alls
solle der Erstgeborne und Director des Hauses alle, und jede solche
Unsers Geschlechts Stammlehen, die Wir von altershero bey unsrer
Familj gehabt und hergepracht, oder auch künfftig als Stamm, oder
gemeine Geschlechts oder Erbainigungs Lehen, einbekommen, innen-
haben, und besitzen möchten, so offt die Zufallschulden kommen, oder
die Renuation derselben, von Rechts oder Gewohnhait wegen, erfordert
wirdt, dessgleichen, wann und zu welcher Zeit es für rathsam oder nott-
wendig angesehen wurde, dieser Unnseren Erbainigung oder andern
Unsers Geschlechts gemainen Documentj, und Handtvesten, Confirma-
tiones und Bestettigungen von jeder Zeit Regierenden Römischen K a i -
sern, Behamischen Königen, Ertzhertzogen zu Österreich, Marggraven
Z u Märhern, und andern Geistlichen und Weltlichen Khurfürsten und
Fürsten, und woher die Stuckh und Gueter zu Lehen rüehren, für sich
und als Lehentrager der andern seiner Lehens Agnaten, mit belehneten
oder nachfolgern erfordern und entpfahen, und davon gewönliche Le-
henspflicht und anders, was sich gebüeret, auf seinen Unkosten er-
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statten, jedoch, solches jederzeit zuvom den andern Agnaten oder mit
Belehneten oder Nachfolgern zuwissen gemacht werde, damit sy neben
und mit den Erstgebornnen belehnet, und durch sy samentlich guete
Aufachtung gegeben werde, damit wider den Innhalt der alten Lehen-
brief, wie auch wider dise Erbainigung und andere Unsers Geschlechts
gemaine Privilegia, Recht und Gerechtigkeiten nichts Veränderliches
oder Nachteiliges in die neue Investituras oder Confirmationes einge-
ruckt, sondern die alten Recht und Gerechtigkeiten, standhafftig erhal-
ten, oder auch, wo möglich, vermehrt, und gebessert werden. Mit denen
andern Weltlichen Lehenschaften aber, welche von alters hero nit allge-
maine des Geschlechts Lehen gewesen, oder noch sein, sondern die ainer
oder der andern sonsten privatim an sich gepracht, die mag der oder
dieselben auch durch sich selbsten, oder einen andern Lehentrager bey
dem Lehen Herrn, von deme sy zu Lehen rüehren, ersuchen und ent-
pfahen, wie sich nach Artt und Aigenschafft derselben gezimet und
herkommen ist.
Disem anhängig und zum Fünfften, solle auch der Erstgeborne und
Director des Hauses die Originalia aller und jeder alten, und neuren
jetzigen und künfftigen .Investituren und Lehenbrieff, wie dann auch,
anderer Unsers Geschlechs gemaine Handtvesten, Freyhaiten und Be-
gnadungen in seinen Händen und Verwarung, an einem sicherm und
bequemen Orth des Erstgeburthsthumbs, haben und halten, doch das
darüber ein ordentliches Jnventarium aufgerichtet, und Uns den jetzigen
Paciscenten und allen Nachkommenden diser Erbainigung fehigen .In-
teressenten, auf erheischende Notthurfft und Begeren, glaubwirdige
vidimus Transumpta erthailt werden.
Zum Sechten, soll der Primogenitus und Director des Hauses auch
dise prärogativam und onus zugleich haben, wann Er selbsten mundlich,
das ist, das achzehendt Jahr seines Alters erfüllet, das er alsdann, aller
und jeder seiner noch minder järigen Brüedern, Vettern, Schwestern,
Basen, Mummen, fordrister Tutor und Curator oder Vormundt und
Pfleger seyn.
Und soll kainem Agnaten in dem Geschlecht, frey oder erlaubt sein,
durch Testament oder in anderweeg, den Primogenitum und Directorem
des Hauses, von diser jetzt gesagten Tutela und Curatela, oder fordristen
Vormundtschafft ausszuschliessen, sondern es soll dieselbe dem Erst-
gebornen und Directorj des Hauses von nuhn an, Jure et facto ipso
1 4 0
gebüeren, doch, das einem jeden frey stehe, mehrgedachtem Directorj
ainen oder zwene Agnatos, oder wann dieselben nit vorhanden, Cogna-
tos zuezuordnen, welche alsdann von dem Primogenito und Directore,
für Mitvormunder erkent, und zu gemainer Administration aller iren
Pupillen Güeter gelassen werden sollen, were dann sach, das der Testa-
tor selbst ein Unterschiedt quoad Tutelam et Curam unter den Bonis
fideicommisso Subiectis machen, und absonderliche Tutores et Curato-
res ordnen wollte. So solle Jhme solches Zuthun freystehen, doch, das
auch in diesem Fall dem Directorj familiae, die Superior Inspectio
hierinnen nit benommen sey.
Schliesslich und zum Sibenden, weil dem Primogenito und Directorj,
auch fordersam obligt, das er sonderlich guete Achtung darauf gebe,
damit Fridt, und Einigkait zwischen den Paciscenten und allen iren
Nachkommen erhalten, und alles Gezänck, und Missverstadt, sovil
immer möglich verhüettet werde, als haben wir Uns über disen Punct
dahin miteinander verglichen, das die Direction solches wolstandtes,
auch auf dem Erstgebornen und Rectore des Hauses bestehe, das ist,
wann sich begebe, das ainiger Stritt zwischen Uns, oder Unsern von
denen dreyen obbemelten Haupt Linien descendirenden Nachkommen,
sich erringen sollte, der soll weder das eine noch das ander Theil darin-
nen mit der thatt das wenigste nit vornemmen noch handeln, sondern
obligirt sein, die Sache an den Erstgebornen oder Directorem des Hau-
ses, dafern die Sache ine nit selbst principaliter antrifft zubringen, wel-
cher auf solch des einen oder des andern, oder auch beider Thail er-
suchen, oder auch, wann sy es nit thetten, ex officio sich der Sachen
unternemmen soll und mag, also das E r die Thail vor sich erfordere,
und sy wo möglich, in der Güete miteinander, sine ullo Judicy strepitu,
vergleiche und vereinige.
Sofern aber die Jrrungen so schwer und wichtig weren, das sy also
brevi manu nicht geschlichtet werden könnten, so soll alsdann der
Director des Hauses den straittenden Theilen anzeigen, das jedes Theil
zwene Agnaten des Geschlechts der Herrn von Liechtenstein, von N i -
colspurg oder, da keine Agnaten vorhanden weren, jedes Thail zwen
andere nahend Bluettsfreundt, der nechsten, so tauglich, zu Schidt, oder
Ausstrags Richtern erkühr, in welche und dann den Directorem des
Hauses als Obmanne, die Thail zu Compromittiren sollen verpflichtet
sein, und sy dise fünfte, das ist der Director des Hauses, und die vier
141
Schidtzrichter sollen alsdann die Partheyen nochmaln mit aller irer
Notturfft zur gnueg, schrifft: oder mundtlich, wie man es vor das
Bequemste ansehen wurde, vernemmen, und äussristen Vleiss und
Versuech thuen, sy durch Transaction oder Composition, mit ihrem
Selbsteinwilligungen zuvereinigen und widerumb zur Ruhe zu setzen,
da aber über alle Zuversicht dieser Weeg der Transaction oder güetli-
chen Vergleichung nit statt finden wollte, so sollen die Partheyen, nach
Erkantnus des Directoris und seiner vier Adiuncten mit Schrifften ver-
wechselter Weise gegeneinander auf gewise inen angesetzte Zeit, Ver-
fahren, und wann Sie in der Sachen zum Urthel beschlossen, und nichts
weiters einzubringen hetten, darinnen auch in alleweeg alle Wethlauffig-
kaithen verhüettet und abgeschnitten werden sollen, die Schidtsrichter,
die einkommen Acta und Actital in Beysein der Partheyen collationirn
und zusamen rotulirn lassen, und alssdann ex pluralitate Votorum zu-
sprechen und zuerkennen, auch das Urtel oder laudum in iren selbst
eignem Namen zuverfassen, und denen Partheyen, unter des Directoris
Handt und Sigel zu publicirn und zueröffnen Krafft diser freyen Wi l l -
küer befuegt und berechtigt sein. Bedenckt sy aber die sach in puncto
Juris, etwas schwer und zweifelhafftig, so solle ihnen freystehen, sich
über die Acten, bey Rechtsgelerthen und erfahrnen des Rechtens, be-
lernen zulassen, und wann solche Belernung erfolgt, solle ebenfalls mit
Verfass: und Publicierung des Urtels, wie jetzo bey disen Punct ange-
zeigt, allerdings verfahren werden.
Und bey solchem gefeitem und publicirtem Urthel, und Aussspruch,
soll es alsdann ohne ainiche Appellation, Revision, Reduction, Recurs,
oder vermainte querelam nullitatis, als welchen, wie dann auch allen
andern gleichmessigen remidijs Juris, Wir in disem Fall für Uns, Unsere
Erben, Erbnehmen und Nachkommen, freywillig und mit guetem Wis-
sen renuncirn, endtlich und ewig verbleiben, und demselben stracks
nachgelebt werden.
Und da einer, über alle Zuversicht daraus gehen wolte, soll der
Erstgeborne und Haupt Unsers Hauses, sowoln die andern in diss Fidei-
commiss gehörige, und von den offtgedachten dreyen Haupt Linien
herkommende Herrn von Liechtenstein den Widerspenstigen dartzue
mit Anfliehung eines jeden Landtsherrn und Rechte, nach irem besten
Vermugen zu bringen und zuhalten befuegt und verbunden sein, were
es dann Sach, das der Stritt oder Jrrung den Erstgebornen selber be-
1 4 2
treffe, so soll der Eltiste der zweitten Haupt linea praesidirn und Obman
sein, sonsten aber soll es mit Kisung oder Erwöl und Nidersetzung der
andern vier Agnaten, uns sonst nechste Bluettsfreundt, allerdings, wie
in dem obigen fall erzehlet ist, gehalten werden.
Und diss sey biss dahero von des Erstgebornen und Directoris per-
sona officio praeminentiis et oneribus, wie dieselben an jetzo mir Herrn
Carln, Herrn von Liechtenstein von Nicolspurg, durch meine vilgeliebte
beide Herrn Brüeder aufgetragen, und von mir angenommen worden,
zur Genuege gesagt.
Nachdem aber, vermög Aussatzes menschlicher Natur, die Jndividua
oder Personen, sich mit der Zeit nottwendig verändern, und untergehen,
als ist ferner von der Succesion tarn Primogeniti, quam, Secundo et
Tertio genitorum und von den Fällen, so sich bey denselben zuetragen
möchten, zu reden.
Uber welchen Artickeln, und zu forderst wegen der Succession, in
der Primogenitur, und dann wegen der Succession in den andern nach-
volgenden Linien Wir Uns ferner dahin einhelliglich miteinander ver-
glichen haben, und hiemit krefftlichlich vergleichen, das, wann, und zu
welcher Zeit, nach dem gnedigen Willen Gottes des Allmechtigen, Ich
Carl, Herr von Liechtenstein von Nicolspurg, von dieser Weldt ab-
scheiden sollte, das auf solchen Fall das gantze, und vollkommene Jus
primogeniturae et Directionis, sive gubernationis Domus, mit allen iren
praerogativen und praeminentiis, wie dann auch zugleich oneribus, auf
niemandten andern, dann auf meinen Herrn Carls eheleiblichen erzeug-
ten Erstgebornen, und nach desselben Ableibung, widerumb auf des-
selben erstgebornen Sohne, und also fort und fort in absteigender Linea
descendente, fallen, da aber dieselbe an mannlichen ehelich gebornen
gentzlichen erloschen were, alssdann auf meinen Herrn Carls, ander
gebornen Sohn, da ainiger im Leben, oder da er auch mit Todt abgegan-
gen were, gleichergestalt auf desselben Erstgebornen, und da auch des-
selben absteigende Linea aufhörete, auf den dritten, vierten, funfften
oder mehr solche Nachgebornen, sowoln jederzeit derselben absteigen-
den Linean männlicher ehelicher Geburth, wie es der bestendige un-
fehlbare Ganng der Sippschafft, Gradt oder Staffeln, nach gemainem
liberal bekandten Geprauch uns Ordnung der Erstgeburth oder Juris
primogeniturae, mit sich bringt und aussweiset, Jure et facto ipso etiam
sine Corporali apprehensione gefallen, und gestammet sein, und in den-
selben auch also exclusa omni bonorum vacantia ewiglich continuiren.
1 4 3
Sofern sich aber, welches alles in Gottes Handt und Willen stehet,
begebe, das mein Herrn Carls von Liechtenstein mannlicher Stamm und
Linea, gantz und gar abstürbe und erlöschete, also, das davon kein ein-
ziger mannlicher Descendent mehr vorhanden were, so soll alssdann die
Succession an vilgemeltem Jure Primogeniturae et Directionis gantz
vollkommentlich, und ohne einziehen Abbruch, mit aller Zugehör und
pertinentys auf mich Herrn Maximilian von Liechtenstein, und auf mei-
nen mannlichen Stammen und Linien, oder in Mangl und Abgang
desselben, auf mich Herrn Gundaggern von Liechtenstein, und meine
mannliche Nachkommen, immer, und ewiglich, nach der Praerogativa,
Ordnung und Erbgang der Primogenitur oder Erstgeburt fallen und
kommen, allermassen und mit allen denen Qualiteten, Umbstenden,
Nutzen, Geniessen, Honoribus, Oneribus, wie solches in dem Ersten
Fall der Primogenitur und üirect ion, oben nach der Lenge geordnet und
erzehlt ist worden.
E T D E P R I M O G E N I T U R A H A C T E N U S .
Sovil nun die übrigen Herrschafften und Güeter, so mit und neben
dem Erstgeburtsthumb, in die Erbverainigung und Fideicommissum ge-
hören, anreichen thuet, ist oben in § sexto, septimo et octavo angezeigt,
wo die Proprietet und Aigenschafft derselben afficirten Güeter hinge-
höre, von der Aussthaillung aber, Administration, Besitz: und Nutzung
solcher Güeter, ist die Declaration und Anordnung biss zu disem Pass
gespart worden, die ist nun diese hernachfolgende.
In denen übrigen oben spieificirten Fideicommiss Güetern, soll Herr
Carl von Liechtenstein und seine mannliche Linea, über den Erstge-
burthsthumb Vortel oder Vorauss noch ferner zu seinem Anthail be-
kommen und haben, die Herrschafft Eyssgrueb sambt allen denen Zue-
gehörungen ,wie desten er yetzt im Besitz ist, und die gesigelten Urbari
aussweisen.
Herr Maximilian für sich und seine mannliche Erben und Nach-
kommen, die Herrschaften Hohenau und Rabenspurg, sambt allen deren
Zugehörungen, inmassen er solche anyetzo besitzt, und die besigelten
Urbari aussweisen.
Herr Gundagger für sich, und seine mannliche Linea, die Herr-
schafften Wuelffersdorff, Ringelsdorff und Mistelbach, sambt allen
denen Zugehörungen, wie solche er an yetzo innen hat, und die besigel-
ten Urbari aussweisen.
1 4 4
Doch solle dises alles, also und dergestalt verstanden werden, das
an allen disen jetzt benanten Herrschafften und Güetern, weilen sie
Fideicommiss und Erbverainigungs Güeter sein, und ewiglich verbleiben
sollen, Uns den Besitzern deroselben ain mehrers nicht daran, dann der
blosse doch völlige Ususfructus, Nutz und Geniess gebüre und zuestehe,
mit welchem Usufructu oder gemäss, ein jeder unter Uns, wie dann auch
deroselben Nachkommen ires besten Wissens und Gefallens zuthun und
zulassen habe.
Es ist aber darneben auch, Uns und Unsern Nachkommen, Besitzern
der obgedachten Güeter, doch ausserhalb des Erstgeburthsthumb nicht
verbotten, sondern freygelassen, mehrgedachten Güetern, Besitzung und
Genuss unter unsre Söhne, oder Söhns Söhne, da einer der Söhne mehr,
dann ainen allein hette, pro arbitrio suo, entweder unter Lebendigen
oder auf den Todesfall, durch letzte Willen zuthailen, und ainem disen
ainem andern, ein andern Thail zu assignirn und zuüberlassen, doch,
das nichts desto weniger auch solche zertheilte Stuck, in irer Fidei-
comissaria Massa Natura und Aigenschafft verbleiben, und durch die
Particular Besitzern, in irem yetzigen Standt und Wirdten erhalten,
nicht deteriorirt, sondern mehr gebessert, und in Summa, weder bey
noch ohne die Tailung, das wenigste nit, so diser Erbverainigung zu-
wider sein möchte, gehandelt und vorgenommen werde.
Begebe sich dann über kurtz oder lang, das nach dem Willen Gottes
eine Linea durch Absterben deroselben mannlichen Geschlechts Perso-
nen, gentzlich erlöschete, so sollen alle und jede derselben Linien, hin-
terlassene Güeter, sovil derselben diser Erbverainigung und Fideicom-
misso, ausser der Erstgeburthsthumb einverleibt sein, auf die zwo über-
bleibende Lineas, zu gleichen Thailen kommen und gefallen, also das,
wann schon die eine unter den zwayen überlebenden Linien, die Linea
Primogeniturae wäre, sy nichts desto weniger einen gleichen Thail, wie
die andere Linea bekombt, haben, und an solcher Gleichhait intuitu des
Erstgeburthsthumb Vorauss nicht solle gehindert werden.
Da auch ein solcher in seiner Linea letzt Absterbender, andere mehr
Herrschafften, oder ligende Güeter hinter sich verliesse, und davon,
oder darüber kein ordentliches Testament oder Letzten Willen, welches
inen doch über dise also qualificirte Güeter freystehen solle, nicht
machte, so sollen auch dise, seine nachgelassene Herrschafften und
ligende Güeter, denen baiden überbleibenden Linien, ex aequis partibus
145
haimfallen, und eo ipso, das er darüber nicht testieren wolle, dem yetzo
aufgerichteten Fideicommisso accresscirn, und ein afficirtes Fideicom-
missguet, wie die andern diser Erbverainigung einverleibte Güeter, jetzo
alssdann, und dann als jetzt, gestifftet und gemachet sein.
Und so dann nun, wie verstandten, an disen Fideicommissgüetern, die
Proprietet und Aigenschafft nicht den Possessoribus, sondern dem Ge-
schlecht der Herrn von Liechtenstein von Nicolspurg zuegehört so
schliesst sich selber, das die blosse Usufructuarii an solchen Güetern,
das wenigste nicht alieniern können oder mögen, in Erwegung bekanten
und allgemeinen Rechtens ist, das der Usufructuarius an dem Dominio,
weder wenig noch vil zuvergeben habe, dennoch aber, damit auch bey
disem Pass, desto mehrere und unzweifelichere Gewissheit seye, so solle
hiemit in specie und ausdrücklich statuirt, gesetzt und geordnet sein, das
forthin zu ewigen Tagen, von hieobbenanten und allen denen Güetern,
welche dieser Erbverainigung einverleibt sein, oder auch noch künfftig
einverleibt werden möchten, sy seyen Lehen oder Aigen, gemain oder
sonderlich, gross oder klein, durch Unns, Unnsere Erben, und Erbneh-
men, so lang diser unser Namm und Stamm der Herren von Liechten-
stein von Nicolspurg weret, durchaus gantz und gar nicht überal alieniert
oder verwendet werden möge, es geschehe solches durch Kauff, Ver-
kauft, Übergab, Tausch, Cession, Geschaffte, unter Lebendigen oder
auf Todesfall, Stifftung, Schenckung, Verträge, oder andere Tractat,
noch auch durch Aufnemmung Geldes, ausdrückliche oder heimliche
Hypothekas oder Verpfenungen, Einsprechungen, Bürgschafften oder
Versetztingen, Verzinsungen, Anweisungen, Einräumungen, oder sonst
auf ainige andere Weiss und Mass, wie solches menschlichen List und
Vernunfft immer erdencken und aussinnen möchte.
Sondern es sollen alle und yede abgeschriebene Alienationes, Hypo-
thecationes, Obligationes, Gravationes vel Alterationes offt gedachter
Fideicommissgüeter, nicht allein gentzlich verbotten, sondern, da ainiche
dergleichen Sache, unter was schein Rechtens es immer were, vorgenom-
men wurde, soll all dasselbige an sich selbst, wie auch alle attentirte
detractiones falcidiae Trebellianicae oder legitimae, null, nichtig und
von Unkräfften, auch jetzo alssdann, und dann als jetzt, hiemit
deutlich cassirt, annulirt, nichtig gemacht, und gentzlich aufgehoben
sein, also gleichfals, da einer etiam ad pias caussas, oder, wie man sagt,
zu Geistlich oder Göttlichen Wercken etwas stifften oder anordnen
1 4 6
wollte, dadurch ein Stuck der Fideicommissgüeter alienirt, hypothecirt,
oder sonst gravirt, und in seiner alten Natur und Freyhait, alteriert wer-
den müsse, so soll auch solche Stifftung, weil dieselbe auss der Paar-
schafft und anderm erspartem Guet, wol beschehen kan, ad pias caus-
sas, nicht in odium piae causae, sondern allein in favorem conservationis
pacti jurati, et familiae, ebenmessig pro nullis, cassis et irritis declariert
und gehaltten werden.
In Specie soll zum ernstlichen inhibirt und verbotten sein, das die
offt angeregte Fideicommiss und Erbverainigungs Güeter, mit kainen
Schulden beschwert oder überlegt werden, Sintemal ohne das Rechtens,
quod alienae rei, wie alhier das Dominium oder die Proprietas ist, nemo
onus, vel gravamen imponere possit.
Weil es aber ja sogar genau nicht kan zugehen, das auch ein gueter
und vleissiger Haussvatter, nicht bessweilen etwas von Schulden aus er-
heblichen Ursachen mache, so solle einem jeden Besitzer, seines Fidei-
ocmmissthails zugelassen sein, etwas von Geldt zu seinem Nutz aufzu-
nemmen, und darfür einen Thail seines Fideicommissgueths, zuever-
pfendten, doch, das bey solcher Verpfendung, diss drey Conditiones,
ex amussi, observirt und in acht genommen werden.
Erstlichen, das dise Verpfendung nicht heimlich, oder von dem
Debitore allein beschehe, sondern dem Directori des Hauses vor allen
Dingen angemeldet werde, welcher neben den andern Agnaten, oder in
Mangel derselben, Cognaten erwege, ob solche Verpfendung zuzulassen
oder nit zuzulassen seye.
Zum andern, da sie ja zuelässlich befunden wurde, das doch der
Verpfendente alsobaldt vor und bey der Verpfendung die Mittel der
Widerablösung, dem Directori des Hauses und den zuegezogenen Agna-
ten darstelle, probire und guet mache, und das der Director und Agnat,
solche Zahlungs, oder Widerablösungsmittel, für guet und zuelässlich
erkenne.
Zum Dritten, das sovil meglich, die Formalia des Versetz und Ver-
pfendungsbrieff, gar nit auf die Proprietet, oder Aigenthumb des ver-
pfendten Stucks, sondern allein auf den Usumfructum desselben, gerich-
tet, und in alleweeg dise Clausula inserirt werde, das die Widerablösung
der entlehneten Summa, in ainer gewiss bestimbten Zeit, Jahren, und
darzue ohne Angriff oder Alienierung des Aigenthumbs geschehen solle,
oder müsse.
147
Die genzliche Alienation oder Alteration der Proprietet, und Eigen-
thums, an den fideicomittirten Güetern, solle, wie gesagt, ewiglich ver-
botten, doch in disen zwayen aussgesetzten modificirten Fällen, und
sonst in keinem andern, wie sie immer erdacht werden möchten, ver-
stattet sein.
Erstlichen, wann durch Tausch oder Ausswechslung, oder auch Erb-
verkauff eines in die Erbverainigung gehörigen Stucks, ain oder andere
bessere stattlichere, oder ja den andern Erbverainigung Güetern gelege-
nere und nutzlichere Stuck könten eingetauscht und zuweegen gebracht
werden, auf solchem Fall soll derjenige, welchem dergleichen Auss-
wechsslung, Kauff oder Melioration vorstiesst, dasselbe dem Directori
des Hauses, und den andern Jnteressenten vermelden, und so sy sa-
mentlich vor guet und rathsamb befunden wurden, das solcher Tausch,
Ausswechslung, oder Kauff zuwerck gesetzt werden solle, darzue aber
etwa ein Summa Geldes entlehnet, und aufgenommen werden musste,
so mag solches wol besehenen, doch, das solche von neuem eingewech-
selt, und erkauffte Güeter alssbaldt der Erbverainigung Massa, Urbari
und Zalbuch, anstatt der vorigen Stuck einverleibt werde, und die Natur
und Aigenschafft der vorigen Stuck bekommen und haben, und dann,
das der Überschuss dess aufgenommenen oder entlehnten Geldes iuxta
praescriptum tempus annorum, sine alienatione vel gravamine proprie-
tatis, aus dem Ususfructu und gemäss der einhabenden Güeter bezahlt
werde.
Der andere Fall soll diser sein, wann einer unter Unns, oder Unsern
Erben und Erbnemen nicht durch sein Selbstschuldt, oder Verur-
sachung, sondern durch andere menschlich Zuefäll, also da sein Kriegs-
verherungen, Gottesgewalth, Befengnus und dergleichen, welch die be-
schriebene Rechte, casus fortuitus oder vim maiorem nennen, in der-
massen Armut und Elendt fiele, da er ohne Alineration oder Hypothe-
cation und Verpfendung der Fideicommissgüeter sich und die Seinigen
erhaischender Massen nicht erhalten, vil weniger aus seinen zugestan-
denem Elendt erzellen könte, derselbig oder die Seinigen sollen solch
Unglück dem Directori dess Hauses anmelden, und er Director solle
alsdann, oder auch, da es die eüsserste noth erforderte, ex officio, mit
Zueziehung der andern Jnteressenten, den Sachen, sovil meglich, rathen
und helffen, und dafern mit Aufnehmung ainer Summa Geldes, unter
Verpfend: oder auch Verkauffung des betrüebten Theils Erbveraini-
1 4 8
gungs Güeter, den Sachen geholffen werden kan, so solle solche Ver-
pfend: oder auch Verkauffung, doch nit in exraneum verstattet, sondern
dem Directori, und also fort dem negsten des Geschlechts angebotten,
und von inen in gebüerender billichen Werth, oder wann man sich
desselben nit vergleichen könte, in der Landt üblichen Taxa angenom-
men, das Geldt aber, sovil dessen vonnöthen zu Rettung des, oder der
Elenden angewendet werden. Doch wirdt auch bey solchem Fal l , ein
jeder unter Linns, Unsern Erben und Nachkommen, hiemit threulich
ermahnet, das er solche an sich gebrachte Stuck in der vorigen Natur
und qualitet des Fideicommissi lassen wolle, weil er den Vortel dabey
haben kan und soll, das die Nutzung solcher Güeter bey im, und seiner
mannlichen Linea, so lang dieselb immer weret, verbleibet, und alsdann
erst widerumb von ime, und seiner Linea hinweck, doch anderstwohin
nit dann auf seine Agnaten, und denselben Geschlechtsfreunde verfal-
len werde.
E T H A E C D E P R O H 1 B I T A A L I E N A T I O N E .
Nun ist noch weitter zu erkleren, welche, und was für Personen
diser Erbvereinigung entweder ewiglich, oder ad tempus, incapaces
und nicht fehig sein sollen, jtem, wie es mit Versehung der Secundo et
tertio Genitorum, in Linea primogenitorum, Dotir, und Verheyrathung
der Frewlein, und mit Abstatt oder Verleibgeding Güetern gehalten soll
werden, darauf dann der Beschluss, und die aydtliche Bekrefftigung
dises gantzen Pacti gentilitii ervolget.
Von diser Erbverainigung und Fideicommisso, auch derselben un-
terworffenen Güeter Successionen, sollen gentzlich und ewiglich auss-
geschlossen und deroselben unfehig sein, erstlich, diejenigen, welche
nit in einem rechten Ehebeth erzeugt, oder nit, wie man zu Latein sagt,
Simul legitimi et naturales in legitimo matrimonio nati sein, und soll sy
nichts helffen, wann sy sagen woltten, sy weren entweder per Palatinos
Comites, oder auch per Rescriptum Summi Principis, oder sogar sub-
sequens matrimonium legitimirt, und geeheliget worden, sintemal auch
dise etiam per subsequens tale matrimonium praetense Legitimati, diser
unsere Erbverainigung gar durchaus nicht fehig sein.
Ingleichen sollen auch die Adoptivi nicht zugelassen werden, oder
die adoptio sine arogatio bey diser Erbverainigung statt haben.
1 4 9
Ferner sollen auch die geistlichen Personen, sy seyen reguläres oder
nit, und dann in genere die Weibesbilder von der Fettigkeit diser Erb-
vereinigung separirt und aussgesondert, sein, und solche Erbverainigung
bloss allein auf den mannlichen, ehelichen, weltlichen Geblüeth, Nam-
men und Stammes der Herrn von Liechtenstein von Nicolspurg, so lang
derselbe wehret, beruehen, ess were dann Sach, das der weltliche
mannliche Stamm der Herren von Liechtenstein von Nicolspurg, gantz
und gar verleschen thete, und nur von demselben Geschlecht, geistliche
Mannes, oder zur Keuschheit verlobte Ritterliche Ordens Personen,
einer oder mehr überblieben weren, so soll auf solchen zuetragenden
Fall zu Erhalttung des Geschlechts, haimb und frey gestellt sein, ob
einer bey der Päbstlichen Heyligkait zu Ablegung des geistlichen, und
Annemmting des weltlichen Standts, Dispensation begern und erlangen
woltt, zu welchem Ende dann, die obige, wegen der Geistlichen be-
schehene Exchision, solchen keines weegs praeiudicirlich sein soll, je-
doch wirdt diser Punct ratione dispensationis, der Päbstlichen Heylig-
kait hiermit vollkömmlich submittirt.
Damit aber dennoch den andern obbenannten Personen, auch jre
gebürende Aussrichtung beschehe, so sollen, von den Geistlichen anzu-
fahn, es mit denselben also gehalten werden, wann in einem, dem an-
dern, oder dritten, Unser Pasciscenten Stamm oder Linea vil unter-
schidliche Söhne weren, deren einer oder mehr zu dem geistlichen Stant,
durch Inspiration des Heyligen Geistes, Lust und Lieb hetten, oder es
sonsten von jren Eltern, mit Rath des Inspectoris, also für guet angese-
hen wurde, und der oder dieselben wurden alssdann zu einem geistli-
chen Beneficio, Praelatur, Ritter, oder anderen Orden befürdert, auss
welchem Beneficio oder Orden, er oder sy ire zimbliche Unterhaltung
gehaben können, so sollen sy sich alssdann mit solchem Unterhalt be-
nuegen lassen, und derselbige, wie auch die Müehe, und Unkosten, die
man auf sy in jrer Jugent, und zu Erhaltung des obgedachten Beneficii,
angewendt haben wirdt, inen in ire Legitimam imputirt und gerechnet
werden, darauf, und dann sonderlich in Erwegung das ire Eltern an den
Fideicommissgüetern kein Proprietet, sondern allein den Usumfructum
haben, und also die Forderung der Legitimae an sich selbstfället. Sy die
also mit geistlichen Beneficiis versehene Söhne, ein weitters von iren
Eltern oder Brüedern nit fordern, sondern vilmehr gegen Antrettung
und Nutzung der geistlichen Beneficien vollkommene Renunciation,
1 5 0
aller, und jeder vätterlichen Anwartschaft^ in der krefftigsten Form und
mit Aydtslaistung zuthun obligirt und verbunden sein sollen.
Eine gleiche Mainung soll es auch in der Primogenitur Linea mit
den secundo vel tertio genitis fratribus haben, welche secundo et tertio-
geniti gar kaine Legitimam zuerfordern haben, weil dieselbig durch
Aufrichtung und Kayser: oder Königlicher, auch Landtsfürstlicher Be-
stättigung der Primogeniturae Jntuitu, und sovil die Primogenitur
Güeter angehet, gentzlich absorbirt und auffgehebt würdet, doch von
der Primogeniti übrigen Fideicommiss oder andern Güetern, ausser-
halb des Erstgeburthsthumbs Güeter, solle seinen Nachgebornen andern
Söhnen, ihre Portion und Antheil, an deren Besitz und Genuss, wie oben
begriffen, bevorstehen.
Ferner so vil die von Herrn von Liechtenstein von Nicolspurg er-
zeugte eheliche Töchter anreicht, soll es mit Erziehung und Abstattung
derselben, wie vor alters gehalten werden, das nemblich dieselben, so
lang sy unverheyrathet, in ihren Vätter, oder Müetter, oder auch der
Vormunden Häusern, nach Ehren, Wierdten und Landtsgebrauch, statt-
lich und wol, und also unterhaltten werden, wie ungeferlich bisshero bey
unserm Geschlecht, breuchig gewesen und noch ist.
Wann sy aber durch ihre Eltern, den Director des Hauses, und an-
dere ihre Vormunde und Verwandte, zu ehelichen Heurathen, befürdert
und zugelassen werden, so soll jederzeit einer jeden Tochter, zu ainem
rechten Heyrattgtiet und Haimbesteuer, und für ihre vätterlichen Erb:
und Anthail drey tausent Gulden Rheinich zugeben verbunden seyn,
doch da jemandt aus Unns und Unsern Nachkommen an Paarschafften,
oder andern Güetern so reich und vermugendt were, das er vil ain hö-
hern Dotation und Ausssteuerung, ohn seinen Schaden, und ohne Ver-
pfendung der Fideicommissgüeter thuen könte und wolte, soll solche
Dotation und Aussstattung in desselben freyen Wilkür und Arbitrium
gestellt sein, doch das dardurch, wie gesagt, die Fideicommiss: und
Primogenitur Güetern, der wenigste Schaden, Nachteil oder auch Gefahr
nicht zuerwachsse.
Und mit solcher Ausstattung Vätterlichen Guetts, sollen alsdann die
Töchter durchaus zufrieden und benuegt sein, auch wann sy verheyrattet
werden, von der Hochzeit, vermug Unserer löblichen Vorfaren, alten
und jetzo erneuerten Erbainigungs Ordnung, sich gegen unserm gantzen
Nammen mannlichen Geschlechts, aller ihrer Sprüch und Forderung
151
begeben, und solenniter durch sich selbsten und ihre künfftige Ehe-
männer, in Beysein ihrer engsten Verwandten, Bluettsfreundt genueg-
same aydtliche Verzicht thuen, und wann sy gleich solche Verzicht nit
thetten, so ist doch dieselbe facto ipso pro praestita zuhaltten, weyl
ihnen den Töchtern ohne diss an dem Aigenthenthumb der Fidei-
commissgüeter nichts gebüert, und respectu des blossen Ususfructus,
den die abstattende Vätter an den Fideicommissgüetern haben, sich mit
obangeregter Abstattung billich contentiren lassen sollen. Doch sollen
mehrgedachte Töchter an dem jenigen, was ihnen etwa a materna Linea,
oder von mueterlichen Guet gebüeren und zufallen möchte, ungefehrdet,
und unverzihen verbleiben.
Was dann ferner die Abstatt und Verleibgeding der Wittiben an-
reicht soll es damit also gehalten werden, wann ein Heyrat in Unserm
Geschlecht fortan geschieht das alsdann wegen des Heyrathsguets, und
wegen der Widerlegung und Wittibenthumbs Siz privatim nichts ver-
sprochen oder zugesagt, sondern solche Versprech und Versicherung,
mit Vorwissen und Verwilligung des Erstgebornen und Directoris Un-
sers Hauses, oder wann es ihne selbst betreffe mit Zuezihung der negsten
Agnaten, vorgenohmmen, beschlossen, und abgehandelt werde, und
wann man besser nit kan, so soll und mag durch Verschreibung gewisser
jährlichen Einkommen, die Gemahlin auf den künfftigen Fall des Witt-
wenstandtes versichert werden, doch also, das in allweeg durch solches
Heyratguets, Widerlegung, und des Leibgedings oder Widdumbs halben,
die ligenden Erstgeburthsthumbs und Erbverainigungs Güetern sonst
ohn alle Schmellerung und Schaden verbleiben.
Dabey sonderlich auch ferner in acht zunemmen, das kainer des
Geschlechts, wann er sich in Heyrath einlässt, zum Heyrathguet mehr
dann sechs tausend und der Erstgeborne oder Director des Hauses
zwelff tausend Gulden Rheinich darauff das gegen Vermächtnuss oder
Verleibgeding zuerichten, anzunemmen, Macht haben solle.
Es were dann Sach, das die andern interessierten Brüeder oder
Vettern mit ihrem gueten freyen ungezwungenem Willen villeicht aus
erheblichen Ursachen und Umstenden, für guet ansehen und einwillig-
ten, das einer ein Mehrers und Höhers annemmen möchte und sollte, so
soll alssdann solche Annemmung, und per consequens, gegen Ver-
mächtnus, es betreffe gleich den Erstgebornen oder einen andern, nicht
verbotten, sondern auf obbeschribene Mass, erlaubet und verstattet sein.
1 5 2
Die gebrechlichen Blödsinnigen, sollen nach Ermessigung des Direc-
toris, mit Zueziehung ihrer negsten Agnaten ex christiana charitate, mit
aller Notturff zu Verhüettung des Geschlechts Nachrede, threulich ver-
sehen werden.
Und dieweiln oben in § vigesimo primo von den Unmündigen und
derselben Bevormundung Meldung beschehen, daselbst aber von des
Erstgebornnen und Directoris Bevormundung nichts erwehnet worden,
alss ist allhier schliesslich zuwissen, wann sich der Fal l begäbe, das der
Primogenitus welcher der andern Vormunde und Director des gantzen
Hauses sein solle, noch Unmundisch, das ist unter achzehn Jahren, oder
sonsten also beschaffen, das er der Curatela unterworffen sein soltte,
befunden wrde, alssdann und auf solchen Fal l , soll derjenige Agnat,
welcher die erste und neheste Anwartschaff zu dem Erstgeburttsthumb
hatt, und des Alters, auch der Qualification ist, das er ein Tutor und
Curator sein könne, des minderjährigen Erstgebornen Principal Vor -
munde sein, doch das er andere zwene die Eltisten des Geschlechts zu.
Mitvormunden zu sich ziehe, und soll also die Verwahr und Erzihung
des Erstgebornen Person, wie dann auch die Verwaltung der Erstge-
burttsthumb, und was deme, wie obengemeldet, dem Primogenito zu-
laisten gebüert, und anderen dem Erstgebornen zugehörenden Fidei-
commiss und anderer Güeter sambtlich zustehen, die werden als redliche
Leuth des Primogeniti, und künftigen Directoris Wolfahrt und Nutz so
lang er unter irer Zucht und Verwaltung ist, ihnen mit allen Vleiss und
eüssersten Threuen angelegen sein lassen, damit bey solcher Verwaltung
der Erstgeburthsthumb, und die andern Fideicommissgüeter nicht allain
nit im geringsten deteriorirt oder geschmelert, sondern vilmehr gebessert
und vermehrt, und durch guetes Hausshalten der Vormunder dem Erst-
gebornen ain Vorrath an Geldt gesamblet, oder Güeter davon erkaufft
werden, welcher Schatz, und Vorrath dem Erstgeburtsthumb accress-
ciren, und eben die Fideicommiss Natur und Aigenschaff haben soll,
wie das Erstgeburtsthumb selber gestiftet ist, doch das von solchen er-
sparten Einkommen oder Schatz ein Annata, oder Jahrs Gefell dem
Erstgebornen zu seiner aignen willkürlichen Disposition, freygelassen
werden, damit er mit solcher Annata, oder Jahrs Gefell sich bey seiner
Antrettung desto besser einrichten könne, und ein ebenmessige M a i -
nung, soll es auch mit der andern zwayen Linien pupillis, oder minoren-
nibus haben, das nemlich auch ihnen, der inpupillari, sive minore aetate,
1 5 3
ersparte Vorrath zum Fideicommiss accresscire: einer Annata, oder
von derselben gebührenden Proportion und Anteil aber, oder Jahrs Ge-
fell, in des Anttrettenden freyen Disposition oder Willküer gelassen
werde.
Sobald aber vilgedachter Erstgeborner das achzehndt Jahr seines
Alters erfüllet haben wirdt, soll er nicht allein von der Vormundtschaff,
das ist der Tutel und Curatel loss und ledig sein, sondern auch der voll-
kommenen Administration der Primogenitur Fideicommissgüeter, D i -
rection des Hauses und anderer seiner Haab und Güeter fehig, und die
gewesene Tutores und Curatores, ihme gepflogener Verwaltung und
Administration Rechnung zuthuen und all das jehnige, was zu dem
Erstgeburttsthumb, und zu der Direction des Hauses, vermög diser Erb-
verainigung gehört würcklich und realiter einzuräumen und zu über-
liffern obligirt und verbunden sein, doch soll er Erstgeborner und
Director zu dieser würcklichen Einräumung und real Übergebung ob-
geschriebener Güeter, Rechten, Praeminentien und Gerechtigkaiten nit
zugelassen werden, er habe dann zuvorhin in Gegenwartt seiner gewese-
nen Tutorn und Curatorn oder in Abgang derselben in Gegenwart
dreyer anderer Agnaten, dafern deroselben sovil in Leben sein werden,
einen cörperlichen gelärten Aydt geschworn, dass er diser verfassten
Erbverainigung in genere, und in specie in allen und jeden iren Puncten,
und Articuln, getreuelich und vollkommentlich nachleben, und darwider
nimmermehr nichts thuen noch vornemmen, noch andern zuthuen oder
vorzunemmen gestatten und zuelassen wolle.
Und eben einen gleichmässigen Aydt sollen auch alle andere diser
Erbainigung zugethane junge Herrn von Liechtenstein von Nicolspurg,
so baldt sy das achtzehende Jahr ires Alters erfüllt haben werden, zu-
handen des Primogeniti und Directoris, und anderer zu sich gezogenen
Agnaten, vor würcklicher antrettung dero ihnen zum Besitz und Mes-
sung zustehenden Güeter praestirn und leisten.
Ja es sollen auch die pro tempore wesende Vormündt, oder Tutores
und Curatores, Wann sy ihre Vormundtschaff antretten, neben dem
Vormundts Aydt auch diesen Aydt, de observandis hisce familiae pactis,
et cenventionibus, anstatt ihrer Mundtlin biss ihne die Mundtlin selbst
laisten können, zu praestiren, und zu laisten verbunden sein.
In massen dann Wir drey, die Haupt Paciscenten Gebrüedern, Uns
selbst zu förderst zu eben diesem Aydt gutwillig erbotten, und denselben
1 5 4
würcklich gelaistet haben sollen und hiemit laisten, gelobende und zu-
sagende in Krafft und vermög dises solenn Erbverainigungsbrieffs und
anhangenden Jnsigeln für Unns, Unnsere Söhne, Töchter, Erben, Erb-
nemmen und Nachkommen, disem allem, und jeden, was hierin einver-
leibt, und begriffen ist, alss unserm selbst erwöhletem wilkührlichem
Recht, getreulich, vestigelich, unverbrüchlich nachzuleben, und dar-
wider nimmer mehr, weder für Uns selbst zuthuen, noch andern zuthuen
gestatten und zuelassen, sondern all das Obgeschribene, als ein pactum
et conventionem juratam, als ein donationem reciprocam, als ein jus
privatum, als ein fideicommissum perpetuum, ja nit weniger als ein
instrumentum quarentigiatum, sive sententiam judicialem et rem judica-
tam ad amussim zuhalten, und darüber ainiche Disputationes oder
Disceptationes ausserhalb, wie oben von strittigen Fellen vermeldet
worden, nimmermehr nicht zugestatten.
Alss gelobe, versprich, zusage, und schwere Jch Carl Herr von
Liechtenstein von Nicolspurg, als der Zeit der Erstgeborne, und Haupt
Unnsers Hauses, für mich und meine, sowohl andere nachkommende
Erstgeborne Directores und andere Erben.
Dann auch Jch Maximilian, und Jch Gundagger Herr von Liechten-
stein Nicolspurg, als die Ander und Drittgeborne für Unns und Unsere
Jederzeit L in i und Nachkommen, Heren, Freuwlein, und Frauwen von
Liechtenstein von Nicolspurg wie die nach Ordnung diser Erbainigung
darzue gehören, und ins künnfig gehören werden, hiemit bey Unsern
christlichen Glauben, herrlichen Ehrn, thrauwen, und waren Wortten,
alss war Unns und Unsern Nachkommen Gott helffe.
Und damit ja dise sowol und treuwlich angesehene und gemainte
Convention, und Verainigung desto besser und steiffer gehalten, und
Meniglich auch von der geringsten Übertrettung derselben nicht allein
durch die erschröckliche Straff des Mainaidts abgeschröckt, sondern
auch durch andere Civi l und Willkührliche Paenas und Muletas gentz-
lich abgehaltten werde, als haben wir Unns ferner miteinander dahin
verglichen und verbunden, wann schon über alle Zuversicht einer aus
Unns oder Unsern Nachkommen, wider dise Erbverainigung, und also
wider sein Aydt und Pflicht in toto, oder in parte handeln wurde, dass
doch darumb die andern ihres Aydts, und Pflichts gar nicht entbunden
sein, sondern festiglich dabey verbleiben, und den anmassenden Über-
tretter daferrn es der Erstgeborne were, für den nehesten Befreundten,
1 5 5
oder wann es andere thetten, für dem Erstgebornen und Directore des
Hauses, und seinen Zugezogenen, alsobaldt besprechen, von seinem
Unfueg ab: zu steiff: und vester Haltung diser Erbverainigung ver-
mannen, welcher treuwen A b : und Anmannung, so er nicht statt geben,
sondern in seinem bösen Vorsatz und Widerspenstigkait fortfahrn wür-
de, so mögen der Erstgeborne und Director des Hauses mit seinen
Zugezogenen Agnaten, über der Sachen Rath halten, den wider Pflicht
und Aydt strebenden Mann, oder Weibs Person nachmaln, da sy es vor
nötig erachten, mit aller seiner Notturff hören, und alssdann die Umb-
stände der Sachen pro et contra vleissig erwegen, auch den gantzen Fal l
erbarlich auf das Papier bringen, und sich darüber bey Rechtsgelertten
und erfahrnen, super poena privationis belernen lassen und da sy auf
eingeholte Rechtsbelernung befinden, das ein solcher widerspenstiger
für unrecht, und also gedachter poena privationis unterwürfflich und
thailhafftig erkent wurde, mögen sy, der Primogenitus und zuegezogene
Agnati ad realem privationem schreitten, auch auf dem Fal l des Ver-
brechers Widersetzligkait, eines jeden Landts Herrn und Recht, umb
Hülff und Execution anrueffen, und sich derselben gebrauchen, und soll
desselben widerspenstigen Tail alssdann seinem nehesten Sucessori in
seiner Linea, und wann derselbig damals Minderjährig in die Curatel
und Administration des Primogeniti oder Directoris, biss solcher Minder
Jähriger seine Jahre erraicht, obiger Aussetzung nach, oder aber da nie-
mandt von seiner Linea vorhanden were, dem Primogenito und Directori
des Hauses zue, und anhaimb fallen, doch mit dem Beschaidt, wann ein
solcher Refractarius disen Unfueg vor leistung seines Corporal Aydts
gethan und vorgenommen hette, und er erkennete seinen Jrrthumb, vor,
oder in Jahr und Tag, nach der erfolgten Privation, und were Urpiettig
den Erbverainigungs Aydt zu laisten, und demselben vollkömblich nach-
zuleben, dass alssdann sein Guett ime widerumb eingeraumbt werde, die
sub privatione empfangene Nutzung aber bey deme, welchem das Guet
per privationem eingeraumbt worden ist, zu Straff verbleiben.
Beschliesslichen, wann etwan Wir, oder offtgenante Unsere Nach-
kommen alle oder etliche aus ihnen sich jetzt oder künfftig, diser Unser
Erbainigung, und was dero anhengig eine Zeitlang gar oder zumthail,
nicht gebrauchen, sondern villeicht durch Stillschweigen, oder auch
sonsten durch widerwertige oder andere Zuständte nicht exercirn oder
üben können oder würdten, so solle doch auch dasselbige Unserer
1 5 6
Famiii und Geschlecht, mit nichten im übrigen praeuidicirn, noch durch
ainiche Praescription oder Verweilung ainichen Mangel, Hinderung
oder Schaden bringen, sondern dessen ungeachtet dise Erbainigung
krefftig, auch die jehnige, welche derselben ferner geleben sollen und
sollen, ruhig darbey verbleiben, mit disem aussdrucklichen Anhang, wo
vilgedachte Erbainigung in einem oder mehreren Punkten vermög einer
Provinz oder Landts in denselben Landten oder Provintzen quod bona
vel personas ibi existentes, difficultirt werden wolte, dessen Wir doch nit
in Hoffnung stehen, dass nichts destoweniger, die gantze Verainigung
quoad caetera omnia bona et personas alibi eristentes, vel existentia,
bey vollkomenen Krefften verbleiben, und dardurch, das ein, oder
zween, oder mehr Passus strittig gemacht werden möchten, die andern
Articul, und vil weniger, das gantze Hauptwerck, gar nicht in Zweifel
gesetzt, oder für unkrefftig gehaltten werden solle, sondern es solle vi l -
mehr hierinnen die Rechts Regel ewiglich statt haben, quod utili per
inutile non debeat praejudicari quod contractus in uno vitiatus non
debeat censeri vitiatus in toto, sed potius vitiato seposito, vel mutato,
caetera, quae non sunt mutata perpetuo stare ac valere judicentur.
Wir verzeihen Unns auch für Unns, und Unsere Söhne, Töchter,
Erben, Erbnehmen, und Nachkommen aller und jeder Wolthatten und
Begnadungen der Recht sowoln aller Landts Ordtnungen und Gebrauch,
die Unns oder inen wider diss Unser Pactum familiae und unwider-
ruefliche Erbainigung zustatten kommen möchten, auch aller Päbstli-
chen, Kaiserlichen, Königlicher Jndult, Dispensationen und Absolutio-
nen, oder auch Relaxationen a Juramento, so durch Unns, Unsere
Söhne, Töchter, Erben, Erbnemmen und Nachkommen, oder auch durch
andere und frembde Personen, erlangt und aussgebracht werden, oder
aus aigener Beweg uns ergehen möchten, und alles andere, wie das
Menschen Sinn und List erdencken köndt, das alles wollen noch sollen
Wir, noch Unsere Söhne, Töchter, Erben, Erbnemmen und Nachkom-
men wider dises Pactum oder Erbverainigung, und was deme allen
einverleibt ist, nimmermehr gebrauchen, sondern soll hierdurch dises
Unsere Conventio reciproca Verwilligung und Erbverainigung, voll-
kommentlich und gäntzlich geschlossen und vollbracht sein, auch be-
stendig unveränderlich, und so lang auf diser Welt durch göttliche
Gnadt, Unser Nammen und Stamm der Herrn von Liechtenstein von
Nicolspurg weret, unverbrüchlich bleiben,
157
Und wo dise Erb Verainigung auss Mangel oder Gebrechen ainicher
Solennitet oder Zirligkait der gemainen beschribenen geistlichen und
weltlichen Recht, Reichs Constitutionen und Satzungen, sowoln der
Löblichen Königreich Hungarn und Behaim, oder dero incorporirten
Landten wie auch dess Ertzherzogthumbs Österreich und Marggraf-
thums Märhern, sonderbaren Landtsgebrauchen, Gewohnheiten und
Ordtnungen, in einem oder mehr Articuln, oder auch des gantzen
Wercks Arth und Aigenschafft nicht solte krefftig oder bestendig sein,
so wollen wir doch nichts destoweniger, das solches alles und jedes
Krafft und Macht habe, jure fideicommissi ad conservationem familiae
pacti, et omni meliori forma et modo quo de jure valere debet aut potest.
Ob sich aber, nach dem unerforschlichen Willen des Allmechtigen
zuetruege, das Wir oder Unsere mannliche Erben und Nachkommen,
Unseres Nammens und Stammens ehelichen gebornen, mit Todt alle
abgiengen, welche in Gottes Handten stehet, und Er nach seiner vätter-
lichen Güete gnedig verhüetten wolle, so sollen alssdann, wie in Unseren
Vorfordern alten Erbverainigung, auch dergleichen Fürsehung begrif-
fen, und gemachet ist, Unsere Güeter erblich fallen, auf Unsere negste
Freundt und Erben, wie sich das nach Ordnung der Recht und Landts-
gebrauch oder Gewohnheit gebüeret.
Es were dann Sach, das Wir oder Unsere mannliche Nachkommen
hier zwischen durch gemainen Rath und Verwilligung, etwann mit an-
dern Familiis, und Geschlechtern, das eines dem andern, nach des
letztlebenden Mannes Erben Todtsfall, und Abgang succedirn, folgen,
und ein Expectantz oder Antwarttschafft dahin haben solte, neure son-
dere Uniones, Bindtnussen, Erbverbrüederungen und Verwandtschaff-
ten aufrichten.
Dann dasselbig thuen Wir Unns, Unsern Erben und Nachkommen
hiemit aussdrücklich zu unserm freyen willen und Macht bedingen und
vorbehalten, und zu diesem Ende solle bey denen gewönlichen Renun-
ciationibus und Verzichten, weibliches Geschlechts Personen, auch dise
Casus mit wenigen Wortten angezogen werden.
Doch soll bey disem letzten Punct, der neuwen Verainigungen mit
andern Familiis von Unns den Paciscenten, oder von den jenigen auss
Unsern Erben und Nachkommen, welche solche Uniones oder Ver-
ainigungen machen möchten, und zumachen hiemit Gewalt haben sollen,
die Beschaidenhait gebraucht werden, das vilgedachte Verainigungen,
1 5 8
wann sie gefasst und geschlossen sein, dem zur Zeit regierenden König
zu Behaimen und Landtsfürsten umb gewönliche Confirmation, in-
massen anyetzo mit diser Haubtverainigung geschieht, gehorsambist
vorbracht werden.
Und soll dise jetzige Erbverainigung, wie dann auch andere künff-
tige, da dieselben erfolgen möchten, der Rom. Kay. auch Kon. Mth. als
Königen zu Behaim, Marggraven zu Mähern, Obristen, Herzogen in
Ober und Nider Schlesien, und Marggraven in Ober und Nider Lauss-
nitz, sonsten an habender Hocheit, Obrigkeit und Pottmessigkait ohn
allen Schaden und Nachtheil sein, threuwlich und sonder alle Gefahr.
Z u Urkundt dessen und das solches alles und jedes, was bisshero
nach lengst erzehlet worden, mit Unsrer aller einhelligen Mainung auch
samentlichem guetem Wissen und freyem unbezwungenem Willen ge-
schehen, haben Wir Carl Maximilian und Gundagger Herren von Liech-
tenstein von Nicolspurg Gebrüedere zu desto bestendigerer, auch stetter
und vester Haltung, Unsere angeborne Jnsigel an disen Erbainigungs-
brieff, deren drey gleies Inhalts aufgerichtet, und jedem Theil, zu sein,
seiner Erben, und Nachkommen, kunfftiger Nachrichtung einer gefert-
igter zuegestelt worden, hangen lassen und Unns mit aigenen Händen
unterschoben.
Geschehen zu Veldtsperg am Tag Michaelis, welcher war der neun-
undzwainzigist Septembris, im lahr, nach Christi Unsers Erlösers und
Seeligmachers Geburtt, ein tausent, sechhundert und sechs.
C. Liechtenstein M . Liechtenstein G . Liechtenstein
(Ausfertigung mit 3 eigenhändigen Unterschriften. Pergamentlibell,
25 Blätter, 3 anhängende Siegel.)
159
3. Der Familienvertrag vom 1. August 1842
5#tr Jlfotö gofepf) von Joffes Knaben
[ouuerniticr Sfirft unb Kcgiercr bea § n n f e s uon unb m tEted)tenffcin uon Micolsburg, § e r j o g
m Iroppnu mtb itigernborf in-äri)le[kn, OScnf ]u Kidberg, Kitter bes golbencitUliefjcs, Ößrofj-
krcirj bes königlich, §nnnöueranifd)en (Buelfen (Brbeus zc. ic. ic.
tljun Ijienüt hunb unb ju roifTen:
SDa es n ä m t i d j ben uncrforfdjtidjcn SHatljfdjtiijjcn ber SJorferjuug gefallen fjat, Unfern iimicjft geliebten
unti uctetjrtcn jpcrri t Sjater, ©eine Surdjtaucbt ben §c r rn Jiobauu SojeptjK.tc. aus biejem Ccbcu abzurufen,
unb ba SBir und) beit ^nftitutionen UnfcreS gürfttidjen Banfes, jonnc lioctj bei« Sicdjte ber Erflgcburt bic
[Regierung beäjetbeu angetreten, fomit aud; jene Unjeve« giirfteiitfjums ßiecfitcitftein als jouoeratucr Surft
unb SUitgtieb bes beutfdjen ©taatcttbuubes ü b e r n o m m e n , SBir aber in (entern iBejiebung für ttotf)n>cnbig
eradjtet tjaben, ü b e r bie S?ert)n(tniffe btefes Unjeres fouDcra incu gürjtenttjums eine btcibcnbe Skftimmung
feftjufejseu, fo tjnben S i r tu ilbcreuiftiniiuung mit Uitferen 5Durrf)taud)tigen £>crren Sörüberu unb Ütgunten
unter Siorciusjdjictuug alter ljiftovtjdjeu unb vedjKidjen l'iotiuc bie gegenwärtige Ürfunbc }n erridjtcn bejinibcn.
?(ts nänilia) Unfcr Surtlitaucfjtigfter SJorjarjrer ber | ) c r r gotjann Slbant gürf t uon Stcdjtenftein i n ben
gabren 1699, 1708 unb 1712 bte ehemaligen uiinuttetbaren Sfteicrjggraffcfjafteti SBabitj unb ©djeOcnbcrg
<m (itfj gebrodit, tmb überbiejj ju einer nod) gröfeern fürftemnäjjigenSBegüterung unb um v o t n i i t et sessiouem
bei ben Comiti is ^u Robert, bei beut fdpuäbijcben Greife bes bomattgen beutfdjeu SJteidjes ein unbcrjinstidjes
f apitnt per 250.000 ft. SR. SB. erlegt bitte, unb hiernach, baä SReidjs-Couclustim oermöge roefdjcm SBeitnub
Surft 3ot)nnu Stbnm uon Sicdjtenfteiu ad Sessiouem et votum lturftid) introbucirt lourbe, erfolgt lunr,
erfrmtttcu fdjon §od)beffen Erben unb Stadjfotger bie Siotljroeubigtett rüdfidjt(td) biejer SReidjä uniuittetbnveu
Sehlingen uub beä ju einer nod) g r ö ß e r e n Siegürerung gennbtneten Kapitals eine SSeftintmuug ,ju treffen.
E * untrbe baf)cr untenu 12. WIöXq 1718 glmichen bem 9tud)}otger SBeitnub bc§ gürj tcu ^ot)nuit
Slbant in bem 3Jtajornt'.£>auptfibeiconimi[fc Unfercs gürfttidjen fjaujcS, uämlid) jroifdjen SBcdnub ©r. Surd)«
lattdjt bem gürften Stnton gforinn unb öorfjbcffcn Serrtt Sjrubcr? litptipp Erasmus ©öfjnen, uämtidj bfu
.perren g ü r f t e n Soicpb SBenjt, Emnuuet nnb Sohnun Stnton ein Übcrcintommen getroffen, gemäß toetdjcm
pro bonore et s p l c u t l o r e familiae für nüjjtidj unb bientidj erachtet roürbe, bte befagten unmittelbaren
9tetct)SgraffdjQffcn futmut Srnpitat, foiuie bte Steicfjsfürfteu-Quatität, bann ©tb, uub ©timnte bei 9teidjs= uub
Kreistagen auf ben jeweiligen Stegtcrcr Unfcre? gürfttidjen 4>nuje8 und) ber in ber urfprüngtidjen Erbs-
Union de anno 1606 über bas 5D!njorat-gibei-Kotumijj feftgcfe|ten Priniogenit.nr.grbfotge ju übertragen,
botjer benu aud) fotcfje fantutt bem Sapitat per 250.000 ft. ober aud) bic attenfatls p e r m o d i t n i s u r r o -
g a t i f ü r b ie j e s S n p i t a t j u b i n t r i r e n b e n n b c r loci t ige 9ictci)ägütcr SBeitnub bem Gerrit Surften 9Inton
gfortau nts SJtegterer bes ßaufes burd) ben genannten gamtüenpaft Pom 12. SRärj 1718 übertaffen, unb hierin
weiter beftimmt tuurbe, baß attcä bteies ein Uniermgürft(icb,en .fpauje auf eloig nfficirtes F ide i -Commiss i im
priniogcniturae fein unb bleiben fofle. Siefer SBcrtrag nmrbe uon SBeitnub ©r. SDtajeftät Enrt VI . gtorreidjen
1 6 0
Stnbentens als SReicbs-Dberbaupt unterm 23. Sänner 1719 adergnäbigft beftätigt, unb bie faiferlicbe Eon-
firntation ausbrücfticb bafnn ertbeitt, baß obenbefagte ©raf- unb ©errjcbaften nebft Kapital, ober ben ftatt
beffen etwa fünftig noch ju erwerbenben ©ütern in ein bei ber Primogenitur-Sinie bes großen SDiajorats
Unferes gürftticben ©aufes »erbleibenbes u n m i t t e l b a r e s SReicbsfürftentbum unter bem SRamen ß i e d j t e u -
f te in aufgerichtet uub erhoben würben.
3m SSerfotge ber 3eit würbe jeboct) oermöge eines unterm 16. 3 u t i 1737 mit ben an ber 33cmt bes
jebwäbifdjen ffreifes beftettten ehemaligen beutfcf)en SReicbSftäuben gefdjloffenen SRejeffes Bon benjetben auf baS
bafetbft ertiegeube Eapitat per 250.000 ft. SR. SB. bie Summe dem 75.000 ft. SR. SB. jurüdgejabtt , unb
fomit ba» obengenannte Eapitat bei ber fd)wäbifchen Kreisfaffa auf 175.000 ft. rebucirt. 58as jurüdgejablte
Eapitats-SRatum per 75.000 ft. SR. SB. würbe oermöge eines am 4. Seccmber 1754 jWifdjen Unferen S3or-
fahren Surften Sofept) SBettjt unb Emanuet oon Siecbtenftein, bann bem Erben SBeitanb bes ©errn 3ot)ann
Kart gürften bon Siedjtenftein abgefdjtoßenen SranSafteä auf ben Sldobiat ©errfebaften Stuffee, ©ternberg unb
Kartsberg (anbtäftich ausgejeid)net, haftet noch gegenwärtig hierauf unb bitbet fomit a ß ein in ber Über«
macbttng ber f. t. öfterreicr)ifct)en SJetjörben ftc^enbes Sßecuniar'Sibetcommiß einen iutegrirenben SSeftattbttjeit
ber für bas Sürftenthum Siedjtenftein urfprünglicb begrünbeten Sotatiou.
^er bei beut febwäbijeben Sreife annodj gelegene Sapitatsreft per 175.000 ft. SR. SB. erfitt mit ber
im galjre 180G eingetretenen Slujtöfung bes beutfd)en SReicbsS eine anbere ©eftatttmg babin, bafs fetber oon
beu SRegierungen bes Königreiches SJatjern, bann ber gürftentfjümer ©odenjoflern-©edjingen, ©obenjottern-
©igmaringen unb Serm gemäß einer am 7. Sebruar 1809 abgefcbloßenen Sonoention jur Slbftr.ttnng in
einem auf 92.000 f l . SR. SB. ober 77.000 ft. im 20 ft. guße E . SUtje. richtiggeftettten Sjetrage übernommen
uub auch wirtlich banr äuri'tcl&ejafjtt, oon SBeitanb Unferm Surcbtaudjtigfteu ©errn Sjater aber in 4pctige
t. f. öfterreiäjifaje ©tnatsjdjutboerfdjreibungen umgefetjt roorben ift, welches bei Uuferer gürftticben SB7ajorat»
©anpttaffa ertiegeube unb bafetbft in SJerWattuug unb Verrechnung ftefjenbe Eapitat per . . . 77.000 ft.
batjer im Siereinc mit bem auf ben ©errfebaften Stuffee, Sternberg unb Sarlsberg intabutirten
Eapitat per " 75.000 ft.
bie bermatige Dotation bes Sürftentbums repräfentirt, unb mit bemfetben bem monardufdjeu SBrincip unb
beu 3«ftitittioueu Unfercs ©aufe» gemäß an ben berufenen jeweiligen SRegierer unb fouoeraiuen Eljef bes-
jetben junt Srudjtgeuujfe ober jur fonftigen ben weiter unten fotgenben Seftimmungcn gemäßen SJermenbnng
übergeht.
SJtacbbent enbtid) bie bei ©etegenbeit ber im 3at)rc 1806 nach Sluftöfung bes beutfdjen SReidjes ein'
getreteneu Erridjtuug bes ephemeren SRbeinbunbes (in wetdjent ba3 Sürftenthum Siecbtenftein mit Boiler
©ouoerainität aufgenommen würbe) oon SBeitanb Unferm £)urd)tnud)tigften ©errn Sjater ju ©unften feines
brittgebornen ©obnc-3, Unjeres gürfttidjen ©errn SBruber* Surften Sari , befdjtoßene Slbtretung bes Surften*
tbmns nie atl eft'ectum getommen, joldjc« feitbent aud) bei ©rünbitttg beS beutfdjeu SSunbc» burd) Stuf-
nähme Unferes obgenannten ©öcbftfeetigen ßer rn SJaters burd) alte biefeu SSunb bitbenben, fo loie auch burd)
ade anbern ©ouoeraine Europas anertannt, eine gleiche Stncrtennung Uuferer burd) befagten nicht ad
effectum getommeuen Skfdjlufs unbeirrten Erbsrecfjte, auch ber burd) fämmttidje Unjeve gürfttidjen
©erren Slrübcr oolljogeuen Erbscrf täning erneuert roorben, fomit bte ©ouperainität unb SRegierung beS
gürftentbums bem monardjifcben principe unb beu 3nftitutiouen Unferes ©aufes gemäß bem Prii i iogenitur-
SRechte nad) erbtid) an Uns gebietjen ift, unb wir als ©ouberain uub SDtitgtieb bes beutfdjeu S3unbes aüfeitig
anertannt finb, fo beftintmen unb oerorbnen SBir batjer nad) Sioraustaffung adeS beffen in Slusübung
Uuferer ©ouuerainitäts-SRcdjte, in SJeadjtung ber bei Unferem gürfttidjen ©aufc beftebenben gamitien-Stntute
unb in Übereiuftimmung mit Unferen Sürftlidjen ©errn Sinthern unb Stguaten hiemit wie folgt:
I. ®a» ©ouueraine Sürftenthum Siecbtenftein, aus ben ©raffchaftcu Siabttj uub Schedenberg beftehenb,
oerbunben mit beut S3efib, unb ©enuß eines Kapitals per 75.000 ft- unb eines per 77.000 ft- jufammen
per 152.000 ft. int 20 ft- 3 l l 6 c ®- 3"ä c- ° ^ c t ' Q Surrogatum biefer ®e(b-5>otation mit beu fiiefür nach
ben unten fotgenben Slefttmmungen etwa ju aeguirirenbeu ©ütern jode bei UuS, als bem nadj bem Erft-
gebttrtSrechte, unb ben 3«mitien-©tatuten berufenen SRegierer Unferes fürfttidjen ©aufeS unb Uuferer ehelich
männlichen Scscenbcti} auf einige Reiten bergeftatt cigeuthümtidj oerbfeibett, bafS biefes Sürftenthum mit
ber ©ouoerainität, uub bem befagten Kapitale ober ber ftatt beffen gefdjetjenen aüfädigen Slugmentation nach
Unferm Slbfterben auf Unfern Erftgebornen ehetigen ©otjn unb fofort naaj ber' Orbnnng ber Erftgeburt
immer an ben Erftgebornen ehetigen ©obn bes fejjten 33efi^ers beS gürftenthumS unb SRegierer bes ©aufcs
uub beffen ehelich männliche Söescenbenj im S"de be» SlbfterbenS beä Erftgebornen ohne SRiirffaffung einer
ehelich männlichen SeScenbeitj aber an bie naebgebornen ehetidjen ©ohne bes testen SJefi^erS unb SRegiererS
uub beten erjeticfi ntäuntidje SRadjfommenfcbajt naa) ber Orbnnng ber Primogenitur unb in Ermanglung
jotdjer Scscenbenj beS testen S3efit^er§ unb SRegierer^ aber an bie näajfte ber burd) Itnfere nadjgebornen
©öljne gegrünbeten Sinieu immer nach ber Orbnnng ber Erftgeburt übergehen jode.
161
II. ©otlten SBir, ober jottten Unfere et)eticf) männtidje SBeScenbenteu otjne weitere foldje SCeScenbenj
mit l o b abgeben, fo fotl baS gürftentbum mit feiner ©ouoerainität unb obengenannten SIppertinentien an
Unfern, uns junätbft fotgenben gürftticben ©errn SBruber granj uub beffen cljelicb männtidje SBescenbenj,
bei SIbfterben ber Sinie Unferes SBruberS ©errn gürften granj au Unfern 2",n SBruber ben ©errn gürften
Sar i unb beffen efjclieb männtidje SDeScenbcnj, bei SIbfterben ber Sinie Unfers ©errn SBruberS Sari an Unfern
3"." SBruber ben ©errn gürften griebritt) unb beffen ebetiaj ntännüdje SEeScettbenj, bei SIbfterben ber Sinie
Unferes ©errn SBruber« griebrid) au unferen 4"," SBruber ben ©errn gürften Ebuarb unb beffen ebeüa) ntünn-
tict)e SSeScenbenj, bei Stbfterbeu ber Sinie UnjereS ©errn SBruber! Ebuarb an Unfern 5"." SBruber ben ©errn
gürften Sluguft unb beffen ebetidj inännlicbe SBescenbenj, unb bei SIbfterben ber Sinie biefeS Sejjteren an
Unferen jüngften 33ruber ben ©errn gürften SRubolpb uub beffen erjetiefj männlidje SeScenbenj übergeben,
fo bafä aud) bei jeber jüngeren Sinie immer bie Erbfolge in bas gürftentbum mit feiner ©ouoerainität unb
SIppertinentien nad) ber flrbnung ber Primogenitur Statt baben fott, unb immer nur bie ebetid) männlid)e
SeScenbenj b ' e i u gelangen fann.
III. ©ottten ade Unfere bier genannten ©erven 83rübcr unb bereu et)etid) männtiebe SeScenbenten
obne tucitere fo(d)e SCeSccnbenj oerftorben fein, fo foll baS gürftentbum mit feiner ©ouoerainität unb Slpper-
tinentien an biejenigen burd) SBeitanb Unfern gürftlirf)eu ©errn ©roß-Obeim Sart gürften Don Siedjtenftein
begrünbeten Stebentinie Unferer gürftticben ©errn Signalen ftetS uarb ber Dränung ber Erftgeburt unb in
ibrer er)eticf) männtieben ®eScenbettä übergeben, roetebe jür biefen galt nad) ber für Unfer gürfttid)eS ©aus
atS pragmatijdje ©uccejfionS-SRorm beftebenben ErbS-Uttion de anno 1606, unb fonftigen gomitien-
©tatuten jur SRegieruitg Unjeres gürftticben ©aujeä berufen ift, inbem el niebt nur fefiott in bem gamitien-
SBcrtrage com 12. SPiärj 1718 begrünbet, fonbern aud) Unfer SBille unb SÜcrorbmmg ift, bafs bas gürften-
tbum Siedjtenftein mit ber ©ouoerainen SBürbe unb fonftigen Stppertincntieu ftetS bei bem jeweiligen SRegierer
unb Sb e f Unferes gürftticben ©aufes für immermätjrenbe geiten berbteiben [otte, baber beult auetj bie
©ucceffion im (ouoerainen gürftentbmne ausbrüdtid; an jene SBeftimmungen gebnnben wirb, wetebe betagte
ErbS-Union de anno 1606 e n t ö l t , unb wie fie in ber SBeilage als einer genauen bon uns unb ben baju
berufenen 3 e l l 9 e " beglaubigt unb bem Original ODUfommen gteidjtaurcnb eiugefebeu nnb anertannt, auf-
gejübtt finb.
IV. SBir bitten Uns beoor, uub motten aud) allen Unfern in ber ©ouoerainität unb ber SRegierung
bes ©aufcS uad) obigen Körnten berufeneu 9iadjjo(gertt biemit uor6ebattett fjabeu, bafs SBir — ober wenn es
oon uns nid)t bei Sebjeiten gefcfjeljen wäre, aud) biejc unfere SRadjfotger mit bem außer beut bereits
beftebenben geibeicommiß-Eapitatc per 75.000 ft. jur fouoerainen güvftcnmürbe nod) weiter gehörigen
Eapitat per 77.000 ft. entweber jur SBergrößcrung beS gürftentbumS*©ebieteS, ober menigftenS jur beffern
©id)erung befagten Kapitals niittetft neuer Slcquifition an fouoerainem SBefi^ttjum ober nueb au aubern
©ütern gnnj ober t()eitloeije frei bispouiven, in roetebem gälte bann bie neuen Stcquijitiotten als integrirenbe
SJeftanbttjcilc beS fouuerainen gürftentbum», ober als ein ju jetbem gebörenbes Satnmergut ausgeben fein
werben, unb für fie bie nämlid)e ©ucceffions-Orbnung gcltenb fein fod.
V. SjiS jur fbuuttdieii SRealifiruug ber beut KapitatS-Stufbeite per 77.000 ft. Silb IV gegebenen
S3eftituntuug jod ber 4%ge gruajtgcuujj bem jetueitigeu ©ouuerain uub Stjef Unferes gürftticben ©aufeS
jufteben, unb tjieriiber eine eigene Verwaltung unb Verrechnung bei Unferm gürfttidjen ©aufe gepftogeu
werben, inbem jotd)eS mit jetuem gejammten fonftigen S(dobia(-S5ermögcn für bie Slujredjtbaltung biefeS
.Kapitals bis ju jeiner ud IV beftimmten Sßermenbung bic ©arantie unb ©aftung jti übernebmen r)at.
VI . SBir jeecn auf immerioäbrenbc Seiten ats eine unoertejjlicbe unb beilig ju beaebtenbe SRegct für
Uns unb ade Unjere in ber ©ouberainität unb im SBefifje beS gürftentbums nadjfotgeube SRegierer Unferes
gürftticben ©aufes hiermit jeft, bnjS SBir unb © i e bie In t egr i tä t bes gürftentbums Siecbtenftein in jenem
ganzen Umfange, luie er mit Siujdjtub ber im IV. Stbfajj beftimmten SJietioration unb aflfäfligen Ver-
größerungen oon einem SRegierer bes ©aufes au ben Stubcrn übergeben wirb, attfredjt ju ermatten, gehalten
fein foden, obne bafs jeboctj Uns uub einem ober bem Stnbertt Unferer SRadjfotger bermebrt fein jode, bie
SBerbefferung ober Vergrößerung beS gürftentbums aud) über bie ad I V obnebin baju beftimmte ©ummc
aus feinem fonftigen Slflobiat-Vermögen auSjubebneu; im ©egeutbeile foden
VI I . ade beriet Vermehrungen ober Verbefferuugen beS SanbeSfürfttidjen SRcat- unb Serrttoriat-
S3efi()eS im gürftentbum, bie aus Unferm Stttobiat-SJermögen, ober auS jenem eine» ober bes anbern Unferer
SRegierungS-SItadjfotger erworben werben, auf immerwäbrenbe 3eiten als integrirenbe SBeftanbtbeite, uub
frei gegen ade Slnfprüdje ber etwaigen Stdobiat-ErbSintereffenfeu bei bem gürftentbume tierbteibeu, inbem
Unfere Stbfidjt unb Unfer SBifle ausbrüdtid) babin gerichtet ift, unb ju biefem Eube auetj tjiemit oerorbnet
wirb, bafs befagtes gürftentbum in jener SluSbebnung, wie eS bon einem SRegierer an beu SInbern übergeben
wirb, niemals unb feiner 3ett gefcfjmätert, wobt aber augmentirt werben fode, baber Sebent Unferer
1 6 2
SegierungS-SRacbfotger, unter beffen SSefifce uub Regierung eine Verjrbmälerung beS bei feinem SRcgierungs-
Stntritte übernommenen gürftentbum3-S3eftanbes eintreten roürbe, bie Verpflichtung obliegen fotle, fotcfjen
aus feinem fonftigen Slttobiat-Sftadjlafje ju reintegrireu, folglich feineu SRadjfotger für jebe ©djmäterung bes
gürftentbums ä" m Setjufe ber oon biefem Settern itnoerjüglirb 311 reatifirenben SBieberergänäung bes
VeftanbeS ju entfdjäbigen.
V I I I . Sollte im Verfolge ber 3eit unb in ©emäjjfjett tünftig möglicher potitifdjer Vertjättniffe oon
Uns, ober Sinem Unferer SRadjfotger in ber ©ouoerainität unb {Regierung burd) griebenS-Stllian}» ober
©taatS- bann (äfjeoerrräge eine Vergrößerung bes gürftcntbumS-®ebieteS uub Vermehrung an Sanb unb
Untertanen acquirirt roerben, fo fotten aud) bieje Slcquifitionen ats integrirenbe Veftanbujeite bei bem
gürftetitljutne oerbteiben unb erhatten toerben, baher aud) in biefer Vejiebung bic oorloärts ad VII getroffe-
nen Vcftimmungen unb Stnorbttungen unabönbertid) }u gelten unb fortan in Straft unb Slnorbnttng ju
bleiben b"ben.
I X . SBenn es fid) enbtid) nad) bem unerforfdjlidjen Stödten beS Slflmäebtigett jutrüge, bafl oon Unfern
männlichen SRacbtomtnen ade mit lob abgingen, fomit ber gefammte SUtattnS-©tamni UnferS gürfttidjen
©aufes ertöfdjen foßte, fo hätte ber Vefifc unb bie ©ounerainität be-3 gürftentbums auf bie grauen beS
Siedjtenffein'frben ©tammeS überjugeben, unb oon fetben auf bereu ndenfädige männtidje S ü e t i , roenu
fie altabetigen ©efdjterbteS finb, alles unter Stujredjtbattung ber übrigen Veftimmungeu biefeS Statuts unb
ber (SrbS-Union ODII 1606.
3nbem SBir baber alte in biefer Urtunbe enthaltenen liunfte Kraft ber Uns juftetjenbcu ©ouoerainitätS-
uub SRegicrungSredjte als ein binbettbeS Statut für Uns, Unfere SRadjfotger uub Unfer gejammteS gürfttidjeS
© a u s hiemit feierlich erttären, uub fotdjes für alle Seiten bnubjiibaben oerorbneu, bähen SBir jur Urfunb
beffen biefe Sitte eigenbnnbig unterfdjrieben uub Unfer gürfttictjeS Snficgel beibrüdett tafjen, aud) ift fie jum
Sieroeije ber Übereinftimmuug oon Unfern gcfnmmten gürfttidjen ©errn Sinthern unb SIgnaten mit inner-
jeidjuet unb befiegett toorben.
(Segeben in Unferer Sauboogtei ju Vabuj am 1. Sluguft 1842.
(I.. s.) A l d i ? <flieft uott ttttb jtt £ i c d j t c n | t c i i ! iu. p..
ulv Diegierer be4 .{.lauiei* imb ©onoeraiit bes 3'üntentljum» Üiedjtetiüe
(].. S.) SBien, beu 2» . SRa« 184 8. M«) 3-ttrjt .tiedittnUrin m. p.,
t. f. Oberji.
(I.. S.) SBien, beu 20. SRati 1843. ti'arl / ü r » .rirchtcnßciu m.
t. !. Slfaior.
(I.. S.) SBien, beu 18. S.Rai) 1843. Jfviebrid) ,fürlt .fiechteiiltrin m. p.,
t. f. Dbrijt.
(I,. .S.) getbSberg, ben 21. Siooeniber 1843. (Eciuarti Jtirlt ficdjlennciu in. p..
!. t. Ob.-rft.
(I.. S.) SBien, ben 22. 9!ai) 1843. ,S\ugull J i i r l l f irdjtrnuriu in. p.,
t. I. Major.
(I.. S.) SBien, ben 23. SRai) 1843. Unilair . für j l f ifdjtenjlfi i t tu. p.,
Stittmeiitcr.
(I.. S.) SBien, ben 19. 3 ä n n e r 1844. c £ d r | / i i r u .fiedjtcnllrin ui. p.,
SSWü.
163
I.
3n Mnnicit (Buttes IBntters, (Kottcs ä o l j n s onb QSoltcs tjciligcn (Bciftcs, Ä m e n .
Stadjbcm SBir ©crnadjbeuanutc Sar i , ©err oon Siedjtenftein oon Siicotjjpnrg, ©err auf S3e(btjpcrg
©rrrnpauntgnrtcn, Eljfsgrub, SSfunieuau, ißrojjui^, Stuffce, Ejiernarjor, 9iöm. Sfalj. SDeaj. ©eljcinicr 3tatf)
Obrifter ©ofmaiftcr, Ganterer onb 2anbts>©auptmanu bes SDearggrajttjuntb» SJtarheru, äliarhnitian, ©err
oon Siccfjtcnftaiu oon 9iico(jpurg, ©err auf SJtabcnfpurg, ©ofienam, Subt jowiJ , S?oforife onb Stomntjrabt,
©öctjftgebadjter S?an. 9)tnj. SJteidjstjofratt), onb ©unbagger, ©err oon Siedjtenftein oon Siifotfpnrg, ©raf 311
Siittberg, ©err auf SButferjjborff, SBüftetbad), SBotjftorff unb Siingelsborf, metjrfjöctjftuerniettcr grer STan. SJtaj.
ßof Srnnunerratl), S r i . S r i . Ertttjertjog» SJMätttjiä ju Öfterreidj :c. Eamercr, audj einer löbtidjeu Saubtfdjnfft
bes GrJrjerjogtt)nm63 Öfterreidj onter ber Ennjj uerorbneter tc. S3et) Sinn« felber reifflidj betrndjtet, ba-3 3»*
erljnltljnng, wie oller anberer fadjen, als audj ber ©efdjtecfjter bnb ©tainrntjeujer, nidjtä oorträgtictjerS unb
nuMidjerS ift, bann guete uub beftenbige Orbnung ju madjen, Sinnb ferner in ndjt gcnontnieu, ba« jtonr
noch, mehr, bann uor fjunbert gafjren, bas ift Anno günfjetjentjuubert onb Sjier, ben ©amftag BorRetniniscerc,
burd) roetjtanbt SJnfcre geliebte iu ©Ott rittjeube SBorcttern, ©err Ebriftofjcu Bon Siedjtenftein oon Siicotjpurg
;c. gewesenen Saubtntarfdjatdj in Öfterreidj, a(3 batuatfj ben Surften be« ©cfdjtedjtä, ©obann ©errn Erasmttm
unb ©errn ©eörgen ©ebruebern, ©errn ©ninrtdjen ©ötjne, bejjgheicbeu ©errn ©artmann, ©errn ©eörgen
©öfjne, ade ©errn oon Siedjteuftein Bon Sficotjpnrg K. eine ftatttidje Erbainigung Uub aufsjeiguug Qtjrer
©djlö&er, ©errfefjaften, ©taebt unb ©üter, geinadjt onb aufgcridjtet, aber bod) mit ntterbingS fo genaw uub
uteiffig, wieroot gefdjefjeu fjette fottcu, gefjatten worben, ©internal oit mtfetjenticfic ©tuet uub ©ueter, burd)
gefctjrfidjc alienationcs ber gefdjtoffenen öergteidjmtä 311 natfjtbait, gu anberer Seiith ©änbte onb befitj
gerntben.
Sifcmnad), fo haben SBir, 311 oortommung fotdjer fdjäbtidjen ongetegenfjeitcn, unb bann ju befto
gewiffer gortpflauijuug onb SDianntention unfer onb ouferer posteritet, Ehr, SBolfnrt Siitjc» uub aufnemmen«,
obeugebadjte attc Srboeraiuignng, nidjt allein 31t erfrifdjen, onb miberumb 311 würeltidjen Obferoanj 311-
bringen, ©onbetn aud) 311 erteuttern, 31t ertteren, juuerbeffern, jnucrmeljrcn, unb fortan in ein onucrtertidje
ftnubttjaffte onb ewiglid) oerbüubttidjc Orbnung jiijcjen, Unn? fiirgenontnten, ^ntnaffen SBir bann foldje?
tjiemit tfjuen, i ju ber alter beftcu Bub befteubigifteu gorm, SBie fotdjcä uon Stecht» ober gewontjait wegen,
ober audj in ©rafft unferer tjabenben atteu SBriuifcgien, Stedjtcu onb geredjtigfaiten tjertoinntcu unb befijje»,
gcjdjrtjcn foll tan ober mag wie hernach ootgt,
SInfcngtid), SBctjIc bie fjödjfte Bnb gröfte oerninigung, mehr in ben ©entuettern, bann in betten ©nettem
tjnftet, ©0 geloben etc . etc . etc
Sjon bifer Erbocraiuigung onb Fitlcic-ommisso, audj berjetben Bittcrworffenen ©ueter .Succession,
fotten genjjtidj onb ctoigtid) aujjgejdjtoffen onb berofetben Bnfefjig fein, Ernfttidj, bie Scnigen, SBetdjc nit iu
ainem redjten Ehebett erjeugt, ober nit, SBie mau 31t Sntein fagt, sinml legit imy et naturales in legitinio
iiiatriinonio natj fein, Unb fott ©t) nidjtä tjctffen, SBaun ©tj fagen wottten, ©tj weren entWeber per Pala-
tinos Coniites, ober aud), per Kescriptttm suuniij Pr inc ip is , ober fogar per sulisequens matrinioiiiuiii
lcgi t i inir t onb gcefjetiget worben, fiuteinot nudj bifc, ctiatu per subsepuens t ä t e niatritnonium p r ä t e n s e
lcgi t imat j , bifer unferer Erbbcraiuigung, gar bttrdjaus nidjt fotten fetjig fein.
gngleidjen fotten audj bic Adopt iv j nidjt jiiegelafjen werben, ober bie adoptio sive arrogatio bei
biefer Erbocraiuigung ftatt tjaben.
gerner fotten audj bie ©eifttidjen SJerfoncn, ©tj fetjen r e g u l ä r e s ober nit, onb bann in genere, bie
SBeibcSbitber bou ber fcfjigfeit bifer Erboeraiuiguug separii't unb ninjgefonbert fein, onb fotefje Erb-
oerninigung blofj ntteiu auf ben SJianitlidjcu Ehelichen SBetttictjen gebtuett, Siamen onb ©tnntntcn ber ©erreu
oon Siedjtenftein oon Siicotfpurg K. fo taug berfelb wefjret, beruefjen, Ef i were bann fad), bnä ber SBetttidje
SJtauntidjc ©tamnt ber ©erren Bon Siedjtenftein Bon Siieotfpurg K. gan^ Onb gar Bcrtefctjen ttjete, Bnb nur
uon bcntfelben ©efdjlecfjt, ©eiftticfje Slinnnes ober 3ttr fcufdjtjeit Berlobte ütittertidje Drbenä S)5er[oucn, einer
ober mcfjr überbtibeu weren, ©0 fott auf jotcfjen suetragenben galt, 3ucrtjn(tnng bc? ©efdjtedjts, finimB unb
164
frei) gefteflt fein, Ob einet ben ber $äbftlidjen ©etjtigteit, }u nblegung beS ©eiftlidjen unb annemmuug beS
SBrttiidjeu ©tanbtS, dispensation begern unb erlangen Wottte, ju wetdjem Sttbe bann, bie obige, wegen ber
ffleiftfidjen befdjefjene exclttsion, fotcbeiu faincSwegS praeiutl icir l icl i fetjn fod, SBebocb wirbt bifer ^iurtct
rationc elispeiisatiouis, ber SBöbfttidjen ©etjtigfeit, tjiermit oodfomtidjen subniittirt etc. etc. ete.
S « Urtunbt beffen, bnb ba» jotrhcS aflcS »nb 3ebes, was bishero nad) tengft erjetjtet loorbeu, mit
Sdiferer oder einrjetttger ntainung, aud) jameuttidjen gueteu roiffen onb frepem oubeäWungcnen widen
gejdfetjcn, ©aben SBir Start, SDiarjmilinu unb ©unbagger ©errn oon Siedjtenftein oon SRicoIfpurg K. ©e»
bruebern, ju befto beftnnbigerer, audj ftetter onb beftcr ©attuttg, onjere nngeborne Snjieget au biefen Srb-
ainiguugSbrieff, beren bret) gleiches gubattS, aufgeridjtet, bub Sebent Ifjeit, ju fein, feiner Geben unb SMadj.
totumen, tünftiger Jiadjridjtung, einer gejerttigter juegeftett worben, hängen (afjen SBnb Sjns mit aigeneu
©anben Uuterfdjriben /
©ejebetjeu ju SSetbtjperg am Sag SDiidjactiS, SBctdjer war ber SRruuoiibjroauijigiit Scptcnibi is , Sni
3ntjr, nach, Etjrifti PnfcrS GrtöferS unb ©cetigmadjers ©eburtt , Slin Saujeut, ©edjSbuubet uub ©ctfjS /
(£. ficdjtcullein m. p. £icd)ten|lcin in. p. tSfu. fiedjttiiltcin U J . p.
n.
3! 11 bem Winnen ber Merljeijligficu unb unjertlicilictt itlrqifnltigljeii, dDottrs Mntlers, Iboljits uub
Ijeyltgctt (J5ctftcs, Ä m e i t .
SBür ©artmauu, oon ©otbes ©naben bes ©cut. SRönt. SReicb» gürf t oon unb 311 Sidftenftein uou
SRicotjpurg, in ©djtcficn 511 Iroppau onb Sagcrnborff Serjog, graff 311 SRitbberg, ber SRöm. üfntjt. 9J(at)t:
Gammerer :c. Söetefjncu bnb tbun Srunbt Sebermcnigtid), SRadj beut wür miß Grinbern, wie nad) genteiueu
tnuff ber Statur roür bermat)( eins onjjer (eben bejdjticßeu müfieu, onb nidjts geiuißer» als ber tobt, beffen
©lunb onb 3ed "ber ganj Ungewiß onb oerborgen: baß Wür berwegen entfdjtoßen mißern testen SBiden onb
uerorbnung, wie roürS nad) oufer töbttidjeu Stbfdjeibeu oon bißer weht mit unfjern güetbern onb oertnjßen-
jefjaft rooden gehalten (jabeu, 311 oerjajßeu uub aufjttridjtcu: I t jun bafs aud) hiermit mifßcuttid) onb mit wot
bebadften muett), guetber oernunfft, aud) oorgetjenben ^3cittict)en SRatb, auß Stigner bcroeguits, fretjen unb
Dubcfchrocrbten widen 311 ber 3eit at§ wür jotdjcS 311 thun wohl befuegt ttob berechtigt fein in ber ader heften
gDrm maß onb weiße roie es in SReebten ober eines geben (nnbeS, barin onßere güetber onb oertaffenjdjaft
getegeu onb befiubtid), gebrauch unb geiuonheit nad) aujS Grcfftigift Pub beftenbigift gcfetjetjeu fod, ttjnu
ober mag, aderntaffen ©iernad) folget:
Grfttidjeu Söefctjten toür uiißcr ©eet etc. etc. etc
uub ba Siner auß Sbnen onßer SRacbgcbornett ©ohne otjnc Gtjeteibtidje SntnmißSrbcu mit tobt abgehen
würbe, foden iu beffelben Slutheit bie anberen jioen Seacbgcborite atteiu ober bereu SJtäuntidje descenilciitcn
in Stirpes, onb mofebrtt Sbter 8™en atjo tobtS oerjdjieben, benenfetben ber übertebeube ober beffen SJiüitn-
lirtfe SeibSSrben succediren: oon joldjer Succession »nb Srbgeredjtigtcit aber ade geifttidje et qui 11011
sunt nere legitinii et naturales simul, ex iuslo matrimonio nati, adeociue et legimati sive per
tiiatrinioiiiuin subsequens, sive per rescriptum prineipis; wie aud) biejeuigen, metdje ©id) luiber
©tanbtSgebütjr aud) otjue oorwiffett onb einwißigung beS SRegierer» uuferS fürftl . ©außcS uub auber Agna-
ten oerheurathen ob oon ber SHömifdjen fattjotifcfjen adein ©cetignmajenben SRetigiou abmeidjen würben,
©oroott aud) bicfclbe, © 0 jluar oon onßer gcfdjtccbt aber nit gürften, nod) in ber S ä n g e r n Srbaiuigung
begriffen, auf Swig oxcludirt unb auSgefdjtoßeit fein etc. etc. etc
3 u Uhrttjuiibt beffen jemt jroei or ig inal ia gleidje» inhottä ju bem Sube onb baruiuben aufgeridjtet
worben, Sttbiemeideu roür 3wetj uttbcrfd)ieb(id)e Tcstatiieuta auf bie öfterrcidjer: onb StRäbrifdjc guetber
aiiffjuridjteii für tunobthwenbig, ©oubern bißeS oußer Testanientuni Universa le auj beebe tanbter jiir
geuitgiamb erachtet, onb bamit aber gteidjwod im notbfad in beeben täubten gehörigen Ortben ein Original
producirt werben ffjönne; roetdje beebe Originalia roir nun mit aigtter ©anbt onbteridfriben onb mit unßer
fürft. Snfigt befrefftiget benebenft bienftfr. onb fonbertidjeu gteißeS erjuc()t onb oermöget, bem öoebgebornen
gürften onßern fonberS grt. lieben Oheimb, ©errn SBenejt, ©erjoge in ©tfjlejieu ju ©ngäu, gürften unb
165
SRegierer bei ßan iVs Sobtoirij, gefürfte graffen ju ©ternfiein, ße r rn ju SBIuni^ unb SRaubnijj au ber Gib,
SRitberbcS gülbenen gtüf j , ber SRöm. ffatjf. SJJtaij. getjeimben SRatb, bnb Dbriften ßofmeifter: ben aurb ßod j -
gebornen gürften nnb ßer rn , ungern SnfonberS grt.. bnb biettgeliebteit ße r rn SBetber, ße r rn gerbinanbt beS
ßerjt. SRöm. SReidjS gürften oon SDietricfjftei« jtt SRiftfpurg, Grbfdjenfben in Gärnbten, SRitber bes gülbenen
gtüjj , ber SRöm. ffiaijt. SDiau. getfeimben SRatb, Eamerer, bub 3 b t c r SDiadtb. ber SRöm. ffantjerin Obrift ßoff=
meiftern, bic ß o d ) - D n b SKotlgeborne graffen Dnjjern fonberS tiebe ßerrn onb greunbt, unb respective
geliebten ß e r r n SSctber, öe r rn 3 ° b o n n SBiarimitiau beß ßetjt. SRöm. SReidjS graff uon Samberg, gretjbcrrn ju
Ortenegg onb Otbenfteiu, ß e r t auf <5torft)erj nnb SUmerang, Grblanb ©tattmeifier in Grain onb ber SHJinbi-
fdjen SKart, SRitber bes gülbenen gtü j j , ber SRöm. Sfatjf. SRantb. gebeimbe SRatb. Obriften Gammerer onb
3nbaber ber ßerrfcbaftcu ©teuer, je. ß e r r ©unbatber beS ßetjt . SRöm. SReicbS graffen oon Sietridjftein, gret)-
berr auf ßoüenburg onb jEfjatberg, ße r rn ju ©ounenberg, ßottobrunn onb Söterfbenflein, Grbfdjenten in
Gärnbten, SRitber bes gülbenen gtüjj , ber SRöm. STaut. StRan. gebeimben SRatb, Gammerer onb Obriften ©tafl-
meifter: ße r rn 3 ° b a l m Soadjim beS tjerjl. SRöm. SReicbS graffen ©taroata oon Glum onb Sboffeberg, ß e r r n
ju SSapperjan ob ßeufact), ber SRöm. S?atj: SDIatjtb: Gammerer onb Dbrifte Grbmunbfcbeutben im Königreich
SBöbeimb, baß ©ie bißeS onßer Testament onb testen mitten als gejeugen neben Dnß mit 3 b t e n aigeuen
ßanbfcl)rifften aurb fütftlidje »nb gräfftitbe Sufigef, bocfi 3 b n e » 3 b « n Erben onb SRndjfommen obne SRadj-
tbeit onb fdjaben, gefertbiget boten, ©o befctjcljcn SBien ben SBier onb jiuainjigiften Sfltonatstag Secemb. beß
Silin SJaufenb ©ed)sbunbert jirjet) bnb ©iebenjigiften 3c>b r ä : /
^jartmann Jhirll non onbt ju fled)tenftein m. p. W. f . 3). n. Sagan in. p.
( L . S.) ( L . S.)
Icrbinanb ^inrll jGlietridjflein m. p. .3. (5. n. fambrrg in. p.
(L . S.) ' ( L . S.)
©unbarher CS. u. #ietrid)ltnn in. ]>. ,3ob. #oad)im (§. .Slatuata in. p.
( L . S.) ' ( L . S.)
SBorftebeube Fir lei-Coiumiss-Disposi t ion ift ber SR. Ö. Sanbtajet mit Semitligung bes Staut. Stbnigt
Sanbtafet ße r rn Obcr-Söirectoris in Hb. I T Instrum: F o l : 705: oon toort ju Wort eingetragen: uub i n
bem ßaubt-©ebutben.S8urf) bei) ber ßerr jdjnj t Gbcrgaffiug F o l . 37 bei) ber ßerrfdmjt SRabcnSptirg F o l . 25
bei) ber ßcrrfcbnjt SBitjerstorf Fo l . 515 unb bei) betten Piecfjtenfteinifcfjen gren ßäii jern F o l . 407 beljörig
fürgefebriebeu morben.
Sffiieuu, ben 10'™ 3aner 760.
(L. S.) .Anton ^ugultin u. ^idjen m. p.,
Unter^Xitector
S a ß Borjtebenbe abfd)riftlid)e SJluSjügc aus ber Grbs-Uniou ddo. 29. September 1606 uub aus bem
Seftamente fflaitanb bes ßer rn ßar tmann gürften DOU Siedjtenftein ddo. 24. Secentbcr 1672 mit beu
betreffenben Sßuntten ber fjier bejogenett Originat-Urfunben DOU SSort ju SJBort gtcidjtautenb feien, tuirb Don
Uns uub ben bieju eigens erbetenen ßerreu Sengen bleuet beglaubigt.
'Sabuj, am 1. Slugtift 1842.
SMoiji dSurft uon uub ju tiedjtcttltem m. p.
3ft1arimilian Graupa m. p.,
(ürftl. fflirttjjdjaftiralt) als geuge.
.fflr. Cajctan ilianer in. p..
als 3euge.
166
4. Familienvertrag vom 11. September 1893
Wir Unterzeichneten haben kraft der dem regierenden Fürstenhause
Liechtenstein zustehenden Familien-Autonomie uns geeinigt, die Be-
dingungen und Grundsätze festzusetzen, welche in Ansehung der E i n -
gehung der Ehen von Mitgliedern des fürstlichen Hauses für uns und
alle Nachkommen bindend und verpflichtend sein sollen.
Bei dieser Festsetzung haben wir die hervorragende Stellung und
die wichtigen Rechte, welche von Altersher dem Erstgeborenen der
ältesten Linie unseres Hauses in den Erbvereinigungen von dem Jahre
1504 und vom Jahre 1606 eingeräumt worden waren, um so mehr
zur Anerkennung und Geltung gebracht, als der Primogenitus unseres
Hauses als souverainer Landesfürst und Staatsoberhaupt auch das
Oberhaupt unseres Hauses in staatsrechtlicher Beziehung ist. Nicht
minder waren wir dabei von der Absicht geleitet, jene Gepflogenheiten
und Grundsätze aufrecht zu erhalten, welche in Bezug auf Eheschlies-
sungen seit frühesten Zeiten in unserem Hause beobachtet wurden,
welche in dem Testamente Weiland Seiner Durchlaucht des Herrn
Fürsten Hartmann von Liechtenstein vom 24. Dezember 1672 aus-
drücklich anerkannt worden sind und welche in der im Jahre 1842
zwischen Weiland Seiner Durchlaucht dem hochseligen Fürsten Alois
von und zu Liechtenstein als Regierer des fürstlichen Hauses und hoch-
dessen durchlauchtigen Herren Brüdern abgeschlossenen Erbeinigung
neuerlich dadurch anerkannt worden sind, dass die auf die Successions-
Berechtigung bezüglichen Bestimungen des früher erwähnten fürstlich
Hartmann'schen Testamentes vom 24. Dezember 1672 diesem letztge-
dachten Erbeinigungsvertrage wörtlich beigefügt worden sind.
Endlich waren wir darauf bedacht, die Bedingungen und Grund-
sätze, welche für die Eingehung der Ehen seitens der Mitglieder des
fürstlichen Hauses verpflichtend sein sollen, bestimmt und zweifellos
festzustellen.
Diese Bedingungen und Grundsätze sind die folgenden:
Artikel I.
Die Mitglieder des fürstlichen Hauses bedürfen zur Eingehung einer
vollwirksamen Ehe der ausdrücklichen, vor der Eheschliessung einzu-
holenden Einwilligung des regierenden Fürsten, beziehungsweise — in
167
hochdessen Verhinderung — seines nach der Landesverfassung berufe-
nen Stellvertreters in Ausübung der Souveränitätsrechte.
Artikel II.
Der regierende Fürst selbst bedarf zur Eingehung einer vollwirk-
samen Ehe keiner Einwilligung der Agnaten; die Einwilligung sämmt-
licher Agnaten ist jedoch in dem Falle erforderlich, als der regierende
Fürst eine nicht standesgemässe Ehe einzugehen beabsichtigt.
Artikel III.
Als standesgemäss werden die Ehen mit Mitgliedern regierender
oder ehemals reichsunmittelbarer Häuser und von Adelsfamilien,
welche den gräflichen oder einen höheren Adelstitel führen und den
Besitz des Adels mindestens seit der Regierung Weiland Sr. Majestät
Kaiser Maximilian des Ersten nachzuweisen im Stande sind, angesehen
werden.
Artikel IV .
Eine von dem regierenden Fürsten ohne Einwilligung aller eigen-
berechtigten Agnaten eingegangene, nicht standesmässige Ehe, sowie
eine von einem Prinzen des fürstlichen Hauses ohne Einwilligung des
regierenden Fürsten eingegangene Ehe überträgt auf die aus solcher
Ehe entstammenden Kinder keine Successionsrechte bezüglich der
Thronfolge in das Fürstenthum Liechtenstein, sowie bezüglich der
Besitznachfolge in das Primogenitur-Fideicommiss-Vermögen; ebenso
erwerben aus einer solchen Ehe die Gemahlin und die Kinder keine
Rechte auf den Fürsten-, beziehungsweise Prinzen-Titel, fürstlichen
Stand und Wappen.
Artikel V .
Diese Bestimmungen finden auf diejenigen Ehen, welche vor A b -
schluss der gegenwärtigen Übereinkunft eingegangen worden sind,
keine Anwendung.
W i e n , den 11. September 1893.
Johann Fürst v. Liechtenstein m. p.
Franz Prinz v. u. z. Liechtenstein m. p.
Alfred Prinz v. u. z. Liechtenstein m. p.
168
W i e n , am 5,er> October 1893.
Alois Prinz Liechtenstein m. p.
d°. 6 , e n October 1893.
Prinz Heinrich v. Liechtenstein m. p.
W i e n , am 18 , e n October 1893.
Prinz Philipp v. u. z. Liechtenstein m. p.
K 1 a 11 a u , am 20 ' e n October 1893.
Friedrich Prinz v. u. z. Liechtenstein m. p.
Fürst Karl Liechtenstein m. p.
"ürst Rudolf Liechtenstein m. p
W i e n , am 18. December 93.
3. November 1893.
Franz Prinz Liechtenstein m.p.
Alois Prinz Liechtenstein m. p.
W i e n , am 16. Apr i l 1894.
Eduard Prinz v. u. z. Liechtenstein m.p.
169
5. Gesetz vom 14. März 1895
(Publiziert L G B l . 1895 Nr. 1.)
G E S E T Z
betreffend die hausgesetzlichen Bestimmungen über die
Eheschliesungen der Fürsten und Prinzen des fürstlichen Hauses.
Wir Johann II. von Gottes Gnaden souveräner Fürst und Regierei
des Hauses von und zu Liechtenstein etc. etc. etc. haben in Ausführung
der zwischen den Agnaten Unseres fürstlichen Hauses vereinbarter
Bestimmungen über die Vermählung der Fürsten und Prinzen unsere;
Hauses beschlossen, ein diesem Zwecke dienendes Familiengesetz zt
errichten.
Wir verordnen daher:
Art. 1.
Der regierende Fürst bedarf zur Eingehung einer vollwirksamen Eht
keiner Einwilligung der Agnaten, die Einwilligung sämtlicher Agnater
ist jedoch in dem Falle erforderlich, als der regierende Fürst eine nich
standesgemässe Ehe einzugehen beabsichtigen sollte.
Art. 2.
Die Mitglieder des fürstlichen Hauses bedürfen zur Eingehung eine
vollwirksamen Ehe der ausdrücklichen, vor der Eheschliessung einzu
holenden Einwilligung des regierenden Fürsten, beziehungsweise — ii
hochdessen Verhinderung — seines nach der Landesverfassung berufe
nen Stellvertreters in Ausübung der Souveränitätsrechte.
Art . 3.
Als standesgemäss werden die Ehen mit Mitgliedern regierende
oder ehemals reichsunmittelbarer Häuser und von Adelsfamilien, wel
che den gräflichen oder einen höheren Adelstitel führen und den Besit
des Adels mindestens seit der Regierung weiland Seiner Majestät Kaise
Maximilian des Ersten nachzuweisen imstande sind, angesehen werden
Art . 4.
Eine Ehe, welche im Widerstreite mit diesen Bestimmungen einge
gangen worden ist, überträgt auf die Gemahlin und die Kinder kein
Rechte auf den Fürsten-, beziehungsweise Prinzen-Titel, fürstliche
Stand und Wappen.
1 7 0
Art. 5.
Dieses Familiengesetz soll durch die Aufnahme in das Landes-
gesetzblatt des Fürstentums Liechtenstein verbindlich Kraft erhalten.
W i e n , den 14. März 1895.
Johann m. p.
F r i e d r i c h v o n S t e l l w a g m.p.
Landesverweser.
6. Gesetz vom 10. Dezember 1902
(Publiziert L G B l . 1902 Nr. 2.)
G E S E T Z
womit ein Nachtrag zu dem Gesetze vom 14. März 1895
betreffend die hausgesetzlichen Bestimmungen über die Eheschliessung
der Fürsten und Prinzen des fürstlichen Hauses erlassen wird.
Wir Johann II. von Gottes Gnaden souveräner Fürst und Regierer
des Hauses von und zu Liechtenstein etc. etc. etc. haben mit Rücksicht
darauf, dass die Verhältnisse in dem Kaiserstaate Österreich eine ge-
setzliche Anerkennung der mit Gesetz vom 14. März 1895 für das
Fürstentum Liechtenstein für verbindlich erklärten hausgesetzlichen
Bestimmungen über die Eheschliessungen der Fürsten und Prinzen des
fürstlichen Hauses derzeit nicht in sichere Aussicht nehmen lassen und
zur Vermeidung jeder Gefahr einer Disparität zwischen der Succession
in das Fürstentum Liechtenstein und jener in das in Österreich befind-
liche Primogenitur-Fideicommiss Nachstehendes verordnet:
Das Gesetz vom 14. März 1895 betreffend die hausgesetzlichen
Bestimmungen über die Eheschliesungen der Fürsten und Prinzen des
fürstlichen Hauses, wird hiemit bis zu dem Zeitpunkte ausser Kraft und
Wirksamkeit für das Fürstentum Liechtenstein gesetzt, in welchem das-
selbe im österreichischen Kaiserstaate beziehungsweise für die im
Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder des österreichischen
Kaiserstaates gesetzliche Anerkennung und Geltung erlangt haben wird.
171
M e r a n , den 10. Dezember 1902.
Johann m/p.
C a r l v. In d e r M a u r m/p.
fürstl. Cabinettsrat.
6a. Gesetz vom 8. Februar 1926
(Publiziert L G B l . 1926 Nr. 3)
G E S E T Z
betreffend die Abänderung des fürstlichen Familien-Vertrages
vom 1. August 1842.
Im Einvernehmen mit Meinem Landtage verfüge Ich Folgendes:
Im zweiten Absätze des Annexes II zum Familienvertrag Unseres
fürstlichen Hauses vom 1. August 1842 werden die Ausschliessungs-
gründe von der Nachfolge in der Regierung Unseres fürstlichen Hauses
aufgezählt. Gemäss den dortselbst enthaltenen Bestimmungen sind von
solcher Sukzession auch diejenigen Mitglieder Unseres fürstlichen Hau-
ses ausgeschlossen, «welche sich wider Standesgebühr, auch ohne Vor-
wissen und Einwilligung des Regierers Unseres fürstlichen Hauses und
anderer Agnaten verheiraten.»
Ich finde Mich bestimmt, zu verfügen, dass die obgenannte Bestim-
mung durch nachfolgenden Zusatz ergänzt wird:
«In diesem Falle bleibt es dem Regierer Unseres fürstlichen Hauses
überlassen, den Rang und Titel des betreffenden Familiengliedes, seiner
Gemahlin und ihrer Deszendenz zu bestimmen.»
Ich beauftrage Meine Regierung, diese Ergänzung des Familienver-
trages vom 1. August 1842 im Landesgesetzblatte zu veröffentlichen.
V a d u z , am 8. Februar 1926.
gez. Johann
gez. S c h ä d 1 e r
fürstl. Regierungschef
1 7 2
7. Kundmachung vom 15. März 1923
(Publiziert L G B l . 1923 Nr. 12).
KUNDMACHUNG.
S e i n e D u r c h l a u c h t der regierende Fürst haben nachste-
hendes Höchstes Handschreiben zu erlassen geruht:
Lieber Regierungschef Professor Schädler!
Unter Hinweis auf Artikel 3 der Verfassung finde Ich Mich be-
stimmt, Ihnen mitzuteilen, dass Meine beiden Neffen Ihre Durchlauch-
ten die Prinzen Franz und Alois auf die Ihnen nach der Verfassung und
Meinem Hausgesetze zukommenden Anwartschaften auf die Regierung
Meines Fürstentumes verzichtet haben.
Hieraus folgt, dass nach dem Thronfolger, Seiner Durchlaucht dem
Prinzen Franz, Meinem Bruder, der nächste Anwärter auf die Regie-
rung Mein Grossneffe Seine Durchlaucht Prinz Franz Josef ist.
Ich beauftrage Sie, von Vorstehendem den Landtag in geeigneter
Form in Kenntnis zu setzen.
F e l d s b e r g , am 15. März 1923.
gez. Johann.
gez. S c h ä d l e r ,
fürstl. Regierungschef
Fürstliche Regierung
V a d u z , am 29. Mai 1923.
gez. Schädler.
8. Höchstes Handschreiben vom 10. März 1926
(Publiziert L G B l . 1926 Nr. 9).
HÖCHSTES HANDSCHREIBEN
vom 10. März 1926
betreffend die Titelführung durch die aus der Ehe Seiner Durchlaucht
des Herrn Prinzen Ferdinand von und zu Liechtenstein mit Ihrer
Durchlaucht Prinzessin Shelagh von und zu Liechtenstein geb. Brunner,
stammende Nachkommenschaft.
173
A n die
Regierung des Fürstentums Liechtenstein
in Vaduz.
Auf Grund des Gesetzes vom 8. Februar 1926 Nr. 3 betreffend die
Abänderung des fürstlichen Familienvertrages vom 1. August 1842
finde Ich M i c h bestimmt zu verfügen, dass die aus der Ehe Seiner
Durchlaucht des Herrn Prinzen Ferdinand von und zu Liechtenstein
mit Ihrer Durchlaucht Prinzessin Shelagh, geborene Brunner, Tochter
des Mister Roscoe Brunner in Belmont Hal l , Northwich, England her-
stammenden Deszendenten den Titel: G r a f e n und G r ä f i n n e n
v o n R i e t b e r g zu führen haben.
Ich beauftrage Meine Regierung, diese Verfügung im Landesgesetz -
blatte zu veröffentlichen.
V a d u z , am 10. März 1926.
gez. Johann.
gez. S c h ä d l e r
fürstlicher Regierungschef
9. Höchstes Handschreiben vom 20. Februar 1932
(Publiziert L G B l . 1932 Nr. 12).
HÖCHSTES HANDSCHREIBEN
vom 20. Februar 1932
betreffend die Titelführung durch die aus der Ehe Seiner Durchlaucht
des Herrn Prinzen Johannes von und zu Liechtenstein mit Ihrer Durch-
laucht Prinzessin Aleene von und zu Liechtenstein geb. Mac Farland
stammende Nachkommenschaft.
A n die
Regierung des Fürstentums Liechtenstein
in
Vaduz.
1.74
Auf Grund des Gesetzes vom 8. Februar 1926 Nr. 3 betreffend die A b -
änderung des fürstlichen Familienvertrages vom 1. August 1842 finde
Ich Mich bestimmt zu verfügen, dass die aus der Ehe Seiner Durch-
laucht des Herrn Prinzen Johannes von und zu Liechtenstein mit Ihrer
Durchlaucht Prinzessin Aleene, geborene Mac Farland, Tochter des in
Parker County Texas wohnhaft gewesenen, verstorbenen Mister Charles
Mac Farland, zu gewärtigende Descendenz den Titel: G r a f e n und
G r ä f i n n e n v o n S c h e l l e n b e r g zu führen haben wird.
Ich beauftrage Meine Regierung, diese Verfügung im Landesgesetz-
blatte zu veröffentlichen.
V a d u z , am 20. Februar 1932.
gez. Franz
gez. Dr. Hoop
fürstl. Regierungschef.
10. Höchstes Handschreiben vom 21. September 1950.
(Publiziert L G B l . 1950 Nr. 26).
HÖCHSTES HANDSCHREIBEN
vom 21. September 1950
betreffend die Titelführung Seiner Durchlaucht des Herrn Prinzen
Wilhelm von und zu Liechtenstein und der aus der Ehe mit Emma
Baronesse von Gutsmannsthal stammenden Nachkommenschaft.
A n die
Regierung des Fürstentums Liechtenstein
V a d u z
Im Hinblick auf die Bestimmungen des Gesetzes vom 8. Februar
1926, L G B l . Nr. 3/1926 betreffend die Abänderung des fürstlichen
Familienvertrages vom 1. August 1842 hat Mein Cousin, Seine D u r c l i T
laucht Prinz Wilhelm von L i e c h t e n s t e i n mit Erklärung vom
11. Juli 1950 für sich und seine eventl. Deszendenz auf Namen und
175
Titel eines Prinzen von Liechtenstein und auf alle hiemit verbundenen
Rechte verzichtet. Ich habe Mich bestimmt gefunden, ihm und seiner
eventl. ehelichen Deszendenz mit Entschliessung vom gleichen Tage
den Rang, Namen und Titel eines Grafen von H o h e n a u zu ver-
leihen.
Ich beauftrage Meine Regierung, diese Verfügung im Landesgesetz-
blatt zu veröffentlichen.
V a d u z , den 2 1 . September 1950.
gez. Franz Josef
gez. F. Nigg,
Regierungschef stell Ver t r e t e r .
176
A B K Ü R Z U N G S V E R Z E I C H N I S
A d l e r = Jahrbuch der Heraldisch-Gene;i logischen Gesellschaft «Adle r» , Wien
F R A = Fontes rerum Aust r iacarum
H A L V = Hausarchiv des regierenden Für s t en von Liechtenstein, Schloss Vaduz
J B L = Jahrbuch des Historischen Vereins f ü r das F ü r s t e n t u m Liechtenstein,
B d . I ff., Vaduz 1901 ff .
J B L N = Jahrbuch fü r Landeskunde von Niedei Österreich, Neue Folge
L G B l = Liechtensteinisches Landesgesetzblatt, 1862 ff .
M l ö G = Mit te i lungen des Instituts f ü r ös te r re ich i sche Geschichtsforschung
U L S V = Urkundensammlung des regierenden Fürs ten von Liechtenstein,
Schloss Vaduz
Q U E L L E N V E R Z E I C H N I S
I. Ungedruckte Quellen
H A L V Hausarchiv des regierenden Für s t en von Liechtenstein,
Schloss Vaduz .
Diverse Kartons
U S L V Urkundensammlung des regierenden F ü r s t e n von Liechten-
stein, Schloss Vaduz .
Chronologisch geordnet, ohne Signatur.
II. Gedruckte Quellen
Näf Die deutsche Bundesakte und der schweizerische Bundesver-
trag von 1815. (Heft 26 der Quellen zur neueren Geschichte,
hrsg. von Ernst Walder) . Bearbeitet von Werner Näf .
Bern und F r a n k f u r t / M . 1974
Jenne Documenta Liechtensleiniana. C u r a A l f r e d i prineipis a L iech-
tenstein. Edidi t Rud . Jenne. Wien (Privatdruck o. J . und ohne
Paginierung).
Schulze Hermann Johann Fr iedr ich Schulze: Die Hausgesetze der re-
gierenden deutschen F ü r s t e n h ä u s e r . 3 Bände .
Jena 1862—1883
Schwind-Dopsch Ernst Freiherr von Schwind, A l f o n s Dopsch (Hrsg.): Ausge-
wäh l t e Urkunden zur Verfassungsgeschichte der deu t sch-ös te r -
reichischen Erblande im Mittelal ter . Neudruck der Ausgabe
Innsbruck 1895. Aa len 1968
Walder Das Ende des Al t en Reiches. (Band 10 der Quellen zur neue-
ren Geschichte, hrsg. von Ernst Walder) . Bearbeitet von Ernst
Walder . Bern und F r a n k f u r t / M . 1975
1 7 7
L I T E R A T U R V E R Z E I C H N I S
Beseler Georg Beseler: Die Lehre von den E r b v e r t r ä g e n . 2 Tei le .
G ö t t i n g e n 1835 — 1840
Bruckmülier Ernst B r u c k m ü l l e r : Herr und Herrschaf t . Bei t räge zur Entste-
hung des Herrenstandes von N i e d e r ö s t e r r e i c h .
Diss. phi l . (masch.). W i e n 1968
Burckhardt C a r l J . Burckhardt: Richel ieu . B d . 2: Behauptung der Macht
und kalter K r i e g . M ü n c h e n 1965
Conrad Hermann C o n r a d : Deutsche Rechtsgeschichte.
Bd . 1: F rühze i t und Mit telal ter . Kar l s ruhe 1962.
Bd . 2: Neuzeit bis 1806. Kar l s ruhe 1966
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Herrenstand Eine sozialpolit ische und rechtsgeschichtliche Untersuchung.
P a p i e r m ü h l e 1908
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C h u r r ä t i e n s Vorzei t . 2.. verbesserte Auf lage , besorgt von Johann Baptist Büche l .
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Maurenbrecher Romeo: Die deutschen regierenden Für s t en und die S o u v e r ä n i t ä t .
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181
Rupert von Bodman,
Fürstabt von Kempten, in
seinem Wirken für unser Land
Nach einem Vortrag, gehalten an der Jahresversammlung
des Historischen Vereins
Otto Seger
In der Reihe unserer Landesherren wird gewöhnlich ein Mann nicht
aufgeführt, der für unsere Geschichte von überragender Bedeutung ge-
wesen ist, Fürstabt Rupert von Kempten. Zweimal hat er diese Funktion
ausgeübt, von 1683 bis 1686, als Graf Ferdinand Carl von Hohenems
vom Kaiser abgesetzt worden war, und von 1692 bis 1712 für den
gleichfalls entmachteten Grafen Hannibal III. Im Jahre 1693 wurden
unsere Vorfahren auf den Fürstabt vereidigt, der damit nicht nur prak-
tisch, sondern auch von Rechts wegen landesherrliche Funktionen aus-
übte.
A m 10. November 1978 hat sich sein Todestag zum zweihundert-
fünfzigsten Male gejährt, was uns ein wohlberechtigter Anlass sein darf,
ein Bild von seinem Leben und Wirken zu entwerfen.
Rupert von Bodman als Fürstabt in Kempten
Rupert von Bodman, dessen offizieller Titel lautete «Des Heiligen
Römischen Reiches Fürst und Abt zu Kempten, der Römischen Kaise-
rin Erzmarschall» stammte aus einem seit der Mitte des 12. Jahrhun-
derts nachgewiesenen Reichsrittergeschlecht, das heute noch in den
Grafen von Bodman weiterlebt. Das Stammschloss ist am Uberlinger
See gelegen, wo die alte karolingische Pfalz gestanden hat, die im Mittel-
alter dem «lacus bodanus», dem Bodensee, den Namen gegeben hat.
E r wurde 1646 geboren. A m Gymnasium Konstanz sprachen die
Lehrer noch lange von der Gelehrsamkeit und Frömmigkeit des ehema-
ligen Schülers, der dann an den Universitäten Strassburg, Salzburg und
Padua studierte und schon in jungen Jahren ein weltgewandter Mann
gewesen ist, der fliessend Französisch, Italienisch, Spanisch und selbst-
verständlich auch Latein beherrschte.
1678 wurde er, erst 32 Jahre alt, zum Abte des Reichsstiftes Kemp-
ten gewählt, dem er durch volle 50 Jahre vorstand. Das Stift ist aus
einem 772 gegründeten Benediktinerkloster hervorgegangen, das im
Mittelalter reich begütert wurde und in erster Linie der Versorgung von
Söhnen aus dem Adelsstande diente. Die Lebenshaltung der Stiftsherren
war alles eher als mönchisch-einfach, und Kempten glich mehr einem
Hofstaat als einem Kloster benediktinischer Regel. Die Zahl der Ange-
stellten und Diener betrug zeitweise ein Mehrfaches im Vergleich zu den
Kapitularen, und manchmal übertraf sie sogar allein die Zahl der Hof-
musiker.
185
Zur Zeit Ruperts von Bodman war Kempten ein reichsunmittelbares
Fürstentum, der Abt also zugleich Reichsfürst. Sein Gebiet umfasste
.1000 Quadratkilometer mit fünf Märkten und 85 Dörfern und Weilern.
Als er sein Amt antrat, musste er eine grosse Schuldenlast übernehmen,
aber die Sanierung war bald gelungen, und er vermehrte dazu das Stifts-
gebiet durch Ankauf von fünf Herrschaften.
Was für ein bekannter Wirtschaftsfachmann er gewesen ist, zeigt
sich auch darin, dass er zur finanziellen Reorganisation der Städte
Memmingen und Kaufbeuren, des Gotteshauses Ottobeuren und der
Besitzungen der Grafen Zeyl berufen wurde. Mit berechtigtem Stolz
kann er nach Erfüllung dieser Aufgaben darauf hinweisen, dass er diese
Gebiete wieder ertragreich gestaltet habe.
Der Fürstabt ist auch Gründer einer eigenen Stiftsstadt, die selb-
ständig neben der alten Reichsstadt Kempten bestand und 1712 das
Stadtrecht erhielt. Dort gründete er auch eine Buchdruckerei und eine
Brauerei.
Eine in der Geschichte der Landwirtschaft Bayerns vorbildliche
Pioniertat war die Durchführung der sogenannten Vereinödung auf
seinem Stiftsgebiet: Durch Zusammenlegung und Arrondierung von
Grund und Boden und Aussiedlungen von Höfen aus den Dorfkernen
wurde die Landwirtschaft ertragreicher und im Betriebe wesentlich er-
leichtert.
Wie es in der baubegeisterten Barockzeit fast selbstverständlich ge-
wesen ist, war er auch ein grosser Bauherr: Die Errichtung der fürst-
äbtlichen Residenz als Repräsentationsbau, des grossen Kornhauses und
Ausbau und Innengestaltung der jetzigen Stadtpfarrkirche St. Lorenz,
in der sich sein Grabmal befindet, gehen auf ihn zurück.
Der Abt und Reichsfürst war ein treuer Anhänger des Hauses
Habsburg, und sein hohes Ansehen am Kaiserhofe brachte es mit sich,
dass er mit wichtigen Ämtern betraut wurde:
Das höchste deutsche Gericht, das Reichskammergericht Wetzlar,
war unvorstellbar bürokratisiert und in der Organisation hoffnungslos
veraltet. Der Kaiser berief Rupert von Bodmann zum Visitator und
Reformator dieser Institution, und das Amt beanspruchte mehrere Jahre.
Mit über zwanzig Dienern reiste er jeweils dorthin und steuerte für diese
Aufgabe etwa 50000 Gulden bei.
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Das Wappen Rupert Bodmans auf einem 1694 geprägten Taler.
Auf der Vorderseite die hl. Hildegard. — Durchmesser: 44 mm
Im Jahre 1707 wurde Fürstabt Rupert sogar zum höchsten Amte
am Kaiserhofe berufen, zum Präsidenten des Reichshofrates, der die
höchste Gerichts- und Lehensbehörde für alle reichsunmittelbaren Ge-
biete gewesen ist. Der Widerstand der protestantischen Reichsstände
machte es ihm aber schliesslich unmöglich, sein Amt in der Praxis aus-
zuüben, und 1713 trat er davon zurück.
Wie sehr die Übertragung der Aufgaben eines kaiserlichen Kom-
missars in unserem Lande auf das persönliche Ansehen und Vertrauen
am Kaiserhofe zurückzuführen ist, können wir daraus erkennen, dass
Herzog Kar l Leopold von Lothringen, Gubernator der oberösterreichi-
schen Lande in Innsbruck, dem Kaiser den Bischof von Konstanz für
diese Funktion vorgeschlagen hatte, die Wahl der Majestät aber auf den
Fürstabt von Kempten fiel.
Es wäre falsch, nur ein strahlendes Bi ld seines Wirkens zu zeichnen.
Es gab wirtschaftliche Streitigkeiten mit der benachbarten Reichsstadt
Kempten, und durch seine unbedingte Anhängerschaft gegenüber dem
Hause Habsburg wurde sein Stiftsgebiet in die Wirren des Spanischen
Erbfolgekrieges einbezogen.
Gegen Ende seiner Regierungszeit gab es sogar ein Komplott einiger
jüngerer Stiftsherren gegen ihn. Die Rebellen wandten sich hinter sei-
nem Rücken direkt an den Papst mit dem Vorwurfe, ihr Abt vernach-
lässige die Klosterzucht, worauf eine strenge Visitation angeordnet
187
wurde. Tief betroffen wandte sich Rupert an den Kaiser und schrieb,
dass er zwar eine Visitation nicht fürchte, aber «ich würde sie in meinem
Alter nicht ohne tödliche Schmerzen erdulden können.» Auf Einschrei-
ten des Kaisers verlief die peinliche Angelegenheit schliesslich im Sande.
Als Kaiser Kar l V I . im Jahre 1728 die Wahl seines Nachfolgers be-
stätigte, verwies er ihn auf die «rühmlichst geführte geist- und weltliche
Regierung des Vorgängers, der ein treu-patriotisch gesinnter Reichs-
Mitstand gewesen ist.»
Ich habe mir erlaubt, hier eine allgemeine Skizze der Persönlichkeit
des bedeutendsten der Fürstäbte von Kempten zu entwerfen, weil das
meiste davon in unserem Lande bisher unbekannt gewesen ist.
Dreifach sind die Funktionen, die der Fürstabt in unserem Lande
ausgeübt hat:
1. Die Untersuchung über die Hexenprozesse;
2. Die Regelung der Schuldenwirtschaft der Grafen von Hohenems;
3. Der Verkauf der Herrschaft Schellenberg und der Grafschaft Vaduz
an Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein.
Die Hexenprozesse
Das 17. Jahrhundert war das tragischste in unserer Geschichte: In
den «Bündner Wirren», der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen
Österreich und Graubünden, zogen ganze Regimenter plündernd und
brandschatzend durch unser Land, und im Dreissigjährigen Kriege
wurde es noch ärger. Die Soldateska brachte die Pest mit sich, der
Hunderte von Einwohnern (die Zahlen sind nicht mehr feststellbar) er-
lagen. Gegen Ende des Krieges mussten die Gemeinden riesige Schulden
aufnehmen, um sie den Schweden als «Brandschatzung» zu zahlen, das
heisst als Lösegeld, um sich von Plünderungen freizukaufen.
Als 1648 der Westfälische Frieden den grossen Krieg beendete,
glaubten unsere Vorfahren, aufatmen zu können, aber gerade in diesem
Jahre beginnen die Hexenprozesse unvorstellbare Formen anzunehmen.
Der Aberglaube beherrschte die Gemüter der Bürger. Eine Urkunde des
Jahres 1648 beweist es: Die Gerichtsleute und Geschworenen der Graf-
schaft Vaduz schreiben an den Landesherrn, den Grafen Franz Wilhelm
von Hohenems, das Laster der Hexerei nehme immer mehr zu, und sie
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ersuchen ihn, ihnen Gewalt zu geben, das Übel zu strafen und zu unter-
drücken. Der Landesherr gab dem Drängen nur allzu willig nach, kon-
fiszierte er ja den Besitz der Opfer. Nun nehmen Angeberei und Hass in
den Gemeinden, der Nachbarschaft und der Verwandschaft furchtbare
Formen an. Kaum eine Familie bleibt verschont, und das Land kommt
als «Hexenland» in den übelsten Ruf. Etwa hundert Menschen sollen in
der ersten Verfolgungswelle hingerichtet worden sein.
Eine Sage lässt erkennen, wie im Volke das unerhörte Unrecht doch
allmählich erkannt wurde. Die Denunzianten (bei uns «Brenner» ge-
nannt), müssen «nicht gut genug für die Hölle mit ihren Nachkommen
bis ins neunte Glied in der unwegsamsten Schlucht des Gebirges an
steinernen Tischen sitzen, stumm und starr, denn ihr Herz war auch hart
wie Stein, und ihr Lügenmund bleibt geschlossen bis zum Jüngsten Ge-
richt. Es sind die Tobelhocker.»
Im Jahre 1679 unternehmen «der Clerus und die gesamte Land-
schaft mit Beistand der Feldkircher österreichischen Beamten» einen
Vorstoss: Sie wenden sich an den Landesherrn, den Grafen Ferdinand
Carl Franz von Hohenems, und ersuchen um Übersendung der Prozess-
akten an eine Universität, damit durch ein Rechtsgutachten die Führung
der Prozesse überprüft werde. Der Weg war grundfalsch, wie sich bald
zeigte: Der Graf denkt nicht an eine Untersuchung, hatte auch er sich
doch am Besitze der Hingerichteten schamlos bereichert. E r weigert sich
und begründet es mit dem Argument, dass dadurch sein Ansehen auf
das gröblichste verletzt werde, und übrigens denke er nicht an die Rück-
gabe der Beschlagnahmungen.
Einen eindrücklichen Erfolg und Schuldbeweis hat die Eingabe
doch. Der Landvogt flieht, vom schlechten Gewissen gejagt, bei Nacht
und unter Hinterlassung seiner Familie in die Freistatt nach Chur, wo
er durch das Asylrecht geschützt und dem A r m der Gerechtigkeit nicht
erreichbar war.
Nun kommt der Stein endgültig ins Rollen: A m 17. Dezember 1680
wendet sich Pfarrer Kriss aus Triesen mit fünf Untertanen, die nach
Vorarlberg geflohen waren, an die für die österreichischen Vorlande zu-
ständige Oberösterreichische Regierung in Innsbruck, und sie beklagen
sich über die Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten der Hexenprozesse.
Sofort ergeht von dort ein Befehl auf Untersuchung an die Beamten in
Feldkirch, und diese bestätigen in einem Schreiben an die «hoch- und
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wohlgeborenen, wohledelgestrengen und hochgelehrten, gnädig gebie-
tenden Herren» in Innsbruck die Anschuldigungen vollauf. Umgehend
erfolgt ein Bericht der Innsbrucker Regierung an den Kaiser.
A m 12. Mai 1681 ernennt der Kaiser in einem Schreiben Fürstabt
Rupert von Kempten zum Kommissar, und dieser übernimmt «mit ge-
ziemendem höchsten Respekt» den schwerwiegenden Auftrag. A m glei-
chen Tage wird der Graf vom Kaiser ermahnt: «Wann nun sothane
Prozeduren Dir keineswegs gebühren noch zukommen wollen, also ist
unser ernster Befehl hiemit, dass Du in Angesicht dieses mit ferneren
Prozessen nicht verfahrest, sondern damit bis zu Unserer kaiserlichen
Verordnung innehaltest», und es folgt der Befehl, die Akten vollzählig
dem Abt von Kempten abzuliefern, der sie an eine unparteiische Juri-
stenfakultät übersenden wird.
Unverzüglich und energisch handelt der Fürstabt. E r schickt Dele-
gierte nach Vaduz, die den Grafen in Feldkirch treffen, als er gerade
verreisen will. Sie eröffnen ihm, «damit er nicht entgehe», den Auftrag
des Kommissars und begeben sich auf Schloss Vaduz, um die Prozess-
akten abzuholen. «Stark und heftig» bereiten ihnen die Beamten mit
Ausreden Schwierigkeiten, aber als der kaiserliche Befehl ihnen «streng
zu Gemüte geführt wird», geben sie heraus, was verlangt wurde.
Rupert von Bodman schickt die Prozessakten an die Juristenfakultät
der Universität Salzburg, auf die seine Wahl wohl deshalb fiel, weil er
dort studiert hatte. Seine persönliche Einstellung gibt er klar zu erken-
nen. E r ist überzeugt, dass sich der Segen Gottes vom Hohenemser
Grafenhause abgewendet hat, weil grauenhafte Rechtlosigkeiten verübt
wurden. Die Grafen mögen das Land verlassen, in dem sie so Schreck-
liches verübt haben, dann wird vielleicht der alte Glanz des einst ruhm-
reichen Geschlechtes wieder über sie kommen.
Die Juristen in Salzburg erkennen aus dem Schreiben die Einstellung
des kaiserlichen Beauftragten, und als «untertänigst-gehorsame Diener»
und mit Dank für das gnädigste Vertrauen begeben sie sich an die
grosse Arbeit.
Als der Graf weiter mit Konfiskationen fortfährt, kassiert der Fürst-
abt alle widerrechtlichen Verfügungen und droht Anzeige an den Kaiser
an, und dessen Verfügung werde unweigerlich zum Ruin und Verderben
des ungerechten Landesherrn ausschlagen.
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Nun stellt der Kommissar einen Antrag an den Kaiser, den geflohe-
nen Untertanen die Rückkehr in die Heimat zu gestatten, aber der Graf
will Widerstand leisten. E r sehe voraus, dass er dann täglich von den
Untertanen und Geistlichen in seinem Ansehen belästigt werde, und es
seien Totschläge zu befürchten. E r und seine Beamten seien dann Tag
und Nacht ihres Lebens nicht mehr sicher. Es ist einfach unerhört: Der
Landesherr verdächtigt die Bürger, die es gewagt hatten, ihr gutes Recht
an höherem Orte zu suchen, als Totschläger! Selbstverständlich küm-
mert sich Rupert von Bodman nicht um die Verdächtigungen und Be-
leidigungen und sorgt für Rückkehr und Sicherheit der Flüchtlinge.
E in Jahr dauert es, bis die Juristen in Salzburg ihre Arbeit über die
Hexenprozesse in Vaduz beendet haben. A m 15. Oktober 1682 liefern
sie ihre «Rechtlichen Bedenken über die in der Grafschaft Vaduz circa
delictum magiae geführten Criminalprozess» ab. Es ist ein 600 Seiten
umfassender Band, der in jedem Detail die 122 allein zwischen 1677
und 1680 geführten Prozesse analysiert. Das Ergebnis ist in einem ein-
zigen Satze wiederzugeben: Kein einziger Prozess ist in der vorgeschrie-
benen Rechtsform verlaufen, kein einziges Urteil ist rechtsgültig!
Verhaftung, Folter bis zum Geständnis, Urteil und Hinrichtung, das
war die unausweichliche Regel, und nur zwei Frauen sind dem Urteil
entgangen, weil sie alle Grade der Tortur überstanden hatten. Man
nahm sich nicht einmal die Mühe einer Einzelbegründung des Urteils.
In den Akten in München fand ich einen Pauschaltext, ein gewöhnliches
Formular also, in den man nur den Namen eintragen musste. Es trägt
den grausamen Titel «End- und gnädiges Urteil» — gnädig deshalb,
weil die «Hochgeborene Excellenz», der Graf, «auf demütiges Bitten
von geistlichen und weltlichen Personen» die Opfer zuerst durch den
Scharfrichter köpfen und dann erst ihre Leiber verbrennen Hess! Dieser
Text war das letzte, was sie in ihrem Leben hörten. Die Asche wurde
unter dem Hochgericht, dem Galgen, vergraben, damit sie Mensch und
Tier nicht mehr schaden könne.
Die Gründe des für den Grafen und seine Helfershelfer wahrlich
vernichtenden Ergebnisses sind mannigfach. Da sind einmal die «un-
christlichen Foltermethoden», und der Referent schreibt: «Nichts ist so
grausam, als den Menschen, das Ebenbild Gottes, auf der Folter zu
misshandeln und gleichsam zu zerfleischen.» Untersuchungen werden
ohne Grund vorgenommen, oft bloss wegen des schlechten Rufes der
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Familie allein, Richter treten gleichzeitig als Belastungszeugen auf, die
Glaubhaftigkeit der Angeber wird nicht überprüft , Beschlagnahmung
von Vermögen oft schon vor der Verhaftung vorgenommen!
Zum Schlüsse erfolgt die Feststellung: Das konfiszierte Geld und
Gut sind zurückzuerstatten, die Mitarbeiter bei den ungerecht geführten
Prozessen sind haftbar zu machen.
Die Justizbehörde, der Reichshofrat, und selbst der Kaiser sind an
das Gutachten gebunden, und es ist unerklärlich, warum es so lange
gedauert hat, bis die endgültige Entscheidung erfolgt, die allerdings an
Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt: A m 22. Juni 1684 dankt der
Kaiser dem Fürstabt für seine Mühewaltung. E r erklärt, dass der Reichs-
hofrat alle Akten studiert habe und gibt folgende Anweisungen:
Der Graf und seine Beamten dürfen keine Rechtshandlungen mehr
vornehmen, und der Kommissar werde die Gerichte mit objektiven
Personen besetzen.
Al le konfiszierten Güter und Gelder sind den Erben der Hingerich-
teten zurückzuerstatten.
Die Beamten und Richter sind zu verhaften, und ihr Vermögen ist
in Beschlag zu nehmen.
A m gleichen Tage erlässt der Kaiser eine Vorladung an den Grafen
von Hohenems. E r habe am Kaiserhofe zu erscheinen und sich für seine
Handlungen zu verantworten, aber erst im folgenden Jahre reicht dieser
ein Schreiben ein, in dem er sich als unschuldig erklärt.
Es war für ihn zu spät, sich vor der Verantwortung zu drücken.
Untertanen hatten sich an den Bischof von Chur gewandt und um
Schutz gegen weitere Bedrückungen gebeten, und dieser (übrigens Pate
des Grafen) gab die Klagen an den Kaiser weiter, dem nun endgültig die
Geduld vergeht. E r ermächtigt den Fürstabt, den Grafen «an einen ver-
wahrlichen Ort, solchergestalt dass er nicht entkomme und niemandem
Schaden zufüge, zu versorgen.» Der Kommissar handelt sofort, und der
Graf ist fortan ein Gefangener. Drei Jahre später berichtet der Fürstabt
dem Kaiser: «Es hat Gott dem Allmächtigen gefallen, den einige Zeit in
Arrest gehabten Grafen von Hohenems und Vaduz, Herrn Ferdinand
Carl Franz in meinem Schloss Kemnath von diesem Zeitlichen in das
Ewige abzufordern.»
Noch 1685 erlassen Rupert von Kempten und seine Delegierten
einen Aufruf an die Untertanen in unserem Lande. Es heisst darin, dass
192
es noch immer Leute gibt, die zwar anerkennen, dass die Prozesse in
falscher Form geführt worden seien, die verbrannten Personen seien
aber doch Hexen gewesen. Wer solche Äusserungen tut und den Frieden
im Lande stört, habe mit den schärfsten Strafen zu rechnen !
Wir müssen dankbar anerkennen, dass Fürstabt Rupert von Bod-
man seine Aufgabe mannhaft und energisch gelöst und dem Rechte zum
Durchbruch verholfen hat. Über dreihundert Opfer hat der Hexenwahn
in unserem kleinen Lande (mit etwa 3500 Einwohnern) gefordert, und
ein Ende wäre nicht abzusehen gewesen. Das Beil des Scharfrichters
hätte noch vielen Menschen das Leben gekostet, auf den Scheiterhaufen
beim Galgen hätten weiter ihre Leichen gebrannt; die seelischen Qualen,
als nächste zur Folterung geführt zu werden, hätten angedauert. Die
furchtbare Zeit unerhörter Grausamkeit wäre ohne ihn nicht zu Ende
gewesen.
Nun sucht der Kommissar beim Kaiser um Enthebung vom Amte
an, und sie wird ihm mit Dank für seine Dienste genehmigt.
Schuldenregelung
Die Brüder Jakob Hannibal III. und Franz Wilhelm von Hohenems
hatten den Grafen Ferdinand Carl Franz wegen lasterhaften Lebens-
wandels, Unfähigkeit zur Herrschaft und Schuldenmachens beim Kaiser
angeklagt.
Die folgenden Vorgänge sind im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in
Wien in Aktenfaszikeln unter dem Titel «Hohenems contra Hohenems»
aufbewahrt, gewissermassen als Überschrift über den Bruderzwist im
Hause Hohenems.
Nach dem Tode des Vorgängers war Graf Jakob Hannibal aus spa-
nischen Kriegsdiensten eingetroffen, und man durfte gerade aus der A n -
zeige beim Kaiser annehmen, dass er bereit sein werde, besser zu regie-
ren. Die Untertanen wurden 1686 auf den Grafen als neuen Landes-
herrn vereidigt.
Schon ein Jahr später meldeten die durch die Hexenprozesse ge-
schädigten Untertanen dem Kaiser, dass die konfiszierten Güter und
abgenommenen Gelder vom neuen Landesherrn nicht herausgegeben
werden, wie der kaiserliche Auftrag gelautet hatte.
193
1688 kam zwar ein Vergleich zwischen dem Grafen und seinen
Untertanen zustande, der die beidseitigen finanziellen Verpflichtungen
regeln sollte, aber der Landesherr dachte nicht daran, ihn zu erfüllen
und konnte es auch nicht, denn die Schuldenlast mehrte sich in immer
schneller werdendem Anstiege. Die Bewohner des Landes mussten
Bürgschaften für den Grafen übernehmen, und die Gläubiger drohten
immer wieder mit Exekutionen. Die Lage war verhängnisvoll geworden.
1691 wandten sich «Landamann, Gericht und gemeine Landschaft»
direkt an die Majestät mit einer Klage gegen Jakob Hannibal, und der
Kaiser ordnete eine Untersuchung an. Sie fiel so aus, dass eine Zwangs-
verwaltung über Vaduz und Schellenberg eingesetzt und dem Grafen
jedes Verfügungsrecht entzogen wurde.
Ein Jahr später wurden Fürstabt Rupert von Kempten und Bischof
Franz Johann von Konstanz zu Administratoren ernannt, aber der B i -
schof trat 1696 vom Amte zurück, das er von Anfang an seinem Kolle-
gen überlassen hatte.
Schon im gleichen Jahre ergeht ein Hilferuf der Untertanen nach
Kempten: «Wir setzen unseren einzigen und letzten Trost allein auf
Euere hochfürstliche Gnaden in Hoffnung, dieselben werden unseren
miserablen Stand dergestalten beherzigen, dass sie den armen, gleichsam
in letzten Zügen unseres vor Augen stehenden totalen Ruins liegenden
Untertanen dero starke hilfreiche Hand reichen, damit wir nicht fremder
Schulden willen von Haus und Hof vertrieben und als arme Waisen ins
bitterste Elend gestossen werden», und in gleichem Sinne schreiben die
Seelsorger der Grafschaft Vaduz, «das Gemüt mit Kummer, die Augen
mit Tränen angefüllt» an den Kaiserhof.
Der Kommission war es einfach unmöglich, der ungeheuren Schul-
denlast Herr zu werden, reichten doch die jährlichen Bruttoeinkünfte
von etwa 7000 Gulden bei weitem nicht zur Verzinsung allein. Die De-
legierten berichten einmal: Wer aus Steinen kein Gold schlagen und
aus den Bergen kein Gold graben kann, der wird Vaduz nicht helfen
können. Rupert von Bodman, vom Grafen durch Geldforderungen ge-
reizt, erklärte, er habe die Kommission überhaupt nur übernommen, um
dem Lande zu helfen, dessen Einkünfte nur ein «bettelhaftig Wesen»
seien.
Nun gingen die Delegierten daran, die gesamten Schulden aufzu-
nehmen, und es kam Unerhörtes zutage: Hatte sich Jakob Hannibal in
194
Wien beklagt, dass sein Bruder 50000 Gulden als Schulden hinterlassen
habe, so war das noch eine bescheidene Summe gegenüber dem Ergeb-
nis der Untersuchung, denn eine Art von Gläubigeraufruf ergab Gesamt-
beträge von gegen 250 000 Gulden — so hatte der neue Graf gehaust.
Abgesandte aus Kempten hielten sich durch volle zwei Monate in
Feldkirch auf, und es wurden Vergleichsverhandlungen mit den Gläubi-
gern geführt — wir haben das Bi ld eines fast modern anmutenden Aus-
gleichsvertrages vor uns.
Und was für Forderungen kamen da zutage! Das Gehalt des Land-
vogtes war der Graf ebenso schuldig geblieben wie den Lohn eines
Kammerdieners, von dem er noch dazu eine grössere Summe entlehnt
hatte. Die Begräbniskosten seines vor zehn Jahren verstorbenen Vor-
gängers waren noch ebenso offen wie das Kostgeld einer armen Witwe
für diesen Grafen oder die Rechnung eines Goldschmiedes für ein sehr
kostbares Tafelservice, und dieser hatte ihm anlässlich eines langen Auf-
enthaltes in Wien ein Pferdegespann zur Verfügung gestellt. Die Bei-
spiele Hessen sich beliebig vermehren.
Eine Liste der Forderungen enthält über 200000 Gulden, bean-
sprucht von 216 Gläubigern, unter ihnen viele Nachkommen von Per-
sonen, die als Hexen oder Hexenmeister hingerichtet worden waren.
Schliesslich gab sich die Mehrzahl mit einem fünfzigprozentigen
Ausgleich zufrieden, aber die Kemptener Delegierten hatten sich ge-
täuscht: Vierzig Gläubiger, fast alle aus Graubünden, waren nicht zu
den Verhandlungen erschienen, forderten energisch volle Vergütung
und drohten mit schärfsten Exekutionen.
Kaum war der grosse Ausgleich geschlossen, da zeigte Graf Jakob
Hannibal den Fürstabt beim Reichshofrate mit dem Vorwurfe an, dass
leichtfertig abgemacht worden sei. Das war gewissermassen sein Lohn
für die wahrlich mühseligen Arbeiten. Die Antwort aus Kempten war
eindeutig: Der Graf, der ja selbst so leichtfertig riesige Schulden ge-
macht habe, solle dankbar sein. Er habe schon seinerzeit den Bischof
von Konstanz tätlich angegriffen, nun schmäle er ihm, dem Fürstabt, die
Haut voll. Er sei so unbesonnen, dass man sagen könne, er habe sich
schon selbst oft auf das Maul geschlagen. Das war eine klare und sehr
bildhafte Antwort auf die Angriffe, noch dazu an die hohe Behörde des
Reichshofrates.
195
Es war Rupert von Bodman schon früh klar geworden, dass ohne
den Verkauf hohenemsischen Besitztums eine Lösung des Schulden-
problems unmöglich sein werde. Zuerst dachte er noch daran, der Erlös
für die Herrschaft Schellenberg werde nach dem Vergleich mit den
Gläubigern wenigstens einige Aussicht bieten, der äusserst schwierigen
Lage Herr zu werden. In diesem Sinne berichtete er nach Wien.
Der Verkauf der Herrschaft Schellenberg und der Grafschaft Vaduz
A m 7. Juni 1696 erlässt der Kaiser ein Schreiben an Fürstabt Rupert
mit dem Auftrage, für die Herrschaft Schellenberg einen Käufer zu
suchen, und schon am 25. September kann dieser der Majestät melden,
dass sich «auf getane Werbung» Interessenten gefunden haben.
Es waren das Kloster Weingarten, der Fürstabt von Sankt Gallen,
der Bischof von Chur und der kaiserliche Obristkämmerer Graf Wald-
stein. Ohne Ansehen der Person sollte der Meistbietende zum Zuge
kommen.
Aus Rücksicht auf das einst hochangesehene Geschlecht der Grafen
von Hohenems (Marx Sittich I. war neben Georg von Frundsberg der
berühmteste Landsknechtführer, andere Angehörige dienten als O f f i -
ziere dem Reiche, einer war Bischof von Konstanz und Kardinal und
schliesslich Marx Sittich IV. Erzbischof von Salzburg und der grösste
Bauherr der Barockstadt) war zunächst an einen widerruflichen Verkauf
gedacht. Es war ein ungewöhnliches Vorgehen, ein Gedanke, dem Gra-
fengeschlechte die Möglichkeit eines Rückkaufes zu bieten, wenn es
einst wieder zu ausreichendem Vermögen kommen könnte.
Nach und nach ziehen sich die Interessenten zurück, bis auf den
Bischof von Chur. So konzentrieren sich die Verhandlungen und die
Meldungen an den Kaiser auf dieses Angebot. Der Fürstabt berichtet,
dass der Bischof von Chur deshalb Interesse an der nahe von Chur und
in seinem Bistum gelegenen Herrschaft habe, weil sie «in immer andro-
henden Anfällen der Religion halber ihm für ein Asylum dienen könne.»
Die Gegensätze zwischen Katholiken und Protestanten waren so gross,
dass sie den Bischof bewogen, eine sichere Zufluchtsstätte zu suchen.
Der Interessent erklärt, dass er niemals wegen des Ertrages an den Kauf
von Schellenberg denke, was zu verstehen ist, denn sie ergab nur einen
jährlichen Nettoertrag von 1000 Gulden.
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Auf die «beweglichen Vorstellungen» der Kemptner Delegierten er-
höht er sein Angebot auf 100000 Gulden mit frühestem Rückkauf in
70 Jahren, mit der Bemerkung, dass er seinem Verwandten, dem Grafen
Jakob, und den Seinigen die Hoffnung auf einen Rückkauf nicht neh-
men wolle. Alles schien klar: Der Bischof wird Käufer.
Da tritt plötzlich eine Wendung in den Verhandlungen ein: A m 12.
Juni 1697 meldet sich Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein,
von den Zeitgenossen Hans Adam der Reiche genannt, als Bewerber an.
Sein Schreiben an den Kaiser stellt gewissermassen den Punkt dar, an
dem das Haus Liechtenstein in die Geschichte des Landes eintritt, das
dann von ihm den Namen erhält. Es hat folgenden Wortlaut:
Allerdurchlauchtigster, grossmächtigester und unüberwindlichster
Römischer Kaiser, allergnädigster Kaiser und Herr!
Nachdem ich in Erfahrung kommen, welchergestalten die gräflich
hohenemsische Herrschaft Schellenberg, Schulden halber, plus offerenti
verkaufet werden soll, auch sich bei dieshalb angeordneter Commission
bereits Käufer angemeldet haben.
Wann ich dieser Orten mir auch gerne etwas erkaufen wollte, als tue
ich mich hiemit ingleichen für einen Käufer melden, und zwar wann mir
obgedachtes Schellenberg käuflich überlassen werden möchte, einmal-
hundert fünfzehntausend floren (gülden) für solches offerieren und
Euere Majestät alleruntertänigst bitten, sie geruhen dieses mein A n -
melden dem diesfalligen Commissario, dem Herrn Abten zu Kempten
mit diesem Erinnern beizuschliessen, womit derselbe bei der Verkaufs-
handlung auf mich Reflexion nehmen möge. Mich anbei zu kaiserlichen
Hulden und Gnaden alleruntertänigst empfehlender
Euer Kaiserlichen Majestät Untertänigster Fürst
Gehorsamster Diener
Johann Adam Andreas von Liechtenstein
Der Bischof von Chur war natürlich von dieser Wendung nicht be-
geistert und schrieb nach Kempten, Schellenberg stehe wohl dem Bistum
gut an, aber nichtsdestoweniger wolle er es einem Käufer gönnen, der
überflüssig viel Geld hat. Rückzug also. Kurz vorher hatte er sein Ange-
bot auf 110000 Gulden erhöht.
197
Wir können sehen, dass die Differenz von 5 000 Gulden über die
Geschicke unseres Landes entschieden hat, denn sonst wären wir heute
ein Teil des Kantons Graubünden und damit Schweizer.
Die Herren von Liechtenstein, seit dem 12. Jahrhundert als Adels-
geschlecht urkundlich nachgewiesen, standen schon im Mittelalter als
Heerführer und in Hofdiensten in hohem Ansehen.
Der grosse Aufstieg des Geschlechtes vollzog sich im 17. Jahrhun-
dert. Karl von Liechtenstein, später Statthalter von Böhmen, war Hof-
meister Kaiser Rudolfs II. in Prag, und er erhielt 1608 die Fürstenwürde.
1623 folgten ihm die beiden Brüder Maximilian und Gundacker in die-
ser Ehrung nach.
Nun trachteten die Brüder gemeinsam nach einer weiteren Standes-
erhöhung: Sie bemühten sich um Sitz und Stimme im Reichstag in
Regensburg, um Glanz und Ansehen ihres Hauses zu vermehren.
Dazu war der Besitz eines reichsunmittelbaren Gebietes Voraus-
setzung. Das Geschlecht besass sehr grossen Gutsbesitz, aber dieser lag
in den habsburgischen Erblanden, unterstand also nicht dem Kaiser
direkt.
Sieben Jahrzehnte lang zog sich das Suchen der Fürsten nach einer
solchen Erwerbung hin, und im Fürstlichen Hausarchiv finden wir die
Namen von zwanzig Herrschaftsbereichen, für welche sie Interesse zeig-
ten oder mit den Besitzern Verhandlungen führten, von Holland bis an
die Adria, von Ostpreussen bis ins Elsass.
Die Grafschaft Vaduz und mit ihr die Herrschaft Schellenberg war
seit 1396 reichsunmittelbar, und der Kauf beider Gebiete zusammen
war geeignet, das langgesuchte Ziel zu erreichen.
Im Jahre 1697 muss der Fürstabt zweimal nach Wien berichten,
dass der Verkauf von Schellenberg immer dringender wird, denn die
Gläubiger drohen mit Prozessen und Beschlagnahmungen, und das
ganze Land befinde sich in einem sehr gespannten Zustande.
Dann gibt der Kaiser seinem Kommissar den festen Auftrag, die
Herrschaft Schellenberg zu verkaufen, und zwar so, dass vom Erlöse die
Schulden beglichen werden. Mi t dem Verkaufe von Vaduz solle er noch
warten, bis entschieden ist, ob damit die finanzielle Lage geklärt ist.
A m 18. Januar 1699 wird der Kaufvertrag beim Reichshofrat in
Wien geschlossen. E r ist unterzeichnet von Rupert, Abt von Kempten
198
(für den Kaiser), dem Käufer und dem Verkäufer und enthält die Be-
stimmung, dass sich Fürst Johann Adam von Liechtenstein das Vor -
kaufsrecht auf die Grafschaft Vaduz wahrt.
Bald stellte sich unweigerlich heraus, dass Fürstabt Rupert mit seiner
Überzeugung, ohne diesen Verkauf gäbe es keine Endlösung, Recht be-
halten sollte: In einem «Verzeichnis der Schulden, die auf Vaduz ver-
bleiben», sind 100 unbeglichene Posten im Betrage von über 50000
Gulden zu finden, darunter vor allem von Gläubigern aus Graubünden
und von Erben der Personen, die als Hexen hingerichtet worden waren.
E i n Hofmeister hat drei Jahresbesoldungen zugute, ein Taglöhner den
Lohn von fünf Jahren.
Der Kommissar drängt, aber nun taucht ein grosses Hindernis auf,
welches der Grund ist, dass die Grafschaft Vaduz erst dreizehn Jahre
später erworben werden kann: E i n Angehöriger des Grafenhauses Ho-
henems war im Türkenkrieg gefallen, und Graf Maximilian Königsegg-
Aulendorff wurde Vormund seines nachgeborenen Sohnes. E r verwei-
gert seine Zustimmung aus der zweifellos richtigen Erkenntnis heraus,
dass bei der Verschwendungssucht des Grafen kein Geld übrig sei, wenn
sein Mündel erwachsen sein werde. V o r Gott, dem Kaiser und den
Nachkommen der Grafen von Hohenems könne er einen Verkauf nie-
mals verantworten.
Es nützt nichts, dass die Delegierten des Fürstabtes ihm melden:
«Es ist ein Elend und recht erbärmlich anzusehen und zu hören, wie
diese Creditores lamentieren. Es sind etliche darunter, welche in höch-
ster Not stecken, in den Himmel schreien, sich auf die Erde uns zu Füs-
sen werfen, schreien und weinen, und diesen können wir bei gegebenem
Zustand nit helfen, auch nit absehen, wie geholfen werden möge, ob
aber Glück und Segen dabei zu hoffen, lassen wir dem Urteil anderer
übrig.»
Graf Königsegg-Aulendorff, auch er beim Kaiser in hohem Ansehen,
war er doch Landvogt in Ober- und Niederschwaben und Wirklicher
Geheimer Rat des Kaisers, gibt nicht nach, und es kommt zu Auseinan-
dersetzungen zwischen ihm und dem Fürstabt.
Durch seinen Anwalt drückt er dem Kaiser gegenüber sein Befrem-
den darüber aus, dass Rupert von Kempten den Kaufvertrag über Vaduz
bereits aufgestellt habe und der Kauf schon so gut wie geschlossen sei.
199
Endlich wird die Lösung gefunden: V o m Vaduzer Kaufpreis sollen
die Schulden bezahlt und vom Reste eine andere Herrschaft gekauft
werden. Es war die Herrschaft Bistry in Böhmen, weit ertragreicher als
Vaduz und Schellenberg zusammen.
In dieser Zeit war dem Fürsten von Liechtenstein die Geduld ausge-
gangen, und er dachte an den Verkauf von Schellenberg und die Erwer-
bung entweder von Mindelheim oder einer Besitzung des Stiftes
Kempten!
Noch gibt es ungeregelte Fragen, aber jetzt drängt der Kaiser den
Fürsten, ihm den Kaufbetrag von 290000 Gulden sofort zu zahlen —
aber dieser lässt sich Zeit und erklärt der Majestät, er habe das Bargeld
gerade jetzt nicht zur Verfügung, «da ich absonderlich erst vor wenigen
Tagen Euerer Kaiserlichen Majestät alleruntertänigsten Diensten eine
Summa von fünfmalhunderttausend Gulden vorgeschossen habe.»
Heuchlerisch wendet sich der Graf von Hohenems, der grosse Schul-
denmacher, an den Kaiser: Durch das lange Hinausziehen des Kaufes
seien viele hundert Creditores in kläglichste Not an Leib und Seel gera-
ten, und der Kaiser möge sich der durch den Käufer zugrund gerichteten
armen Parteien mitleidigst erbarmen — er hat die Unverfrorenheit, dem
Fürsten von Liechtenstein die Schuld zuzuschieben!
A m 22. Februar 1712 wird der Kaufvertrag über Vaduz beim Reichs-
hofrat unterzeichnet. Fürstabt Rupert schickt den Kanzler Jodoc von
Blömegen zur Übergabe der Grafschaft nach Vaduz. A m Tage der
Huldigung erscheint ein Vertreter der Graubündner Gläubiger und er-
klärt, am nächsten Gerichtstag werde die Exekution gegen die Vaduzer
Untertanen stattfinden. Der Kanzler schickt einen Diener nach Kempten,
lässt dort sein Privatvermögen abholen und schüttelt, wie er berichtet,
7000 Gulden «dem drängenden Bündner in den offen gehaltenen Sack!»
Jodoc von Blömigen hat seinen Auftrag, vom Fürstabt erhalten,
dass er «in ihro kaiserlichen Majestät allerhöchstem und unserem
Namen gedachte Übergab in das Werk richten und hiebei alles, was dem
kaiserlichen allergnädigsten Befehle gemäss ist, vollziehen solle und
möge», getreulich erfüllt.
Im letzten Schreiben Kaiser Kar l V I . an den Fürstabt stehen fol-
gende Sätze:
200
Dem ehrwürdigen unserem und des Reichs Fürsten und lieben an-
dächtigen Ruperto, Abten des Stiftes Kempten, Unserer freundlich ge-
liebten Gemahlin, der Römischen Kaiserin Erzmarschallen . . .
Wir tun zuvörderst Euer Liebden dero bisher geführten Administra-
tion nebst gnädigster Dankerstattung wegen ihrer darin gehabten Mühe
und Sorgfalt gänzlich entheben.
Das gereicht uns zu gnädigstem Gefallen und Wir verbleiben mit
kaiserlichen Gnaden Kar l .
Die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schellenberg sind wieder
vereinigt, wie sie es durch Jahrhunderte in der Geschichte gewesen sind,
und sie werden 1719 zum Reichsfürstentum Liechtenstein erhoben, was
den ersten Schritt zur Erlangung unserer späteren Souveränität bedeutet.
Die Fürsten von Liechtenstein erreichen ihr Ziel , als Reichsfürsten Sitz
und Stimme am Reichstag in Regensburg zu erhalten.
Fürstabt Rupert von Kempten ist in seinem Wirken, uneigennützig
und zielbewusst in seinem wahrlich schwierigen Einsatz, eine der be-
deutendsten Gestalten in unserer Geschichte. E r hat durch sein Verbot
der Hexenprozesse unzählige Menschenleben gerettet, und ohne den
durch ihn geführten Verkauf an das Fürstenhaus Liechtenstein wären
wir wohl heute kein selbständiger Staat.
201
Die Pflanzenwelt
in den liechtensteinischen
Flurnamen
Mario Broggi
I N H A L T
Einleitung . . . .
Nadelhölzer
Eibe — Taxus baccata
Tanne — Abies alba .
Fichte — Picea excelsa
Föhre — Pinus silvestris
Legföhre — Pinus montana .
Lärche — Larix decidua
Wacholder — Juniperus communis
Laubgehölze
Eiche — Quercus robur
Buche — Fagus silvatica
Esche — Fraxinus excelsior
Linde — Tilia spec.
Bergahorn — Acer pseudoplatanus .
Birke — Betula verrucosa
Bergulme — Ulmus glabra
Eberesche — Sorbus aucuparia
Schwarzpappel — Populus nigra
Aspe oder Zitterpappel — Populus tremula
Weissweide — Salix alba
Weiden — Salix spec. .
Salweide — Salix caprea
Erle — Alnus spec.
Grünerle — Alnus viridis
Nussbaum — Juglans regia
Kirschbaum — Prunus avium
Birnbaum — Pirus communis
Apfelbaum — Malus domesticus
Zwetschgenbaum — Prunus domestica
Holunder — Sambucus spec. .
Hasel — Corylus avellana
Rose — Rosa canina .
Gemeine Waldrebe — Clematis vitalba
Brombeerstrauch — Rubus fruticosa .
Himbeere — Rubus idaeus
Heidelbeere — Vaccinium myrtillus
Heidekraut — Calluna vulgaris
Bodenvegetation
Blume . . . . . . . . . . 236
Farn — Farn. Filicinae . . . . . . . 236
Scharfer Hahnenfuss — Ranunculus acer . . . . . 236
Lilie — Gattungen Iris oder Lil ium . . . . . . 237
Maiglöckchen — Convallaria majalis . . . . . 237
Trollblume — Trollius europaeus . . . . . . 238
Brennessel — Urtica dioeca . . . . . . . 238
Sauerklee — Oxalis acetosella . . . . . . 238
Feldfrücbte und sonstige Nutzpflanzen
Hirse — Panicum crus galli . . . . . . . 239
Flachs — Panicum miliaceum . . . . . . 239
Hanf — Cannabis sativa . . . . . . . 239
Mais — Zea Mays . . . . . . . . 240
Gerste — Hordeum vulgare . . . . . . . 241
Hafer — Avena sativa . . . . . . . . 241
Rübe 241
Kohl 242
Kraut 242
Kürbis . . . . . . . . . . 242
Wein — Vitis vinifera . . . . . . . 242
Beeren . . . . . . . . . . 244
Landwirtschaftliche Wertungen des Bodens durch Zeigerpflanzen
Schilfrohr — Phragmites communis . . . . . 245
Binse — Juncus . . . . . . . . 247
Moos . . . . . . . . . . 247
Borstgras . . . . . . . . . 248
Blacke — Unkraut . . . . . . . . 249
Ausblick . . . . . . . . . 250
Register . . . . . . . . . 251
Quellen . . . . . . . . . . 254
E I N L E I T U N G
Im Jahrbuch 73 wurde der Versuch unternommen die Flurnamen
mit wildlebenden Tieren festzuhalten. Es wurde damals von der A n -
nahme ausgegangen, dass das flüchtige Tier weniger leicht das Merkmal
einer Örtlichkeit abgeben kann als die unverrückbare Pflanze. Gerade
deutsche wie rätoromanische Namen beziehen sich oft auf ein besonders
auffallendes Merkmal der benannten Flur. Dem bäuerlichen Begriffs-
feld entsprechend werden wir auf viele Pflanzen-Flurnamen stossen. M i t
diesem Beitrag wird versucht, die zahlreichen Pflanzennamen in ihrem
naturgegebenen Rahmen zu interpretieren. Immer wieder muss faszinie-
ren, wie treffend das Bi ld einer Landschaft in einem reichen Flur-
namensschatz eingefangen ist. Auf sprachliche Ableitungen und Deu-
tungen wird allerdings wie schon in der ersten Arbeit verzichtet. Wieder
steht das Interesse an dem historisch gewachsenen Aspekt der rhein-
talischen Naturlandschaft im Vordergrund. A m ehesten wagt sich der
Autor dieses Beitrages dort in den oft spekulativen Bereich der Deutung,
wo Resultate bei sprachlichen Erwägungen durch den lokalen Augen-
schein — die Realprobe — bestätigt oder in den Bereich der Möglich-
keit gerückt werden können. Neben den früheren urkundlichen Bele-
gungen und der Beachtung der mundartlichen Aussprache der betreffen-
den Namen kann bei einer Mehrdeutung des Flurnamens gerade die
Realprobe oft eine Klärung zulassen.
So wurden beispielsweise viele Frassen und Fräschen mit der Esche
(lat. Fraxinus) in Verbindung gebracht. Viele dieser Fräschen finden
sich aber nach einer Überprüfung im Gelände oberhalb der natürlichen
Eschenstandorte. Sie werden denn auch heute meist als «steile Halden»
gedeutet (Stricker, 1974). Im Flurnamen «Mistelmark» könnte man in
erster Sicht die Mistel (Viscum album) vermuten. Al le in schon die H ö-
henangaben von 1378 m, an der Grenze zu Frastanz und Feldkirch-
Tisis, lässt diese Deutung bezweifeln, da die vor allem auf der Tanne
parasitierende Mistel selten 1000 Meter Meereshöhe übersteigt. Tiefen-
thaler (1968) bringt denn auch die Mistelmark mit mischla, mischgla,
also mischen in Verbindung.
Wir werden allerdings auch Beispiele sehen, wo die Mehrdeutigkeit
trotz Augenschein nicht zur sicheren Aussage führen kann. Eines dieser
207
Beispiele sind die Namensbildungen mit Heid, Heide, Heiden. Hier
konkurriert das heidnische, also nichtchristliche, mit der Heid, dem
weiten, offenen Feld, wo auch das Heidekraut wächst. Räumlich be-
schränken wir unsere Untersuchungen auf den von Joseph Ospelt (1911,
1920) beschriebenen Raum, nämlich das Hoheitsgebiet des Fürstentums
Liechtenstein und den Balzner Besitz auf Bündner Seite. In den Arbei-
ten Ospelts ist auch die Lautschrift berücksichtigt.
Der Autor dieses Beitrages stützt sich bei der Interpretation der
Gehölzarten im wesentlichen auf die umfassende Arbeit von Brand-
stetter (1902). Im regionalen Vergleich wurden die Flurnamenssamm-
lungen von Vogt (1977) für den benachbarten Vorarlberger Walgau,
von Tiefenthaler (1968) für die rätoromanischen Flurnamen von Fra-
stanz und Nenzing, sowie von Gabathuler (1944) für die St. Galler
Gemeindebezirke von Wartau und Sevelen ausgewertet. Der regionale
Vergleich kann uns wertvolle Aufschlüsse über sprachliche Gemeinsam-
keiten und frühere, ursprüngliche Naturzustände in unserem geographi-
schen Raum geben.
Abkürzungen
ahd. = althochdeutsch
mhd. = mittelhochdeutsch
nhd. = neuhochdeutsch
lat. = lateinisch
rr. = rätoromanisch
Die in den Liechtensteiner Übersichtskarten M . 1 : lO'OOO vor-
kommenden Pflanzen-Flurnamen sind im Text kursiv gedruckt. Die
nur urkundlich, d. h. heute nicht mehr bekannten Flurnamen sind in
kleinerer Schrift gekennzeichnet.
208
N A D E L H Ö L Z E R
Eibe (Taxus baccata)
Die langsam wachsende Eibe ist in Liechtenstein vor allem auf den
Rüfeschuttkegeln, in den exponierten Felsköpfen sowie in Schluchtwäl-
dern noch anzutreffen. Junge Pflanzen sind stark vom Wildverbiss be-
droht. Die Eibe kann urwüchsige Formen annehmen. In unserer Region
ist die sog. «tausendjährige» Eibe auf St. Corneli (Feldkirch-Tosters)
recht bekannt. St. Corneli war früher ein Wallfahrtsort und man sprach
hier der Eibenrinde heilbringende Kräfte zu. Derart markante Exem-
plare sind oft durch ein Zusammenwachsen von mehreren Stämmen
entstanden und die meisten Eiben besitzen deshalb nicht das ihnen zu-
gedachte Alter. Auf einen einzelnen Baum geht der aus der Landeskarte
M . 1 : lO'OOO zu entnehmende Flurname «bei der Eibe» zurück: A m
Maurerberg, nahe dem Tisnertobel, auf ca. 1000 Metern Meereshöhe,
stehen noch Reste des einst starken Exemplares. V o r einiger Zeit muss
hier der Blitz eingeschlagen haben, denn nur ein Ast verbleibt heute
noch grün. Diese Eibe wurde im Jahre 1958 von Pfarrer Anton From-
melt als Briefmarkenmotiv (90-Rappen Marke) gewählt.
In vielen zusammengesetzten Wörtern mit «I-» dürfte sich nach
Frick (1962) die Eibe verstecken, so im «Igraben», nördlich von Schaan,
der gemäss der Flurnamenkarte von Ospelt etwas mehr bergwärts zu
rücken wäre, als er auf der heutigen Landeskarte aufgezeichnet ist.
Beim «Eibenries» (Iberis) an der Mittagsspitze handelt es sich um einen
typischen Eibenstandort. In der weiteren Region gibt es gemäss Gaba-
thuler (1944) einen «Ibachopf» im Trübbachtobel. In den Flurnamen-
sammlungen für den Walgau nach Vogt (1977) ist kein Eibenflurname
nachzuweisen.
• bei der Eibe, Mauren-Schaanwald (Maurerberg)
• Igraben, Schaan
• Eibenries, Balzers
209
Bei der Eibe, Maurerberg
210
Tanne (Fichte, Picea excelsa oder Weisstanne, Abies alba)
Die Tanne ist in unseren Pflanzen-Flurnamen am häufigsten vertre-
ten, wobei mit einer Ausnahme zwischen der Fichte (Picea excelsa) und
der Weisstanne (Abies alba) nicht unterschieden wird. Nach Bandle
(1954) wird vom ahd. das Tann, allgemein der Wald, abgeleitet, dies im
Gegensatz zum ahd. tanna für die Tanne, womit dann der einzelne Baum
gemeint ist. Die meisten liechtensteinischen Wortformen mit der Tanne
beinhalten eine kollektive Form oder bezeichnen mittels bestimmter
Bäume auch genau definierte Örtlichkeiten (z.B. bei der Marktanne,
bei den sieben Tannen). Unter «Grotzen» versteht man im benachbarten
st. gallischen Rheintal den Wipfel der Tanne, eine junge Tanne oder
eine verkrüppelte Form. In den Flurnamen Liechtensteins ist der
«Grotzen» nicht vertreten, im St. Galler Rheintal finden wir hingegen
das «Grötzli» in der Wartauer Rheinau oder beim «hübsche Grotza»
(Gabathuler, 1944).
• beim Tännele, Eschen
• Tannenwäldle, Gamprin
• Thanna Weg, Schaan (17. Jh.), vgl. Ospelt (1911)
• in den dürren Tannen, Schaan-Gritsch, Triesenberg-Älple
• der Tannenboden, Balzers-Guschgfiel
• in den Weidentannen, Triesenberg-Sareis und Triesenberg-Garselli
• Dreitannenboden, Balzers-Guschgfiel
• Drei Tannen, Schaan-Gritsch
• bei der Marktanne, Triesenberg-Sareis
• bei den sieben Tannen, Planken-Maiensäss
• Tännelemähdern, Gamprin
• beim Tannsamenplatz, Eschen
• im Tannwald, Schellenberg
• des Bleichners bei der Tanne, Schaan
• bei den Weisstannen, Triesenberg-Bargella
211
212
Föhre (Pinus silvestris)
Die Föhre besiedelt bei uns bestandesbildend jene Böden, in denen
anspruchsvollere Gehölze nicht mehr gedeihen. Es sind dies die Rüfe-
schuttkegel (z.B. Bannwald ob Vaduz) oder Felsgrate und Steilhänge
(z.B. Barahaide, Vaduzer Wald). In höheren Lagen wird die Waldföhre
durch die aufrechte Bergföhre (Pinus montana) abgelöst, so z. B . in schö-
nen Beständen auf dem Wanderweg von Malbun zum Sasser Seelein.
Die Föhre, ahd. forha, mhd. vorhe, hat im Alpenraum verschiedene Dia-
lektausdrücke wie Forre, Forr, Förch, Däle, Teile, Dela. Die Realprobe
muss entscheiden, ob es sich hier immer nur um die Holzart handelt.
Bei einigen «Förch» beispielsweise ist ein Abhang von geringer Höhe
(ahd. furuh, mhd. furch, in verschiedenen Dialekten fohren oder fuhren)
gemeint. Mi t der Däle (vgl. auch Beck, 1952), kann das Wort Teile, eine
Vertiefung oder kleines Tal konkurrieren. Auch hier hilft eine Standorts-
überprüfung meistens weiter. Das rote Kernholz der Lärche und der
Föhre heisst in Triesenberg «Färch» (Beck, 1952). Es ist deshalb wahr-
scheinlich, dass auch dieser Name mit der Föhre oder Forche in Ver-
bindung zu bringen ist.
• Im Fohrenwald, Balzers
• beim Rezger Föhrele, Balzers, GR-Gebiet
• Fohreneck, Planken
o Ferchen, Triesenberg
• Ferchenegg, Triesenberg
• i der Tela, Triesenberg
Legföhre (Pinus montana)
Die niederliegende Bergföhre kommt als «Legföhre» in keinem
Liechtensteiner Flurnamen, im Gegensatz zur St. Galler Seite am Scha-
nerberg (Gabathuler, 1944), vor. In walserdeutschen Dialekten wird die
Legföhre «Arala» genannt. Zwei entsprechende Flurnamen finden wir
denn auch auf den Triesenberger Alpen:
• In den Arien (Arala), Triesenberg-Sareis
• Aralaboden, Triesenberg-Malbun
213
Lärche (Larix decidua)
Die Lärche ist vor allem in den subalpinen Lagen Liechtensteins weit
verbreitet, wo sie als Einzelbaum bis gegen 2000 Meter vordringt. Die
Lärche, lat. Larix und rr. «larsch» ist nach Vogt (1972) in der räto-
romanischen Form in vielen Flurnamen verankert, so beispielsweise in
«Larsch» (Frastanz), in der A l p Malarsch ob Innerbraz (Vorarlberg).
Das «Malarsch» in Schaan fällt allerdings durch die Realprobe aus der
Betrachtung, da in früheren Zeiten Lärchen wohl kaum bis in den Tal -
raum vorkamen. J. B . Büchel (1906) bringt das Schaaner Malarsch mit
dem Apfelbaum in Verbindung (vgl. Apfelbaum). Tiefenthaler (1968)
sieht im Balzner Pralarisch (Pralawisch?) eine Zusammensetzung mit
der Lärche. Gemäss dem natürlichen Verbreitungsareal finden wir die
Flurnamen mit der Lärche im Bergraum, so
• im Lärchenzug, Balzers
« Lärchenegg, Triesenberg-Garselli
• in den Lärchen, Triesen-Lawena
9 in den Lärchen, Triesenberg-Älple
• Lärchenbüchel, Schaan-Guschg
® Lärchenbüchel, Vaduz-Malbun
s Lärchenbüchel, Alple
® Lärchenscherm, Triesenberg-Bargella
• bei den Lärchen, Balzers-Gapfahl
® zu Lärchen, Vaduz-Hintervalorsch
• Pralarisch (Pralawisch?) Balzers
Wacholder (Juniperus communis)
Der immergrüne Wacholderstrauch wird in der Mundart meist
Reckholder bezeichnet. Als «Reckholder» ist er auch im benachbarten
(Vorarlberg) verankert, in Liechtenstein ist nur ein Flurname zu finden:
© im Reckholder oder Reckholdera, Triesenberg
214
Lärchenbüchel, Schaan-Guschg
215
L A U B G E H Ö L Z E
Eiche — in der Regel Stieleiche (Quercus robur)
Aus Urkunden und den vielen Flurnamen in der Region lässt sich
auf eine frühere weite Verbreitung der Eichenwälder schliessen. Die
Früchte der Eiche (ahd. eih, mhd. eich), die Eichel (aichin), z . B . in
«Aichlatobel» bei Azmoos (Gabathuler, 1944), waren als Schweinefutter
sehr begehrt und um 1600 fleissig gesammelt (Paffrath, 1913). Nach
gleicher Quelle soll man in Vorarlberg Eichen nur auf Gemeindegrün-
den antreffen. «Nach einer alten Sitte musste jedes angehende Ehepaar
zwei Eichen anpflanzen und für ihr Aufkommen Sorge tragen. In neue-
rer Zeit (1840) werden diese Bäume gefällt, verkauft, und die Gemeinde-
schulden damit bezahlt, ohne die Nachpflanzung, wie es sein sollte, zu
betreiben» (in Paffrath, 1913, S. 127).
Betrachten wir die Verteilung der Eichen-Flurnamen in Liechten-
stein, so fällt auf, dass sie sich auf den Raum Balzers-Triesen sowie auf
das nördliche Unterland beschränken. Dort treffen wir sie vom Talraum
bis auf ca. 700 Meter über Meer, also in den Lagen des wärmeliebenden
Laubmischwaldes, das auch das Hauptverbreitungsgebiet der Eiche dar-
stellt.
Vogt (1972) und Tiefenthaler (1968) zitieren einige Ableitungen aus
dem lat. Robur im rr. Flurnamenschatz des Walgaus, so «Rofers» in
Frastanz, «Rafreu» in Nenzing, Bürs und Rons. Auch der «Rofler» in
Triesen und «Rotenberg» in Eschen dürften hierzu gehören.
• Melcheichen, Melcheichenmahd, -wiesen, Ruggell
• Herreneich, Ruggell
• Eichenbüchel, Schellenberg
• Eichenmahd, Schaan
• Eichholz, Triesen, Triesenberg
• Eichholztobel, Triesen
• Eichholz, Balzers
• Eichenbödele, Balzers GR-Gebiet
• im Rofler, Triesen
• Rodenberg, Eschen?
216
Buche (Fagus silvatica)
Die Buche nimmt in den natürlichen Waldgesellschaften Liechten-
steins einen über 500 Höhenmeter breiten Gürtel ein, wo sie einst die
die vorherrschende Holzart bildete. Sie ist heute noch die bedeutendste
Laubholzart unserer Breiten. Es überrascht deshalb, dass sie mit nur
sechs festgestellten Flurnamen direkt in Verbindung gebracht werden
kann. Der nördlichste Flurname «Buchenstein» liegt mitten im Ried,
an der Hoheitsgrenze von Ruggell zu Schellenberg. Dort ist die Buche
zwar nicht standortsgemäss zu erwarten. Die höchste Buchenbezeich-
nung ist ob dem Alpzinken auf Gafadura, bei 1400 Meter, zu finden, wo
sie durchaus noch bestandesbildend auftreten kann. Heute findet sich
an dieser Stelle ein Fichten-Reinbestand, der nach einem grossflächigen
Kahlschlag angepflanzt wurde. Dort, wo heute noch die schönsten
natürlichen Buchenreinbestände vorkommen, nämlich im Vaduzer
Schlosswald, scheint keine Bezeichnung vorzuliegen.
• am Buchenstein, Ruggell, Schellenberg
• beim Buchwald, Mauren
• im unterm Buchwäldle, Planken
• bei der Buche, Planken, Gafadura
• bei der Buche, Triesenberg
• bei der Ruhbuche, Balzers (rueba = ruhen)
Esche (Fraxinus excelsior)
Die ahd. «ask», mhd. «Esche» und rr. «Fraissa» ist nicht immer als
Esche zu deuten. Vor allem konkurriert noch das ahd. «ezisc», mhd.
«ezzisc, ezesch», was in der Dreifelderwirtschaft das eingezäunte, vom
Weidrecht ausgeschlossene Saatfeld einer Dorfgemeinde bedeutet. Aus
diesem «Ezesch» ist nach Brandsetter (1902) ebenfalls das Wort «Esch»
entstanden.
Demgemäss stehen sich «Esch», dasjenige Land, das in der Drei-
felderwirtschaft die Saat trägt und «Ägerta», der Brachacker, gegen-
über. Ob Saatfeld oder Baum ist selbst am jeweiligen Standort nicht
ohne weiteres zu entscheiden. Die ursprünglich von Fraxinus abgeleite-
217
ten (vgl. Johann Baptist Büchel, J B L V I , S. 64, in Frassen — bei den
Eschen) und in der Region häufigen Fräschen und Frassen sind heute
als «steile Grashalden» gedeutet, wo sie gemäss Realprobe oft oberhalb
der natürlichen Eschenvorkommen anzutreffen sind (vgl. Tiefenthaler,
1968, pp. 104). Die Esche wird gemeinhin mit dem Begriff des Feuchten
verbunden, wobei sie nicht nur in den Auwäldern und feuchten Wäldern
gedeiht, sondern selbst als konkurrenzstarke Holzart in trockene Fels-
gebiete bis ca. 1300 Meter vordringt.
• die Esche, Mauren, Eschen, Gamprin
• Im Äscher, Eschen, Gamprin, Planken
• bei der Esch, Planken
• in der Eschgass, Gamprin
• im Äscherle, Schaan (Äscher?)
• bei der Rosseschen, Eschen
Linde (Tilia spec)
Im Volksmund wird zwischen der grossblättrigen Sommerlinde
(Tilia platyphyllos) und der kleinblättrigen Winterlinde (Tilia cordata)
nicht unterschieden. Die Linden kommen in den unteren steilen und
sonnigen Hanglagen vor, so unterhalb dem Schloss Vaduz oder am E l l -
horn. Der Lindenbaum im Dorf ist eine vielbesungene, geradezu mythi-
sche Gestalt. Das nicht seltene Vorkommen der nach Linden benannten
Orte findet eine besondere Erklärung darin, dass in alter Zeit die Ge-
richtsverhandlungen mit Vorliebe unter diesem Baum stattfanden (so
z .B . in Vaduz). Linden sollen auch als Grenzzeichen gepflanzt worden
sein (Brandstetter, 1902). «Eine Linde sah man vor Zeiten in jedem
Dorfe vor der Kirche, oder dem Versammlungs- und Spielplatze der
Jugend, sie gab den Bienen reichliche Nahrung, und den Kindern wie
den Erwachsenen kühlenden Schatten selten gibt man sich die
Mühe diesen lieblichen Baum nachzupflanzen» (in Paffrath, 1913).
Die Linde, ahd. Lintä, mhd. linde, könnte auch in der lateinischen
Form Til ia in den Flurnamen verewigt sein.
218
Bei den Ahornen, Vorder-Valorsch
219
• bei der Linde, Triesen (2 x), Vaduz, Schaan, Triesenberg
• in Lindenbühl, Schellenberg
• der Lindenberg (Fischer Karte, 1721)
• der Lindenweg, Ruggeller Wald
• im Lindholz (Vorder-, Hinter-), Gamprin, heute vorwiegend Fichten
• Tilihalden, Mauren?
Bergahorn (Acer pseudoplatanus)
Der Bergahorn kommt von der Talebene bis in die Bergwälder über-
all eingestreut vor. Kleine Reinbestände bildet er allerdings nur in den
obersten Berglagen. Dort sind an einigen Stellen markante Einzelbäume
oder Baumgruppen zu finden, so z. B . bei der Einfahrt zur A l p Lawena,
im Bereich der Valörscher oder im Triesenberger Garselli. Solch ur-
wüchsige Bäume sind sicher für eine Flurnamengebung prädestiniert.
Es ist deshalb eher erstaunlich, dass sich in Liechtenstein, im Gegensatz
zum Walgau, nur gerade drei Flurnamen finden lassen, wobei alle diese
Belege aus dem gleichen Raum stammen:
• bei den Ahornen, Schaaner A l p Vorder-Valorsch
• bei den Ahorn, im Steg
• bei der Ahorn, Vaduzer A l p Hinter-Valorsch
Urkundlich findet sich 1573 auch ein Hinweis am Triesenberg
«beim Ahorn und dem Steingewölbe» (vgl. Büchel, J B L 1902, S. 207).
Birke (Betula verrucosa)
Die Birke (ahd. birihha, biricha; mhd. birche, birke) ist als Pionier-
baumart, d. h. als Gehölz der ersten Stunde auf offenen Flächen, recht
verbreitet. Sie nimmt allerdings meist nicht mehr die ursprünglichen
natürlichen Standorte ein. Neuerdings kommt sie auf den zunehmenden
Brachflächen, wie beispielsweise «im Nasshaken» (Triesen) wieder stär-
ker auf. A m ehesten bringt man wohl die Birke mit dem Ried-Lebens-
raum des Liechtensteiner Unterlandes in Verbindung. Dort tritt sie auch
in Flurnamen auf:
220
Bei der Ahorn, Hinter-Valorsch
221
• In der Birke, Schellenberg
• das Birkenmahd unter den Halden, Schellenberg
• das Birkele, Ruggell
• Birken, Mauren
• im Birkenbüchel, Birkenloch, Birkentobel, Planken
Bergulme (Ulmus glabra)
Die Ulme, in alten Bezeichnungen auch Eime oder Urne geheissen,
kommt vorwiegend in den Schluchten und feuchten Laubwäldern oder
auf Rüfeschutt vor. Die Ulme tritt unter dieser Bezeichnung in Liechten-
stein nicht auf, dies im Gegensatz zur St. Galler Seite etwa im «Ulma-
loch» oder in Vorarlberg in «Ulmaboda» in Nenzing.
E in weiterer alter Name für die Bergulme lautet «Rüster», was vom
ahd. ruzbaum abgeleitet wird. Durch Einschiebung entstand rustbaum,
rüstbaum, rüster, ruossbaum etc. Der Name «Rüster» soll in Balzers
noch geläufig sein. Gemäss Brandstetter (1902, S. 79) sind auch viele
Flurnamen mit Rusch und Russ auf den Rüsterbaum zurückzuführen.
Frick (1976) sieht denn auch im «Ruschegg» im Saminatal ein «Ulmen-
egg», zumal die Bergulme dort noch vorkommt. Brandstetter (1902)
nennt mit Effe und Effenbaum einen weiteren alten Namen und meint,
dass beispielsweise ein von ihm zitierter Evibach auf diese alte Namens-
form der Ulme zurückzuführen ist. Auch wir besitzen zwei zusammen-
gesetzte E f i - oder Evi-Flurnamen, beide oberhalb Schaan. Beiden Stand-
orten gemeinsam ist ein ausgesprochener Schluchtcharakter, wo die
Ulme standortsgemäss wäre. Auch die «Evimähder» unterhalb von
Ruggell wären mögliche Ulmenstandorte, wobei mir eine solche Deu-
tung gewagt erscheint.
• Ruschegg, Triesenberg, Garselli
• Efisalv-, Evisalftobel, Schaan?
• Efiplanken, Efiplankentobel, Schaan ?
• Evimähder, Ruggell?
222
Eberesche (Sorbus aucuparia)
Die Eberesche, auch Vogelbeere genannt, kommt in den lichten
Wäldern Liechtensteins vom Rheintal bis zur Waldgrenze vor. Ihre
häufigsten Standorte finden sich allerdings in den alpinen Lagen. Direk-
te Hinweise auf diesbezügliche Flurnamen lassen sich in Liechtenstein
keine entdecken. Im Walgau gibt es beispielsweise einen «Dörgitsch-
boden» in Bürs, den Vogt (1977) auf die Eberesche zurückführt. A m
Triesenberg und in Schaan wird die Eberesche «Girigitsch» genannt.
Es ist bekannt, dass die Beeren der Eberesche früher gebrannt wurden.
Es sind in Liechtenstein an abgelegenen Stellen Flurnamen bekannt, die
auf dieses Brennen hinweisen. Es soll denn auch nach Frick (1976)
im «Brantawiitobel» im unteren Saminatal bis zum 1. Weltkrieg
«schwarz» gebrannt worden sein, um die damalige hohe Steuer umge-
hen zu können. Einen «Brantawiwald» kennt auch das benachbarte
Nenzing (Walgau).
• Brantawitobel, Garselli-Triesenberg
• zu Branntweinhütte, Steg-Triesenberg
• Branntweinloch, Lawena-Triesen
Schwarzpappel (Populus nigra)
Die Schwarzpappel heisst in den Dialekten unserer Region «Alber»
(vgl. Alberwald, Gabathuler, 1944, S. 8), wo sie neben der «Felbe», der
Weissweide, oft den einzigen Hochstamm in den ehemaligen «weichen
Auen» bildete. Alber hat mit dem lat. albus = weiss, nichts zu tun. E r
wird vielmehr vom lat. arbor = Baum (ital. albero) abgeleitet.
In der Schweiz ist der «Alber» nur auf die Ostschweiz begrenzt,
daneben sind in den Dialekten (nach Brandstetter, 1902, S. 55) die fol-
genden Namen für die Schwarzpappel bekannt: Sarbaum, Sarbache,
Sarbeck, Sarbollen, Sarbellen, sarben, saren, Bachsoren. Sar ist ein Bach-
name und bedeutet mit Geschiebe überdeckt. Sarbollen ist mit Bo l
zusammengesetzt. Nach Grimms Wörterbuch II, S. 230, heisst Bolde,
Bolle, Bollweide auch Pappel, so dass im Wort Sarbollen die Pappel
steckt (vgl. etwa Pleonasmus in Gantenstein). Bol bezeichnet auch einen
Hügel, eine Anhöhe, eine Halde. Dies könnte etwa in Boleskopf (Bal-
zers, GR-Gebiet) stecken.
223
In Liechtenstein ist zudem im Unterland der Familienname Alber
seit 1569 belegt. Die Familie Alber soll aus Vorarlberg stammen (Mar-
xer u. Tschugmell, 1978, S. 22/23. In Ludesch ist denn auch ein Flur-
name «Alberi» belegt, der urkundlich mit einem Peter Alber, gemäss
einem Feldkircher Urbar 1487 (vgl. Vogt, 1977, S. 87), in Zusammen-
hang steht.
• bei dem Alber, Balzers
• beim Alber, Schaan (1507, Vgl. J B L V I , S. 64)
• Hofstatt zum Alber, Schaan (1701)
• Albersfeld, Ruggell
® Albersberg, Ruggell
Aspe oder Zitterpappel (Populus tremula)
Die Aspe, Espe oder Zitterpappel wäre in Liechtenstein verbreitet,
wurde aber als forstliches Unkraut betrachtet und dementsprechend
kurzgehalten. Im Volksmund ist der Ausdruck «zittern wie Espenlaub»
noch geläufig. In unserer Region sind, im Gegensatz zu einigen anderen
Gegenden, die Flurnamen mit Aspi , Espi, Aspen eher selten. Im Walgau
findet sich in Frastanz der Flurname «Aspa». Eine «Aspera» in Sevelen
deutet Gabathuler (1944, S. 10) nach David Heinrich Hilty als via
aspera = eine rauhe Strasse, weil dort einst die Römerstrasse durchging.
Frick (1951, S. 209) schreibt den Eschner Flurnamen «Aspen» der
Baumart zu. In Liechtenstein sind alle Aspen-Flurnamen nur an eine
Örtlichkeit gebunden. Dieser Ort, mit dem Aspen-Gut, gab einer Eschner
Familie auch ihren Hausnamen, nämlich «s'Aspers».
• au) Aspen, urkundlich 1798 erwähnt (siehe Schädler, 1908, S. 163)
• Aspergut, Eschen
• Asperblattengass, Eschen (1801)
• Asperwald, Gamprin, nördlich des Aspergutes
224
Weissweide (Salix alba)
Die Weissweide ist die grösste der vielen einheimischen Weidenarten
und ebenso wie die Schwarzpappel nur in den Auen vertreten. Die
Weissweide wird im St. Galler Rheintal (vgl. Bosshard, 1978), im Wal-
gau (vgl. «Felba» als Flurname in Bürs, Vogt, 1977) und Liechtenstein
einheitlich «Felbe» genannt. Das Wort wird nach dem Schweizer Idioti-
kon mit fahv, blond, blassgelb in Verbindung gebracht.
• bei den Felben, Schaan (früher bi da drei wissa felba, gemäss Ospelt,
1911)
• der Felbensatz, Gamprin
Weiden (Salix spec)
Die Gattung der Weiden (Salix) kommt in Liechtenstein mit 21 A r -
ten, vom krautartigen Gebilde bis zum hohen Baum, vor. Bei der Deu-
tung der diesbezüglichen Ortsnamen muss jedoch nicht nur das Gehölz
alleine flurnamengebend sein, so dass eine eindeutige Entscheidung oft
gar nicht möglich ist. In Betracht fallen zusätzlich:
a) das ahd. weida, mhd. weide, also der Ort, wo das Tier Futter sucht.
b) das mhd. wit, wide, wid, das in verschiedenen Dialekten «wehd» ge-
sprochen wird und Flechtreis, ein Strang gedrehter Ruten, bedeutet.
c) ahd. vitu, wittu, mhd. wid, kann allgemein Holz, Baum oder Wald
bedeuten und soll aus dem keltischen vitu stammen, schliesslich
d) ist das Wort widamo, mhd. Widum, Widern zu beachten. Es bezeich-
nete ursprünglich die Mitgift an die Frau. Seit Kar l dem Grossen
wurde, gemäss Brandstetter (1902), verordnet, dass für jede Kirche
ein Hof im Land und Gebäulichkeiten zum Unterhalt des Priesters
auszuscheiden sei. Dieser Hof hiess Widum der Kirche resp. des
Pfarrers.
In den liechtensteinischen Flurnamen dürften die Holzart, aber auch
die Viehweide und das Widum (z.B. in Eschen) in Betracht kommen.
• Widau, Ruggell
• in den Wieden, Eschen, gemäss Ospelt (1920) = salix
• Wiedenbrunnen, Eschen
» Wiedenbüchel, Gamprin
• im Wiedacker, Schellenberg
225
• Widum, Wieden, Eschen, Gamprin, Schellenberg, Ruggell
• beim Widen, Triesen (1507) Vgl. Büchel (1906), J B L V I , pp. 64
• der Wydumb, Eschen, 1665 in Ospelt (1911)
• der Widern, Eschen, 1722, 1744, Vgl. Ospelt (1911)
O an dem Widern, Balzers, 1474, in Ospelt (1920)
Salweide (Salix caprea)
Die Salweide heisst ahd. salaha, mhd. salhe, nhd. Sale, Salle, Sal-
weide. Der zweite Wortteil «Weide» ist nur die Übersetzung des nicht
mehr verstandenen oder nicht mehr gebräuchlichen Wortes «sale» (vgl.
Brandstetter, 1902, S. 68). Die Salweide ist in allen Höhenlagen eine
weit verbreitete Weidenart. Gabathuler (1944, S. 67) sieht alle Örtlich-
keiten mit sal-Namen mit bester und reichlicher Bewässerung, ohne aber
versumpft zu sein. Im St. Galler Rheintal heisst die Salweide auch Geiss-
laub (Bosshard, 1978). Auch der Walgau kennt die Salweide in Salen-
egg (Nenzing) und Salenhalde (Frastanz). E i n Salums, ein wasserreiches
Waldgebiet, gibt es im benachbarten St. Galler Rheintal, das Gabathuler
(1944) mit der Salweide in Verbindung bringt. Stricker (1971) sieht hin-
gegen wie Tiefenthaler (1968) ein lat. Solamen, eine Hofstatt, Bauplatz,
Grund, Boden, das auch auf das Gampriner Salums zutreffend wäre.
• beim Salbofen, Balzers, GR-Gebiet
• Salenbündt, Mauren
• Salengasse, Salenplatz, Mauren
• Salenwingert, Schellenberg
• Salenplatz, Mauren
Erle (Alnus spec.)
Wo versumpftes Land vorliegt, ist in der Regel auch die Erle ver-
treten. Nur auf den Talraum beschränkt ist die Schwarzerle (Alnus
glutinosa), während die Weisserle (Alnus incana) bis in das Gebirge
vorstösst, wo sie gegen die Waldgrenze zu, vor allem an feuchten Stellen,
von der Grün- oder Alpenerle (Alnus viridis) abgelöst wird.
In den liechtensteinischen Flurnamen wird zwischen der Schwarz-
und der Weisserle nicht unterschieden, dies etwa im Gegensatz zu
«Schwarzerla» in Bludesch (Vorarlberg).
226
• In den Erlen, Triesenberg
• In den Erlen, Ruggell
• am Erlenbach, Eschen
• Erlenbachzinken, Eschen
• am Erlenbort, Triesenberg
• Erlenpritschen, Eschen
• im Erler, Eschen
Grünerle (Alnus viridis)
Stricker (1974, S. 252) deutet die vielen «Tros» und «Troas» auf das
vorröm. «drausa», das rr. zu drossa, draus wird und als Lehnwort in die
alemannischen Alpenmundarten der Schweiz, Südvorarlbergs und des
Allgäus gelangt ist. Hierzu gehören nach Stricker selbst einige häufige
Komposita auf Ross, z .B . «Rossboden» (Triesenberg-Malbun, Triesen-
Lawena, Balzers-Matta, Schaan-Guschg).
Tros und Troas kommen mehrfach, auch in Wortzusammensetzun-
gen, in Wartau und Sevelen im Alpgebiet vor. So z . B . im «Trosboden».
Auch im Walgau, in Bürs, in «Drosna-Zipfel» oder «Droslaloch» und
«Drös» in Nenzing. In unserem Alpenraum finden wir zwei entspre-
chende Flurnamen:
• im Tröste, Vaduzer-Malbun
• im Trosshäldele, Balzers-Gapfahl
• Rossboden, Triesen-Lawena, Balzers-Matta, Schaan-Guschg?
• Rossboden, Triesenberg-Malbun?
Nussbaum (Juglans regia)
Der Walnussbaum stammt aus Südwestasien. Die «welsche Nuss»
ist in Liechtenstein allenthalben verwildert zu finden, so vor allem in
den weniger intensiv bewirtschafteten Rüfewaldungen. Ortsnamen, die
nach dem Nussbaum benannt sind, finden sich recht verbreitet bei Hof-
namen in der Schweiz. In unserer Region sind Nuss-Flurnamen recht
selten, so in Nenzing in «Nussbühel». Den einzigen liechtensteinischen
Flurnamen finden wir im Balzner Wald:
o Nussbaumries, Balzers
227
Kirschbaum (Prunus avium)
Die Vogelkirsche kommt eingesprengt in allen Laubmischwäldern
Liechtensteins vor, wo sie aber nur einmal flurnamensbildend auffällt.
Die Süsskirsche ist in vielen Züchtungen in der Flur vertreten, wo sie
von den Römern eingeführt worden sein soll. Aus dem spätlateinischen
Ceresa entstand unser Dialektwort «Chriesi».
• Kristbaumries, Schaan (Kriesbommres)
• beim Kriesbaum, Planken
• auf der Kriesibruck, Schellenberg
• in der Krisihalden, Planken
• der Kriesiteil, Eschen
Birnbaum (Pirus communis)
Das deutsche Wort Birne, ahd. bira, ist nichts anderes als der Plural
vom-lat. pirum, rr. prer—die Birne.
Die Birnbäume umsäumten einst in Obstgärten (Bongert) die liech-
tensteinischen Ortschaften und waren für die Mostgewinnung wie auch
als Dörrobst als Zwischenverpflegung im Feld von grosser Bedeutung.
Heute geht der hochstämmige Obstbaumbestand schnell zurück (vgl.
Broggi, 1973a).
• beim Birnenbrunnen, Gamprin
Ospelt (1911) zitiert des weiteren Urkunden:
© Mader zum Birnbaum, Schaan, 1701
• zwey Mannmad Mäder beym Biehrenbaum, 1701
• bey dem Rotten Biernbaum, Mauren, 1698
Auch die rätoromanische Form «prer» ist noch zu finden (vgl. auch
Vogt, 1972):
• im Prer, Balzers, vgl. J B L X I , pp. 85
(Prär, 1474, Büchel, vgl. J B L X I V , pp. 39)
Gabathuler (1944) führt ein «Paraiz» auf Pirarium — der Birnenbon-
gert zurück.
228
Obstbäume prägten einst den Siedlungsrand
V o n den unzähligen Birnbaumsorten früherer Zeiten sind nicht
mehr viele verblieben. Bei deutschen Baumnamen bezeichnet «-er», an
die Stelle von «-bäum» tretend, ein einzelnes Exemplar (personifiziert
als «Träger der entsprechenden Früchte»). Bäume als Fixpunkte im
Gelände sind oft zur Flurnamenbildung herangezogen worden. Grabs
kennt nach Stricker (1974) Joggeller, Melbirler, Scheibeier, Schwärzeier,
Stäheler, Trübeier, wobei einige dieser erwähnten Obstsorten heute
nicht mehr bekannt sind. Einige dieser Sorten, heute wohl ebenso kaum
mehr als solche erkannt, sind auch in Liechtenstein vertreten:
229
• Länkeler, Lenkele, Triesen (Langel, Mundart Lenkela — eine
Birnensorte)
• Länkelteil, Eschen
• Mümeler, Triesen (muemela = Name einer Birnensorte)
• Stattröhtler, Planken (ebenfalls Name einer Birnbaumsorte)
Indirekte Hinweise erhalten wir durch das Endprodukt:
• Mostmähder, Gamprin
• Mostmähdle, Ruggell
A . Frick (schriftl. Mitteilung) sieht in «Mostmähder» eine volks-
tümliche Umdeutung von «Moosmähder», also die feuchten Mähder.
Apfelbaum (Malus domesticus)
Tiefenthaler (1968) sieht im «Malarsch» bei Bludenz eine «Monte
Larice» mit Reduktion im Vorton. J. B. Büchel (1906) bringt das Schaa-
ner Malarsch mit dem Apfelbaum in Verbindung. Gemäss Realprobe
dürfte dies auch eher zutreffen, so dass «Malarsch» in Schaan auf das
lat. Malum und das Suffix-Ariu zurückgeht.
• Malarsch, Schaan
Zwetschgenbaum (Prunus domesticaj
Die Zwetschge stammt wild aus Vorderasien. Der Ausdruck
Zwetschge soll sich nach Brandstetter (1902, S. 11) erst im 16. Jh. in der
deutschen Schweiz eingebürgert haben. In Flurnamen kommt die
Zwetschge in dieser Form in Liechtenstein nicht vor, hingegen treffen
wir im nördlich angrenzenden Frastanz einen «Zwetschgenbühel».
Schädler (1915) erwähnt, dass «Kriacha» eine Ar t kleiner Pflaumen
seien. Ospelt (1920) weist in seinen ergänzenden Bemerkungen darauf
hin, dass in Vaduz die Zwetschge «Kriacha» heisse und führt damit
den Triesenberger Flurnamen «Kriagabüchel» auf die Zwetschge zu-
rück. Von der Kriecha kommt nach Frick (1977) der kaum mehr ge-
hörte Ausdruck «kriechblau» für knetschblau». Im Vorarlberger Ober-
230
land, in Bludesch, gibt es den Flurnamen «Kriechaquart», gemäss Vogt
(1977) ist die Krieche eine Pflaumenart.
Eugen Bühler, Triesen, macht mich darauf aufmerksam, dass früher
am Berg der Mist an steilen Hängen mit dem Seilzug ausgebracht wurde.
Der entsprechende Ausdruck für diese Tätigkeit war «kriega». Die
Realprobe ist infolge Unkenntnis der Örtlichkeit nicht möglich.
• Kriegabüchel, Triesenberg?
Holunder (Sambucus spec.)
Der Holderstrauch heisst ahd. holuntar, mhd. holunter, holunder,
holder oder holler. Dass der Holder flurnamenbildend auftritt, ist eigent-
lich nicht verwunderlich, wurde er doch häufig in der Volksmedizin ver-
wendet. Das Holdermus, d.h. der aus Holunderbeeren gekochte Brei,
wurde zum «Ribel» gegessen. In Form von Confiture, diesmal aber der
rote Holunder, ist er am Triesenberg als «Latwäri» bekannt, während
er am Schellenberg als «Guuts» eine angenehme Beigabe ist. A m Trie-
senberg durfte das Holderholz nicht verbrannt werden, das bringe U n -
glück (mündl. Eugen Bühler, Triesen).
Nach dem Schweiz. Idiotikon (vgl. Brandstetter, 1902, S. 70) wird
in verschiedenen Regionen «Holler» statt «Holder» gesprochen. Zusam-
mensetzungen mit Hag sind in der Region recht häufig (z.B. beim Hag
in Balzers und Triesenberg; früher reihenweise sehr eng gepflanzte
Weissdorne (Crataegus spec).
• in Quader beim Hollerhag, Schaan
Hasel (Corylus avellana)
Der Haselstrauch kommt in Liechtenstein verbreitet bis auf 1400 m
in steinigen Lagen und an Waldrändern vor. Es ist deshalb verwunder-
lich, dass dieser altheidnisch mythische Strauch (Haselrute zum Schatz-
suchen, zur Abwehr von Schlangen, vgl. Vonbun 1862), der auch bei
den Buben zum Schnitzen recht beliebt ist, nicht mehr in den liechten-
steinischen Flurnamen verankert bleibt, dies im Gegensatz zum Walgau,
231
wo er fünfmal belegt ist. Im Liechtensteiner Unterland, vor allem in
Eschen, kommt der Familienname Hasler vor. Des «Haslers Gütli»
zeigt bewusste Bindung des Objektes an seinen Besitzer, wobei auch
hier der Genitiv bei den Personennamen überwiegt.
• In der Haslen (hasla), Triesenberg
• Haslers Gütli, Gamprin
• Haslersgut, Mauren
• Haslermahd, Schellenberg
Rose (Rosa canina)
Der Name Rose ist wohl erst spät auf die kultivierte und veredelte
Rose übertragen worden. In Ortsnamen ist unter der Rose am ehesten
die Hagrose oder Hagebutte zu verstehen.
Gerade in Liechtenstein besitzen wir viele Rosen, Rösle, Ross- und
Roos-Flurnamen. Frick (1952) verweist hier vor allem auf das nicht
mehr verstandene «Rooss», das ist eine Sumpfwiese mit stehendem
Wasser, wo früher der Hanf und Flachs hinein gelegt wurden, um gar
zu werden. Es wird wohl jeweils nur durch die Realprobe möglich sein,
die Rose oder die Rooss am jeweiligen Ort zu erkennen.
Brandstetter (1902), pp. 60) sieht seinerseits in vielen «Rosengarten»
eine Einfriedung oder Gehege mit Rosengesträuch, das so in dieser A n -
ordnung zugleich vor dem weidenden Vieh schützt. Wir besitzen bei-
spielsweise in der Valüna einen «Rosengarten» (vgl. auch Stricker, 1974,
Alpenerle). Sicher ist heute manche Rooss nicht mehr als Lache oder
Schlatt erkannt, sondern eben als die schöne Rose gedeutet. So auch der
«Rosenbühler» in Eschen und der «Rosengarten» in Schaan. Wo wohl
das «Rosaloch» am Triesenberg hingehört?
Gemeine Waldrebe (Clematis vitalba)
Die gemeine Waldrebe heisst in den Dialekten unserer Region
«Niala». Gemäss Brandstetter (1902, pp. 31) ist in Österreich durch
Dissimilation aus dem ahd. Liula , Liola , dem späteren Liela der Aus-
232
druck Lieren entstanden. Das Schweiz. Idiotikon kennt denselben zwar
nicht, doch sollen auch in der Schweiz mehrere Flurnamen darauf hin-
weisen, dass «Lieren» früher auch dort gebräuchlich war. Könnte der
«Lierer» in Ruggell allenfalls damit in Verbindung gebracht werden?
Oder steckt eine Obstbaumsorte dahinter?
• der Lierer, Ruggell ?
Brombeerstrauch (Rubus fruticosus)
Der Brombeerstrauch, in Liechtenstein in 17 Arten vertreten, kommt
vom Talraum bis zur Waldgrenze vor. Der Name setzt sich aus dem ahd.
bramö oder brämä und beri, die Beere, zusammen. Eine Nebenform von
bräme ist das Wort «breme». Brandstetter (1902, pp. 63) deutet das
Wort Bremen zum Brombeerstrauch gehörig. Auch Hammer (1973)
führt einen bei Altstätten urkundlich belegten Flurnamen «bremen werd»
auf den Brombeerstrauch zurück. Dies dürfte für unseren einzigen
Bremen-Flurnamen im Grenzraum des Schellenberger zum Ruggeller
Riet zutreffen. Die Bremställe (vgl. Broggi 1976) im Alpenraum sind
wohl eher mit dem Insekt in Verbindung zu bringen.
• im Bremen (Brema), Ruggell, Schellenberg
Himbeere (Rubus idaeus)
Die ahd. hintberi gehört zur Gattung der Brombeeren und kommt
in Liechtenstein verbreitet vom Talraum bis an die Waldgrenze auf
1900 m. ü. M . vor. So finden wir ein «Himbeerloch» in Brand (Vorarl-
berg). In Liechtenstein finden sich in dieser Form keine Flurnamen.
Das anlautende «h» fällt nach Brandstetter (1902, pp. 64) in ver-
schiedenen Dialekten weg. Wenn dies auch früher für Liechtenstein zu-
getroffen hat, so könnten vielleicht die folgenden Flurnamen mit der
Himbeere in Verbindung gebracht werden:
• das Immerich, Schellenberg?
• der Immerme, Ruggell ?
233
Heidelbeere (Vaccinium myrtillus)
Heidekraut (Calluna vulgaris)
Beiden niederen Straucharten ist gemeinsam, dass sie auf sauren
Böden oder zumindest auf Rohhumusauflage gedeihen. Demgemäss
können sie auf den vorwiegenden Kalkböden in Liechtenstein nicht sehr
verbreitet sein. Ihr Nachweis in den Flurnamen wäre zudem nicht sicher
zu erbringen, da das Wort «heid» vor allem auch das weite, offene Feld,
auch Allmend, im Gegensatz zur geschlossenen Gemarkung des Dorfes,
bedeutet. Sind diese Felder entlegen, so waren sie oft auch nicht kulti-
viert, daher kann der Name Heide auch unbebautes Land bedeuten.
«Heide» wurde auch auf verschiedene auf diesen Heiden wachsende
Pflanzen übertragen, so vor allem auf das Heidekraut und die Heidel-
beere. Es ist nun im nachhinein schwer zu entscheiden, ob das Stück
Land oder die Pflanze jeweils in einem Flurnamen gemeint ist. V o m
gleichen Wort «heid» soll nach Brandstetter (1902) auch die Bezeich-
nung «Heiden», im Gegensatz zum Christen, herkommen. Es knüpfen
sich vielerorts Sagen von untergegangenen Völkern hier an.
Beck (1952, pp. 626) erläutert den Malbuner Flurnamen «Heita»,
der zu Heidelbeere gehört. Im Oberwallis heisst denn auch die Heidel-
beerstaude «Heite» oder «Heiti». Auch Gabathuler (1944) weist auf der
St. Galler Seite auf einen urkundlich belegten Flurnamen «Heiten» im
Palfris hin, den er als Heidelbeere deutet, «da es im Walsergebiet liegt,
muss es zu die Heidelbeere = Heiti genommen werden». Auch in «Heu-
bühl» (Triesenberg) sieht Beck (1953) ein abgewandeltes, später nicht
mehr verstandenes «Heitbühl».
© auf der Heid, Schaan
• der Heiden, Eschen
» haidenbüchel, 1698, Mauren, in Ospelt (1911)
• im Heidboden, Valüna-Triesen
© im Heidbüchel, Valüna-Triesen
• in der Heita, Malbun-Triesenberg
© Heubühl, Triesenberg
• obere, untere Matheid, Balzers GR-Gebiet
234
Gubler (1949, pp. 164) setzt die Flurnamen mit «Bruch» ebenso in
diesen Formenkreis, in dem er als das gemeine Heidekraut oder einfach
als Gestrüpp deutet.
• in Brüchiis Teilen, Ruggell
• Im Bruch, Triesenberg
• in den Brüchen, Triesenberg
• im Brüchle, Schellenberg
• Brüchiis Wald, Ruggell
• in Brückles Stauden, Ruggell
• Kleinbrüchiis, Ruggell
Frick (1955, pp. 81) sieht in Bruch allgemein den Moorboden oder
Sumpf. Im Brüchliswald (Ruggell) müsste diese Interpretation allerdings
bei Realprobe wegfallen, da es sich um einen «trockenen» Wald handelt,
der einst zu Kulturzwecken gerodet und später wieder aufgegeben wurde
(Die abgetreppten Steinmauern sind heute noch im Waldareal sichtbar).
In diesem Fall dürfte demnach eher «das Gestrüpp» zutreffen.
235
B O D E N V E G E T A T I O N
Blume
Im alpinen Bereich finden sich einige Blumen-Flurnamen, so vor
allem um den blumenreichen Rappenstein.
• der Blümler, Triesen
• Blümlertöbele, Triesen
• im Blümler, Triesen-Lawena
• in der Blümlishalde, Balzers-Guschgfiel
Farn (Farn. Filicinae)
Der Farn kann optisch in Massenbeständen vor allem durch den
bis mannshohen Adlerfarn (Pteridium aquilinum) wirken. E r kommt auf
mageren Weiden bis in die Alpen vor. Oberhalb der Waldgrenze, vor
allem in steinigen Alpen, kommen in Liechtenstein einige Wurm-,
Lappen- und Schildfarne in Frage, die sich in zahlreichen Flurnamen
mit «Farnboden» niederschlagen. In tieferen Lagen, in feuchten Schlucht-
wäldern, sind die Farne ebenfalls recht häufig, aber in Liechtenstein an
diesen Orten nicht flurnamenbildend. Gabathuler (1944) führt den Flur-
namen «Filgärs», Wiesen bei Fontnas, auf Fi l ix = Farn zurück. A m
häufigsten treffen wir die Liechtensteiner Farnflurnamen in den Alpen:
• Farnboden, Triesenberg (Wangerberg), dial. «Fara»
• Farnboden, Balzers-Guschgfiel, Balzers-Güschgle, Vaduzer Malbun,
Triesenberg-Steg
• Farnloch, Triesen-Lawena
• Farntobel, Balzers-Guschgfiel
Scharfer Hahnenfuss (Ranunculus acer)
In Balzers heisst der scharfe Hahnenfuss «Glinzgele». Der Name soll
nach Frick (1976) vom Fettglanz der Blumenblätter kommen. Dass sich
diese Blume in den Flurnamen niederschlägt, ist eher erstaunlich, den-
noch aber in der ganzen Region belegt, so nach Christian Eggenberger,
236
Sevelen (mündl.), gibt es in Malbun Obersäss, Buchs, einen «Glinzelistei»
(ev. auch glitzernder Stein, Hornblende?), am Bürserberg im Walgau ist
ein «Glinzgiegg» bekannt. Der Balzner «Glinskele Büchel«, eine kleine
Anhöhe oberhalb der Kirche (in Balzers auch als Blinskele Büchel be-
kannt), ist vor allem deshalb besonders bedeutsam, weil hier viele vor-
und frühgeschichtliche Funde getätigt wurden (vgl. H i ld 1930).
• Glinskele Büchel, Balzers
Lilie (Gattungen Iris oder Lilium)
In den Dialekten unserer Region heisst die Li l ie Ilge oder Elga, so
z .B . die sibirische Schwertlilie im Liechtensteiner Unterland die «blaue
Ilge», vgl. auch Schädler (1915). Mi t der Ilge ist aber zugleich die eben-
falls sehr attraktive Feuerlilie (Lilium croceum) gemeint, wie z. B . beim
«Ilgaplatz» im Nenzinger Berggebiet oder am «Ugastai», ein Fels beim
Buchser Altendorf. Unser einziger «Elga»-Flurname ist in Balzers zu
finden, und zwar südlich vom einst als Inselberg im sonst versumpften
Umland herausragenden «Gutenberghügel». Dort kommt die Feuerlilie,
aber am Hangfuss auch die Schwertlilie, in Frage.
• Elgagasse, Balzers-Mäls
Maiglöckchen (Convallaria majalis)
Das Maiglöckchen heisst in den Dialekten von Balzers und Vaduz
«Kleiele», hierauf verweist etwa Nipp (1924, pp. 109). Durchaus ähn-
lich wird es in der übrigen Region genannt, so in der Wartau Caleili,
z .B . flurnamenbildend in der «Caleili-Halde», oder in Nenzing (Vorarl-
berg) als Gleiele in «Gleilebühel» und «Gleilefrescha». Jutz (1955)
stellt das Gleile zu mhd. gleie, das sich vom lat. Gladiolus ableitet. Dass
diese relativ kleine Pflanze sich flurnamengebend finden lässt, ist wohl
auf ihr attraktives Aussehen wie auf ihr Vorkommen in grösseren Be-
ständen zurückzuführen.
• Kleiele Ries, Vaduz
237
Trollblume (Trollius europaeus)
Müller (1943) zitiert in seiner Obwaldner Flurnamenarbeit einen
«Rollboden», den er auf «irgendeine Dotterblume» zurückführt , be-
zweifelt aber diese Aussage in seinen Ergänzungen wieder (1945). Der
Schellenberg besitzt einen «Rollenbüchel». Kommt hier alles zum rollen
oder kann der Flurname doch auf eine Pflanze, nämlich die Trollblume
zurückgeführt werden, die an Ort gedeiht und zum Beispiel am Triesen-
berg als «Bachrolla» bekannt ist (Alexander Frick, schriftl. M i t t ) .
Brennessel (Urtica dioeca)
Die Nessel-Flurnamen — Zeiger von stickstoffreichen Stellen, also
vorwiegend Muldenlagen — sind in der Region nicht selten anzutreffen,
so in «Nesslaboden» im Sevelerwald (Gabathuler, 1944) oder im «Nessla-
tobel» bei Nenzing (Vogt, 1977). In Liechtenstein weist nur ein einziger
Flurname auf die Grosse Brennessel hin:
• Nesseldohle, Balzers, GR-Gebiet
Sauerklee (Oxalis acetosellaj
Tiefenthaler (1968) deutet einen «Guggerbühel» in Frastanz zum
dial. Guggerklee = Sauerklee. Auch Müller (1943) deutet ein Gugger-
moos als Guggerblüemli = Buschwindröschen. Könnte etwa der Trie-
senberger «Guggerboden» doch nicht zum Gugger = Kuckuck (vgl.
Broggi 1973, pp. 271), sondern zu einer Pflanze gehören?
• Unterguggerboden, Schaan?
• Guggerbodenwald, Schaan, Triesen, Triesenberg?
238
FELDFRÜCHTE UND SONSTIGE N U T Z P F L A N Z E N
Flurbenennungen, denen die Bezeichnung einer Kultur- oder Garten-
pflanze zugrunde liegen, sind wichtig, wenn es sich darum handelt,
frühere Anbauverhältnisse festzustellen. Gar oft haftet ein solcher Name
an einer Örtlichkeit, die längst nicht mehr mit dieser Pflanze, der sie
ihren Namen verdankt hat, in Zusammenhang gebracht werden kann.
Hirse (Panicum crus gallij
Ein Wiesenkomplex unterhalb von Schaan, in der Nähe der E i n -
mündung des wiederbewässerten kleinen zum grossen Kanal, wird schon
1507 im Brandisischen Urbar als «Fencheren» bezeichnet. Auch Rent-
meister Ambrosi berichtet 1783 in seiner ausführlichen Beschreibung
des Fürstenthums Liechtenstein «von verkaufter rauher Fenkh» sowie
von einem «Fenkzehent» (vgl. Frick, 1962, pp. 129 u. 130). Die einst
mundartlich geläufigen Bezeichnungen Fennich, Fench, Feich sind aus
dem lateinischen panicum verschoben. Die Pflanze und deren Kultur ist
längst nicht mehr bekannt. Es handelt sich um die sogenannte Hühner-
hirse, die als Nahrungsbrei vor der Einführung der Kartoffel eine be-
liebte Volksnahrung darstellte.
• Fenkera, Schaan
Flachs (Panicum miliaceum)
Hanf (Cannabis sativa)
«Vor allem im Unterland wurde mit gutem Gewinn Flachsbau be-
trieben. Auch Hanf wurde zum häuslichen Gebrauch angebaut. Seitdem
aber die billigen Baumwollwaren immer mehr aufkamen und die teure-
ren Leinenstoffe verdrängten, ging auch in Liechtenstein der Hanf- und
Flachsanbau immer mehr zurück. 1871 nahm der Flachs- und Hanfan-
bau noch r % der gesamten Ackerfläche des Landes ein». (Ospelt, 1972,
pp. 166). Gabathuler (1944) schreibt: «Die Hanfkultur ist seit etwa
60 Jahren verschwunden, lebte dann aber im grossen Krieg wieder auf,
239
um 1920 wieder einzugehen». E r zählt denn auch eine Reihe entspre-
chender Flurnamen auf, hingegen gibt er keinen Hinweis auf den Flachs.
Tiefenthaler (1968) leitet einen Nenzinger Flurnamen «Gampfal» vom
lat. Cannabis (Hanf), nämlich Cannabalis, rr. canval = Hanfacker ab.
Diese Bedeutung gibt er auch der Alp Gapfahl (Balzers), die urkundliche
Belege mit «m», z . B . Gampfahl, bis 1701 kennt. Die A l p Gapfahl liegt
allerdings 1700 m über Meer. Ob dort oben noch Hanf angebaut werden
konnte?
• im Flaxerer, Schellenberg, (heute Waldgebiet)
• im Flexerle, Schellenberg
• Hanfern, Hampfern, Schellenberg
• der Hanfernacker, Schellenberg
• der Hanfernbüchel, Schellenberg
• Hanfland, Hanfländer, Balzers
• Hanfland, Vaduz, Triesen
• Gapfahl, Balzers?
Mais (Zea Mays)
Z u den vorzüglichsten und bedeutendsten Erzeugnissen des Landes
zählte Landvogt Schuppler 1815 neben Heu und Streue das «Türken-
korn» und Erdäpfel. Mais und Kartoffeln hatten also schon zu Beginn
des 19. Jh. bereits die Vorherrschaft unter den Anbausorten inne.
«Der Mais, im Lande Türken genannt, dürfte Ende des 17. Jahr-
hunderts nach Liechtenstein gekommen sein Der Türkenanbau
wird für Liechtenstein erstmals 1713 belegt». (Ospelt, 1972, pp. 164).
Müsste man bei dieser grossen Bedeutung nicht einige diesbezüg-
liche Flurnamen mit dem «Türken» in Verbindung bringen können?
Trotz allem Suchen Hessen sich nur zwei indirekte Hinweise finden, der
eine über einen Hausnamen, der andere vermutlich über den «Türken-
kolben».
• das Türkenhansen Brünnele, Gamprin
• Kolbenfeld, Ruggell
240
Gerste (Hordeum vulgare)
Der Gerstenanbau hatte im 19. Jh. eine noch grössere Bedeutung
als heute. Auch hier finden wir den einzigen diesbezüglichen Flurnamen
im Liechtensteiner Unterland.
• Gerstara, im Gersten, Schellenberg
Hafer (Avena sativa)
Schuppler (in Ospelt, 1972, pp. 166) schreibt 1815, dass der «Haa-
ber» keine Bedeutung in Liechtenstein spiele. Dies überrascht insofern,
weil es doch einige Haberflurnamen im Lande gibt, die kaum jüngeren
Datums sind.
• auf dem Haberacker, Triesenberg
• in der Haberbünd, Balzers
• im Haberfeld, Vaduz
• Haberlöchle, Ruggell
• Haberreute, Ruggell (also gerodete Stelle, wo Hafer angepflanzt
wurde)
• Haberwald, Mauren
Auch Gabathuler (1944) weist auf der St. Galler Seite auf Hafer-
Flurnamen hin. So «Habera» (Sevelen, Rheinau), «Haberagger» (Az-
moos) und «Haberbünti» (Malans).
Rübe
Die Rübe heisst nach Schädler (1915, pp. 19) im Dialekt «Räba».
Wir treffen sie in zwei Flurnamen bei Schaan, nämlich
• Reberen, Schaan (früher auch Rüebaackher genannt)
• Reberenbüntle, Reberle, Schaan
241
Kohl
Der weisse Kohlkopf, Kabis genannt, finden wir nur einmal als Flur-
name in Ospelts Nachtrag 1920, nämlich
• im Kabisacker, Schellenberg
Kraut
Die Krautgärten finden sich meist unweit der Häuser. So finden wir
die Krautgärten (i da gartabetar) in
® Krautgarten, Triesen
e Krautgarten, Eschen
• Krautgarten, Ruggell
Kürbis
Kürbisse werden als Futter für Schweine und Milchvieh verwendet.
Im Liechtensteiner Unterland werden sie «Kürbse» genannt.
® ob den Kirbsen, Balzers.
Wein (Vitts vinifera)
Wahrscheinlich wurde die Weinrebe zur Zeit der Römer in unser
Land gebracht. Die vorwiegend nach Westen und Süden geneigten
Hänge der Rhätikonkette und des Eschnerberges sowie das durch den
Föhn geprägte milde Kl ima haben wohl den Anbau dieser Kulturpflanze
gefördert. Im 18. und 19. Jahrhundert war der Weinbau weiter verbreitet
als heute. Ausser in Triesenberg und Planken gab es in allen Ortschaften
Rebgelände, wie uns die vielen diesbezüglichen Flurnamen belegen.
Die Weingartenfläche dürfte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts
um 150'000 Klafter belaufen haben (Ospelt, 1972, pp. 171), wobei der
Weisswein, vor allem der Elbling, noch eine grosse Bedeutung hatte.
242
1891 betrug die Gesamtrebfläche 183'040 Klafter (Mitt. Liecht.
landw. Verein Nr. 5/1891), wobei die Maurer oder Eschner Rebfläche
grösser als diejenige der Oberländer Ortschaften, mit Ausnahme von
Vaduz, waren. Nach einer Reihe von Missernten, neu auftretender Reb-
krankheiten und wegen der ausländischen Konkurrenz verlor der Wein-
bau allmählich seine ganz grosse Bedeutung, war der Wein doch neben
dem Vieh lange Zeit der bedeutendste Exportartikel.
Heute erinnern noch viele Flurnamen an den Weinbau, wo er schon
seit dem letzten Jahrhundert nicht mehr betrieben wird. Flurnamen mit
«Rebe» gibt es in Liechtenstein keine. In den Urkunden ist bis zum
Ende des 17. Jh. vom Weingarten die Rede, ab 1700 herrscht die Be-
zeichnung Wingert vor. Das «Wingertle» auf der Balzner A l p Matta
dürfte seinen Namen im übertragenen Sinne wegen seiner Gelände-
gestalt bekommen haben. Die Flurnamen «Finga» sollen nach Gabathu-
ler (1944) vom lat. vinea, rr. vigna, als Weinberg abzuleiten sein. Der
Flurname «Finga» kommt nach Tiefenthaler (1968) auch in Nenzing vor.
• Wingert, Balzers
• Enderiis Wingert, Triesen
• Feldwingert, Triesen
• Abtswingert (auch St. Johanner Weingarten), Vaduz
• Bockwingert (Herawingert), Vaduz
• im roten Wingert, Gamprin
• Bergwingert, Eschen, Mauren
• Frohnwingert, Eschen
• Herrenwingert, Herrschaftswingert, Eschen
• Kapellenwingert, Eschen
• Kapfwingert, Eschen
• Müsnerwingert, Eschen
• j Neuwingert, Eschen
• Plazer Weingarten, 1613, Eschn. Pfa., Eschen, in Ospelt (1911)
• Rinkenwingert, Eschen
• Statthalterwingert, Eschen
• Wingertbünt, Eschen
• Breierwingert, Mauren
243
© Britsches Weinreben, Mauren
• Hubnerwingert, Mauren
© Klosterwingert, Mauren
© Pacht(el)wingert, Mauren
© Heerawingert, Mauren
© Wingertle, Mauren, Schellenberg
© Lutz(en)wingert, Schellenberg
© Schlosswingert, Schellenberg
© Se(a)lenwingert, Schellenberg
© im roten Wingert, Schellenberg
» Staudenstallwingert, Ruggell
© Finga, Triesen
Beeren
Beim Bärenboden im Schaaner Wald, in Richtung Planken, urkund-
lich «zu den Beren» 1813 im Vaduzer Alparchiv belegt, wird es sich, wie
schon früher vermutet (vgl. Broggi 1973b), eher um die Beere, als um
den Bären handeln. Die unreife Beere, in versch. Dialekten «Grölla» ge-
nannt, ist in Liechtenstein im Gegensatz zum Walgau in «Gröllaberg»
(vgl. Tiefenthaler, 1968) nicht vertreten.
© Bärenboden, Schaan
244
LANDWIRTSCHAFTLICHE WERTUNGEN DES BODENS
DURCH ZEIGERPFLANZEN
Es ist zu erwarten, dass der Bauer früher seine landwirtschaftliche
Wertung des Bodens auch öfters in den Flurnamen ausgedrückt hat, so
in: Blacke, Mueterna, Burst oder Moos, als einige qualitative Benennun-
gen, die sich meist auf den Wuchs bestimmter Standortszeiger beziehen.
Schilfrohr (Phragmites communis)
Das mhd. Rohr bedeutet Schilf oder Röhricht. Die liechtensteini-
schen Flurnamen mit Rohr konzentrieren sich fast ausschliesslich auf
Eschen, wo sich einst ein grösseres Röhricht am Fusse des Fluxbüchels
befand.
• im Rohr, Eschen
• Rohrbruck, Eschen
• Rohrbrunnen, Gamprin
• Rohrbünt, Eschen
• Rohrmähder, Eschen
• Rohrpritschen, Eschen
Die zahlreichen Namen auf «Riet» müssen nach Hammer (1973,
pp. 87) ausnahmslos an das ahd. hriot, riot = «Schilfrohr» angeknüpft
werden. Da sich das Schilfrohr jedoch ausschliesslich auf wässrigem
Boden entfaltet, hat das Wort f rüh eine semantische Erweiterung erfah-
ren, und zwar in Richtung «sumpfiger Boden, gewöhnlich mit Schilf,
Binsen oder bei Entwässerung mit grobem, saurem Gras bewachsener
Grund».
In diesem Sinne fasste J. R. Steinmüller (1804) seine Beobachtungen
wie folgt zusammen: «Noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts (also
des 18. Jh.) bestand weit der grössere Theil des von Natur zur Frucht-
barkeit bestimmten wagrechten Rheintälchens aus Allment, welche man
überhaupt Riedboden nennte, und wovon keinen andern Nutzen zog,
als dass alljährlich das Rindvieh und vorzüglich auch die Pferde daselbst
einige Wochen lang schlechte und zum Theil ungesunde und versumpfte
Weide fanden».
245
Streueteile, Ruggell
246
Noch heute werden die meisten Teile des Acker- und Wieslandes als
Riet bezeichnet, obwohl die sachlichen Voraussetzungen dafür seit den
Entwässerungen weitgehend weggefallen sind.
Auf die Aufzählung der zahlreichen Rietnamen, meist in Komposita
vertreten, wird in dieser Arbeit verzichtet.
Auch zum Schilfrohr und zum Riedgras jeder Art gehören die
«Streue»-Flumamen, so in:
• das Streuemahd, Planken
• im Streueriet, Eschen
• die Streueteile, Schellenberg und Ruggell
• beim Streubrunnen, Ruggell
Binse (]uncus)
Die Binse kommt in 13 Arten in Liechtenstein zur Hauptsache auf
Böden mit Staunässe vor. Die Binsenflurnamen gehören somit zum
Sinnkreis des Sumpfgrases und Moores. Das mhd. binz «Binse» bedeutet
denn auch grosses Gras, Schilfgras.
• Binza, Mauren
• Binzen, Ruggell
• Binsenmahd, Schaan
Moos
Als häufigstes Sachwort — neben Riet — für nassen Boden tritt
Moos in unserem Material mit acht Nennungen, meist in zusammenge-
setzter Form, auf: Das mhd. mos besagt «Moor, feuchtes, sumpfiges Land,
auf dem nur kurzes Streuegras wächst» (vgl. Hammer, 1973, pp. 85).
Gemäss Müller (1943, pp. 119) soll «mies» eine ältere Nebenform
von «mos» darstellen.
• Miesbüchel, Triesenberg
• Moosbühl, Eschen
247
• im Mösle, Schellenberg
• Mösle Dohlen, Eschen
• Mösleberg, Eschen
© Möslewald, Eschen
• Mösle, Eschen
• Möslefall, Eschen
• Mösleplatz, Eschen
• das Moostrogries, Balzers
® auf dem Moos, Bargella-Triesenberg
• Pritschen im Moos, Eschen
• Steinbös im Moos, Mauren
Borstgras
Dem Wiesennamen Burst, Borst, Bürst liegt das ahd. wie mhd.
«Burst» zugrunde, eigentliche «Borste», also hartes, borstiges Gras auf
schlechten Wiesen, dann auch Wiesen, die mit Borstengras bewachsen
sind. Burst wird so auch zum Synonym von Riet. Gabathuler (1944,
pp. 19) sieht unter Burst Weiden mit zähem, steifem Graswuchs (z.B.
mit Nardus stricta und Carex-Arten).
• Borstele, Bostele, Burstelemahd, Ruggell
• Bürstwald, Eschen, Gamprin
• Bürstwald, Schellenberg
• Galaburst, Mauren
© Burst, Sareis-Triesenberg
In diesen Kreis gehören wohl auch die folgenden Flurnamen:
• Sauergras, Ruggell
• Sauerbünd, Eschen, Triesen
Auch die «Sugabünd» in Ruggell, die früher nachweislich mit Supa-
bünd bezeichnet wurde (vgl. auch Frick 1955, pp. 81) ist mit sumpfig-
moosigem Boden, bewachsen mit zähem Gras, in Verbindung zu brin-
gen. Für diesen mit Borstgras bewachsenen moorigen Boden gibt es den
Ausdruck Suppe oder Soppe. Auch «bei der Schupfe» (bi der supfa)
Sareis-Triesenberg dürfte in diesem Sinnkreis passen.
248
Blacke — Unkraut
Das mundartliche «Blacke» bezeichnet verschiedene mastige Pflan-
zen, Unkrautblätter oder einfach grosses Blatt (vgl. auch Schädler, 1915,
pp. 20).
Im «Blackenries» (plakares) im Eschner Wald, am Dreischwestern-
massiv, ist wohl auf diesen feuchteren Stellen die Pestwurz Anlass zum
Flurnamen.
In den Alpen kann die Lägerflora, also die nährstoffreichen Lager-
plätze des Viehs, mit Kreuzkraut, Sauerampfer und Brennesseln in
Frage kommen. Besser versteckt sich eine andere Bezeichnung der
Lägerflora in den Flurnamen mit «Lus», dem Lauskraut, so z . B . im
«Lusbühel» gar viermal auf Nenzinger Alpen oder einmal in Schnifis
im Walgau.
Auch der einzige Liechtensteiner Flurname, der «Lausbüchel»
(Lusböchl) am Schellenberg, muss wohl mit einer Unkrautpflanze in
Zusammenhang gebracht werden. Nach Frick (1977, pp. 54) heisst
beispielsweise der weisse Germer im Dialekt «d'Lusworza». Frick (1974)
sieht im Weiler «Lavadina» der Gemeinde Triesenberg eine Ableitung
aus dem lat. Lagathinum = Sauerampfer. In Graubünden soll der
Sauerampfer ebenfalls namensbildend geworden sein. Auch Gabathuler
(1944) leitet «Lavadarsch» (in der Nähe des Kurhauses Alvier) auf das
rr. lavatera = Blackengarten mit Alpenampfer (Rumex alpinus) zurück.
Früher sollen die Blacken gebrüht und in grossen Kästen der Gärung
überlassen und dann als Schweinefutter gedient haben.
• Blackenries, Eschen
• Lausbüchel, Schellenberg
• Lavadina, Triesenberg?
Das gute Futtergras wird als «Mueterna» bezeichnet. Die E i n -
deutschung dieses Begriffes macht die ursprüngliche Deutung kaum
mehr verständlich.
• Muttertola, Guschg-Schaan
• Mutternen, Lavvena-Triesen
• Mutternwand, Lawena-Triesen
249
AUSBLICK
In der vorliegenden Arbeit konnten rund 280 Liechtensteiner Flur-
namen mit der Pflanzenwelt in Verbindung gebracht werden. Bei einigen
muss man sich fragen, ob die Deutung auch richtig ist, weitere wurden
sicher noch nicht als solche erkannt, wobei landesfremden Kartographen
abenteuerliche Umdeutungen der dialektischen Ausdrücke gelangen.
Wenn wir abschliessend eine Bilanz ziehen, welche Arten von Pflanzen
in den einheimischen Flurnamen vertreten sind, so fällt als erstes auf,
dass es vorerst fast alle Baumarten sind. Einzig die Mehlbeere (Sorbus
aria) fehlt. Sie ist im «Mehlbeerboda» bei Brand im Walgau (Vogt, 1977)
nachgewiesen. Im St. Galler Rheintal hat sich bei Azmoos der «Sida-
boom» (Gabathuler, 1944) als Relikt der Seidenzeit erhalten. Auch in
Liechtenstein wäre dies möglich gewesen, sind doch hier Versuche
dokumentiert (Frick, 1950) und Maulbeerbäume heute noch bei Mauren
und Schaan aus dieser Zeit vorhanden.
Bei der Durchsicht der regionalen Flurnamenarbeiten fällt bei der
Bodenvegetation auf, dass die Massenbestände des Schnittlauchs (Allium
Schoenoprasum) im Alpenraum wohl im Walgau im «Schnittlaloch»
(Nenzing) oder im «Schnittlauch» (Bürs) belegt sind, aber in der Liech-
tensteiner Bergwelt, z. B . für die grossen Bestände auf Matta, nicht
vorkommen. Wir besitzen auch keine Pilzflurnamen wie z. B . in der
«Schwummhalde» in der Wartau (Gabathuler, 1944). Die grössten
Lücken in der Flurnamengebung sind wohl bei den Kulturpflanzen fest-
zustellen. So fehlt der Weizen (z.B. «Wazabühel» in Bürserberg), der
Roggen, die Linse, aber auch die so bedeutsame Kartoffel.
E i n Nachtrag mag die Lücken in der Erfassung der Tier- und Pflan-
zenflurnamen in Liechtenstein zu einem späteren Zeitpunkt schliessen.
Für die Durchsicht des Manuskriptes bin ich Dr. h. c. Alexander Frick,
Schaan, Felix Marxer, Liecht. Landesmuseum, und Eugen Bühler, Trie-
sen, zu Dank verpflichtet.
250
REGISTER
Die kursiv gedruckten Flurnamen
M . 1 : lO'OOO (1967).
Abtswingert
Äscher
Äscherle
Alber
Albersberg
Albersfeld
Ahorn
Ahornen
Aralaboden
Arien (Arala)
Aspen
Aspenblattengass
Aspengut
Aspenwald
Bärenboden
Bergwingert
Biehrenbaum, zwey Mannmad
Mäder beym
Biernbaum, bey dem Rotten
Binsenmahd
Binza
Binzen
Birnbaum, Mäder beim
Birnenbrunnen
Birke
Birkele
Birken
Birkenbüchel
Birkenloch
Birkenmahd unter den Halden
Birkentobel
Bitsches Weinreben
Blackenries
Bleichners bei der Tanne
Blümler
Blümlertöbele
Blümlishalde
Bockwingert
sich auf den vier Landeskarten
Borstele
Branntweinhütte
Branntweinloch
Brantawitobel
Breierwingert
Brema
Bruch
Brüchen
Brüchles Stauden
Brüchiis Teilen
Brüchiis 'Wald
Buche
Buchenstein
Buchwald
Buchwäldle
Burst
Bürstwald
Dreitannenboden
Drei Tannen
dürre Tannen
Efiplanken
Efiplankentobel
Efisalftobel
Eibe
Eibenries
Eichenbödele
Eichenbüchel
Eichenmahd
Eichholz
Eichholztobel
Elgagass
Enderiis Wingert
Erlen
Erlenbach
Erlenbachzinken
Erlenbort
Erlenpritschen
251
Erler
Esche
Eschgass
Evimähder
Farnboden
Farnloch
Farntobel
Felben
Felbensatz
Feldwingert
Fenkera
Ferchen
Ferchenegg
Finga
Flaxerle
Flaxerer
Fohreneck
Fohrenwald
Frohnwingert
Galaburst
Gapfahl
Gerstara
Gersten
Glinskele Büchel
Guggerbodenwald
Haberacker
Haberbünd
Haberfeld
Haberlöchle
Haberreute
Haberwald
Hampfern
Hanfern
Hanfernacker
Hanfernbüchel
Hanfland
Hanfländer
Haslen
Haslers Gütli
Heerawingert
Heid
Heiden
Heidboden
Heidbüchel
Heita
Herreneich
Herrenwingert
Herrschaftswingert
Heubühl
Hollerhag, Quader im
Hubnerwingert
Igraben
Immerich
Immerme
Kabisacker
Kapellenwingert
Kapfwingert
Kirbsen
Kleiele Ries
Kleinbrüchlis
Klosterwingert
Kolbenfeld
Krautgarten
Kriegabüchel
Kriesbaum
Kriesibruck
Kriesiteil
Krisihalden
Kristbaumries
Länkeler
Länkelteil
Lärchen
Lärchenbüchel
Lärchenegg
Lärchenscherm
Lärchenzug
Lausbüchel
Lavadina
Lenkele
Lierer
Linde
Lindenberg
Lindenbühl
252
Lindenweg
Lindholz
Lutz(en)wingert
Malarsch
Marktanne
Matheid
Melcheichen
Melcheichenmahd
Melcheichenwiesen
Miesbüchel
Moos
Moosbühl
Moostrogries
Mösle
Mösle Dohlen
Mösleberg
Möslefall
Mösleplatz
Möslewald
Mostmähder
Mostmähdle
Mümeler
Müsnerwingert
Muternwand
Mutternen
Muttertola
Nesseldohle
Neuwingert
Nussbaumries
Pach(el)wingert
Plazer Weingarten
Pralarisch (Pralawisch)
Prer
Reberen
Reberenbüntle
Reberle
Reckholder (Reckholdera)
Rinkenwingert
Rotenberg
Rofler
Rohr
Rohrbruck
Rohrbrunnen
Rohrbünt
Rohrmähder
Rohrpritschen
Rosengarten
Rossboden
Rosseschen
Roten Wingert
Ruhbuche
Ruschegg
Rezger Föhrele
Salbofen
Salenbündt
Salengasse
Salenplatz
Salenwingert
Sauerbünd
Sauergras
Schlosswingert
Selenwingert
sieben Tannen
Statthalterwingert
Stattröhtler
Staudenstallwingert
Streubrunnen
Streuemahd
Streueriet
Streueteile
Tannenboden
Tannenwäldle
Tännele
Tännelemähdern
Tannsamenplatz
Tannwald
Tela
Thanna Weg
Tilihalden
Tröste
Trosshäldele
Türkenhansen Brünnele
Unterguggenboden
253
Widau
Widern
Widert
'Widum
Wieden
Weidentannen
Weisstannen
Wiedacker
Wiedenbrunnen
Wiedenbüchel
Wingert
Wingertbünt
Wingertle
Wydumb
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JBL, Band 62, Vaduz.
F R I C K , Alexander (1974): Über Alpenwörter aus unseren verschiedenen Sprach-
epochen. Bergheimat 1974.
F R I C K , Alexander (1976): Die Flurnamen des Unteren Saminatales. Bergheimat
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nica Nr. 2, Verlag Huber, Frauenfeld.
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Liechtenstein, hgg. österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien.
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Bürger von Mauren-Schaanwald (Fürstentum Liechtenstein), Gemeindeverwaltung
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MÜLLER, Hugo (1943): Obwaldner Flurnamen, II. Teil. Beilage zum Jahres-
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M U L L E R , Hugo (1945): Obwaldner Flurnamen, II. Teil: Ergänzungen (siehe oben).
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19. Jahrhundert. JBL, Band 72, Vaduz.
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JBL 1911, Vaduz
OSPELT, Joseph (1920): Nachtrag zur Sammlung liechtensteinischer Orts- und
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255
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steins. JBL 1915, Vaduz.
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aufseher, Mitteilungsblatt d. Vorarlberger Forstschutzorgane, Rankweil, Dez. 1972.
V O G T , Werner (1977): Vorarlberger Flurnamenbuch, I. Teil. Flurnamensamm-
lungen, Band 3, Walgau, Vorarlberger Landesmuseumsverein, Bregenz.
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rätien, Chur.
Anschrift des Verfassers:
Mario F . Broggi
Dip l . Forsting. E T H / S I A
Mamertenweg 652
FL-9495 Triesen
256
Kurzberichte
Pläne eines ländlichen Schlosses auf Gutenberg
Südlich der Burgruine Gutenberg in Balzers Hess Fürstin Franziska
von Liechtenstein, die Mutter des Fürsten Johannes IL , in den Jahren
zwischen 1854 bis 1858 ein Gebäude als Erziehungsheim errichten, das
heutige «Missionshaus Gutenberg». Aus Gründen, die wir nicht kennen,
konnte der Bau aber nach der Fertigstellung nicht gleich seiner Bestim-
mung zugeführt werden, erst 1873 wurde dort ein Pensionat für Töchter
aus höheren Beamtenfamilien von den Schwestern der Christlichen Liebe
aus Konstanz eingerichtet.1 Funde in den Fürstlichen Hausarchiven in
Vaduz und Wien erbrachten nun den Nachweis, dass Fürst Johannes
eine Zeit lang sich mit dem Gedanken trug, an dieser Stelle für sich ein
Wohnschloss zu errichten.
Vor etwa vier Jahrzehnten tauchten bei einer Verzeichnung graphi-
scher Blätter im Fürstlichen Schloss in Feldsberg (Südmähren) zusam-
mengehörige Pläne, Fassaden, Schnitte und Grundrisse auf, die ein
ländliches Schloss darstellten. Es waren insgesamt sechs Grundrisse, drei
Schnitte und drei Fassaden, das Schloss war im historischen Stil der
zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in der Form eines mittelitalieni-
schen Landsitzes entworfen. Da die Pläne keinerlei Beschriftungen tru-
gen wurden sie unter «Unbekannte Bauprojekte» eingelegt. Als nun vor
zwei Jahren das Planarchiv des Fürstlichen Baubüros im Palais Bank-
gasse in Wien verzeichnet wurde, kam ein Situationsplan von Gutenberg
zutage, und ein dort eingezeichneter Grundriss erinnerte an die seinerzeit
in Feldsberg gefundenen Pläne. Eine Nachschau klärte eindeutig den
Zusammenhang und zeigte auf, dass die Pläne für ein Landschloss in
Balzers gedacht waren.
Das Hauptgebäude ist ein grosser, zweigeschossiger Wohnbau mit
hohen Bogenfenstern. Im ersten Geschoss befinden sich die Wohn- und
Empfangsräume des Fürsten, während im Obergeschoss das Personal
untergebracht ist. Die Räume des Hauptgeschosses gliedern sich um eine
grosse Mittelhalle. Nach Osten ist eine Kapelle angebaut, das Gebäude
wird überragt von einem hohen Westturm mit rechteckigem Grundriss,
in dessen Obergeschoss sich eine grosse offene Loggia befindet. Südseitig
1 vgl. Gstöhl -Vogt , Alte Bauten in Balzers, Verlagsdruckerei Vaduz, o. J., S. 78 ff.
259
an das Wohngebäude angebaut ist eine offene Bogenhalle, die einen
rechteckigen Garten mit figuralen Brunnen umfängt.
Der Grundriss des Erdgeschosses dieses Schlosses unterscheidet in
Farben zwischen «Benutzbare Fundamente, Benutzbares Mauerwerk,
Abzutragendes Mauerwerk und Neues Mauerwerk». E in Vergleich die-
ses Grundrisses mit einem alten Grundriss des «Missionshauses Guten-
berg» im Landesarchiv in Vaduz 2 erbringt den Nachweis, dass das neue
Schloss auf den Grundriss des Missionshauses gebaut werden sollte.
Wenn es auch erstaunlich ist, dass so bald nach Fertigstellung des
Gebäudes bereits an seine Demolierung gedacht war, so ist zu berück-
sichtigen, dass einerseits das Erziehungsheim ohne Benützung leer stand
und dass andererseits im ganzen Land für den Landesfürsten und seine
Hofhaltung keine Wohngelegenheit bestand. Waren doch die Burg in
Vaduz und in Balzers damals recht verfallene Ruinen, die Burg Vaduz
war zum grossen Teil als Kaserne genutzt.
Auf dieser Überlegung dürfte das Projekt Wohnschloss auf Guten-
berg basieren. Was dann dazwischen gekommen ist, wissen wir nicht,
das Vorhaben wurde jedenfalls fallen gelassen, vielleicht dass man doch
Bedenken hatte, das Missionshaus zu opfern. Interessant an diesem Vor-
haben ist jedenfalls, dass der junge Fürst Johannes II. bereits so früh
sich mit dem Gedanken trug, im Lande einen Wohnsitz zu errichten,
ein Plan, der dann allerdings erst dreissig Jahre später durch die Errich-
tung des Absteigquartiers neben dem Schloss Vaduz durch den Arch i -
tekten Ignaz von Banko verwirklicht wurde.
Zur Klärung der Bedeutung dieser Pläne wurde vorerst die Fürst-
liche Hofkanzleiregistratur in Wien durchgesehen und dort festgestellt,
dass 1862 zwischen der Fürstlichen Hofkanzlei in Wien und dem Regie-
rungsamt in Vaduz eine Korrespondenz stattfand, wegen Erbauung eines
fürstlichen Wohngebäudes in Balzers. Im Jänner 1862 überschickte das
Vaduzer Regierungsamt den Plan «über das fürstliche Wohngebäude
zu Gutenberg» an die Wiener Hofkanzlei, welch Letztere dann eine
Skizze verlangte, welche das projektierte Schloss zusammen mit der
Ruine Gutenberg veranschaulichen sollte. A m 6. März erging dann der
2 Ich bedanke mich hier nochmals bei dem Leiter des Hecht. Landesarchives
Dr. Alois Ospelt für sein Interesse und für seine Geduld.
260
Auftrag nach Vaduz, Detailzeichnungen über die geplante Verzierung
nach Wien zu schicken . . Hiemit endet der Briefwechsel zwischen V a -
duz und Wien. Die Korrespondenz selber konnte leider nicht aufgefun-
den werden, die hier gegebenen Details beruhen auf den Eintragungen
in den Indizes. Auch die Nachsuche im Archiv der fürstlichen Domäne
in Vaduz und im Landesarchiv verlief negativ.
Keiner der vorhandenen Pläne für das Fürstenschloss in Balzers ist
signiert, keiner datiert, sodass sich die Frage nach dem Entwerfer des
Projektes stellt. Die Akten versagen jeden Hinweis, der Architekt des
sog. Missionshauses ist unbekannt, ebenso jener des wenig später erbau-
ten Ständehauses in Vaduz (später Realschule, kürzlich demoliert),
sodass wir hier vorderhand weitgehend auf Vermutungen angewiesen
sind.
Wenn man sich nun umsieht, welche Architekten zu dieser Zeit
vom Fürstenhaus beschäftigt wurden, ist folgendes festzuhalten. Die
Burg Fischhorn, südlich des Zeller Sees im salzburgischen Pinzgau ge-
legen, hatten Fürst Johannes DL und seine Schwester die Fürstin Sophie
Löwenstein 1862 erworben, — eine Ruine aus dem 13. Jahrhundert —
und man beauftragte unmittelbar darauf den Architekten Friedrich von
Schmidt, den späteren Dombaumeister von Wien, Pläne für einen um-
fassenden Umbau in gotischem Stil auszuarbeiten. Schon im nächsten
Jahr lagen die Pläne vor und der Umbau wurde daraufhin unter Leitung
des Architekten Joseph Wessiken durchgeführt. Mitte der sechziger
Jahre befasste man sich mit dem Neubau der Pfarrkirche in Vaduz,
wieder stammen die Pläne von Friedrich von Schmidt, die Grundstein-
legung fand 1869 statt, die Bauleitung hatte diesmal der Architekt Ignaz
von Banko. Es bestünde somit die Möglichkeit, dass auch die Pläne des
Balzner Schlosses aus dem Atelier Friedrichs von Schmidts stammen.
In den fürstlichen graphischen Sammlungen befinden sich nun einige
von Joseph Wessiken signierte Entwürfe für ein historisches Land-
schloss. Sie stammen zwar erst aus dem Jahre 1876, doch zeigen sie in
der Auffassung des Baukomplexes und auch in den Detaillösungen eine
weitgehende geistige Verwandschaft zu dem Projekt von Balzers, sodass
Joseph Wessiken als möglicher Architekt des Schlosses in Balzers ins
Auge gefasst werden kann.
261
Ein Bronzehenkelfragment vom Krüppel ob Schaan
Anlässlich eines Spazierganges entdeckte Erich Ospelt aus Vaduz
am 2. April 1978 in der Wegböschung ein mit Edelpatina versehenes
Bronzeobjekt, das er verdankenswerterweise sogleich dem Museum
übergab. Die Fundstelle liegt etwas unterhalb und bergseits der bekann-
ten Siedlungskuppe, die David Beck ehedem untersucht hat (vgl. JBL 65,
1965, S. 5 ff.) und dürfte aber dennoch mit diesem interessanten Sied-
lungsplatz in Verbindung gebracht werden. Beim Bronzeobjekt handelt
es sich um einen etwa zur Hälfte erhaltenen Henkel. Der breite, gegos-
sene Bandhenkel ist zerbrochen und die flach ausgehämmerte Nietplatte
ist verbogen und hat nicht mehr die ursprüngliche Form. Diese Defor-
mation ist aber nicht neuzeitlich. An der Innenseite des Henkels befin-
det sich eine schwärzliche Masse, die als eine verkokte organische Sub-
stanz bestimmt werden konnte, wobei verbrannte Speisereste nicht aus-
zuschliessen sind.
Das etwas über 3 cm breite Henkelband ist mit fünf kantigen Rippen
versehen, an denen noch heute in der Längsrichtung Schleifspuren sicht-
bar sind. Die anschliessende Nietplatte wurde aus dem Werkstück
flachgehämmert und quer zur Henkelachse überschliffen. Sie steht
überdies beidseitig etwa 0,6 cm vor und trägt henkelwärts je einen
kleinen, leicht abgerundeten Spornfortsatz. Die Peripherie ist mit schräg
gepunzten Randkerben versehen, wobei diese von der Längsachse aus-
Bronzehenkelfragment vom Krüppel ob Schaan. Streufund 1978
269
gehend eine abweichende Richtung aufweisen. Zwei grosse Nietlöcher
dienten zur Befestigung des Henkels mittels breiten Nieten am Gefäss-
körper. Vom Gefäss ist vorläufig kein weiteres Fragment vorhanden.
Zu diesem auffallend massiven und gegossenen Henkel sind bislang
keine Vergleichsstücke bekannt. Es fällt überdies auf, dass Metallge-
fässe, die von der jüngeren Bronzezeit an sicher recht häufig gewesen
sein müssen, nur in beschränktem Umfang in den Boden kamen und
uns überliefert sind. Schon in dieser Beziehung ist der Neufund vom
Krüppel eine Bereicherung des Fundbestandes.
Die meisten spätbronzezeitlichen Henkel bestehen aus Blechbändern
mit manchmal etwas verdickten Seitenbahnen. Hallstattzeitliche Kessel
besitzen meist Bogenhenkel, die die kleinen seitlich am Mündungssaum
gelegenen Bandhenkel ablösen. Die Nietplatten sind meistens unverziert.
Die Randkerbverzierung ist in dieser Hinsicht vorläufig ein Unikat.
Dennoch ist es am naheliegendsten, den Henkel einem Bronzeeimer
vom Typus «Kurd» zuzuschreiben. Das nächstgelegene Exemplar eines
solchen Eimers stammt aus der spätbronzezeitlichen Ufersiedlung von
Zürich-Wollishofen.
Diese Erkenntnis lässt sich auf die Befunde auf dem Krüppel über-
tragen, denn hier ist die Spätbronzezeit durch die Laugen/Melaun-
Keramik gut vertreten. Eine Datierung des Henkels in die Latenezeit,
also in die Zeit der Belegung durch die Schnellerware oder gar in die
spätrömische Zeit ist kaum denkbar. Ebenso ist zu bemerken, dass
gerade im Gebiet der alpinen Laugen/Melaun-Kultur einige Bronze-
erzeugnisse von besonderer Machart sind, so zum Beispiel die von
B. Frei charakterisierten «Montlingeräxte» und die Paletten, beides
Objektgattungen von bester Qualität. In dieser Beziehung ist ihnen das
Henkelfragment vom Krüppel ebenbürtig.
Die von A. Voüte im chemisch-physikalischen Labor des Schweize-
rischen Landesmuseums durchgeführte Röntgenfluoreszenzanalyse
(CPL 00759) hat ergeben, dass es sich beim Metall um eine Bronze
mit einem Gehalt von 6,2% Zinn, 0,8% Blei, 0,03% Silber, 0,1%
Nickel, 0,004% Kobalt und 0,014% Eisen handelt, wobei noch Arsen
und Zink in Spuren nachgewiesen werden konnten. Diese Zusammen-
setzung entspricht grundsätzlich einem für die Spätbronzezeit möglichen
Technologiestand.
Jakob Bill
270
Ein Verzeichnis aus dem Jahre 1799
A m 12. Oktober 1799 kam ein russisches Heer unter General
Suworow (1229 —1800), nachdem es unter schrecklichen Leiden und
Verlusten die Gebirge von Ur i , Schwyz, Glarus und Bündens über-
schritten hatte, von der Luziensteig herab halb verhungert in unser
Land. In Balzers lagerten die Russen. Einer Schadenrechnung1 aus
jenen Tagen entnehmen wir folgendes:
Verzeichnis über das Vieh und die Schweine, welche bei dem russi-
schen Durchmarsche 1799 in unserer Gemeinde Balzers aufgegangen
und von selben geschlachtet worden ist und der Wert von jedem ist
hier beigesetzt.
f l . kr.
Joseph Wolfinger 1 Ochs 70
Fidely Foser 2 Schwein 24
Ludwig Frumelt 2 Schwein 22
Matthäus Negili 2 Schwein 24
Johannes Vogt 1 Stier 33
Michael Nigen 2 Schwein, 1 Kalb 40
Anthony Eberli 1 Rindli 35
Fideli Kriss 2 Schwein 28
Gregori Kaufmann 1 Schwein 14
Gertruta Stegerin 1 Schwein 20 30
Joseph Foser, jung 1 Kuh 50
Joseph Vogt, jung 1 Stier 32
Joseph Anthony Foser 1 Schwein 12 16
Franz Anthony Frick 1 Schwein 44
Joseph Frick 1 Stier, 1 Schwein 50
Joseph Kindly 1 Schwein 20
Hans Ullerich Steger 1 Ochs 77 30
Anthony Burgmejer 2 Schwein 40
Christa Frick 4 Stück Schof 11
Joseph Anth. Tscholl 1 Schwein 11
Summa: f l . 658 16 kr.
1 Urkunde im Besitze des Verfassers. Siehe auch: JBL 73, S. 203, Claus Grimm:
Suworow in Balzers.
Alfons Marxer
271
Vereinschronik
A) Jahresbericht
M I T G L I E D E R U N D T A U S C H V E R E I N E
Im Jahre 1978 sind dem Historischen Verein 28 Neumitglieder
beigetreten. Es sind dies:
Theresia Baumann-Büchel, Epalinges C H
Jakob B i l l , Zürich
Arthur Brunhart, Balzers
Alf red Bühler, Vaduz
Eugen Frick, Schaan
Barbara Frommelt, Eschen
Peter Frommelt, Mauren
Anton Gubser, Vaduz
Raimund Hassler, Eschen
Otto Kaufmann, Schaan
Georg Kieber, Mauren
Fritz Koslowski, Schaan
Werner Jaggi, Zürich
Claudine Kranz, Vaduz
Urs Kranz, Vaduz
Otmar Längle, Feldkirch
Helena Laternser, Vaduz
Franz Marxer, Bendern
Elmar Meier, Mauren
Walter Nitsche, Vaduz
Heidi Röckle, Vaduz
Christian Schädler, Triesenberg
Lorenz Schierscher, Schaan
Heinz Stotter, Vaduz
Henning von Vogelsang, Vaduz
Georg Vogt, Balzers
Hanspeter Walch, Planken
Olaf Walser, Vaduz
273
Zwei Mitglieder sind aus dem Verein ausgetreten.
Der Verein hat den Verlust von 13 Mitgliedern durch den Tod zu
beklagen, nämlich:
Anton Büchel, Epalinges, C H
Eugen Büchel, Vaduz
Emmi Gassner, Engelberg C H
Gottfried Jehle, Schaan
Friedrich Marxen, Vaduz
Dr. Helmut Merlin, Schaan
Tita von Oetinger, Saas-Fee C H
Wilhelm Oehri, Ruggell
Emi l Ospelt, Schaan
Ing. Josef Ospelt, Vaduz
Horst Ritter, Schaan
Pfr. Albert Schlatter, Schellenberg
Dr. Hermann Walser, Schaan
A m Ende des Jahres 1978 zählt der Verein 759 Mitglieder.
Neu in Schriftentausch getreten ist der Verein mit dem Gäuboden-
museum Straubing, das als Tauschgabe den Jahresbericht des Histori-
schen Vereins für Straubing und Umgebung anbietet.
Somit steht der Verein mit 123 wissenschaftlichen Instituten in
Schriftentausch.
A U S G R A B U N G E N
Die erste Etappe der Grabungen bei der Ruine Alt-Schellenberg
wurde vom 22. M a i bis 23. Juni 1978 hauptsächlich im Innern des
Gebäudes, und zwar im süd-östlichen Teil durchgeführt. Wenn auch
keine ungestörte urgeschichtliche Schicht zutage trat, so weisen die
zahlreichen Funde doch auf eine Besiedlung des Platzes seit der Jung-
steinzeit hin. Reste mittelalterlicher Ofenkacheln lassen vermuten, dass
die Burg selbst nicht älter ist als Neu-Schellenberg. Eine Zerstörung
der Burganlage durch Feuer, wie bis jetzt angenommen, konnte vorerst
nicht nachgewiesen werden. Es wurden Baureste eines Backofens und
ein vermauerter Toreingang auf der Süd-Ostseite freigelegt. Die ver-
stürzte Nord-Westecke der Burg wurde wieder aufgemauert und das
vom Gebüsch befreite Mauerwerk im Bereich der Grabungsstelle fach-
274
gerecht konserviert. Innerhalb der Burgmauern zeigten sich Fundament-
reste eines älteren Baues.
Die Grabungen werden in Zusammenarbeit mit dem Schweizeri-
schen Landesmuseum vom Archäologen Dr. Jakob B i l l , Zürich, geleitet.
Die Bodenuntersuchungen auf dem Kirchenhügel von Bendern sind
im grossen und ganzen abgeschlossen. Gelegentliche Sondierungen zur
Erschliessung der Baugeschichte besonders im Bereiche des alten Pfarr-
hauses werden nach Bedarf noch durchzuführen sein.
Die Aufdeckung der alten Kirchenfundamente in Eschen musste
wegen der Restauration der Pfarrkirche verschoben werden. Sie soll
im Jahre 1979 stattfinden.
A N D E R E U N T E R N E H M U N G E N
Im Hinterschellenberg, auf der Flur «Kalkofen», fand Ing. Mario
Broggi die Überreste eines einstigen Kalkofens. Beim Neubau der Ge-
brüder Nigg in der Spania in Vaduz stiess man ebenfalls auf einen Kalk-
ofen. Des weiteren wurden bei Kanalisationsarbeiten in Gamprin, beim
Hause Dr. Ernst Büchel, umfangreiche Reste einer früheren Kalkaufbe-
reitung für Bauzwecke freigelegt.
A m 25. Juli 1938 hat Fürst Franz Josef II. von Liechtenstein die
Regierung des Fürstentums Liechtenstein übernommen. Im Berichts-
jahre fanden die Feierlichkeiten zum 40. Regierungsjubiläum statt. Beim
Gratulationsempfang auf Schloss Vaduz überreichte der Historische
Verein dem Landesfürsten als Geschenk eine Bleistiftzeichnung
«Schloss Vaduz» von Johann Jacob Rietmann.In Zusammenarbeit mit
Radio Zürich wurde von einer Arbeitsgruppe, der auch Vertreter des
Historischen Vereins angehörten, eine Sendung «Liechtenstein — oder
das Märchen vom Operettenstaat» vorbereitet, die am 21. und am 28.
Juli 1978 zur Ausstrahlung gelangte.
Ebenfalls zum Anlasse des Regierungsjubiläums in Zusammen-
arbeit mit dem Historischen Verein und dem Liechtensteinischen
Landesmuseum erschien unter dem Titel «Archäologie im Fürstentum
Liechtenstein» eine Sondernummer der Helvetia Archaeologica. Das
umfangreiche, mit grosser Sorgfalt gestaltete und reich illustrierte Heft
bietet einen anschaulichen Überblick über die bisherigen ur- und früh-
geschichtlichen Forschungen in unserem Lande. In mancher Hinsicht
ergänzt es die früheren Forschungsergebnisse mit neuen wissenschaft-
275
liehen Erkenntnissen. Die Präsentation und Übergabe des Werkes fand
am 7. Dezember 1978 im Liechtensteinischen Landesmuseum statt.
In diesem Zusammenhang sei auch auf eine Veröffentlichung der
Gemeinde Mauren aus der Familienforschung hingewiesen. Es ist das
«Familienstammbuch der Bürger von Mauren-Schaanwald», das unter
massgebender Mitwirkung unseres Ehrenmitgliedes Pfarr-Resignat F r i -
dolin Tschugmell, bearbeitet von Adolf Marxer, im Herbst 1978 er-
schienen ist. Das reich illustrierte und übersichtlich zusammengestellte
Werk ist in kurzer Zeit zu einem Hausbuch nicht nur der Maurer son-
dern vieler anderer Liechtensteiner Familien geworden.
Die Lieferungen des Liechtensteinischen Urkundenbuches erschei-
nen fortlaufend im Jahrbuch. Nachdem der Bearbeiter Dr. Benedikt
Bilgeri, Bregenz, die Nachforschungen in österreichischen Archiven ab-
schlössen hatte, konnte der 3. Band des ersten Teiles in Buchform her-
ausgegeben werden. Der erste Teil dieses für die Geschichtsschreibung
bedeutsamen Quellenwerkes, das 1942 begonnen wurde, umfasst die
Urkunden von den Anfängen bis zum Tod Bischof Hartmanns von
Werdenberg-Sargans-Vaduz 1416. Bis jetzt liegen folgende Bände vor:
1. Band: Aus dem bischöflichen Archiv zu Chur und aus dem Archiv
Pfävers in St. Gallen
2. Band: Aus den Archiven zu St. Gallen
Beide bearbeitet von Lic . iur. Franz Perret
3. Band: Aus den Vorarlberger Archiven
Bearbeitet von Dr. Benedikt Bilgeri
4. Band: Aus den Archiven des Fürstentums Liechtenstein
Bearbeitet von Dr. Georg Malin
Gegenwärtig sind die Urkunden aus den deutschen Archiven in Be-
arbeitung. Die Urkunden aus den in Band 1 und Band 2 nicht genann-
ten schweizerischen Archiven harren noch der Aufnahme.
A m 28. Januar nahm der Vorsitzende an der Tagung «20 Jahre
St. Galler Namenbuch» in St. Gallen teil. Ziel dieses Unternehmens ist
es, alle Orts- und Flurnamen des Kantons St. Gallen zu sammeln und
zu ordnen und sie nach ihrer sprachlichen Herkunft gedeutet in einem
Ortsnamenbuch zu veröffentlichen. Eine derartige Publikation für
Liechtenstein wäre wünschenswert, zumal schon bedeutende Vorarbei-
ten auf diesem Gebiete vorliegen.
276
A n der Jahreshauptversammlung des Bodensee-Geschichtsvereins,
die am 2. und 3. September in Bodmann stattfand, war unser Verein
ebenfalls durch den Vorsitzenden vertreten.
A n den Sitzungen der Denkmalschutzkommission nahm der Ver-
treter des Historischen Vereins mit beratender Stimme teil.
Der Vorstand hat die laufenden Vereinsgeschäfte in 3 Sitzungen
erledigt.
J A H R E S V E R S A M M L U N G
Die Jahresversammlung fand am 11. März 1979 im Hotel Riet in
Balzers statt.
V o r der Versammlung wurde unter Führung von Gemeindevorsteher
Emanuel Vogt die mustergültig angelegte heimatkundliche Sammlung
der Gemeinde Balzers im restaurierten alten Schulhaus besichtigt.
Nach dem geschäftlichen Teil der Mitgliederversammlung, zu der
sich 100 Teilnehmer eingefunden hatten, ergriff Prof. Otto Seger, Vaduz,
das Wort zu einem ausserordentlich lebendigen Vortrag unter dem
Titel: «Fürstabt Rupert Bodman von Kempten und seine Bedeutung für
Liechtenstein». E r würdigte die Tätigkeit des Fürstabtes bei der Unter-
suchung der Hexenprozesse, bei der Regelung des Schuldenwesens der
Grafen von Hohenems und sein entscheidendes Mitwirken bei den Ver-
handlungen über den Verkauf und somit beim Übergang der Herrschaft
Schellenberg und der Grafschaft Vaduz an das Fürstenhaus Liechten-
stein. Der gut fundierte Vortrag wurde mit grossem Beifall verdankt.
Felix Marxer
277
B) Rechnung
über die EINNAHMEN und AUSGABEN vom 1. 1. bis 31. 12. 1978
E I N N A H M E N
Aktiv-Saldo per 1. 1. 1978 .
Mitgliederbeiträge
Beitrag S. D . Fürst Franz Josef II.
Landesbeitrag pro 1978
Fr. 62 893.95
« 20 419.70
« 1 500.—
« 40 000.—
V e r g a b u n g e n
Ets. d'Epreuve et d'Exploitation, Vaduz . . « 150.—
I V O C L A R , Schaan . . . . . « 500 —
Liechtensteinische Kraftwerke, Schaan . . « 1 200.—
Liechtensteinische Landesbank, Vaduz , . . « 1 000.—
G e m e i n d e b e i t r ä g e
Gemeinde Balzers . . . . . . « 500.—
Gemeinde Eschen . . . . . « 100.—
Gemeinde Vaduz . . . . . . « 3 000.—
V e r k ä u f e
Jahr-und Urkundenbücher, Separata . . « 5 046.12
Reprints « 4 120.85
Sagenbücher . . . . . . . « 556.—
Zeichen und Inschriften . . . . . « 495.—
Diverses (Abgüsse der Bronze-Plastiken
von Gutenberg etc.) . . . . « 261.—
Druckkostenrückerstattung betr. Dissertation
Dr. A . Ospelt « 2 238 —
Z i n s L L B « 428.10
T O T A L E I N N A H M E N Fr. 144 408.72
278
A U S G A B E N
Unkosten Jahrbuch . . . . .
Bücherkäufe für Bibliothek . . . .
Abonnemente und Mitgliedschaften
diverse Spesen (Reise- u. Tagungsspesen, Telefon
gebühren, Porti, Versicherungs-Prämien etc.)
Honorar Präsident und Kassier
Diverses (90 Sockel für Bronzefiguren und 90
Schachteln in Kunstleder) . . . .
Bankspesen . . . . . . .
Darlehensrückzahlung V . Rate
(lt. Vertrag sind die jährlichen Einnahmen aus den
Reprint- und Jahrbuchverkäufen an die Landes-
kasse zurückzuzahlen).
Somit beträgt das zinslose Darlehen des Landes
Liechtenstein noch Fr. 38 878.35
T O T A L A U S G A B E N
E I N N A H M E N per 31. 12. 1978 . . . .
A U S G A B E N per 31. 12. 1978 . . . .
A K T I V - S A L D O per 31. 12. 1978
davon sind auf einem Sonderkonto für bestimmte
Zwecke angelegt . . . . . . .
(= Spende der Stiftung fürstl. Kommerzienrat
Quido Feger, Vaduz, von 1975)
Es stehen zur freien Verfügung per 31. 12. 1978
Fr. 39 439.10
« 1 393.25
« 945.10
1 966.15
1 500.—
1 638.—
58.10
9 100.—
Fr. 56 039.70
Fr. 144 408.72
« 56 039.70
Fr. 88 369.02
« 30 000.—
Fr. 58 369.02
Geprüft und für richtig befunden am 7. März 1979 E. Ospelt
279
C) Verzeichnis der Historischen Vereine,
wissenschaftlichen Institute usw., mit denen der
Historische Verein Schriftentausch unterhält.
Aarau
Appenzell IR
Augsburg
Äugst B L
Bad Godesberg
Bad Homburg
v. d. H ö h e
Bamberg
Basel
Berlin
Bern
Historische Gesellschaft des Kantons Aargau
Tauschstelle: Aargauische Kantonsbibliothek
5000 Aarau
Historischer Verein Appenzell
9050 Appenzell IR
• Staats- und Stadt-Historischer Verein für Schwaben •
bibliothek — Schaezlerstrasse 25
Augsburg / Deutschland
Römerhaus und Museum Äugst
4302 Äugst B L
Institut für Landeskunde — Bücherei der deutschen Landes-
kunde in der Bundesanstalt für Landeskunde und Raum-
forschung
Bad Godesberg / Deutschland
Saalburgmuseum — 6381 Saalburg-Kastell
über Bad Homburg v. d. H . , / Deutschland
Historischer Verein Bamberg — Staatliche Bibliothek —
Tauschstelle H . V . — Domplatz 8, Neue Residenz
86 Bamberg / Deutschland
Historische und Antiquarische Gesellschaft zu Basel —
Universitätsbibliothek Basel
4000 Basel
Schweiz. Institut für Volkskunde — Augustinergasse 19
4000 Basel
Schweiz. Gesellschaft für Urgeschichte — Rheinsprung 20
4000 Basel
Deutsche Staatsbibliothek, Tauschstelle
108 Berlin, Postfach 1312, Unter den Linden / Deutschland
Bibliothek d. Allg. geschichtsforschenden Gesellschaft der
Schweiz — Stadt- und Universitäts-Bibliothek
3000 Bern
Bernisches Historisches Museum — Helvetiaplatz 5
3000 Bern
Bibliothek des Historischen Vereins des Kantons Bern —
Stadt- und Universitäts-Bibliothek
3000 Bern
Bibliothek der Schweiz. Gesellschaft für Familienforschung
—• Schweiz. Landesbibliothek
3000 Bern
Schweizerische Landesbibliothek
3000 Bern
280
Bonn Verein von Altertumsfreunden im Rheinlande
53 Bonn / Deutschland
Bregenz
Bremen
Brugg
Bückeburg
Budapest
Bukarest
Buenos Aires
Chur
Dresden
Düsseldorf
Feldkirch
Frankfurt a. M .
Vorarlberger Landesarchiv
Bregenz / Vorarlberg
Vorarlberger Landesmuseum
Bregenz / Vorarlberg
Montfort, Zeitschrift für Geschichte, Heimat- und
Volkskunde Vorarlbergs
Bregenz / Vorarlberg
Staatsarchiv Bremen — A m Dobben 91
Bremen / Deutschland
Gesellschaft Pro Vindonissa — Vindonissa-Museum
5200 Brugg A G
Schaumburger-Lippischer Heimatverein e. V .
Lange Strasse 22
D - 4967 Bückeburg
Ungarisches Nationalmuseum — Zentralbibliothek für
Archäolog ie — Muzeum körut 14—16
Budapest VII / Ungarn
Revue Romaine de Histoire (Redaction)
Bucarest / Roumaine
B. Aviatorilor 1
Station de Hidrobiologia — Dir. Prof. Dr. Otto Fenninger
Casilla Correo 5474 — Correo Central
Buenos Aires / Republica Argentina
Bischöf l iche Kanzlei — Archiv-Bibliothek
7000 Chur G R
«Dicziunari rumantsch grischun» (Redaktion) —
(Societä retorumantscha) — Rohanstrasse 5
7000 Chur G R
Historisch-Antiquarische Gesellschaft von Graubünden —
Kantonsbibliothek Graubünden
7000 Chur G R
Rätisches Museum •
7000 Chur G R
Hofstrasse 1
Sächsische Landesbibliothek — Marienallee 12
Dresden N 15 / D D R
Düsse ldorfer Geschichtsverein e.V. — Prinz Georg-Strasse 78
Düsseldorf / Deutschland
Bundesgymnasium Feldkirch
A - 6800 Feldkirch / Vorarlberg
Römisch-Germanische Kommission des Deutschen
Archäolog ischen Instituts — Palmengartenstrasse 10—12
Frankfurt a. M . / Deutschland
281
Frauenfeld
Freiburg i. Br.
Freiburg C H
Friedrichshafen
Genf
Giessen
Glarus
Göteborg
Gött ingen
Grabs
Historischer Verein des Kantons Thurgau
8500 Frauenfeld
Alemannisches Institut — Mozartstrasse 30
D - 78 Freiburg i. Br. / Deutschland
Breisgau-Geschichtsverein Schauinsland e. V.
Geschäftsste l le Stadtarchiv
Grünwälderstrasse 15
7800 Freiburg i. Br. / Deutschland
Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität —
Adelhauserstrasse 33
D - 78 Freiburg i. Br. / Deutschland
Kirchengeschichtlicher Verein für das Erzbistum Freiburg
Universität, Kirchengesch. Seminar — Beifortstrasse 11
D - 78 Freiburg i. Br. / Deutschland
Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg,
Jakob-Burckhardt-Strasse 3
D - 78 Freiburg i. Br. / Deutschland
Naturforschende Gesellschaft — (Universitätsbibliothek)
D - 78 Freiburg i. Br. / Deutschland
Deutscher Geschichtsforschender Verein des Kantons Frei-
burg, Schweiz — c/o Bibliotheque Cantonale et Universitaire
Fribourg (Suisse)
Societe Suisse d'Heraldique — Bibliotheque Fribourg
Fribourg (Suisse)
Bibliothek des Bodenseegeschichtsvereins -
Bahnhofplatz 1
Friedrichshafen / Deutschland
Rathaus
Archive suisse d'Anthropologie generale — Institut d'Anthro-
pologie de PUnitersite de Geneve — 44 C, rue des Maraichers
1200 Genf
Societe d'Histoire et d'Archeologie de Geneve —
c/o Bibliotheque publique et universitaire
1200 Genf
Oberhessischer Geschichtsverein •
63 Giessen / Deutschland
• Universitätsbibl iothek
Historischer Verein des Kantons Glarus
8750 Glarus
Universitätsbibliothek
Göteborg 5 / Schweden
Akademie der Wissenschaften — Prinzenstrasse 1
34 Gött ingen / Deutschland
Seminar für Ur- u. Frühgeschichte der Universität Gött ingen,
Kurze Geismarstrasse 40
34 Gött ingen / Deutschland
Historisch-heimatkundliche Vereinigung Werdenberg
9472 Grabs SG
282
Graz Historischer Verein für Steiermark — Steiermärkische Landes-
bibliothek am Johanneum — Kalchberggasse 2, Postfach 717
A-8011 Graz / Österreich
Universitätsbibliothek Graz
A - 8011 Graz / Österreich
G y ö r (Ungarn) Xantus Janos Muzeum — Szechentyi Ter 5
Györ / Hongrie
Hannover Niedersächsische Landesbibliothek — Im Archive 1
Hannover / Deutschland
Verlag Harro v. Hirschheydt — Postfach 260 726
3000 Hannover 26 (Döhren) / Deutschland
Heidelberg Universitätsbibliothek Heidelberg
Heidelberg / Deutschland
Herzegowina Socijalisticka Republika Posne j Hercegowina
Sarajevo Arhiv Posne — Proj 05-551 / 1-69
Herzegowina Sarajevo
Innsbruck Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Innsbruck / Österreich
Universitätsbibliothek Innsbruck
Innsbruck / Österreich
Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität
Innsbruck — Innrain 52
Innsbruck / Österreich
Kempten Heimatverein Kempten e. V. im Heimatbund Al lgäu —
Rathausplatz 5 (Neubronnerhaus)
Kempten (Allgäu) / Deutschland
Klagenfurt Geschichtsverein für Kärnten — Landesmuseum
Museumsgasse 2
Klagenfurt / Österreich
Koblenz a. Rh. Rheinmuseum e. V. — Rizzastrasse 12
54 Koblenz / Deutschland
Köln Universitäts- und Stadtbibliothek Köln — (Zeitschriftenstelle)
Köln / Deutschland
Krakow Universytet lagiellonski Krakow
Landshut Historischer Verein für Niederbayern e. V. — Altstadt 79
83 Landshut / Deutschland
Lauterbach Hochhaus-Bibliothek — Vereinte Museums- u. Volksbücherei
(Hessen) Lauterbach (Hessen) / Deutschland
Leipzig Deutsche Bücherei — Deutscher Platz
Leipzig C 1 / D D R
Karl-Marx-Universität , Universitätsbibl iothek (Tauschstelle)
Leipzig / D D R
283
Linz a.D. Österreichisches Moorforschungs-Institut — Bad Neydharting,
Pfarrplatz 3—4
Linz a. D. / Österreich
Ljublijana Slovenska akademija znanosti in umestnosti Biblioteka —
Postni predal 323
Ljublijana / Jugoslawien
Lübeck Amt für Vor- und Frühgeschichte — Bodendenkmalpflege
Meesenkaserne Block 8
2400 Lübeck / Deutschland
Lund Universitäts-Bibliothek
Lund / Schweden
Luxembourg Les Amis de l'Histoire — Conseil Heraldique —
Residence Bellevue — 3, rue Bellevue
Luxembourd / Luxemburg
Luzern Historischer Verein der fünf Orte: Luzern, Uri, Schwyz,
Unterwaiden und Zug
Luzern
Mainz Akademie der Wissenschaften und der Literatur
Geschwister Scholl-Strasse 2
6500 Mainz / Deutschland
Mainzer Altertumsverein — Stadtbibliothek
Rheinhalle 3 3/10
6500 Mainz / Deutschland
Römisch-Germanisches Zentralmuseum
6500 Mainz / Deutschland
München Bayerische Akademie der Wissenschaften — Marstallplatz 8
8000 München 22 / Deutschland
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Ab. 1, Arcisstrasse 12,
München / Deutschland
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
— Abteilung Vor- und Frühgeschichte — Arabellastrasse 1
8000 München 81 / Deutschland
Verband für Flurnamen in Bayern e. V .
Mauerkircherstrasse 75
8 München 81 / Deutschland
Münster Seminar für Vor- und Frühgeschichte — Universität Münster
(Westfalen) A m Stadtgraben 13/15
D - 44 Münster (Westfalen) / Deutschland
Neuenburg Societe Neuchateloise de Geographie —
P. A . Bibliotheque de la Ville
2000 Neuchäte l
Nitra-Hrad Archeologicky Ustav Slovenskej Akademie Vied
Nitra-Hrad / Tschechoslowakei
284
Nürnberg
Regensburg
Reutlingen
Saarbrücken
Salzburg
Santa Barbara
(Californien)
Schaffhausen
Solothurn
Speyer a. Rh.
Split
St. Gallen
Stockholm
Straubing
Stuttgart
Schwyz
Germanisches Nationalmuseum — Untere Grasergasse 18
Nürnberg / Deutschland
Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg
Regensburg / Deutschland
Ring der Liechtensteinsammler — Richard-Wager-Str. 41
D - 7410 Reutlingen
Staatliches Konservatoramt — A m Ludwigsplatz 15
Saarbrücken 1 / Deutschland
Salzburger Museum C. A . — Museumsplatz 6 — Postfach 525
A - 5010 Salzburg / Österreich
Historical Abstracts — A B C — C L I O Reviera Campus —
2010 A . P. S. Ca. 93103
Santa Barbara (California) / U S A
Historischer Verein des Kantons Schaffhausen —-
(Stadtbibliothek)
Schaffhausen
Historischer Verein des Kantons Solothurn
4500 Solothurn
Zentralbibliothek
4500 Solothurn
Historischer Verein der Pfalz — Pfälz ische Landesbibliothek)
Johannesstrasse 22a
Speyer a. Rh. / Deutschland
Narodna Republika Hrvatska — Arheoloski muzej
Split / Jugoslawien
Historischer Verein des Kantons St. Gallen —
(Stadtbibliothek Vadiana)
9000 St. Gallen
Kantonsbibliothek
9000 St. Gallen
Königl ich Schwedische Akademie der Altertumskunde —
Tjänsteförs
Stockholm / Schweden
G ä u b o d e n m u s e u m Straubing
Frauenhoferstrasse 9
D-8440 Straubing B R D
Kommission für geschichtliche Landeskunde in
Baden-Württemberg — W. Gutenbergstrasse 109
Stuttgart / Deutschland
Staatliches Museum für Naturkunde — Schloss Rosenstein
D - 7 Stuttgart 1 / Deutschland
Württembergisches Landesmuseum — Altes Schloss
Stuttgart - S / Deutschland
Historischer Verein des Kantons Schwyz — Staatsarchiv
6430 Schwyz
285
Trier Stadtbibliothek —• Weberbachstrasse 25
55 Trier / Deutschland
Tübingen
Ulm
Uppsala
Washington
Wels
(Ober-Österreich)
Wien
Winterthur
Wolfenbüttel
Worms
Würzburg
Zadar
(Jugoslawien)
Zürich
Universitäts-Bibliothek — Postfach 149
74 Tübingen / Deutschland
Verein für Kunst und Altertum in U lm und Oberschwaben
(Stadtbibliothek Ulm) — Schwörhaus — Weinhof 12
D - 7 9 Ulm a.D. / Deutschland
Königl iche Universitätsbibliothek
Uppsala / Schweden
The Library of Congress
Washington 25 D . C. / U S A
Musealverein Wels — Rathaus
Wels / Österreich
Fürstl. Liechtenst. Fideikommiss-Bibliothek — Fürstengasse 1
Wien IX. / Österreich
Heraldisch-Genealogische Gesellschaft «Adler» — Haarhof 4a
Wien I. / Österreich
Österreichische Nationalbibliothek — Josefsplatz 1
Wien I. / Österreich
Verein für Geschichte der Stadt Wien —
Rathaus, (Archiv der Stadt Wien)
Wien I. / Österreich
Österreichisches Museum für Volkskunde —
Laudongasse 15—19
Wien VIII. / Österreicht
Stadtbibliothek — (Neujahrsblätter)
8400 Winterthur
• Tauschstelle Braunschweiger Geschichtsverein e. V . -
Forstweg 2 (Nieders. Staatsarchiv)
334 Wolfenbütte l / Deutschland
Stadtbibliothek Worms
6520 Worms / Deutschland
Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V.
Universitätsbibliothek — Domerschulstrasse 16
Würzburg / Deutschland
Musee archeologique -
Zadar / Jugoslawien
• Titowa obala 2
Antiquarische Gesellschaft Zürich •
(Zentralbibiliothek Zürich)
8000 Zürich 25
Schweizerisches Landesmuseum
8000 Zürich
286
Jahresbericht 1978
des Liechtensteinischen
Landesmuseums
M U S E U M S B E S U C H
Es hat sich erneut bestätigt, dass Sonderveranstaltungen die beste
Werbung für ein Museum darstellen. Dank der Ausstellung «Geschenke
zum vierzigjährigen Regierungsjubiläum» konnte das abgelaufene Jahr
einen Besucherrekord verzeichnen, der nur 1973 (Ausstellung zum
Zollvertrag) übertroffen wurde. Fast 5000 Besucher fanden sich inner-
halb von 3 Tagen zur Besichtigung dieser Sonderschau ein. Im Monat
August besuchten über 8000 Personen das Museum.
Insgesamt sind im Jahre 1978 16814 Museumsbesuche erfolgt. Es
fanden 44 Führungen durch die Ausstellungen statt.
M U S E U M U N D S C H U L E
In Zusammenarbeit mit dem Schulamt konnte eine Ausgabe der
«Schul-Informationen» als Museumsnummer gestaltet werden. Darin
wurden die Möglichkeiten aufgezeigt, die das Museum zur Gestaltung
des Unterrichtes in Geschichte und Heimatkunde bietet. Anlässlich
eines Besuches der Unterstufenlehrer der Primarschule im Landes-
museum wurden die Beziehungen von Museum und Schule aufgezeigt
und besprochen. Die Benützung des Museums als Anschauungsmittel
für die Schule hat erfreulicherweise zugenommen, doch ist sie immer
noch unbefriedigend. V o n 31 Schulklassen, die die Ausstellungen be-
sichtigten, kamen 13 aus unserem Lande.
V E R A N S T A L T U N G E N
Die Ausstellung «Weihnachtskrippen aus Liechtenstein» dauerte
vom 24. Dezember 1977 bis zum 8. Februar 1978.
Anlässlich des vierzigsten Regierungsjubiläums des Landesfürsten
wurden die Jubiläumsgeschenke im Landesmuseum ausgestellt. Diese
Ausstellung dauerte vom 12. August bis zum 3. September 1978 und
287
fand ausserordentliche Beachtung. Kern der Ausstellung waren die vom
Land und von den Liechtensteinischen Gemeinden geschenkten 26
Aquarelle «Ansichten aus dem Salzkammergut» von Josef Hoeger
(1801 —1877). Das Landesmuseum übergab als Geschenk eine Zeich-
nung von Johann Jacob Rietmann «Schloss Vaduz gegen die Appen-
zeller Berge».
Die Herausgeber der Fachzeitschrift helvetia archaeologica gestalte-
ten in Zusammenarbeit mit dem Historischen Verein und dem Landes-
museum aus Anlass des vierzigsten Regierungsjubiläums unter dem
Titel «Archäologie im Fürstentum Liechtenstein» eine Sondernummer,
die alle bisherigen Bemühungen um die Erforschung der Ur - und Früh-
geschichte in unserem Lande zusammenfasse Die Übergabe des Sonder-
heftes an S. D. den Landesfürsten fand am 7. Dezember 1978 im Lan-
desmuseum statt.
In Anbetracht der volkskundlichen Bedeutung der von Hubert Büh-
ler im Pfrundhaus Eschen gezeigten Ausstellung «Wachs- und Kloster-
arbeiten» übernahm das Landesmuseum die Hälf te der dabei entstan-
denen Unkosten.
A m 22. Dezember konnte die Sonderausstellung «Porträts aus
Liechtenstein» eröffnet werden, die bis zum 28. Januar 1979 dauert.
Es handelt sich um Darstellungen von Personen aus Liechtenstein vor
dem Ersten Weltkrieg in allen Techniken ausser Photographie. 63 Ex -
ponate wurden von zumeist privaten Besitzern zur Verfügung gestellt.
Z u dieser Ausstellung ist eine Wegleitung mit biographischen Notizen
über die Dargestellten erschienen.
Für verschiedene Ausstellungen im Ausland hat das Landesmuseum
Leihgaben zur Verfügung gestellt.
T A G U N G E N
Der Konservator vertrat das Museum an der Jahrestagung der
Schweizerischen Gesellschaft für Kulturgüterschutz, die am 7./8. Juni
in Disentis stattfand. Dort wurden auch die Kulturgüterschutzanlagen
in den Neubauten des Kloster besichtigt.
Ebenso besuchte der Konservator die Generalversammlung des
Verbandes der Museen der Schweiz (VMS) in Genf am 22./23. Septem-
ber. Eine Anzahl von geführten Museumsbesichtigungen vermittelten
praktische Erfahrungen in der modernen Museumsarbeit.
288
S A M M L U N G E N
Der gesamte Bestand an Photographien wurde geordnet und nach
Themenkreisen aufgegliedert. Die Inventarisierung der graphischen
Sammlung wurde fortgesetzt.
Das Fundgut der Grabungen beim Sägaweiher in Nendeln und der
römischen V i l l a in Nendeln wurde nach einem neuen System katalogi-
siert und in eine Kartei aufgenommen. Die Neuordnung der Fundgegen-
stände erfolgte in Zusammenarbeit mit dem archäologischen Dienst in
Chur und mit dem Schweizerischen Landesmuseum.
Z U W A C H S V E R Z E I C H N I S
Durch Ankauf von privater Seite und aus dem Kunsthandel oder
durch Schenkung sind dem Museum zugegangen:
1 Tafel, Fürst Franz und Fürstin Elsa
2 Silberlöffel, angebl. aus Besitz Peter Kaisers
1 Zinnteller
1 Fliegenglas
1 Kugelgusszange
3 Teller, angebl. aus Hausrat Peter Kaisers
3 Glasschalen, angebl. aus Hausrat Peter Kaisers
2 kleine Dosen, angebl. aus Hausrat Peter Kaisers
1 Teller und Tasse mit Bi ld des Fürstenpaares,
zum 40. Regierungsjubiläum des Landesfürsten
6 Medaillen zum 40. Regierungsjubiläum,
davon 2 Silber 2 Gold klein, 2 Gold gross
1 Hinterglasbild, Christus am Kreuz
1 Hinterglasbild, verspiegelt, Grab Jesu
1 Hinterglasbild, Jesuskind
1 Öldruck, St. Anna mit Maria
1 Satz hausgewobene Bettwäsche, bestehend aus 2 Kissenbezügen
und 1 Bettziacha
1 Stahlstich Souvenir von Ragaz und Pfäfers
1 Porträt von Sanitätsrat Dr. Albert Schädler, in Öl
1 Grabkreuz in Gusseisen
1 Medaille, Liechtensteinische Landesausstellung 1895
289
S T I F T U N G S R A T
Der Stiftungsrat hat die laufenden Geschäfte in drei Sitzungen er-
ledigt.
Auf Antrag der Museumsleitung und nach Rücksprache mit dem
Fürstlichen Bauamt hat der Stiftungsrat die Einrichtung eines dringend
benötigten weiteren Arbeitsraumes im Dachgeschoss des Museums be-
schlossen. Die Arbeiten wurden im Laufe des Sommers durchgeführt.
In Zusammenarbeit mit einer zu diesem Zwecke gebildeten Kom-
mission haben sich die Mitglieder des Stiftungsrates tatkräftig für das
Zustandekommen der Ausstellung «Porträts aus Liechtenstein» einge-
setzt. Der Kommission gehörten an: Robert Allgäuer, Dr . Alexander
Frick, Adolf Marxer, Werner Meier, Dr. Alois Ospelt, Dr. Rupert
Quaderer und Prof. Otto Seger.
Die Bemühungen zum Erwerb der Kunstgegenstände aus der Privat-
sammlung von Kommerzienrat Quido Feger wurden fortgesetzt.
F I N A N Z I E L L E S
Die Einnahmen aus Eintrittsgeldern ergaben Fr. 12'854.—. Der
Erlös aus dem Verkauf von Karten und Literatur betrug Fr. 1'129.50.
Das ergibt Gesamteinnahmen von Fr. 13'981.50. Diese Bareinnahmen
sind auf dem Konto der Stiftung Liechtensteinisches Landesmuseum
deponiert. Die Kostenabrechnung über Löhne und Gehälter sowie über
die laufenden Ausgaben wurde von der Landeskasse besorgt.
290
Anhan
Liechtensteinisches
Urkundenbuch
I. Teil
5. Band
3. Lieferung
von Benedikt Bilaeri
VORWORT ZUR DRITTEN LIEFERUNG
Mit der dritten Lieferung des 5. Bandes des Liechtensteinischen
Urkundenbuches wendet sich der Bearbeiter den Beständen des Haupt-
staatsarchives in Stuttgart zu. Ähnlich wie Bayern drang auch Württem-
berg in den Jahren von 1803 bis 1810 an den Bodensee und nach Ober-
schwaben vor, in den seit dem Untergang des alten Reiches und dem
Rückzug Österreichs offenstehenden, politisch ganz zersplitterten Raum
Vorderösterreichs, der Reichsstädte Buchhorn (= Friedrichshafen),
Wangen, Ravensburg, Isny, Leutkirch, Buchau, Biberach sowie mehrerer
bedeutender, teilweise auch in Liechtenstein begüterter oder sonst mit
dem rätischen Süden verbundener Klöster, vor allem Weingarten,
Weissenau, Baindt, Hofen, Schussenried, Ochsenhausen oder Rot und
schliesslich zahlreicher alter Adelsherrschaften. Mit dem Untergang
eigenständiger Gestaltung gingen auch die Archive diesem Raum ver-
loren, grossteils zugunsten der Zentrale des neuen Königreiches. Diese
Durchdringung von aussen gab es für Oberschwaben jedoch wenigstens
ähnlich schon in langen Jahrhunderten des Mittelalters, damals aber
vorwiegend vom wirtschaftlich nahestehenden Süden her, als die Mont-
forter ihre weiten Herrschaften bis zur Donau, Tettnang, Scheer, Sigma-
ringen und Zeil errichteten. Auch die Werdenberger beteiligten sich, so
in Heiligenberg, in Buchhorn am Bodensee, die Werdenberger von Sar-
gans in den Herrschaften Albeck, Schmalegg und Trochtelfingen, die
Ritter von Schellenberg, Liechtensteins bedeutendste Auswanderer jener
Zeit, ähnlich wie die Werdenberger in den Herrschaften Ummendorf,
Wasserburg am Bodensee, Kisslegg, Sulzberg, Lautrach-Wagegg, Sei-
friedsberg und Hüfingen. Hiezu kam die intensive Tätigkeit mehrerer
Mitglieder beider Familien als königliche Landvögte in Oberschwaben,
die sich bei den Schellenbergern auf die Zeit zweier Generationen er-
streckte und ihren Mittelpunkt in Ravensburg fand. Gerade auf diesen
Beziehungen beruht ein wesentlicher Teil des für Liechtenstein interes-
santen Urkundenmaterials, das freilich nur überaus zerstreut sich findet.
Für freundliches Entgegenkommen danke ich allen Beamten des
Hauptstaatsarchives, besonders aber Frau Bührlen-Grabinger, Herrn
Hofer und Herrn Wannenwetsch.
Der Bearbeiter
188 —
163. 1094 — 1101.
Der schwäbische Adelige Heinrich, der Bruder des Irmindegen
schenkt dem Kloster "Weingarten einen Weinberg zu T ri e s e n in
Churrätien.
Raboto dedit uineam inloco qui / dicitur Melances1 et est inrecia
Curiensi. Heinricus frater Irmen/degenesa dedit uineam inloco qui di-
citur T r i s u n b 2 in / eodem pago. Dedit eciam prediohim inlocis que
dicuntur / Harengarten3 . et Strubichach4 exquo annuatim .X. sicli / pro
luminaribus ad sanctam crucem persoluuntur.
Übersetzung
Raboto gab den Weingarten im Ort, der Malans1 genannt wird
und der ist in Churrätien. Heinrich der Bruder des Irmindegen gab
einen Weingarten im Orte, der T r i e s e n 2 genannt wird, im selben
Gau. Er gab auch ein kleines Gut in den Orten genannt Hargarten3 und
Strauben,4 aus welchem jährlich 10 Seidel für die Lichter zum Heiligen
Kreuz geliefert werden.
Eintrag im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten.
Handschrift 2 a fol. 1 b linke Kolonne, 3 bezeichnet. — Pergamentblatt 38,2 —
40,0 cm lang X 28,9, Ii. Rand 5,2 cm frei. — Handschrift in grobem, unregelmässig
begrenztem Pergamentumschlag, der «A.11.18.» (rot) und «A.11.18» (schwarz)
bezeichnet ist, wird genannt «Codex maior traditionum W eingartensiumn, be-
steht aus neun Pergamentblättern und zerfällt in drei Abschnitte: 1. das Tradi-
tionsverzeichnis fol. 1 a — 2 b, 2. eine Abtliste fol. 3 a — b und 3. ein Einkünftever-
zeichnis fol. 4 b-9 b (fol. 4 a leer). Nach der Untersuchung W. Krallerts (Die
Urkundenfälschungen des Klosters Weingarten, Archiv für Urkundenforschung
1938, besonders S. 242 — 245) sind alle drei Abschnitte das Werk eines einzigen
Autors aus der Zeit etwa von 1265 —1270. Das in einem Zug geschriebene Tradi-
tionsverzeichnis enthält als letzte Tradition jene des Johannes von Löwenthal,
die durch eine Urkunde (Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 4 Nachtrag n. 152) auf
das Jahr 1246 bestimmt wird. Da die Eintragung diesen Johannes «postea frater
ordinis praedicatorum (= später Bruder des Predigerordens«) nennt, ist die
Niederschrift in späteren Jahren erfolgt und zwar kommt Johannes tatsächlich
als Predigermönch in einer Urkunde vom 13. Juni 1257 erstmals vor (Wirtem-
berg. Urkundenbuch Bd. 5 n. 1446). Der dritte Abschnitt ist laut einer Urkunde
— 189 —
(siehe n. 166) nach 1269 anzusetzen, die Zeit der Entstehung des ersten Abschnit-
tes Hegt also zwischen etwa 1257 und 1269 und zwar angesichts der graphischen
Entwicklung näher bei 1269.
A b s c h r i f t des 17. Jahrhunderts im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515
Kloster Weingarten Handschrift n. 2 b beiliegend.
A b s c h r i f t des 19. Jahrhunderts im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515
Kloster Weingarten Handschrift n. 2 c beiliegend.
Druck : Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 4 Anhang S. IX; Büchel, Einiges
zur Walliserfrage, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1909 S. 103
(teilweise); Perret, Urkundenbuch d. südl. Teile d. Kantons St. Gallen Bd. 1
(1961) n. 136.
Regest: Helbok, Regesten von Vorarlberg und Liechtenstein (1924)
n. 201 a.
Zur Datierung: Das Traditionsverzeichnis entstand aufgrund von
vorhandenen Urkunden, Traditionsnotizen und Einträgen in Nekrologien. Stälin
(Zwei Weingartener Codices aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts — Der
sogenannte Codex maior traditionum Weingartensium, Wirtemberg. Urkunden-
buch Bd. 4 S. III) stellt fest: «Die einzelnen Traditionen werden im Allgemeinen
in chronologischer Ordnung aneinandergereiht. Es ergibt sich dies theilweise
aus den übrigens nicht häufigen Zeitangaben, zeigt sich aber auch in anderen
Fällen, in welchen die Schenkgeber sonst aus der allgemeinen Geschichte be-
kannt sind oder in datierten Urkunden auftreten.» Da die Stelle über Triesen
zwischen der 1094 datierten Schatz- und Güterschenkung des Herzogs Weif von
Bayern und seiner Gemahlin Judith und dem irrtümlich auf 1109 datierten,
richtig auf 1101 zu datierenden Tod Herzog Welfs (8.19. November auf dem
Kreuzzug) vorkommt, ist obige Datierung einigermassen berechtigt. Die nähere
Datierung Hetboks und ihm folgend Perrets auf «spätestens Frühjahr 1101»
(wegen des Kreuzzuges) kann angenommen werden.
a Helbok (Regesten n. 201 a) fälschlich »Bruder der I r m i n d e g a » ; Perret
(Urkundenbuch d. südl. Teile Bd. 1 n. 136) irrig «Bruder der Irmen-
garda».
b Es heisst Trisun, wenn auch Trisim gelesen werden kann, wie vom
Bearbeiter im Wirtembergischen Urkundenbuch und ihm folgend von
Schreiber von n. 2 c, von Helbok (Regesten n. 201 a) und Perret (Ur-
kundenbuch d. südl. Teile d. Kantons St. Gallen Bd. 1 n. 136); ganz un-
möglich «Tirsin» bei n. 2 b. Der Schreiber von 2 a schreibt aber auch
in zahlreichen anderen Fällen das i gleich wie die Abstriche beim m,
also omnium wie ommum oder decimo wie decuno. Dass es ganz sicher
Trisun heisst, geht aus der Urkunde König Rudolfs vom 6. April 1274
hervor (Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 51 n. 92 hier n. 167) die obiges,
damals eben entstandenes Traditionsverzeichnis als Vorlage gehabt
haben muss: es heisst dort «intrisun».
- 190 —
Zur Sache: Die Erwerbung von Weingärten in Churrätien durch
schwäbische Herren und Klöster war im Mittelalter ein typischer Vorgang, ver-
anlasst einerseits durch den höheren Ruf des Weines im sonnigen, föhnerwärm-
ten rätischen Rheintal, andererseits durch die politische Vorherrschaft des
fränkisch-schwäbischen Adels. Diese Massierung von Weingärten in fremder
Hand setzte schon 806 mit der Konfiskation des Besitzes der herrschenden Vik-
toriden durch die Franken ein und erreichte bei ständiger Zunahme des Wein-
baues im Hochmittelalter seinen Gipfel. Nach dem vorliegenden Traditionsver-
zeichnis besass Herzog Weif auch den Zehent von Feldkirch, eines bekannten
Weinbauzentrums. Der das Kloster Weingarten beschenkende Heinrich dürfte
nach der Lage seiner Besitzungen ein weifischer Ministeriale gewesen sein,
ebenso wohl auch Raboto. Fast genau zur selben Zeit wie Weingarten erwarb
das Kloster Zwiefalten durch Schenkung des Grafen von Achalm 1092 Wein-
gärten in Maienfeld und Fläsch und das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen
vom Grafen von Nellenburg Weingärten zu Malans und Maienfeld.
1 Malans im Kreis Maienfeld, Graubünden. Perret verlegt den Ort wegen
der Nähe von Triesen nach Malans, Gde. Wartau, was kaum begründet
ist, da es sich um zwei voneinander unabhängige Schenkungen han-
delt. Der weit begehrtere Weinort war Malans im Kreis Maienfeld, so
für Allerheiligen in Schaffhausen. Dass Malans nicht in derselben
Grafschaft lag, wie Perret einwendet (S. 136 Anm. 2) bedeutet wenig,
denn Bertholds Annalen (MG SS V S. 316) nennen in der gleichen Zeit
Oberrätien, die Grafschaft Ottos von Buchhorn ebenfalls «Raet iam
Curiensem».
2 Triesen, Liechtenstein.
3 Hargarten bei Bodnegg sö. von Ravensburg.
4 Strauben, Stadt Ravensburg.
164. Überlingen, 1153 September 23.
Kaiser Friedrich I.1 bestätigt dem Kloster Weingarten zahlreiche
von seinen Vorgängern bewilligte Rechte und seine aufgezählten Be-
sitzungen, darunter hintereinander den Weingarten in Malans,2 den
Weingarten in Triesen,3 das Gut in Hargarten* und Strauben5
(«Vineam in Melances, Vineam in T r i s u n . Praedium in Hargarten.
Struberingenbach.»)
— 191 —
Vidimus vom 6. Oktober 1699 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515
Büschel 1, beglaubigt vom kaiserlichen Notar Jakob Reschius nach dem Original
(heute im erzbischöft. Archiv Freiburg i. B.), einer Fälschung. — Papier 32,5 cm
lang X 20,5, Ii. Rand 2,6 cm frei. —
Insert im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 51 n. 92 Urkunde König Ru-
dolfs 1. von 1274 April 6, der die Fälschung bestätigte.
Ins e r t e im Hauptstaatsarchiv Stuttgart in den Urkunden König Alb-
rechts 1. von 1299 März 17 und Kaiser Heinrichs VII. von 1309 Mai 31.
Zur Sache: Nach W. Krallert (Die Urkundenfälschungen des Klosters
Weingarten, Archiv für Urkundenforschung 1938 S. 258) entstand die Fälschung
zwischen dem 1. Oktober 1273, dem Wahltag Rudolfs I. von Habsburg, als die
Gelegenheit, sich gegen die Feinde des Klosters durchzusetzen, gekommen war
und dem 6. April 1274, der echten Bestätigung der gefälschten Urkunde durch
König Rudolf. Der Fälscher verfertigte eine umfassende Besitzliste, teils auf
Grund früherer Besitzbestätigungen, griff aber in unserem Fall auf das echte
Traditionsverzeichnis der Handschrift B 515 n. 2 a im Codex maior zurück, mit
genauer Beobachtung der Reihenfolge (siehe oben n. 163).
1 Kaiser Friedrich 1. 1152 - 1190.
2 Malans, Kreis Maienfeld, Graubünden.
3 Triesen, Liechtenstein.
4 Hargarten bei Bodnegg sö. von Ravensburg.
5 Strauben, Stadt Ravensburg.
165. Ulm, 1209 Januar 29.
König Otto IV.1 bestätigt dem Kloster Buchau2 die in der Urkunde
Kaiser Ludwigs des Frommen3 vom 22. Juli 819 enthaltenen Schenkun-
gen und Privilegien. Zeugen: Graf Ulrich von Kiburg* Graf Mangold
von Rohrdorf,5 die Brüder Grafen Hartmann und Ludwig von Wirten-
berg, Graf Konrad von Zollern, Graf Hermann von Sulz,6 Graf Hugo
von Montfort1 ('«Comes h u g o de m o n t e f o r t e » ) , 3 der
Stammvater der Montforter und Werdenberger und Herr über Liech-
tenstein, Graf Heinrich von Wartstein? Heinrich Truchsess von Wald-
burg,9 Heinrich Marschall von Kalden,10 Heinrich von Schmalegg.11
— 192 —
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 51 Kaiserselekt n. 29. —
Pergament 47,7 cm lang X 40,6, Plica 3,9 cm. — Verlängerte Schrift der ersten
Zeile. — An beschädigten roten und grünen Seidenschnüren zwei Siegelbrocken
in aufgerissener Lederhülle. — Rückseite: «Ain frihait brief kung Otto der Römi-
scher kunig wass vnd bestät tung der frihait vnd gab die kayser ludwig getan
hatt dem gotz (diese zwei Wörter gestrichen) der äptiss in vnd gotzhus zu
b ü c h o w an der statt Mengen Vnd der kirchen zu sulgen» (15. Jahrh.); « N n 2
de dato Ano 1208*» (16. Jahrh.); «König Ottonis Freyhaitt Confirmation vnd
Bestettigung vber Kaysser Ludwigs Freyhait vnd donation so Ir Kay. Maytt. dem
Gottshaus Buochaue mit freywilliger schenckhung des dorffs Mengen Vnd der
khürchen Zue Saulgauw gethan haben etc. de Anno 1208» (17. Jahrh.); « N u m 2.»
(17. Jahrh.); «Archiv Kl . Buchau» (19. Jahrh.); «29» (blau, modern).
Zur Datierung: Obwohl die Urkunde 1208 und die hiezu passende
lndiktion II steht, haben sich die Bearbeiter des Wirtembergischen Urkunden-
buches (Bd. 2 S. 373 n. 544) und auch alle späteren Bearbeiter für 1209 ent-
schieden, weil das in der Urkunde angegebene elfte Regierungsjahr Ottos IV.
vom Krönungstag gerechnet erst am 4. Juli 1208 beginnt. Das Jahr 1209 stimmt
auch zu den Aufenthaltsorten des Königs, der zwei Tage vorher, am 27. Januar
in Weingarten urkundete (Böhmer-Ticker, Regesta lmperii V n. 262) und vorher,
im Januar sich am Bodensee befand (Perret, Urkundenbuch d. südlichen Teile
d. Kantons St. Gallen n. 236).
a monte forte wurde erst nachträglich und nicht durch den Schreiber der
Urkunde in monte forti verbessert. Ausserdem schrieb der Schreiber
der Urkunde bei den Namen der zehn Zeugen das jeweilige de neun-
mal aus, nur bei hugo de monte forte heisst es de. Anscheinend war der
Name (Muntfort) ungewohnt, vielleicht noch neu.
Druck: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 2 n. 544.
Regest: Stälin, Wirtembergische Geschichte Bd. 2 (1847) S. 442; Monu-
menta Zollerana Bd. 1 n. 81; Böhmer-Ticker Bd. V 1 (1881) n. 264; Helbok, Re-
gesten n. 327, Wiedergabe der Datumzeile unrichtig mit 1207; Perret, Urkunden-
buch d. südlichen Teile d. Kantons St. Gallen Bd. 1 (1961) S. 200 n. 241.
Bedeutung: Erstes urkundliches Auftreten Hugos, des ersten Mont-
forters.
1 Otto IV. 1198-1215.
2 Buchau am Federsee BW.
3 Ludwig der Fromme 814 — 840.
4 Kiburg bei Winterthur Kt. Zürich.
5 Rohrdorf, Burg bei Messkirch BW.
6 Sulz, am Neckar, BW.
7 Hugo von Montfort, Sohn Hugos von Tübingen, regierend 1182 bis etwa
1230, nennt sich so seit etwa 1200, nach der Hauptburg Unterrätiens,
Muntfort bei Fraxern, Vorarlberg.
— 193 —
8 Wartstein, Burg ssö. von Münsingen BW.
9 Waldburg, Burg osö. Ravensburg.
10 Heinrich von Kalden (Burg ö. von Nördlingen B) Kommissär Ottos IV.
für Schwaben.
11 Heinrich von Schmalegg (Burg, Stadt Ravensburg) Ottos IV. Vogt für
St. Gallen.
166. 1269 — etwa 1270.
Aus dem Einkommensverzeichnis des Klosters Weingarten:
Partie über Triesen und den W al g au .
33 Redditus intrisun1 et inwalgoö, 2 Rvdolfus qui habet / a nobis inpe-
ladin3 .VII. mvtmal34 de vno prato. / Item ineodem loco unum
agrum qui soluit .1. mutmel / Ad crucem5 .1. pratum quod soluit
duo et dimidium mut / mel. Infrasce6.1. pratum quod soluit .III. et
dimidium / mutmäl. Aier7 iuxta uineam .1. mut mal. Tun / bitb 8
aier dimidium mut mal. Insaxe9 aier .1. mut / mal. kasals10 .1. mut
mal. Galamatelle11 .1. pra / tum quod soluit laborem unius uiri.
In prade12 .1. mut / mal. Dominus vlricus miles13 peladin .VII.
manne / mat. in frascen .1111. mut mal. In quadrat14 / .1. mut mal.
Inrufin15.1. mut mal. Subtus/ quadralle16 .111. mutmäl. In gafgair17
.1. / mutmal. Inquadrelle .VIII. mut mal / Inpeladin habent serui
domini vlrici .1. agrum In / munturfc18 pratum. De istis bonis Omni-
bus supra / dictis dantur .XL. 1 9 Casei magni .C. d Hü Redditus in
walgv. Inplatelin20 .VIII. / prata. Inmontaios2,1 et in walese.22 11.
prata que / soluunt .VI. caseos. Inrungalche23 .1. pratum / quod
soluit .X. caseos. Inmontaiol24 pratum quod soluit /
34 .1111. Caseos . Inpradrex25 tria frusta .XII. caseos. Inwa / lex duo
frusta .V. caseos. Inualpiler26 .11. frusta .VI. caseos / Turringen
Curtile .1111. caseos . Zursmier27 .1. pratum quod soluit / dimidium
caseum. Aier inpradesche28 .11. mutmal. Item ibidem aier / .11.
mutmäl. Item iuxta ripam pradesche dimidium mut mal. Ex / una
parte latere uinee.Leger.de .1. caseum.Item iuxta ripam turringen/
— 194 —
aier .1. mut mal. Montaiol .1. mut mal. Rungalch .111. mut / mal.
Item gurtin de vige29 .1. mut mal Summa XLVIII. caseos / et dimi-
dium . Hü sunt homines de nostra f amilia . ibidem . Nuzirs30 Hart /
liep. et frater suus . mahthildis inprade31 cum .11. pveris . Telde
soror / eius cum .1111. liberis . Gaualet soror eius cum .1. puero .
Item H. de fot./ Elizabeth cum .1. filio. h. de burs32 ortliep. de
nuzirs .H. antiquus / et filia eius cum tercia parte puerorum33
Spraherat34 cum .11. filiis / Molendinatrix i n t r i n s u n . 3 5 cum
.1111. liberis
Hec sunt bona monasterii nostri in zunberc36
Übersetzung
Abgaben in T r i e s e n 1 und im W a l g a u . 2
Rudolf, der von uns in Peladin3 hat 7 Mitmel4 von einer Wiese.
Dann im selben Ort einen Acker, der gibt ein Mitmel. Beim Kreuz5 eine
Wiese, die gibt zweieinhalb Mitmel. In Frasce6 eine Wiese, die gibt drei-
einhalb Mitmel. Der Acker7 nahe bem Weinberg ein Mitmel. Tunbit8-
Acker ein halbes Mitmel. In Saxe9 ein Acker ein Mitmel. Kasals10 ein
Mitmel. Galamatelle,11 eine Wiese, die gibt die Arbeit eines Mannes.
In Prade12- ein Mitmel. Herr Ulrich, der Ritter13 Peladin sieben Manns-
mahd. In Frascen vier Mitmel. In Quadrat14 ein Mitmel. In Rufin 1 5 ein
Mitmel. Unterhalb Quadralle16 vier Mitmel. In Gafgair17 ein Mitmel. In
Quadrelle acht Mitmel. In Peladin haben die Hofleute des Herrn Ulrich
einen Acker, in Munturf18 eine Wiese. Von diesen oben genannten Gü-
tern zusammen werden vierzig19 (Mitmel) gegeben, grosse Käse hundert.
Das sind die Abgaben im Walgau. In Platelin20 acht Wiesen. In
Montaios21 und in Walese22 zwei Wiesen, die geben sechs Käse. In
Rungalch23 eine Wiese, die gibt zehn Käse. In Montaiol24 eine Wiese,
die gibt vier Käse. In Pradrex25 drei Stücke zwölf Käse. In Walex zwei
Stücke fünf Käse. In Walpiler26 zwei Stücke sechs Käse. Thüringen ein
kleiner Hof vier Käse. Zursmier27 eine Wiese, die gibt einen halben
Käse. Ein Acker (aier) in Pradesche28 zwei Mitmel. Dann ebendort ein
Acker (aier) zwei Mitmel. Dann beim Ufer Pradesche ein halbes Mitmel.
Von der einen Seite des Weingartens eine Egerde ein Käse. Dann beim
Ufer zu Thüringen ein Acker (aier) ein Mitmel. Montaiol ein Mitmel.
Rungalch drei Mitmel. Dann Gurtin de Vige2 9 ein Mitmel. Summe acht-
undvierzig Käse und ein halber.
— 195 —
Das sind die Leute von unserer Gnoss dort. Nüziders 3 0 Hartliep
und sein Bruder. Mechthild in Braz31 mit zwei Buben. Telde, ihre
Schwester mit vier Kindern. Gavalet ihre Schwester und ein Bub. Dann
H. de Fot. Elisabeth mit einem Sohn, H. von Bürs. 3 2 Ortlieb von Nüzi-
ders. H. der Alte und seine Tochter mit dem dritten Teil der Kinder.33
Spraherat34 mit zwei Söhnen. Die Müllerin zu Triesen35 mit vier
Kindern.
Das sind die Güter unseres Klosters in Zaumberg.36
Eintrag im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten,
Handschrift 2a letzte Seite, Spalte 33 und 34. — Pergamentblatt 40,5 cm lang X
28,2, linker Rand 5 cm frei, rechter Rand etwa 4,5 cm frei, Rand an zwei Stellen
restauriert. — Handschrift in unförmigem, grobem Pergamentumschlag geheftet,
der «A. 1.1.18» (rot) und «A. 11.18» (schwarz) bezeichnet ist, mit neun inliegen-
den Pergamentblättern, von denen das vierte auf der Vorderseite nicht be-
schrieben ist. Jede Seite zerfällt in zwei Spalten zu je rund 54 Zeilen; Spalten
erst sehr spät (19. Jahrh.?) mit Zahlen versehen; Schrift des späteren 13. Jahr-
hunderts. Enthält auf den ersten zwei Blättern eine Aufzeichnung von Güter-
traditionen, auf dem dritten Blatt ein Abtverzeichnis und von der Rückseite des
vierten Blattes bis zum Ende ein Verzeichnis der Einkünfte und Rechte des
Klosters.
Zur Datierung: Stalin (Zwei Weingartener Codices aus der zweiten
Hälfte des 13. Jahrhunderts, Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 4 Anhang S. V
stellt fest, dass es sich um ein Einkommensverzeichnis aus der Zeit des Abtes
Hermann (1266 — 1299) handeln muss, für eine genauere Festlegung hält er das
auf S. XXIII vorkommende Datum 5. Mai 1269 für massgebend, es sei dies «das
höchst mögliche Alter» dieses Verzeichnisses. Die in der Handschrift voran-
gehenden Angaben über Erwerbungen des Klosters gehören der Zeit von 1269 —
1278 an, das darauf folgende Abtverzeichnis reicht nicht bis in diese Zeit herab,
dürfte aber gleichzeitig begonnen worden sein. Büchel, (Einiges zur Walliser-
frage, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1909 S. 105 und, Die Ein-
wanderung der Walliser, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1928
S. 105) behauptete, dass das Verzeichnis vor dem 4. August 1278 entstanden sei,
weil in der damaligen Schutzurkunde des Papstes für Weingarten Triesen nicht
vorkomme. Dieser Schluss ist jedoch nicht sicher, da auch andere unbedeuten-
dere Besitzungen des Klosters fehlen, so auch jene im Walgau, die dem Kloster
zweifellos auch nach 1278 gehörten. Einen Besitzübergang seiner Triesner Güter
an St. Luzi vor 1278 vermag Büchel nicht nachzuweisen. Dennoch ist Büchels
Einschätzung aus anderen Gründen annähernd richtig. Nach Wilfried Krallert
(Die Urkundenfälschungen des Klosters Weingarten, Archiv für Urkunden-
forschung 1938 S. 245) ist das Einkommensverzeichnis wie das vorausgehende
Traditionsbuch und die Abtliste auf Grund der Schrift von einer einzigen Person
in mässigen Zwischenräumen 1265 — 1270 geschrieben worden. Auch Krallert
— 196 —
hält S. 243 die Angabe vom 5. Mai 1269 als frühesten Termin der Niederschrift;
ein auf fol. 9 erwähnter Zinser Berchtold Nadeler von Memmingen sei laut einer
Urkunde vom 27. März 1270 (Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 7 n. 2143) damals
bereits verstorben, somit sei das Einkommensverzeichnis zwischen dem 5. Mai
1269 und 27. März 1270 geschrieben worden. Wenn es sich um den gleichen
Mann handelt, könnte dieser Schluss annähernd das Richtige treffen.
A b s c h r i f t n. 2b des 17. Jahrhunderts im Hauptstaatsarchiv Stuttgart
beiliegend,, «A. 11. 191» (rot und schwarz), sowie darüber «Libellus continens
Bona, Decimas, Steuras, Census et Servitia Monasterii Weingartensis a prima
Fundat ione» bezeichnet, S. 95 — 97.
A b s c h r i f t n. 2c des 19. Jahrhunderts im Hauptstaatsarchiv Stuttgart
beiliegend.
Druck: Stälin, Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 4 (Stuttgart 1883) An-
hang S. XLIV; Büchel, Einiges zur Walliserfrage, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d.
F. Liechtenstein 1909 S. 104 (teilweise; nach Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 4
S. XLIV).
a Büchel (Einiges zur Walliserfrage, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F.
Liechtenstein 1909 S. 104) setzt regelmässig irrtümlich «Mutmal».
b Stälin hat bü bit oder berunbit, Büchel bubit doch ist T zu lesen wie in
Turringen.
c Auch Manturf möglich.
d bei Stälin und Büchel «.C.» weggelassen, sodass es bei ihnen heisst:
«XL casei magn i» .
e nicht Rungalech wie bei Stälin und Büchel.
1 Triesen, Liechtenstein.
2 Gebiet in Vorarlberg von Dornbirn bis zur Südgrenze.
3 Peladin nach Ospelt, Sammlung liechtensteinischer Orts- und Flur-
namen, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1911 S. 82 unter-
gegangener Name. Die grosse Zahl unauffindbarer Flurnamen in obi-
gem Eintrag weist auch hier auf die Tatsache, dass die heutigen Flur-
namen nur zu kleinem Teil in die Frühzeit zurückreichen.
4 Büchel übersetzt irrig Mutmäl mit Scheffel. Es handelt sich zwar um
ein Hohlmass, aber um ein wesentlich kleineres als den Scheffel. Mut-
mäl wird später in der Form Mitmel ein Flächenmass, bezeichnet näm-
lich die Fläche, die mit einem Mutmäl des gewöhnlichen Kornes besät
werden konnte. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war das Mitmel im Vor-
arlberger Oberland das herrschende Flächenmass = 8,36 Ar, nach dem
Blumenegger Urbar und dem Bludenzer Urbar von 1617 eine Fläche
«hundert Schritt lang und zehn breit, auch drei Schuh auf einen Schritt
gerechnet». Nach den Fassionen des Jahres 1769 (Bilgeri, Getreidebau
S. 62) wurde damals auf ein Mitmel ein Viertel Mischkorn gesät. Das
— 197 —
Mutmäl von Triesen 1269 entspricht also annähernd als Hohlmass dem
Viertel = etwa 25 Liter.
5 «Ad crucem» entspricht «bim Krüz» im heutigen Triesen nach Ospelt,
Sammlung liechtensteinischer Orts- und Flurnamen, Jahrbuch d. Hist.
Vereins f . d. F. Liechtenstein 1911 S. 64.
6 In Frasce = i Frassa, Triesen nach Ospelt S. 39.
7 Aier = rätoromanisch Acker. Büchel, Einiges zur Walliserfrage, Jahr-
buch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1909 S. 105: «Endlich ist
als Lehenmann des Klosters auch genannt ein Aier. Dieser Aier nun
war ein eingewanderter Walliser. Es geht dies aus einer Urkunde vom
11. November 1300 hervor. Durch dieselbe übergab das Kloster St.Luzi
in Chur seine Güter zu Pradella und Silva plana (beide im Gebiete
von Triesen gelegen) zu Lehen dem Walther von Wallis genannt Rötti-
ner und dem Johann von Wallis genannt Aier und ihren Frauen und
Kindern und allen ihren Erben nach der Gewohnheit wie die Walliser
in Davos ihre Lehen innehaben .» Die gleiche Meinung vertrat Büchel
auch 1928 im Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein S. 121 — 136
und nach ihm P. Zinsli, Walser Volkstum (1968) S. 37. — Die Meinung,
dass «Aier» im vorliegenden Stück einen Mann bezeichne und gar
einen Walser in so früher Zeit, lässt sich jedoch nicht halten. Der
Name «aier» steht in diesem knappen Verzeichnis, das die Besitzer-
namen fast durchwegs vermeidet, nicht nur unter Triesen dreimal,
sondern auch im Walgau dreimal, davon einmal in Thüringen. Je-
doch sogar an ganz anderer Stelle dieses Verzeichnisses (Wirtemberg.
Urkundenbuch Bd. 4 S. XXIII), die einen Ort im Vintschgau betrifft,
steht: «Item aier Uale iares» . Mit «aier» ist also lediglich das romani-
sche Wort für «ager» — verständlich in jeweils weitgehend noch roma-
nischen Gegenden mit infolgedessen mehrfach romanischen Gewährs-
leuten des Schreibers — eingeflossen. Es hat also zwischen 1269 und
1278 in Triesen keinen urkundlich erwiesenen Walser namens Aier
gegeben, auch keinen frühen Wanderzug der Walser nach Unterrätien.
Wohl aber erweist dieses Wort lebendige romanische Sprache in Trie-
sen im späten 13. Jahrhundert.
8 Tunbit unbestimmt.
9 In Saxe = «i Sax» Triesen nach Ospelt S. 94.
10 Kasals = Gasohl, Triesen nach Ospelt S. 44.
11 Galamatelle unbestimmt nach Ospelt S. 41, enthält sehr wahrschein-
lich den romanischen Personennamen Matelda = Mechthild.
12 kaum nach Ospelt S.84'Balzner Besitz im benachbarten Graubünden.
13 Nach Büchel, Geschichte der Pfarrei Triesen, Jahrbuch d. Hist. Vereins
f . d. F. Liechtenstein 1903 S. 136 Ritter Ulrich von Triesen, der 1273 -
1305 in den Urkunden vorkommt.
14 In Quadrat untergegangen nach Ospelt S. 86.
— 198 —
15 In Rufin = «in Ruf ina», Triesen nach Büchel, Geschichte der Pfarrei
Triesen, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1903 S. 20.
16 Subtus Quadralle, in Quadrella = «Quadrel la» nach Ospelt S. 86.
17 Gafgair abgegangen nach Ospelt S. 40.
18 Munturf abgegangen nach Ospelt S. 77.
19 Die Summe der Mutmäl ergibt 36'h.
20 Unbestimmt.
21 Montaios wohl Montaiol = «Montiola» ob Thüringen, Vorarlberg.
22 Walese identisch mit Walex, unbestimmt.
23 Unbestimmt.
24 Montiola ob Thüringen, Vorarlberg.
25 Pradrex unbestimmt.
26 Valpiler = «Fallpilern» (Thüringen) Urk. im Hauptstaatsarchiv Mün-
chen Weingarten n. 3747.
27 Unbestimmt, wohl in dem vorausgehenden Thüringen.
28 Pradesche unbestimmt, wohl = «Pradrex».
29 «Curtin de Vige» = Dorfgarten, vergl. Andrea Schorta, Rätisches Na-
menbuch Bd. 2 S. 102 (Gurtin mit Dorfnamen).
30 Nüziders, Vorarlberg.
31 Braz, Vorarlberg.
32 Bürs, Vorarlberg.
33 Hinweis auf das rätische Erbrecht.
34 Familienname Spachart in der Grafschaft Vaduz nach J. Ospelt,
Sammlung liechtensteinischer Familiennamen, Jahrbuch d. Hist. Vereins
f . d. F. Liechtenstein 1939 S. 110.
35 Triesen; die Unsicherheit bei diesem und anderen Namen deutet auf
einen fremden, des Landes unkundigen Schreiber.
36 Zaumberg bei Immenstadt LK Sonthofen.
167. Rothenburg,1 1274 April 6.
König Rudolf I. bekräftigt die (gefälschte) Urkunde Kaiser Fried-
richs I., in der dieser dem Kloster Weingarten die Rechte und Besitzun-
gen bestätigt, darunter nacheinander den Weingarten in Malans, den
Weingarten in Triesen, das Gut in Hargarten und Strauben
(«vineam in melances, Vineam intrisun. predium in hargarten. Strubi/
genbach»).
— 199 —
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 51 Kaiserselekt n. 92. —
Pergament 69,9 cm lang X 55,4, Plica 4,0 cm. — Sorgfältige Initiale über drei
Zeilen, Grossbuchstaben des Herrschernamens, sonst in der ersten Zeile nur in
R(egalis). — Siegel: An dicker, gezopfter, roter Seidenschnur, die durch zwei
Löcher der Plica gezogen und an deren unterem Rand geknüpft ist, in aufge-
rissener, rosaroter und grüngeränderter Seidenstoffhülle Siegel, vorne in eine
2 — 3 cm dicke wulstige Wachsmasse gedrückt, rund, 9,2 cm, gelbgrau, am Rand
beschädigt, thronender Herrscher mit Krone, Zepter und Reichsapfel, Umschrift:
RVDOLFUS DEI GRACIA. R O M A E X . S E M P E R A V G V S T V S . - Rückseite:
«Rvdolfus (Fortsetzung radiert, 14. Jahrh.); «Rudolphus Rex confirmat Priuile-
gium Friderici 1153 (auf Rasur) Monasterio Weingartensi Concessum dat. Roten-
burg octavo idus aprilis 1274» (16. Jahrh.); «L», «1274» (16. Jahrh.); «A.l .3.77»
(17. Jahrh.); «N:XII» (gestrichen, 17. Jahrh.); «6. April» (17. Jahrh.); «No. 12»
(gestrichen, 17. Jahrh.); «R.S.» (Blei, 19. Jahrh.); Zettel aufgeklebt: «A 1 a»
(19. Jahrh.).
I n s er t e im Hauptstaatsarchiv Stuttgart in den Urkunden Albrechts 1.
von 1299 März 17. und Heinrichs VII. von 1309 Mai 31.
Druck: Gerhard Hess, Prodromus Guelf. 83; Wirtemberg. Urkunden-
buch Bd. 2 S. 83 n. 350.
Regest: Krüger, Die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg und von
Werdenberg von Sargans (1887) n. 49 (ohne Nennung von Triesen); Perret,
Urkundenbuch d. südl. Teile d. Kantons St. Gallen Bd. 1 S.431 n. 619 (ohne
Nennung von Triesen).
1 Rothenburg ob d. Tauber B.
2 Rudolf 1.1273-1291.
3 Friedrich 1. 1152 - 1190.
4 Malans, Kr. Maienfeld, Graubünden.
5 Triesen, Liechtenstein.
6 Hargarten bei Bodnegg sö. von Ravensburg.
7 Strauben, Stadt Ravensburg.
168. Ravensburg, 1275 Juli 21.
Truchsess Eberhard von Waldburg1 schenkt dem Kloster Weingar-
ten zum Ersatz des ihm zugefügten auf 1000 Pfund Pfennig geschätzten
Schadens mit Einwilligung des Truchsess Bertold, seiner Schwestern und
ihrer Kinder zu Zell,2- Waldsee3 und Markdorf* Güter mit einem Ertrag
— 200 —
von zwölf Pfund Pfennig Konstanzer Münze zu Baienfurt5 zwei Mühlen
und zwei Höfe, ein Lehen zu Kehrenberg6 und zwei Mühlen zu Christans-
berg7 mit Zubehör, den Hof Scafhoven,8 Rottenheuser9 und den Hof
Widime,10 wobei er nur einem etwaigen ehelichen Sohn das Vogtrecht
aus diesen Gütern vorbehält. Zeugen: Graf Hugo von Werden-
b er g 1 1 Heinrich Schenk der Altere, Konrad und Hermann seine
Brüder (zu Schmalegg12 und Beienburg13) Rudolf von Sulzberg,1*
Friedrich Ritter vom Riet15 « . . R i t t e r v o n S c h e l l e n b e r g »
( « . . m i l e s de s c e l l e n b e r c » ) , 1 6 Albert, Ammann von Gadez,11
Hermann, Propst von Weingarten, Solomon, Friedrich Heller, Friedrich
Zuzeli, Friedrich und Heinrich Brüder genannt Wazen, Rudeger, Ritter
von Rosenharz16 Friedrich von Altdorf19 und viele andere. Es siegeln
das Kapitel der Konstanzer Kirche, Graf Rudolf von Montfort 2 0 der
Schwiegervater, Bertold von Rohrdorf21 der Onkel des Ausstellers,
Eberhard Ritter von Waldsee, Wolfgang von Zell, der Onkel des Aus-
stellers, der kein Siegel besitzt, mit jenem seines Vaters, die Brüder von
Markdorf und Truchsess Eberhard.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Kloster Weingarten B 515
n. 1683. — Pergament 20,6 cm lang X 28,0, Plica 2,8 cm. — Siegel — seit Bearbei-
tung im Wirtembergischen Urkundenbuch stark beschädigt: 1. (Konstanzer
Kirche) an Pergamentstreifen, spitzoval, 6,8 cm lang X 5,1, gelbrötlich, thro-
nende Muttergottes mit Kind. Umschrift: + SCA.MARIA.CONSTANTIENSIS.
ECCLESIE.MATRONA - 2. (Rudolf von Montfort) an Pergamentstreifen, stark
beschädigt, re. und Ii. abgebrochen, rund, ca. 6 cm, gelbgrau, Reiter mit Topf-
helm nach re. sprengend, in der Rechten am Fahnenstock befestigte Montforter-
fahne, am linken Arm Dreieckschild mit Montforterfahne, Pferdedecke mit
zweimal Montforterfahne, unter dem Ross laufender Bracke nach re., Umschrift:
S' R V D O L F S. M — 3. (Bertold v. Rohrdorf) an Pergamentstreifen bei-
derseits stark beschädigt, rund, ca. 6,2 cm, gelbgrau, Spitzovalschild mit drei
schreitenden Leoparden übereinander. Umschrift: APIFERI.DE . . . . ROR —
4. (Eberhard v. Waldsee) Pergamentstreifen leer. 5. (Wolfgang v. Waldsee)
Pergamentstreifen leer. 6. (Brüder von Markdorf) an Pergamentstreifen Siegel-
rest, rund, gelb, vier ganze und zwei angeschnittene Flügel eines Mühlrades,
Bruchstück beiliegend, Umschrift: + . V ANR — , auf dem Bruchstück: EMAR —
— 201 —
7. (Eberhard v. Waldburg) beiderseits beschädigt, rund, 5,2 cm, graugelb, Spitz-
ovalschild mit drei Leoparden übereinander, Umschrift: + S' EBIRHARDI.DE
W A L T P V R C H - Rückseite: «domini Eberhardi dapiferi de Walpurch super
dampnis illatis ipsi monasterio nostro». (14. Jahrh.); «in compensationem quorum
confert Bayerfürd, Christensberg, Cherenberg, Schafhofe, Widumb und Roten-
hausser cum omni sua Jurisdictione Anno 1275» (16. Jahrh.); «Litera Reuersal is»
(17. Jahrh.); «f. 1. n. 4 Vogte igüet ter Schlieren Ambts» (17. Jahrh.); «25 .7 .180»
(Bleistift 19. Jahrh.); «16S31» (blau, modern).
A b s c h r i f t des 15. Jahrhunderts im Hauptstaatsarchiv Stuttgart im
Kopialbuch H 14/15 n. 259 Kloster Weingarten Liber dapiferorum fol. 10a —IIa.
A b s c h r i f t des 17. Jahrhunderts im Hauptstaatsarchiv Stuttgart im
Kopialbuch H 14115 n. 261 Kloster Weingarten fol. 12.
A b s c h r i f t des 17. Jahrhunderts im Hauptstaatsarchiv Stuttgart im
Kopialbuch H 14115 n. 261 Kloster Weingarten fol. 123.
Druck : Wirttemberg. Urkundenbuch Bd. 7 S. 381, n. 2520.
Auszug: Vochezer, Geschichte des Hauses Waldburg Bd. 1 S. 302 f f . ;
Perret, Urkundenbuch d. südl. Teile d. Kantons St. Gallen Bd. 1 S. 446 n. 640.
1 Truchsess Eberhard von Waldburg (osö. Ravensburg), Schwiegersohn
Rudolfs von Montfort-Feldkirch.
2 wohl Oberzell, Gde. Taldorf sw. von Ravensburg.
3 Waldsee BW.
4 Markdorf nw. von Friedrichshafen.
5 Baienfurt nnö. von Ravensburg.
6 Kehrenberg Gde. Schlier osö. von Ravensburg.
7 Christasberg abgegangen Gde. Schlier osö. von Ravensburg.
8 unbestimmt.
9 Rottenheuser zwischen Gometsweiler (Grünkraut) und Kammerhof
(Bodnegg) Kr. Ravensburg.
10 Wideme unbestimmt, vielleicht Widdum bei Bodnegg so. von Ravens-
burg.
11 Hugo I. von Werdenberg, Sohn Rudolfs I. des ersten Werdenbergers,
Landrichter (judex provincialis) in Oberschwaben und Rätien, etwa
1270 — 1275 vormundschaftlicher Regent seiner Neffen, Grafen von
Werdenberg-Sargans.
12 Schmalegg nw. von Ravensburg.
13 Beienburg abgegangen bei Blitzenreute n. von Ravensburg.
14 Sulzberg bei Kempten.
15 Riet, Burg in Tannau, Stadt Tettnang.
— 202 —
16 Ritter von Schellenberg, vermutlich Marquard oder sein Bruder Ulrich,
beide Landvögte Rudolfs von Habsburg (1273 — 1291).
17 Unbestimmt.
18 Rosenharz Gde. Bodnegg sö. von Ravensburg.
19 Altdorf = Weingarten.
20 Rudolf von Montfort-Feldkirch f 1302.
21 Rohrdorf, Burg bei Messkirch, BW.
169. Ravensburg, 1279 November 19.
Hugo, Graf von Werdenberg,1 Landgraf von Ober-
schwaben gibt bekannt, dass «Marquard von Schellenberg2
zusammen mit seinem Bruder»3 ( « m a r q u a r d u s de S c e l l e n -
b e r c assumptis fratre suo») und S. von Tannenfels* Burkard von To-
bel,5 sowie H. von Bavendorf,6 den Rechtsstreit /'«actionem»^ den Fried-
rich und Konrad, die Söhne des Herrn Konrad Jenuz,7 Ritters zusammen
mit ihren Brüdern lange Zeit gegen den Konvent der Nonnen in Baindt8
für Rudolf, seine Ehefrau und Bertold seinen Bruder genannt von An-
kenreute® wegen eines Kaufs mit deren Vater betrieben, durch gütlichen
Spruch so entschieden, dass der Konvent von Baindt den vorgenannten
Brüdern drei Pfund Pfennige bezahlen soll, dieselben dagegen auf ihr
Recht an den genannten Leuten verzichten. Zeugen waren Heinrich
Schenk von Beienburg,10 Jakob Manstoc, Oswald Gerster, Ammann von
Ravensburg, H. Gerster sein Vetter, von Langensee,11 Her. Bunin, Bru-
der Konrad von Roggenbeuren12 und Bruder Heinrich Cerdo, Laien-
bruder von Baindt. Es siegeln Hugo von Werdenberg, Oswald,
Ammann von Ravensburg an Stelle des angekündigten «M. de S c e l -
1 e n b e r c » und die Stadtgemeinde Ravensburg.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 369 Kloster Baindt n. 3. —
Pergament 27,5 cm lang X 18,5, Plica 2 cm. — Verlängerter Anfangsbuchstabe
Es hängen an groben Hanf schnüren drei Siegel in aufgerissenen Leinensäckchen:
— 203 —
1. (Hugo v. Werdenberg) Bruchstück eines Reitersiegels (Mittelstück) 4,5 cm
lang, hellgelb, Reiter mit gezücktem Schwert nach l., Ross mit flatternden
Decken. 2. (Ammann Oswald) dreieckig, ca. 3,8 cm lang X 3,7, Spitze beschä-
digt, graugelb, Turm mit Tor, in der Spitze achtstrahliger Stern, Umschrift:
+ S' OSWALDI MIN IDE RAVES .VRC - 3. (Stadt Ravensburg) rund, 5,3 cm,
am Rand beschädigt, ziegelgelb, verschmiert, Torgewölbe, dahinter zwei Türme,
zwischen ihnen Spitzschild mit Kreuz, Umschrift: S VNIVERS . . ATIS D' RA-
VENSPVRC (Ligaturen). Rückseite: «Jenuzi mil i t is» (Anfang 14. Jahrh.); «wie
sich die edlen herren so begrifen sind in diesem brief sich veraint hont mit dem
gotshuse Bünd» (15. Jahrh.); «No 2 Anckenrüt i» (16. Jahrh.); «Dec is io amicabilis
inter Domini Conradi Jenutzi militis filios et Conuentum monialium in Biunde,
super hominibus in Anckenrüt in etc. de Anno 1279» (17. Jahrh.); «A. 1 Scatule»
(17. Jahrh.); «1279 K l xbribus» (17. Jahrh.); « N u m 2» (17. Jahrh.); « 1 9 . 1 8 . 4 .
Ankenr.» (19. Jahrh.); « 2 4 . 2 8 . 6 - 3 1 . 4 » (gestrichen, 19. Jahrh.); «19.8.4» (19.
Jahrh.); «3» (blau, modern).
Regest im Wirtembergischen Urkundenbuch Bd. 8 S. 189 n. 2914;
Büchel, Regesten zur Geschichte der Herren von Schellenberg V, Jahrbuch d.
Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1906 S. 71 n. 813 (nach Repertorium des
Klosters Baindt); Perret, Urkundenbuch d. südlichen Teile d. Kantons St. Gallen
Bd. 1 (1961) S. 481 n.705.
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 29.
1 Hugo I. von Werdenberg-Heiligenberg, Landrichter (judex provincialis)
König Rudolfs I. in Oberschwaben und Rätien, ehemals vormund-
schaftlicher Regent für seine Neffen, Grafen von Werdenberg-Sargans
f 1280.
2 Marquard von Schellenberg, urkundlich bis 1309 vorkommend, könig-
licher Landrichter. Über ihn Büchel, Geschichte der Herren von Schel-
lenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 28 — 50.
3 Ulrich von Schellenberg, urkundlich bis 1314 vorkommend, Landrichter.
Über ihn Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d.
Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 51.
4 Ritter von Tannenfels in Niederwangen, Gde. Wangen.
5 Ritter von Burg Tobel, Gde. Berg nnw. von Ravensburg.
6 Ritter von Bavendorf in Taldorf sw. von Ravensburg.
7 Konrad Jenuzus de Grabon nach Urkunde 1270 Dezember 2 (Wirtem-
berg. Urkundenbuch Bd. 8 S. 119) von der Burg Graben, Stadt Waldsee,
laut seines romanischen Namens (Johannes + Suffix -uceu) aus einer
offenbar aus Rätien ähnlich wie die Schellenberger ausgewanderten
Ritterfamilie.
8 Baindt nnö. von Ravensburg.
9 Ankenreute in Gaisbeuren, heute Stadt Waldsee. BW.
— 204 —
10 Ritter von Beienburg (Bigenburg) bei Blitzenreute Gde. Fronreute n. von
Ravensburg.
11 Langensee osö. von Tettnang.
12 Roggenbeuren bei Überlingen.
170. 1279 —1283
Das schwer verschuldete Kloster Weissenau1 entleiht von den
Rittern von Schellenberg2 10 Mark Silbers und gibt dafür
seine Besitzung Torkenweiler3 zum Pfand unter der Bedingung, die
Schuld innert zweieinhalb Jahren zurückzuzahlen.
Monasterium debebat magnum Summam: Ulis de Rafenspurga : /
De Nidegk:4 M i l i t i b u s de S c h e l l e n b e r g 2 Hohlbainen:5 /
Pregantinensibus : 6 Civibus in Constantia: Ulis de March-/ dorf : 7 Altorf.8
Überlingen: Pf Ullendorf. Illa Summa cur- / rebat ad Mille et quadra-
ginta Marcas: et Sexaginta Septem Libras: 3 Schilling: 10 Haller, Nota
Villas, Curias, et Parochias prostitutas.
. . . Dorkwiler M i l i t i b u s de S c h e l l e n b e r g pro decem Marcis,
duobus Annis, / et tertio dimidio recipiendis.
Idcirco praefatus Abbas,10 Sentiens magna debita, Prostitu- /tionem,
Paupertatem, efficitur inquietus, die noctuque labora- / vit pro Solu-
tione; et Restauratione Monasterii Semper vigilans / Emittens Collec-
tores cum Indulgentijs Ordinis : Anno Domini: / M : CC : LXXXjjj =
Übersetzung
Das Kloster schuldete eine grosse Summe: Jenen von Ravensburg,
von Neidegg,4 den R i t t e r n v o n S c h e l l e n b e r g , 2 den Holbain,5
den Bregenzern,6 den Bürgern in Konstanz, jenen von Markdorf,7 Alt-
dorf,8 Überlingen, Pfullendorf. Jene Summe belief sich auf 1040 Mark
und 76 Pfund 3 Schilling 10 Heller.
— 205 —
Merke die um Geld verpfändeten Dörfer, Höfe und Pfarreien:
. . . Torkenweiler den R i t t e r n v o n S c h e l l e n b e r g für zehn
Mark, in zweieinhalb Jahren wieder einzunehmen . . .
Darum mühte sich der vorgenannte Abt,1 0 der die grosse Schuld, Ver-
pfändung und Verarmung empfand und beunruhigt war, Tag und Nacht
um die Auslösung und Wiederaufrichtung des Klosters und unermüd-
lich schickte er die Sammler mit den Gnadenbriefen des Ordens aus,
im Jahre des Herrn 1283 . .
Eintrag im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 523 Kloster Weissenau. Hand-
schrift n. 1 Libri Praelatorum des Jakob Murer 1524 S. 279. — Papierblatt 32,4 cm
lang X 20,4, re. Rand 3,9 cm frei. — Handschrift in Ledereinband, auf dem
Rücken «Libri Prälatorum T O M I.» und (modern) «1» bezeichnet, innen (neben
Wappen und Porträt) «Liber Primus De Fundatore et Fundatione Augensis
Ecclesiae Sancti Petri Apostoli Item de Cooperatoribus tarn Spiritualibus quam
Saecularibus Collectore Reverendissimo et Amplissimo Domino Jacobo Murer
Ecclesiae Augensis Abbate Dignissimo anno MDXXIV.» mit 504 beschriebenen
Seiten; die letzten 12 Seiten leer; ist Abschrift aus dem 17. Jahrhundert des
Originals auf Schloss Zeil. —
A b s c h r i f t von 1685 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart in der selben
Handschrift. —
Zur Datierung: Nach S. 178 der Libri Praelatorum gehört dieser
Bericht über die Verschuldung des Klosters in die Regierungszeit des Abtes
Heinrich von Ankenreute, der danach im Jahre 1279 erwählt wurde. («Anno
Domini M C C L X X I X Electus fuit») Die Verpfändung des Gutes in Torkenweiler
an die Schellenberger erfolgte vor der Zeit) des Gnadenbriefes 1283. Heinrich
von Ankenreute resignierte nach fünfjähriger Regierung.
Zur Sache: Die Ritter von Schellenberg, Gefolgsleute König Rudolfs,
der Weissenau besonders protegierte und sich dabei der Schellenberger bediente,
gehörten nicht zu den Hauptgläubigern des Klosters. Die Schuld scheint eher
durch Dienstleistungen der Schellenberger entstanden sein.
1 Weissenau bei Ravensburg.
2 Es kommen die beiden Brüder Marquard und Ulrich, Landrichter und
Landvögte in Betracht.
3 Torkenweiler in Obereschach s. von Ravensburg.
4 Edle von Neidegg, der Burg bei Christazhofen nö. von Wangen BW.
5 Holbain, Patrizierfamilie in Ravensburg.
6 Die Grafen von Montfort-Bregenz.
7 Markdorf nw. von Friedrichshafen.
— 206 —
8 Altdorf, Teil von Weingarten.
9 Pfullendorf BW.
10 Heinrich von Ankenreute, 1284 von König Rudolf als Hofkaplan zu
sich berufen.
171. 1284 Dezember 6.
Heinrich Wavzo von Waldburg1 verkauft, von Schulden bedrückt,
mit Rat und Willen seines Bruders, des Ritters Friedrich das Gut genannt
zu Boummen2 bei Waldburg dem Abt und Konvent zu Weingarten um
19 Pfund 6 Schilling Konstanzer Pfennige. Auf seine Bitten siegeln
Marquard3 und Ulr i c h * Ritt e r und Brüder von Schel-
lenberg ( « M . et V I . m i l i t u m f r a t r u m de S c h e l l e n -
b e r c » ) sowie der Stadtrat von Ravensburg. Zeugen: Friedrich, Bruder
des Ausstellers und Bertold von Hindelang5 beide Ritter, dessen Bruder
Ulrich, F., Ammann von Ravensburg, Ungar, H. von Lindau.6
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, B 515 Kloster Weingarten
n. 1275. — Pergament' 17,4 cm lang X 26,6, mit zwei Löchern, Plica 1,6 cm. —
Altertümliche Schrift, römisch-rechtliche Formeln. — An drei in der Plica mit
Schlinge festgemachten Hanf schnüren hängen Siegel: 1. (Marquard von Schel-
lenberg) rund, 3,9 cm, gelbgrau, Spitzovalschild mit zwei Querbalken (Schild-
haupt und Mitte), Umschrift teilweise abgewetzt: + S M A R C V A R D I . . . . E L L E N -
BERC — 2. (Ulrich von Schellenberg) rund, 4,6 cm, Rand und Siegelfeld fast ganz
abgefallen, gelbgrau, Spitzovalschild mit zwei Querbalken (Schildhaupt und
Mitte), Umschrift: ESC BERCH + - 3. (Rat von Ravensburg) Rest eines
Rundsiegels: unterer Rand des blattverzierten Siegelfeldes. Rückseite: «littera
super curia quam emimus pro domino h. dicto W ä z z u n » (14. Jahrh.); «f. 2.»
(17. Jahrh.); «kaufbrief Hainrich von Waldtburg gegen dem Gottshaus Wein-
garten vmb das Guett zue Bommen bey Waldtburg Per 19 Pfund 6 Schilling
Pfennig» (17. Jahrh.); « B o m m e n 1284 S. Nicol. Schlierer Ambt N. 1.» (18. Jahrh.);
«53,23.145» (Tintenblei, 19. Jahrh.); «1275» (blau, modern).
Auszug im Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 8 S. 487 n. 3391.
1 Waldburg osö. von Ravensburg.
2 Bommen bei Waldburg.
— 207 —
3 Marquard von Schellenberg, königlicher Landrichter und Landvogt,
Mitbegründer der schellenbergischen Macht in Oberschwaben und der
Herrschaft Wasserburg.
4 Ulrich von Schellenberg, sein Bruder, königlicher Landrichter und
Landvogt, Begründer der Herrschaft Wasserburg. Über beide Büchel,
Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d.
F. Liechtenstein 1907 S. 28 — 52 (ohne Benützung dieser Urkunde).
5 Hindelang LK Sonthofen B.
6 Lindau im Bodensee.
172. Ravensburg, 1285 März 13.
Ein Streit zwischen dem Vogt Johann von Sumerau1 und Wernher
von Oberhofen um den Hof zu Oberhofen,2 der einst dem Herrn H.,
seligen von Ravensburg gehörte, wurde von dem klugen Mann Herrn
Marquard von Schellenberg3 («von dem witzigen man
herren M a r q u a r d e v o n S c h e l l e n b e r c h » ) gütlich dahin ge-
schlichtet, dass die Ehäfte des genannten Hofes dem Herrn Johann von
Sumerau gehören soll und dass sein Ammann da richten soll und was
er von Strafen erhält, davon soll er die Hälfte dem Wernher von Ober-
hofen geben. Zeugen sind Herr Marquard von Schellenberg
(«herre M a r q u a r t v o n S c h e l l e n b e r c h » ) , Johannes von Ring-
genburg* Simon von Tannenfels5 Herr Gunthaln, Herr S w i g g e r
von Schellenberg6 ( « S w i g g e r v o n S c h e l l e n b e r c h » ) ,
Herr H. von Schellenberg1 («H. v o n S c h e l l e n b e r c h » ) ,
H. der Vogt von Sumerau, Rüdiger der Böhain,s Huk von Zange9 Ulrich
und Liutold die Vögte von Sumerau, C. Götfrit, Ulrich Faber und andere
Leute genug. Es siegeln Marquard von Schellenberg, Johann
von Sumerau und Wernher von Oberhofen.
— 208 —
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 525 Kloster Weissenau
n. 1525. - Pergament, fleckig, 13,0 cm lang X 17,0, Plica 1,1 cm. - Initiale
über vier Zeilen. - Über dem Text: «V. Scrt. III. Fase. Nr. II lit .g.» (18. Jahrh.).
Es hängen an Hanf schnüren die in je zwei ausgeschnittene Löcher der Plica ge-
knüpft sind, drei Siegel: 1. (Marquard von Schellenberg) in aufgerissener Leder-
hülle, rund, 4,2 cm, am Rand re. abgebrochen, dunkelgraugelb, Spitzovalschild
mit zwei Querbalken (Schildhaupt und Mitte), Umschrift: + S'MARQVARDI.
D NBRC — 2. (Johann von Sumerau) rund, 3,7 cm, dunkelgraugelb, im
Siegelfeld Brackenrumpf nach re. mit Halsband, Umschrift: S. IOHANNIS. D E
SVMEROWE — 3. (Wernher v. Oberhofen) in zerrissener Lederhülle, in zwei
Stücke zerbrochen, beschädigt, grösseres Stück 3,4 cm X ca. 3,0, braungelb, drei-
eckiger Schild mit Lilie, Umschrift: + S.WERHERI.DE. .BRIHO.IN - Rückseite:
«oberhoff 1285» (16. Jahrh./; «Vergl ichs oder Spruchbrieff ein Ehäff te zue Ober-
houen betr. Fasciculi I BB Lad 14» (17. Jahrh.); «V Sect. III. Fase. Nr. II lit. g»
(18. Jahrh.); «26.15.154» (Blei, 19. Jahrh.); «Lade 14» (rot, 19. Jahrh.); « 1 8 3 2 -
1285 = 649» (Blei, 19. Jahrh.); «1525» (blau, modern).
A b s c h r i f t im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aus dem 19. Jahrhundert auf
Papier beiliegend.
Druck : Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 12 n. 3425.
Regest: Büchel, Regesten z. Geschichte der Herren von Schellenberg,
Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1901 S. 194 n. 42 mit Datum
25. April.
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1906 S. 53 - 54.
1 Summerau, Gde. Neukirch ö. von Friedrichshafen.
2 Oberhofen, Stadt Ravensburg.
3 Marquard von Schellenberg königlicher Landvogt, Mitbegründer der
Herrschaft Wasserburg. Uber ihn Büchel, Geschichte der Herren von
Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1906
S. 28 - 52.
4 Ringgenburg nw. von Ravensburg.
5 Tannenfels bei Heimenkirch, LK Lindau B.
6 Swigger von Schellenberg am Eschnerberg.
7 Heinrich I. von Schellenberg am Eschnerberg, sein Bruder, Gemahl der
Guta von Wolfurt. Sehr wahrscheinlich Begründer der schellenbergi-
schen Herrschaft Ummendorf, des ältesten schellenbergischen Stütz-
punktes in Oberschwaben. So auch Büchel, Geschichte d. Herren v.
Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 59.
8 Aus der Nebenlinie der Tumb von Neuburg?
9 Zange, Burg Gde. Bühl bei Immenstadt B.
— 209 —
173. Ravensburg, 1286 April 9.
Graf Hugo von Werdenberg1 übergibt mit Einverständnis seiner
ehrenwerten Gubernatoren Ulrich2 und Marquard3 von
Schellenberg, Brüder und Ritter («de consensu honora-
bilium virorum v l r i c i et M a r q u a r d i de S c h e l l e n b e r c h
f r a t r u m m i l i t u m nostrorum gubernatorum») dem Abt und Kon-
vent des Klosters Weissenau gewisse Güter zum Ersatz des Schadens,
den dasselbe angeblich erlitt, als ihnen sein Vater selig Hugo von
Werdenberg («pie memorie H u g o de W e r d e m b e r c h » ) ur-
kundlich Besitzungen ohne die dazugehörigen Leute verkaufte, auch
um des Seelenheils des Vaters willen, nämlich die Höfe genannt zer
Aich* zur Lachen,5 in Richlisreute,6 Edenhaus,1 Brunolzberch8 und
Gutenfurt9 unter der Bedingung, dass das Kloster die zu diesen Höfen
gehörigen Wälder nicht zum Verkauf, sondern nur zum Nutzen dersel-
ben Besitzungen zum Ausbessern der Häuser und zu allem anderen,
was diesen Besitzungen oder Bauern derselben nützlich ist, verwenden
lässt. Abt und Konvent versprechen die Jahrzeit des Vaters selig mit der
üblichen Messe für immer zu halten.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 523 Kloster Weissenau
n. 3963. — Pergament 18,1 cm lang X 45,2, Plica 2,3 cm. — Initialen in der
ersten Zeile, altertümliche Schrift. — Uber dem Text: «III Fase. Nr. 3 lit b»
(18. Jahrh.). Siegel: 1. (Hugo von Werdenberg) an braunen und grauen Hanf-
schüren, die in zwei in die Plica geschnittenen Löchern geschlungen sind,
Reitersiegel, rund, 5,5 cm, gelbgrau, am Rand beschädigt. Gepanzerter in Topf-
helm mit Schirmbrett im Schriftband, das Schwert gezückt und den Schild an
der Linken, nach Ii. sprengend, Ross mit flatternden Decken, auf denen vorne
und hinten Montforterfahne, Umschrift: + S COMIT. .HVG.NIS DE.WERD.
MBERC — 2. (Ulrich von Schellenberg) und 3. (Marquard von Schellenberg)
fehlen samt Pergamentstreifen. Rückseite: « D e curiis ze der aich,. ze der lachun
. .Büchelisrüti» (14. Jahrh.); «Hugo Comes de werdenbergt abbati et Conuentui
augie minoris donauit Curiam z ü der aich Curiam zu der lachen Curiam In
richtis rüti» (16. Jahrh.); «Curiam in Ö d e n h u s , Curiam in Brvnnolzberch, cu-
— 210 —
riam in Guttenfurt cum suis appenditiis ut anniuersarios dies in perpetuum per
se et suis celebraretur Anno 1286» (16. Jahrh.); «Aich lachen Pichlisrüti betref-
fende» (16. Jahrh.); «Lad 1. No 33» (17. Jahrh.); «408 III a» (rot, 18. Jahrh);
«III Fase. Nr. 3. lit. b» (18. Jahrh.); «26.11.364» (Blei, 19. Jahrh.); «3963» (blau,
modern).
Regest im Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 74 n. 3528; Büchel,
Regesten z .Geschichte d. Herren v. Schellenberg V, Jahrbuch d. Hist. Vereins
f . d. F. Liechtenstein 1906 S. 71 n. 814 (nach Wirtemberg. Urkundenbuch);
Perret, Urkundenbuch d. südl. Teile d. Kantons St. Gallen Bd. 2 S. 3 n. 762.
Erwähnt: Büchel, Geschichte d. Herren v. Schellenberg, Jahrbuch d.
Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 35.
1 Hugo IL von Werdenberg-Heiligenberg, urkundlich bis 1305.
2 Ulrich von Schellenberg, königlicher Landvogt.
3 Marquard von Schellenberg, königlicher Landvogt. Über sie Büchel,
Geschichte d. Herren v. Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d.
Liechtenstein 1907 S. 28 - 52.
4 zer Aich, Eschach, Ravensburg.
5 Lachen, Eschach, Ravensburg.
6 Richlisreute, Gde. Schlier osö. von Ravensburg.
7 Edenhaus in Eggenreute, Wangen BW.
8 Brunolzberch = Karrer, Eschach, Ravensburg.
9 Gutenfurt, Eschach, Ravensburg.
174. Ulm, 1286 Juli 6.
König Rudolf1 befiehlt den wackeren Männern, den Brüdern
Ulrich2 und Marquard'3 von Schellenberg, seinen lie-
ben Getreuen («Strenuis viris v l r i c o et M a ( r q u a r d o ) fratribus
de S c h e l l e n b e r g — dilectis fidelibus») das Kloster Weissenau in
seinem Besitz zu Eisenbach* und Manzell5 gegen ungerechte Eingriffe
(«iniuriosos insultus») zu schützen.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 51 Kaiserselekt n. 123,
früher Kloster Weissenau. — Pergament 12,6 cm lang X 24,0, Plica 2,5 cm, be-
schädigt, Stück oben re. weggerissen, Loch in der Plica. — Initiale, doppelt so
— 211 —
gross wie normale Schrift, teilweise verlängerte Schrift in der ersten Zeile. —
An grünen Seidenschnüren Siegel des Königs, beschädigt, Rand fehlt fast ganz,
rund, ca. 9,0 cm, braungelb, thronender Herrscher mit Zepter und Reichsapfel,
Umschrift: S. D E I . G R A . I A RO — Rückseite: «Rudolphus Rom. Rex mandat
Vlrico et Marquardo de Schellenberg ut Monasterium Contra iniuriosos insultus
tueantur Anno 1286» (17. Jahrh.); «3 te Ladt N 12» (17. Jahrh.); «123» (blau,
modern).
Druck: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 93 n. 3558. —
Übersetzung: Büchel, Regesten z. Geschichte d. Herren v. Schellen-
berg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1906 S. 71 n. 815 (nach
Wirlemberg. Urkundenbuch).
Erwähnt: Büchel, Geschichte d. Herren v. Schellenberg, Jahrbuch d.
Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 35; V. Ernst, Beschreibung des Ober-
amts Tettnang (1915) S. 843.
Bedeutung: Dieser Vorfall wurde durch das Eingreifen der Schellen-
berger zum Anlass für den Krieg zwischen den Montfortern und Habsburgern,
der den endgültigen Niedergang der montfortischen Macht einleitete.
1 Rudolf von Habsburg König 1273 - 1291.
2 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer der
schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
3 Marquard von Schellenberg, sein Bruder, Landvogt und Landrichter,
Mitbegründer der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg. Über
beide Büchel, Geschichte d. Herren v. Schellenberg, Jahrbuch d. Hist.
Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 28 - 52.
4 Eisenbach, Stadt Tettnang BW.
5 Manzell, Stadt Friedrichshafen BW.
6 Gemeint sind die Angriffe der Montforter offenbar zusammenhängend
mit der Verschuldung des Klosters.
175. 1287 April 17.
Ritter Heinrich von Neufrach1 verkauft seinen Hof in Becken-
weiler,2 dessen Baumann einst C. Witwensohn 3(«vidue filius») war und
den er von Ritter Heinrich von Hasenstein* erworben hatte, an Abt und
Konvent zu Weingarten um sechs Mark feinen und gesetzlichen Silbers.
Es siegeln mit dem Aussteller Hugo, Graf von Werdenberg5 und
— 212 —
Marquard, Ritter von Schellenberg6 ( « M . m i l i t i s de
S c h e 11 e n b e r c »). Zeugen: Ulrich von Schellenberg7
(VI. de S c e 11 e n b e r c »), Burchard von Tobel,9 Ulrich genannt
Wildeman, alle Ritter f«milites»J, Ortolf von Hasenweiler,9 Laie, F. der
Ammann von Ravensburg, Ammann Ber., genannt Pilgerin, F. von
Nördlingen und viele andere.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten
n. 956. — Pergament 11,9 cm lang X 22,5, Plica 2,8 cm. — Es hängen an Hanf-
schnüren, die in je zwei Löcher der Plica durchgezogen und mit Schlinge befe-
stigt sind, drei Siegel: 1. (Hugo von Werdenberg) zwei Reststücke eines Reiter-
siegels, rund, ca. 6 cm, graugelb, Reiter mit erhobenem Schwert nach Ii. spren-
gend, Helm mit aufgestecktem Schirmbrett im Schriftband. Umschrift abgewetzt:
+ S' . . . . S H V . . . . C — 2. (Marquard von Schellenberg) stark beschädigt, Rand
zur Hälfte fehlend, rund, ca. 4,3 cm, graugelb, Spitzovalschild mit zwei Quer-
balken (Schildhaupt und Mitte), Umschrift: abgewetzt: C I . D E S C H E . . . N B -
3. (Heinrich v. Neufrach) rund, 3,6 cm, am Rand beschädigt, graugelbrötlich,
Spitzovalschild, Bild abgewetzt, Umschrift: + S h . .CI D R O N - Rückseite:
«Litera domini hainrici dicti de N ü f r ü n pro curia in Bece lwi ler» (14. Jahrh.);
«betenwyler» (15. Jahrh.); «kouffbrieff f. 15» (lö.Jahrh.); « A n n o 1287» (17.
Jahrh.)'; « N . 3 Hassenweiler Ambt» (18. Jahrh.); «53 .20 .116» (19. Jahrh.); «956»
(blaui.modern).
Regest: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 132 n. 3628; Perret, Urkun-
denbuch d. südl. Teile d. Kantons St. Gallen Bd. 2S.9 n. 770.
1 Neufrach bei Überlingen BW.
2 Beckenweiler Gde. Horgenzell wnw. von Ravensburg.
3 Vorarlberger Familienname.
4 Ritterfamilie in Hasenweiler Gde. Horgenzell wnw. von Ravensburg.
5 Hugo II. von Werdenberg-Heiligenberg, urkundlich bis 1305.
6 Marquard von Schellenberg, königlicher Landvogt und Landrichter,
Mitbegründer der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
7 Ulrich von Schellenberg, königlicher Landvogt und Landrichter, Mit-
begründer der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg, dessen Siegel
der Bruder Marquard hier benützte. Über ihn Büchel, Geschichte der
Herren von Schellenberg, Jahrbuch d, Hist. Vereins f . d. F. Liechten-
stein 1907 S. 28 — 50 (ohne Benützung dieser Urkunde).
8 Tobel, Burg in Gde. Berg nnw. von Ravensburg.
9 Hasenweiler Gde. Horgenzell wnw. von Ravensburg.
176. 1287 Mai 30.
Peter von Legau1 verkauft Mechthild, die Frau des C. von Krähen-
berg2 samt ihren vier bis fetzt geborenen und den künftigen Kindern
dem Abt und Konvent von Weingarten für zweieinhalb Pfund Konstan-
zer Münze. Zum Zeugnis und zur Bekräftigung werden die Siegel der
wackeren Männer, des Ritters Herrn Marquards von Schel-
lenberg3 und des Herrn von Hohentann* («strenuorum virorum
domini M a r q u a r d i m i l i t i s de S c h e l l e m b e r c h /et domini
. . de Hohentanne») an der Urkunde befestigt.
Original im Hauptslaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten
n.2116. — Pergament 14,3 — 15,7 cm lang X 16,1, keine Plica. — Einfache Ini-
tiale. In der unteren Ecke «7». — Renuntiationsformeln. — Beide Siegel fehlen,
Pergamentstreifen, die von der Urkunde geschnitten 'und in ihr eingehängt sind,
vorhanden. Rückseite: «Litera de Leuuon» (14. Jahrh.); «de 1287 3. Kai, Junii»
(18. Jahrh.): «Weingarten Leibeigenschaft» (19. Jahrh.); «53 .32 .240» Blei, 19.
Jahrh.); «2116» (blau, modern).
Regest: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 136 n. 3636.
1 Legau LK Memmingen B.
2 Krähenberg, Leupolz, Wangen BW.
3 Marquard von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer
der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg. Über ihn Büchel, Ge-
schichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d.
F. Liechtenstein 1907 S. 28 — 50 (ohne Benützung dieser Urkunde).
4 Hohentann, Gde. Mutmannshofen LK Kempten B.
177. 1288 Oktober 28.
H. genannt Rufus von Fenken1 erneuert mit Zustimmung seines
Herrn, des Grafen Hugo von Montfort2 dem Kloster Weingarten die
Schenkung seines Hofes Fochenhüser bei Waldburg3 den er mit seiner
verstorbenen Frau Adelheid lange als ZAnslehen von dem Kloster inne-
gehabt hat. Er behält sich die Nutzniessung auf Lebenszeit vor und be-
stimmt, dass nach seinem Tod der Hof in das Sakristeiamt des Klosters
— 214 —
gehören und der Mesner von den Einkünften ein ewiges Licht in der
Marienkapelle daselbst unterhalten, den Rest zu ähnlichen Zwecken ver-
wenden solle. Um seiner Schulden willen verpfändet er den Nutzgenuss
des Hofes an das Kloster um 8 Pfund Konstanzer Pfennige, die ihm der
Schatzmeister ausbezahlt hat, bestimmt aber, falls er vor Befriedigung
des Klosters stirbt, dass seine Erben zu keinerlei Zahlung angehalten
werden dürfen. Die Frau des Ausstellers, Tochter des Schmieds Beser,
verzichtet auf alle Einsprache und bekennt, dass ihr der Hof weder als
Morgengabe noch als Widerlegung zugewiesen sei.
Es siegeln Graf Hugo von Montfort, Ritter Marquard von
Schellenberg* («M. m i l i t i s de S c e l l e n b e r c » ) und die
Stadt Ravensburg.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten
n. 1277. — Pergament 41,9 cm lang X 12,3, Plica 1,9 cm. — An langen weissen
Hanfschnüren, die durch je zwei Löcher der Plica gezogen und geknüpft sind,
hängen drei Siegel: 1. (Hugo von Montfort) fast dreieckig, 4,1 cm lang X 3,5,
ziegelgelb, Montforterfahne mit gleichlangen Teilen und mit je drei Fäden an-
gedeuteten Quasten, Umschrift: H V G O N I S . COMITIS DE MOTEFORTI -
2. (Marquard von Schellenberg) Bruchstück, rund, etwa 4,5 cm, ziegelgelb,
Spitzovalschild mit zwei Querbalken (Schildhaupt und Mitte beide gerautet),
Umschrift: SC . E L L E N . . R G — 3. (Stadt Ravensburg) Bruchstück, rund, etwa
5 cm, Spitzovalschild mit Kreuz, re. Teil eines Turmes, Umschrift: ENSPVR —
Rückseite: «littera super curia nobis data dicta V o h o h u s u m » (14. Jahrh.); «Curia
quae dicitur Vokenhausen prope Vualdburg offertur Monasterio cum obligatione
perpetuae lampadis in Capella S. Mariae Virginis habendae Actum 1288 28. Oc-
tobris» (16. Jahrh.); «No 19 ad fas. 19» (gestrichen, 17. Jahrh.); «Pfarr Altorff»
(gestrichen, 17. Jahrh.); «A. 1 .4 .112» (18. Jahrh.); «273» (18. Jahrh.); «53 .23 .145»
(Blei, 19. Jahrh.); «1277» (blau, modern).
Regest: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 235 n. 3785.
1 Fenken Gde. Schlier osö. von Ravensburg.
2 Hugo I. von Montfort-Tettnang.
3 Waldburg osö. von Ravensburg.
4 Marquard von Schellenberg, Landvogt und Landrichter. Über ihn Bü-
chel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins
f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 28 — 50 (ohne Benützung dieser Urkunde).
— 215 —
178. 1288 Dezember 17.
Wernher von Oberhofen1 verschreibt seiner Gemahlin Guota, ge-
nannt von Grünenfels2 seine Besitzungen in Oberhofen mit den dazu-
gehörigen Leuten die er vom Ritter Johann von Ringgenburg3 mit dem
Silber, das seine Gemahlin als Mitgift eingebracht, erworben hatte. Er
bekennt kein Recht zu haben, die Güter und Leute zu verkaufen oder zu
vertauschen ohne Zustimmung Guotas. Zeugen waren Ulrich von
Schellenberg4 («dominus V l r i c u s de S c h e l l e n b e r c h » ) ,
Ulrich von Königsegg? Rudolf von Tobel,6 Swigger von Sc h ei-
le nb e r g~ ( « S w i g e r u s de S c h e l l e n b e r c h » ) , Ulrich von
Tanne,8 H. von Bavendorf,9 H. von Schellenberg10 ( « H . de
S c h e l l e n b e r c h » ) , Bruder Hugo von Zange,11 alle Ritter, Diethoh
von Wennedach,12 T öl z er13 ( « T o e l l e n z a e r » ) , Ber. von Fron-
hofen,14 R. von Streitberg15 C . B a i e r von Schellenberg16
(« C. B a i e r de S c h e l l e n b e r c h » ) und viele andere vertrauens-
werte Leute. Es siegelten Ulrich von Schellenberg und der
Aussteller.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 525 Kloster Weissenau
n. 1526. — Pergament 13,8 cm lang X 21,1, keine Plica. — Bescheidene Initialen
der ersten und zweiten Zeile. — Siegel: 1. (Ulrich von Schellenberg) Pergament-
streifen, der von der Urkunde geschnitten ist, hängt in der Urkunde, Siegel
fehlt. 2. (Wernher v. Oberhofen) an Pergamentstreifen, der von der Urkunde
geschnitten ist, in zerrissener Lederhülle, dreieckig, 3,5 cm lang X oben 2,8 cm,
graugelb, Lilie, Umschrift: + S. WERhERI. D E . OBR.hO. .N - Rückseite: «super
curia jn Obernhouen» (15. Jahrh.); « Ins trumentum protestationis hanc Curiam
non vendendi aut permutandi Fasciculi I B. Lad 14» (17. Jahrh.); «25 .23 .154»
(Blei, 19. Jahrh.); «1526» (blau, modern).
A b s c h r i f t im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 14/15 Kloster Weissenau
n. 282 S.5 (18. Jahrh.).
Regest: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S.241 n.3795; Büchel, Re-
gesten z. Geschichte d. Herren v. Schellenberg V, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d.
F. Liechtenstein 1906 S. 71 n. 817 (nach Wirtemberg. Urkundenbuch) irrtümlich
auch n. 816.
— 216 —
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907, S. 36, 53.
1 Oberhofen, Eschach, Stadt Ravensburg.
2 Grünenfels unbestimmt.
3 Ringgenburg nw. von Ravensburg.
4 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer der
schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
5 Burg Königsegg, Gde. Guggenhausen nw. von Ravensburg.
6 Burg Tobel, Gde. Berg nnw. von Ravensburg.
7 Swigger von Schellenberg am Eschnerberg. Über ihn Büchel, Geschichte
der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liech-
tenstein 1907 S. 54.
8 Tann = Alttann, Gde. Wolf egg ssö. von Waldsee BW.
9 Bavendorf bei Taldorf sw. von Ravensburg.
10 Heinrich 1. von Schellenberg am Eschnerberg, erwarb den ersten Stütz-
punkt der Schellenberger in Oberschwaben, Ummendorf. Über ihn
Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist.
Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 54.
11 Burg in Gde. Bühl LK Sonthofen B.
12 Wennedach, Gde. Rheinstetten onö. von Biberach.
13 Tölzer von Schellenberg, Sohn Marquards des königlichen Landvogts
und Landrichters, Begründer der schellenbergischen Herrschaft Kiss-
legg. Uber ihn Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg,
III. Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1908 S. 5-8.
14 Fronhofen nw. von Ravensburg.
15 Streitberg, bei Tiefenbach sö. von Riedlingen BW.
16 Konrad Baier von Schellenberg erscheint nur hier in den Urkunden.
Über ihn Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d.
Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 36.
179. 1289 März 10.
Die Brüder Marquard1 und Ulrich,2 Ritt er von
Schellenberg ( « M a r q u a r d u s et V o l r i c u s f r a t r e s
m i / l i t e s de S c e l l e n b e r c » ) übernehmen auf Bitten des Abtes
und Konventes von Weingarten auf sechs Jahre lang die Vogtei über
vier Güter, genannt Huben in Ottershofen3 und eines in Reute* bei
— 217 —
Wangen gegen je ein Viertel Haber mit der Erklärung, dass sie von den
Bauern dieser Güter weder Steuer noch Herberge («necque stüiram vel
herbergam») oder eine andere Auflage verlangen werden, widrigenfalls
Weingarten jemand anderen zum Vogt machen kann. Auch dürfen sie
die Vogtei weder verkaufen noch verpfänden oder verleihen.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten
n. 603. — Pergament 15,6 cm lang X 17,1, Plica 1,8 — 2,3 cm. Es hängen an Hanf-
schnüren, die mit Schlingen in zwei Löchern der Plica befestigt sind, zwei Siegel:
1. (Ulrich von Schellenberg) Rest, graugelb, Stück des Spitzovalschildes mit zwei
Querbalken (Schildhaupt und Mitte). 2. (Marquard von Schellenberg) Rand stark
abgewetzt, rund, ca. 5 cm, graugelb, spitzer Spitzovalschild mit zwei Querbalken
(Schildhaupt [schmal] und Spitze), Umschrift: M A R C V A R (Ligaturen), Rückseite:
«Super Aduocaria in o thachershouen» (14. Jahrh.); «litera dominorum de Scel-
lenberch super aduocat ia» (14. Jahrh.); «Anno 1289» (17'. Jahrh.); «f. 17.» (17.
Jahrh.);«Maxquard vnd Virich von Nellenburg nemmen das Jus Aduocatiae über
des Gottshaus Weingarten 4 güetter zu Ottakershofen Vnd eins zu rütti bey
Wangen mit Inuermelter Condition an auf 6 Jahr 1289» (17. Jahrh.); «Bodnegg
9. 8 N. 9» (18. Jahrh.); «603» (blau, modern).
A b s c h r i f t im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 14/15 Kloster Weingarten
Kustereibuch S. 79.
A b s c h r i f t im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 14/15 Kloster Weingarten
n. 260 Vogteigüter.
Regest: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 267 n. 3839; Büchel, Re-
gesten zur Geschichte der Herren von Schellenberg V, Jahrbuch d. Hist. Vereins
f . d. F. Liechtenstein 1906 S. 72 n. 818 (nach Repertorium Weingarten im Haupt-
staatsarchiv Stuttgart).
1 Marquard von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer
der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
2 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter.
3 Ottershofen Gde. Grünkraut ssö. von Ravensburg.
4 Unbestimmt.
180. 1290 Februar 10.
Hartmann von Pfaffenweiler1 verkauft den Wald oder das Ge-
büsch Luss2 bei Kohlhaus3 um fünfeinhalb Pfund Konstanzer Pfennige
an Ulrich Ericius, einen Hörigen des Klosters Weingarten, der das Er-
worbene dem Kloster durch Schenkung überlässt. Es siegeln auf Bitten
Hartmanns die Brüder Marquard* und Ulrich von S chel -
l e nb e r g5 («fratres M . et V I . de Scellenberc»).
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten
n. 1093. — Pergament 12,1 cm lang X 20,7, Plica 2,3 cm. — Renuntiationsformel.
— An Pergamentstreifen Siegel der Brüder («Sigi l lum nostrum») , nur Rest mit
rings abgebrochenen Rändern, rund, gelbgrau, Spitzovalschild abgelöst beilie-
gend, mit zwei Querbalken (Mitte und Spitze). Rückseite: «litera hartmani de
phaf inwi lar» (14. Jahrh.); « A n n o 1294» (17. Jahrh.); «f. 8» (17. Jahrh.); «N. 8
Karseer A.» (18. Jahrh.); «53 .21 .129» (Blei, 19. Jahrh.); «1093» (blau, modern).
Regest: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 336 n. 3947.
1 Pfaffenweiler bei Amtzell wnw. von Wangen BW.
2 Luss, Karsee, Stadt Wangen.
3 Kohlhaus bei Waldburg wnw. von Wangen BW.
4 Marquard von Schellenberg, Landvogt und Landrichter.
5 Ulrich von Schellenberg sein Bruder, Landvogt und Landrichter. Über
beide Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d.
Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S.28 — 52 (ohne Benützung die-
ser Urkunde).
Ritter Friedrich vom Riet1 verkauft den oberen Hof in Siessen,2
auf welchem C. Spätthe sass und den der verstorbene H. von Hasen-
stein3 sein Schwiegersohn seiner Tochter zur Widerlage der Mitgift
übergab, dem Abt und Konvent von Weingarten für acht Pfund Pfennig
181. 1290 Oktober 23.
Konstanzer Münze. Zeugen: Die Brüder Ulrich* und Marquard5
— 219 —
von Schellenberg, Ritter («dominus V I R i c u s / et M a r -
q u a r d u s de S c h e l l e n b e r c h fratres milites»), Ulrich von Kö-
nigsegg, Wolfgang von Waldsee, Andreas Ritter von Lanquat,6 Ritter
Wal. von Mundeldingen,' Eberhard Truchsess von Warthausen8 und
viele andere. Ulrich von Schellenberg siegelt mit.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten
n. 957. — Pergament 21,4 cm lang X 15,2, Plica 1,3 cm. — An Hanfschnüren,
die in je zwei dreieckig ausgeschnittene Löcher der Plica gezogen und geknüpft
sind, hängen zwei Siegel: 1. (Friedrich vom Riet) spitzoval, abgestossener Rand,
4,0 cm lang X ca. 3,5, graugelb, im spitzovalen Siegelfeld aufgerichteter Löwe
mit erhobenem Schweif, Umschrift verwittert: + S' FRIDERICI. D . RI . . —
2. (Ulrich von Schellenberg) rund, 4,2 cm, stark beschädigt, Rand fehlt weit-
gehend, graugelb, Spitzovalschild mit zwei Querbalken (Mitte und Spitze), Um-
schrift: + S VLRI LL (Ligaturen). Rückseite: «3 .21 . KaufBrieff F: Von Riedt ge-
gen dem Gottshauss Weingarten vmb dess obere guett zue Süssen per 8 Pfund
1290» (17. Jahrh.); «khauffbrief f Anno 1290» (17. Jahrh.); « H a s e n w e i l A.» (18.
Jahrh.); «53 .20 .116» (19. Jahrh.); «957» (blau, modern).
Regest: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 392 n. 4025.
1 Friedrich vom Riet, massgebender Ministeriale in der Grafschaft Mont-
fort-Tettnang, von Riet, bei Tannau, Tettnang BW.
2 Stessen Gde. Hasenweiler Gde. Horgenzell wnw. von Ravensburg.
3 Hasenstein, Burg in Hasenweiler, Gde. Horgenzell wnw. von Ravens-
burg.
4 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer der
schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
5 Marquard von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer
der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
6 Burg Lanquart, Weingarten, belegt rätische Einwanderung parallel der
schellenbergischen.
7 Mundeldingen s. von Ehingen BW.
8 Warthausen n. von Biberach BW.
— 220 —
182. 1290 Oktober 23.
Heinrich der Vogt von Sumerau1 übergibt dem Kloster Wein-
garten die zwei Lehen in dem Schachen2 auf Bitten des damit von
Weingarten belehnten Ritters Heinrich Stambilaer, der sie dem Kloster
zur Abtragung seiner Schulden verkauft hat. Zeugen: Der Propst zu
Waldsee, Hiltebrand Ritter von Molbrechtshus,3 Ulrich Ritter von
Tanne* Her. Schado von Willis,5 Fr. von Nördlingen, Friedrich Holbain,
Ammann von Ravensburg, Fr. von Ankenreute,6 C. Wolf egger, Johann
Heller, H. von Altdorf,7 H. von Hosskirch.8 Es siegeln neben dem
Aussteller Ulrich9 und Marquard10 von Schellenberg
(« V 1 r i c i et M a r q u a r d i f r a t r u m de S c h e l l e n b e r c h »).
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten
n. 1468. — Pergament 18,1 cm lang X 17,2, Plica 1,0 cm. — Ganz einfache Initiale
über zwei Zeilen. — Vier, und abseits davon zwei weitere dreieckige Löcher aus
der Plica geschnitten, Pergamentstreifen und Siegel fehlen. Rückseite: «f. 18
Henricus Aduocatus de Sumerowe miles, proprietatem dominorum feodorum in
dem Schachen Monasterio S. Martini de Weingarten contulit et resignauit Anno
1290 X. Cal. Novembr i s» . (16. Jahrh.); «Schachen Zehendtambts disseits N. 1»
(um 1700); «53 .25 .163» (Blei, 19. Jahrh.); «1468» (blau, modern).
Regest: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 392 n. 4024.
1 Summerau, Gde. Neukirch ö. von Friedrichshafen.
2 Schachen bei Baindt, Ravensburg.
3 Molperthaus bei Wolf egg, ssö. von Waldsee.
4 Alttann bei Wolfegg ssö. von Waldsee.
5 Willis Gde. Dietmanns onö. von Waldsee.
6 Ankenreute bei Gaisbeuren, Stadt Waldsee.
7 Altdorf = Weingarten.
8 Hosskirch sw. Saulgau BW.
9 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer der
schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
10 Marquard von Schellenberg, sein Bruder, Landvogt und Landrichter,
Mitbegründer der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg. Über
beide Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d.
Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 28-52 (ohne Benützung die-
ser Urkunde).
— 221 —
183. 1291 Februar 24.
Ritter Johannes von Ringgenburg1 verzichtet auf Vorsprache der
wackeren Männer der Herren von Schellenberg2 («ad petitio-
nem Strennuorum virorum d o m i n o r u m de S c h e l l e n b e r c h » )
und anderer Ritter auf alle Ansprüche auf einen Hof zu Oberhofen3 und
und auf die Söhne des sogenannten Buoman, ihre Frauen und Kinder;
da Abt und Konvent des Klosters Weissenau all das von Jakob von
Heggeibach4 und seiner Frau Elisabeth, einst Witwe Wernhers von
Oberhofen gekauft hatten. Zeugen waren Marquard v o n Sehet-
l e nb e r g2 ( « M a r q u a r d u s de S c h e l l e n b e r c h » , ) , Symon
Ritter von Tannenfels,5 Ulrich und Hermann Brüder, Ritter von Mont-
fort6 («de monte forti»), H. Eberhard und C. Gebrüder, Ritter von
Sumerau,7 Jakob, Ritter von Helmsdorf,8 Ber., Ritter von Dabetswei-
ler,0 Walther von Heggelbach, C. und Eberhard von Moosheim,10 Ulrich
Faber (= Schmied), Schreiber von Ravensburg, C. Spilman, Brendr von
Lindau und der sogenannte Stete von Schellenberg11 ( « d i e -
tus Stete de s h e l l e n - / b e r c h » ) und viele andere. Die Urkunde
wird mit dem Siegel des Ausstellers und des Herrn Marquard von
Schellenberg («domini M a r q u a r d i de s h e l l e n b e r c h » j
bekräftigt.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 523 Kloster Weissenau
n. 1527. — Pergament 20,4 cm lang X 11,8, Plica 2 cm. — Über dem Text:
«739. III a.» und «III fasc. Nr. 3 lit c.» (18. Jahrh.). — An Hanfschnüren, die
durch je zwei geschnittene Löcher der Plica gezogen und geschlungen sind, in
zerrissenen Lederhüllen zwei Siegel: 1. (Johann v. Ringgenburg) dreieckig,
schwach oval, 5,5 cm lang X ca. 4,5, obere Ecke re. abgebrochen, ziegelgelb,
Mauer, von zwei hohen Türmen mit je drei Zinnen flankiert, darunter auf
Querleiste drei Sporenschnallen. Umschrift: + S' . . . . NIS . SEIOR . S . . . DE .
RIN C — 2. Marquard von Schellenberg) rund, 4,6 cm, ziegelgelb, am Rand
beschädigt, Spitzovalschild mit zwei Querbalken (Schildhaupt und Mitte), Um-
schrift: + S . M A R Q U A R D I . DE . SCHELLENBERC Stern. Rückseite: super curia
in oberhouen» (14. Jahrh.); «1291 (1286 gestrichen) Lad 14» (17. Jahrh.); «Re-
— 222 —
nuntiatio omnis iuris et actionis super Curiam in Obrenhouen» (17. Jahrh.);
«Fasciculi I. D» (18. Jahrh.); «1527» (blau, modern).
Ab s ehr if t des 18. Jahrhunderts im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 14115
Kloster Weissenau im Kopialbuch n. 282 S. 819.
Regest : Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 438 n. 4092; Büchel, Re-
gesten z. Geschichte d. Herren v. Schellenberg V, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d.
F. Liechtenstein 1906 S. 72 n. 819 (nach Repertorium Weissenau im Haupt-
staatsarchiv Stuttgart).
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 40.
1 Ringgenburg nw. von Ravensburg.
2 Offenbar Marquard und Ulrich von Schellenberg, die königlichen
Landvögte, hier wie früher Schutzherren des Klosters Weissenau.
3 Oberhofen, Eschach, Stadt Ravensburg.
4 Heggelbach, Herlazhofen Stadt Leutkirch BW.
5 Tannenfels, Niederwangen, Stadt Wangen.
6 Ministerialen der Montforter auf Burg Montfort bei Fraxern, Vorarlberg.
7 Summerau, Gde. Neukirch ö. von Friedrichshafen.
8 Burg Helmsdorf ö. von Immenstaad am Bodensee.
9 Danketsweiler, Gde. Horgenzell nw. von Ravensburg.
10 Moosheim, Gde. Amtzell wnw. von Wangen. Die Ritter von M. hatten
Flammenberg als Wappen wie rätische Familien. (Bergbau).
11 Stete, Übername eines Schellenbergers (einmaliges Vorkommen).
184. 1291 Februar 24.
Jakob von Heggelbach1 und seine Gemahlin Guota2 verkaufen
zur Entlastung von den Schulden ihren Hof in Oberhofen3 sowie die
Söhne des sogenannten Buman samt Frauen und Kindern dem Abt und
Konvent des Klosters Weissenau* um 21 Mark Silbers. Zeugen: Symon,
Ritter von Tannenfels5 H. der Meier, Fr. Holbain, Ammann zu Ravens-
burg, Hermann Regenolth, Ulrich Faber, der Schreiber, C. und Eberhard
Gebrüder von Mosheim,6 Wal. von Heggelbach, C. Spilman und andere
mehr. Die Urkunde wird von Ulr i ch von Schellenberg7
('«Sigillo domini VIR. de S c h e l l e n b e r c h »J und der Bürgerschaft
von Ravensburg gesiegelt.
— 223 —
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, B 523 Kloster Weissenau
n. 1528. - Pergament 18,2-19,3 cm lang X 16,5, keine Plica. - Über dem Text:
«738 III b» (rot, 18. Jahrh.) und «III fasc. Nr. 23. lit. O» (18. Jahrh.); - Einzelne
Initialen. — Römischrechtliche Renuntiationsformeln. — An Pergamentstreifen,
die von der Urkunde geschnitten sind Siegel: 1. (Ulrich von Schellenberg) fehlt.
2. (Ravensburg) in Leder eingenäht. Rückseite: «super curiam suam In ober-
houen et homin ibus» (14. Jahrh.); «1291» (17. Jahrh.); « Q u a m Jacobus Haeggeln-
bach pro 21 Marcis argenti vendidit Augiae minori» (17. Jahrh.); «Fasciculi I . C
Lad 14» (18. Jahrh.); «25'. 23 .54» (Bleistift, 19. Jahrh ); «1528» (blau, modern).
A b s c h r i f t des 18. Jahrhunderts im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 14/15
Kloster Weissenau im Kopialbuch n. 282 S. 6 — 7.
Regest: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 9 S. 439 n. 4093.
1 Heggelbach, Herlazhofen Stadt Leutkirch.
2 Da die Frau in der vorherigen Urkunde Elisabeth heisst, so muss der
Verkauf ohne lehensherrliche Einwilligung zu Lebzeiten der ersten
Frau geschehen sein.
3 Oberhofen, Eschach, Stadt Ravensburg.
4 Weissenau, Ravensburg.
5 Tannenfels, Niederwangen, Stadt Wangen BW.
6 Moosheim, Gde. Amtzell wnw. von Wangen BW.
7 Ulrich von Schellenberg, königlicher Landvogt und Landrichter, Mit-
begründer der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg. Über ihn
Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist.
Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 28 — 52 (ohne Benützung dieser
Urkunde).
185. 1293 März.
Heinrich, genannt der Wildeman von Wildenegge1 verkauft an
das Kloster Weingarten einen Hof beim Fluss Kanzach2 um 50 Mark
Silbers, was Marquard von Schellenberg3 ( « M a r q u a r -
dus de s c h e l l e n b e r c » / und Ortolf von Hasenweiler,4 die wacke-
ren Ritter /'«strenuis militibus»), der Ammann der Stadt Ravensburg und
andere Genannte, darunter Bürger von Altdorf5 bezeugen.
— 224 —
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten
n. 1563. - Pergament 18,5 cm lang X 26,5, Plica 2,4 cm. - Es hängen mit Schlin-
gen befestigte Hanfschnüre in je zwei Löchern der Plica. — Siegel: 1. (Marquard
von Schellenberg) fehlt. 2. (Ortolf von Hasenweiler), spitzoval, beschädigt,
4,2 cm lang X ca. 3 cm, gelbgrau, Siegelfläche abgewetzt, in Spitzovalschild ein
Mauerhaken. Umschrift fehlt. 3. (Ravensburg) rund, 5,1 cm, dunkelgelb, am
Rand beschädigt, in der Mitte Spitzovalschild mit Kreuz, Stadtmauer mit Tor,
flankiert von zinnengekrönten Türmen. Umschrift: + S' V N I V E R . . . . TIS
. D' RAVENSPVRC - 4. (Wildeman) Rest, spitzoval, ca. 4 cm lang, graugelb,
beinahe dreieckiger Spitzovalschild mit schrägliriks laufenden zwei Stangen?
Rückseite: «Litera h. dci W i l d e n m a n » (14. Jahrh.); «ex parte kanzach» 15.
Jahrh.); «f. 6 N. 9» (17. Jahrh.); «Anf 1293» (17. Jahrh.); «Kantzach» (18. Jahrh.);
«53.22/71» (Blei, 19. Jahrh.); «1563» (blau, modern).
Regest: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 10 S. 117 n. 4347. -
1 Wildenegg, Burg bei Weingarten.
2 Kanzach, Abfluss des Federsees zur Donau.
3 Marquard von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, urkundlich bis
1309 vorkommend. Über ihn Büchel, Geschichte der Herren von Schel-
lenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 28-52
(ohne Benützung dieser Urkunde).
4 Hasenweiler, Gde. Horgenzell wnw. Ravensburg.
5 Altdorf = Weingarten.
186. Heiligenberg, 1294 Januar 21.
Graf Hugo von Werdenberg1 verkauft mit Einwilligung seiner Ge-
mahlin Ofmia2 seine Höfe genannt Wiler3 und Hungersberg4 und ein
beim Orte Hungersberg gelegenes Gut an dem Flusse genannt Schüssen,
das er von dem sogenannten Torer kaufte, mit allen Rechten, darunter
dem Bann /«districtu»J dem Abt Rudolf und dem Konvent des Klosters
Weissenau5 um 23 Mark Silbers Ravensburger Gewicht, mit denen er
eine Schuld zahlte. Zeugen: Ulrich von Königsegg,6 Marquard von
Schellenberg1 f « M a r q u a r d o de S c h e l l e n b e r g e ») die
Ritter, Friedrich genannt von Nördlingen, Friedrich, Ammann von
— 225 —
Ravensburg, Konrad, genannt Wolfegger, Konrad genannt in der Gas-
sun, Konrad genannt Spilman, Hermann genannt Reginold, Bürger zu
Ravensburg und viele andere glaubwürdige hiezu berufene Zeugen.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, B 523 Kloster Weissenau
n. 3906. — Pergament 33, 6 cm lang X 25,4, Plica 4,1 cm. — Kleine Initiale. —
Römischrechtliche Renuntiationsformeln. — Zwei Siegel an zweifarbigen Stoff-
schnüren, die in je zwei in der Mitte der Plica geschnittene Löcher eingeführt
und geschlungen sind: 1. (Hugo von Werdenberg) verkehrt hängend, rund,
5,7 cm, hellbraun, re. Teil abgebrochen, im stark beschädigten Siegelfeld Reiter
nach re. mit Topfhelm und Schirmbrett im Schriftband, Schwert und Schild,
Umschrift: H V G O . IS . D E W . R - 2. (Ofmia) rund, 5,7 cm, gelbbraun, Rand
stark beschädigt, Risse und Ausbrüche, im rosettenverzierten Rautengitter sitzen-
de Frauengestalt in wallendem Gewand, einen Blütenzweig in der Rechten, auf
breitem Stuhl Fusspolster, Umschrift: + S OFMIE . V X . . . S . C O M . DE . WER-
DENBERC — Rückseite: «Werdenberg . . Wiler . . hungerisberch» (14. Jahrh.);
«werdenberg , Wiler vnd hungersperg» (16. Jahrh.); «Instrumenrum Emptionis in
quo Hugo Comes de werdenberg Curias Wiler et Hungersperg monasterio nostro
vendidit pro uiginti tribus argenti marcis Anno 1294» (17. Jahrh.); «Ladt A
3 C . H C E » (17. Jahrh.); «III Fase. Nr. 31. lit. G.«(18. Jahrh.); «xxxv 27. f. 31»
(Blei, 19. Jahrh.); « 2 6 . 1 0 . 3 5 8 Weiler» (Blei, 19. Jahrh.); «3906» (blau, modern).
Auszug: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 10 S. 213 n. 4484.
Regest: Neugart, Episcopatus 112 S. 383; Krüger, Die Grafen von
Werdenberg-Heiligenberg und von Werdenberg-Sargans (1887) S XII n. 109.
1 Hugo II. von Werdenberg-Heiligenberg, urkundlich bis 1305.
2 Ofmia von Orteriburg (Kärnten), seine Gemahlin.
3 Weiler in Ettenkirch, Stadt Friedrichshafen.
4 Hungersberg in Ettenkirch, Stadt Friedrichshafen.
5 Weissenau, Ravensburg.
6 Königsegg, Burg Gde. Guggenhausen nw. von Ravensburg.
7 Marquard von Schellenberg, königlicher Landvogt und Landrichter,
Mitbegründer der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg. Uber ihn
Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist.
Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 28 — 52 (ohne Benützung dieser,
Urkunde).
— 226 —
187. 1298 Juli 15.
Heinrich der Schenk von Ittendorf1 bekennt der Frau Mechthild,
Konrad Götfrids seligen Ehefrau von Ravensburg eine Schuld von 62
Pfund und 11 Schilling Konstanzer Münze, die von Graf Rudolf
von Werdenberg2 von einer Bürgschaft herrührt («vnde ist der
schade von dem selben gute aller komen von G r a u e n / R u d o l f
v o n W e r d e n b e r c von Burgeschaft»,). Er verspricht ihr als Teil-
zahlungen für 18 Pfund 12 Scheffel Kernen jährlichen Nutzen von der
Vogtei vom Kloster Hofen,3 dann das erste Drittel der Restsumme am
nächsten St. Martinstag, das zweite am nächsten Walpurgatag und das
dritte am folgenden St. Martinstag. Dies verbürgt er mit Heinrich dem
Schreiber von Kapelle und dem Mosritter von Ittendorf und mit Blödetin.
Erfolgt die Zahlung nicht zu den rechten Terminen, dann soll er oder
ein anderer Mann an seiner Statt in einem öffentlichen Weinhaus zu
Ravensburg bis zur völligen Bezahlung Leistung vollziehen. Stirbt einer
der Bürgen, so soll er in 14 Tagen einen anderen stellen; tut er das nicht,
so soll Frau Mechthild oder ihre Erben zwei Mann als Geisel einlegen,
bis es geschieht.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 458 Kloster Hofen n. 559. —
Pergament 16,9 cm lang X 13,9 —15,5, keine Plica, in der Mitte quergefaltet und
dann in Drittel gefaltet, fleckig. — Kleine Initiale. — An Pergamentstreifen, der
durch zwei Schnitte übereinander durchgezogen und von hinten schief durch
einen weiteren Schnitt daneben gezogen ist, Siegel des Ausstellers, rund, 4,0 cm,
weissgelblich, am Rand stark beschädigt, Spitzovalschild von Ranken eingefasst,
darauf Doppelhaken, Umschrift stark zerstört: + S H . . RICI EG.? Rück-
seite: «Anno 1298» (16. Jahrh.); «Houen» (16. Jahrh.); «No 22» (17. Jahrh.);
«N 41» (17. Jahrh.); «559» (blau, modern).
1 Ittendorf, Stadt Markdorf nw. von Friedrichshafen.
2 Graf Rudolf II. von Werdenberg-Sargans, Herrscher über Vaduz,
f nach 1322. — Das Stück beweist, dass der Graf damals ausserstande
war, alle seine Schulden zu bezahlen.
3 Kloster Hofen, Stadt Friedrichshafen.
— 227 —
188. Nürnberg, 1298 November 16.
Der Präzeptor des Deutschordens, Bruder Sifrid von Feuchtwan-
gen1 und der Johanniterprior für Oberdeutschland, Bruder Helwig von
Randersacker2 schlichten Streitigkeiten mit Einwilligung Gotfrids von
Hohenlohe,3 obersten Deutschmeisters und mit Rat Hermanns, genannt
Lesch, Provinzials in Franken, Bruder Wernhers von Lauterberg, Kom-
turs in Marburg, Bruder Engelhards, Schenk von Limburg* Komturs von
Hornegg,sBruder Theoderichs, Komturs in Koblenz, Bruder Heinrichs
von Bibelried6 Komturs in Heimbach" und Bruder Hugos von
Werdenberg9 Komturs in Bubikon9 und Wädenswil10 («fratris
h u g o n i s d e / w e r d e n b e r g commendatoris in Bübinkouen et in
w e d i s w i l e m j sowie Bruder Walther Schenks von Limburg, Kom-
turs in Hemmendorf11 und zwar über Rechte und Besitz zu Mergentheim,
Hornegg und Hornberg.12
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 352 Johanniterorden n. 222. —
Pergament 19,6 cm lang X 29,2, Plica 2,0 cm. — Zwei Siegel hängen an Perga-
mentstreifen: 1. (Präzeptor Sifrid) rund, 3,5 cm, stark beschädigt, vorne rot,
hinten graugelb, Muttergottes mit Kind und Lilie, Umschrift: + S . . . PTORIS
A L L E M A N N I E — 2. (Prior Helwig) rund, 3,9 cm, vorne rot, hinten graugelb, am
Rand beschädigt, im rankenverzierten Siegelfeld hl. Johannes barfuss in steifem
Gewand im Schriftband stehend, in der Linken Scheibe mit Lamm, darüber
Kreuz, Umschrift: +S' PRIO RA D O M hOSPITAL . FR . SVPIOR . A L E M A -
Rückseite: «litera concordiae inter dominum theutonicorum ex una et Johanni-
tes ex altera (16. Jahrh.); «Ein versta. . zwischen dem Teutschen orden . . J o -
hanniter» (17. Jahrh.); «Beweiss der Meister Teutsch Ordens in Teutschland,
dem Maister Joanniter Ordens auch in Teutschlandt similiter auch Jere diessen
den Joaniter Vorgangen: Item des Insigels H . H . Sifridi de Fichtewangen Meisters
Teutschen Ordens ferner dess H . H . Gottfrid von Hohenloch hochmeister H Her-
man genant Lesch Landt Comenthur der Bailei Frankhen H . Werenhers von
Luternberg Commenthur zu Marpurg notari H . Engelhard Schenck von Limburg
Commenthur zu Horneckh und all Teutschordens gewessen: similiter H . Burk-
kard von Tannenberg Commenthur zu Münnerstett vnd H . Joan zu Würtzburg
Commenthur zu Speyer anno 1298 notavi» (17. Jahrh.); « C o m p r o m i s s u m zwi-
schen herm Teutsch und hern Joanniter Meistern in Teutschlandt ad componen-
dum inter se suisque versus differentes» (17. Jahrh.); «29 .8 .76» (Blei, 19. Jahrh.);
«222» (blau, modern).
— 228 —
Druck: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 11 S. 175 n. 5183.
Regest: Hohenlohisches Urkundenbuch Bd. 1 S. 534 n. 728, 24; Perret,
Urkundenbuch d. südl. Teile d. Kantons St. Gallen Bd. 2 S. 82 n. 881.
1 Feuchtwangen, LK Ansbach B.
2 Randersacker bei Würzburg B.
3 Hohenlohe, von Burg Hohlach bei Uffenheim/Windsheim,
Mittelfranken B.
4 Limburg, Schwabisch-Hall BW.
5 Hornegg nw. von Neckarsulm BW.
6 Bibelried über Kitzingen am Main B.
7 Heimbach, abgegangen bei Germersheim, Rheinpfalz.
8 Hugo HL von Werdenberg-Sargans, Sohn Hartmanns 1., Bruder Ru-
dolfs IL, Johanniterpräzeptor und Komtur zu Bubikon und Wädenswil.
9 Bubikon, Kt. Zürich.
10 Wädenswil, Kt. Zürich.
11 Hemmendorf s. von Rottenburg am Neckar.
12 Hornberg sw. von Calw BW.
189. Ravensburg, 1299 März 13.
König Albrecht1 schreibt den wackeren Männern Ulrich2 und
Marquard3 von Schellenberg, Gebrüdern, seinen lieben
Getreuen («Strennuis viris . V l r i c o , et M a r q u a r d o / fratribus,
de S c h e l l e n b e r c h , Dilectis fidelibus suis») er befehle ihnen, da
Abt und Konvent des Klosters Weissenau* in ihrer Machtlosigkeit seines
besonderen Schutzes bedürfen, sie in ihren Besitzungen zu Eisenbach5
und Amtzell6 gegen verbrecherische Angriffe feder Art zu schützen und
ihre Rechte mit Klugheit zu verteidigen.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 51 Kaiserselekt n. 160. —
Pergament 12,8 cm lang X 21,3, Plica 2,8 cm. — Initiale über sieben Zeilen. —
An rotgrünen Hanf schnüren, die durch zwei Löcher der Plica gezogen und am
untern Ende der Plica geknüpft sind, Siegel in aufgerissener Lederhülle, rund,
9,8 cm, dunkelgrün, beschädigt, zum Teil restauriert, Thronender Herrscher mit
Krone, Zepter und Reichsapfel, Umschrift: I ALBERTVS . D E I . GRACIA . RO-
— 229 —
M A N O . . M . RE VGVSTVS - Rückseite: «Litterae defensoriae Albern
Dei gra Rom Regis ad Strenuos Viros Vlricum et Marquardum fratres de Schel-
lenberg quibus firmiter et districte Mandat Abbatem et conuentum Augiense in
bonis Eisenbach et Amcell ut defendant et contra insultus iniuriosis quorum-
libet sagacites tueri studeant Datae sunt hae litterae Apud Ravenspurg, 3. Idus
Martii Indict. 12 Anno M . C C . nonagesimo nono Regni sui primo» (17. Jahrh.);
«3. teLadt n 15.» (17. Jahrh.); «1299» (17. Jahrh.); «160» (blau, modern).
A b s c h r i f t im Hauptstaatsarchiv Stuttgart im Kopialbuch H 14/15
Kloster Weissenau n. 276 S. 11.
Druck : Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 11 S. 216 n. 5239.
Regest: Böhmer, Regesten König Albrechts n. 150.
1 König Albrecht 1298 - 1308.
2 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter.
3 Marquard von Schellenberg, Landvogt und Landrichter. Über sie Büchel,
Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d.
F. Liechtenstein 1907 S. 28—52 (ohne Berücksichtigung dieser Urkunde).
4 Weissenau, Stadt Ravensburg.
5 Eisenbach, Stadt Tettnang.
6 Amtzell, wnw. von Wangen BW.
190. Konstanz, 1299 März 17.
König Albrecht1 bestätigt dem Kloster Weingarten eine ihm vor-
gelegte gefälschte Urkunde angeblich seines Vaters König Rudolf,2 in
der dieser eine angeblich von Kaiser Friedrich I.3 ausgestellte grosse
Schutzurkunde über den Besitz und die Privilegien des Klosters bekräf-
tigte. Zeugen waren die Bischöfe Heinrich von Konstanz, Landulf von
Brixen, Sifrid von Chur, Konrad der Abt von Kempten, Eberhard der
Hofkanzler, die hochachtbaren Männer ('«Spectabiles viri») Johann von
Schalun,4 Herr von Arles, Rudolf Graf von Montfort,5 Rudolf Gr a f
von Werdenberg6 Marquard1 und Ulrich8 Gebrüder
von Schellenberg ( « R u d o l f u s C o m e s de Werdern-
b e r c h . M a r q u a r d u s et v l r i c u s f r a t r e s de S c h e l l e m -
b e r c h ») und viele andere Vertrauenswürdige.
— 230 —
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 51 Kaiserselekt n. 162. —
Pergament 53,6 cm lang X 55,7, Plica 4,9 cm. — Initiale A über 16 Zeilen, auch
das L geht über drei Zeilen, ausserdem in Regalis, vereinzelt auch noch in der
5. und einmal in der 15. Zeile, verlängerte Buchstaben der ersten Zeile. — Ab-
grenzung durch Linien re. und Ii., Linierung auf der linken Seite oben. — Siegel
hängt an dicken rotweissen Seidenschnüren, die durch zwei Löcher der Plica
gezogen und an deren unteren Ende geknüpft sind. Monströse, beinahe halb-
kugelige Wachsmasse hinten an das Siegel gepickt und dieses hineingedrückt.
Siegel rund, 10,0 cm, graugelb, beschädigt, thronender Herrscher mit Krone,
Zepter und Reichsapfel. Umschrift: + ALBERTVS . D E I . G R A C . R O M A N O -
R V M . REX . SEMPER . A V G V S T V S - Rückseite: «Rex Albertus» (nahezu gleich-
zeitig); «1299» (16. Jahrh.); «1153/1299 Confirmatio Alberti Privilegiorum a
Friderico Romanorum Imperatore Monasterio Weingartensi 1153 Concessorum
datum Constantia decimo Sexto Calendas Aprilis 1299» (17. Martii später ange-
fügt, alles 17. Jahrh.); «1299» (17. Jahrh.); «Nr. 19 XIX, III» gestrichen (17.
Jahrh.); Zettel «A, b» aufgeklebt (17. Jahrh.); «A. 1. 4. 123» (18. Jahrh.); «K. S.»
(Blei, 19. Jahrh.); «162» (blau, modern).
Druck: Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 2 S. 431.
Regest: Büchel, Regesten z. Geschichte d. Herren v. Schellenberg, Jahr-
buch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1901 S. 202 n. 84 (nach Wirtemberg.
Urkundenbuch).
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 45; V. Ernst, Beschreibung des
Oberamts Tettnang (1915) S. 843.
1 König Albrecht 1. 1298 -1308.
2 König Rudolf I. 1291 -1298.
3 Kaiser Friedrich 1. 1152 -1190.
4 Johann von Schalun, aus Südfrankreich, nicht von der Burg Schalun
zwischen Schaan und Vaduz.
5 Rudolf von Montfort-Feldkirch f 1302.
6 Rudolf II. von Werdenberg-Sargans, Herrscher über Vaduz f nach 1322.
7 Marquard von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer
der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
8 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer der
schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
— 231 —
191. In der Kirche zu Ebersbach} 1300 September 29.
Kuno von Rüthi2 verkauft mit Zustimmung seiner Ehefrau zwei
Höfe zu Winnenden3 mit Zubehör der Äbtissin und dem Konvent des
Klosters Baindt* um 24 Mark Silbers. Die Urkunde wird gesiegelt mit
dem Siegel des Ausstellers und seiner Herren von Schellen-
berg, Herrn Marquards5 und Herrn Ulrichs5 ( '«mi-
ner h e r r o n v o n s c h e l l e n b e r c h , h e r r e n . . M a r k a r z - /
vnt h e r r e n . . W° l r i c h e z » ^ , des Johann von Ringgenburg6 und
Heinrichs von Lichtenfeld.1 Zeugen waren Heinrich der Leutpriester von
Ebersbach, Sintpreth, Leutpriester zu Aulendorf,8 Alber von Ringgenwei-
ler,9 Ulrich der Ordenar, Konrad Bi dem Bach, Wimar von Sclegewidon,
Bruder Heinrich der Kaufmann, Bruder Konrad von Roggenbeuren,10
Bruder Hermann von Atzenberg11 Konrad der Murar, Brüder zu Baindt.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 369 Kloster Baindt n. 257. —
Pergament 12,5 cm lang X 28,3, Plica 1,7 cm. — Initiale über fünf Zeilen. —
Es hängen an Hanfschnüren, die in je zwei Löchern der Plica geschlungen und
geknüpft sind, fünf Siegel, davon die ersten vier in Papierhüllen von Regesten:
1. (Konrad v. Rüthi) beinahe dreieckiges Spitzovalsiegel, 5,1 cm lang X 4,5,
beschädigt, mit Pasta behandelt, ziegelgelb, im rauten- und rosettenverzierten
Siegelfeld zwei gekreuzte Reuthauen. Umschrift: + S'CV DE R V I . . I —
2. (Ulrich von Schellenberg) rund, 4,9 cm, ziegelgelb (abgussbehandelt) am Rand
stark beschädigt, Spitzovalschild mit zwei Querbalken (Schildhaupt und Mitte),
Umschrift: + . SIGILLVM V L R I C I . DE . S BERCH — 3. (Marquard von
Schellenberg) rund, Rand teilweise abgebrochen, etwa 4,8 cm, ziegelgelb, Spitz-
ovalschild mit zwei Querbalken (Schildhaupt und Mitte), Umschrift: + S'
M A R Q A . . . DE . SCHEL . . B ' C Stern. - 4. (Johann v. Ringgenburg) beinahe
dreieckiges Spitzovalsiegel, 5,6 cm lang X etwa 4 cm, obere Ecke abgebrochen,
ziegelgelb (Abguss) zwei Türme mit drei Zinnen, Umschrift: +S' IOHANNIS .
MIL . DE RIGGEB . RC - 5. (Heinrich v. Lichtenfeld) rund, 4,2 cm, gelb, Ober-
fläche fast ganz abgewittert, Spitzovalschild undeutlich, Umschrift: C H T . . V E L —
Rückseite: « z w e n hofe ze w i n e n d e n » (14. Jahrh.); «wie die zwen höf ze Winen-
den Erkouf sind von Cüncz von Rüti» (14. Jahrh.); «Kün de rüthi» (14. Jahrh.);
«das Gottshauss hart die Zwen höff zu Winenden vmb 24 Marek Erkaufft 1300»
(16. Jahrh.); «W. 12 Num. 3» (17.Jahrh.); « 1 9 . 1 8 . 3 8 » (19. Jahrh.); «257» (blau
und mit Blei, modern).
— 232 —
Druck: "Wirtemberg. Urkundenbuch Bd. 11 S. 432 n. 5524.
1 Ebersbach so. von Saulgau BW.
2 Reute bei Esenhausen nw. von Ravensburg.
3 Winnenden, Gde. Ebersbach sö. von Saulgau BW.
4 Baindt nö. von Ravensburg.
5 Marquard und Ulrich von Schellenberg, Landvögte und Landrichter.
Über sie Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d.
Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 28 — 52 (ohne Benützung
dieser Urkunde).
6 Ringgenburg nw. von Ravensburg.
7 Lichtenfeld, Gde. Ebersbach sö. von Saulgau.
8 Aulendorf BW.
9 Ringgenweiler bei Togenweiler nw. von Ravensburg.
10 Roggenbeuren bei Überlingen am Bodensee.
11 Atzenberg, Gde. Ebersbach sö. von Salgau.
192. Ravensburg, 1301 April 29.
Marquard von Schellenberg1 teilt dem Magister
C. Pfefferhard, Propst zu St. Johann und Kanoniker in Konstanz, dem
Magister und Pfarrer zu St. Stephan in Konstanz, Walther Klokar sowie
dem Magister H. von St. Gallen mit, er habe im Streitfall zwischen Ritter
Ulrich von Wohmbrechts2 und dem Kloster Weingarten vor seinem
Bruder Ulrich vonSchellenberg3 seinem Sohn*
sowie seinen Brudersöhnen5 in Anwesenheit weiterer Zeugen
den von Wohmbrechts zum Verzicht auf seine Ansprüche bestimmt.
Honorabilibus viris Magistro C. Phefferhardo preposito Sancti Jo-
hannis et Canonico Ecclesie Constantiensis / Magistro .et. plebano Sancti
Stephani, Magistro walthero Clokario, et Magistro H. de Sancto Gal-/lo.
M. de Schellenberc senior, quicquid potest obsequii reverentie, uel
honoris, Notum sit uobis, / et omnibus quibus noscere fuerit oportunum,
causam quam dominus .VI. Miles de Wanbrehtes,2 Hono-/ rabilibus viris
— 233 —
domino, Abbati et Conuentui Monasterii in wingarten mouet, seu
mouere: intendit,/ per me, coram domino vi. 3 germano meo et filio
meo,4 et fratruelibus meis de Schellenberc,5 presen- / tibus domino de
Druhburc6 seniore, domino . . . de Hohentanne,7 domino Ortolfo ze
Hasenwiller,8 domino / Gerlacho de Sigmarshoven,9 domino Ber. de
Tobel10 domino H. et B. fratribus de Ebersberc11 domino f. / dicto Bren-
ner,12 domino Her. et vi. dictis Wildelüte, 1 3 domino Johanne dicto
Surge,14 et domino Manstokko Mi / litibus, Johanne Dapifero de Walt-
burc,15 et. C. de Marhtorf,16 et pluribus aliis Fide dignis, discussam,/ et
per conpositionem amicabilem penirus sedatam, et prefatus Miles domi-
nus VI. de Wanbrehtes uoluntarie, non / ui, nec metu conpulsus renun-
tiauit omni iuri, et actioni, si quid, uel que sibi, aut heredibus suis, in /
Burchardo de Phaffenwiller17 et Nemore dicto Luz, 1 8 super quibus
questio uertebatur, conpetebat, uel conpe-/ tere uidebatur. Hanc deci-
sionem predicte cause et amicabilem conpositionem per me factam pro-
testor veram / uobis serie presentium nomine Juramenti. Et si opus
fuerit, Coram domino. Officiali uel coram uobis, ut que personis, tarn
in foro Ecclesiastico quam Ciuili iuramento interposito Fidem paratus
sum facere plenariam / de premissis. In quorum euidentiam proprium
Sigillum duxi presentibus apponendum. Datum et actum Rauen-/ spure,
in Curia Cünradi dicti Trollen Ciuis ibidem Anno domini M° CCC°
primo. tercio kal. Majj.
Übersetzung
Den ehrenwerten Herren, dem Magister C. Pfefferhard, Propst in
St. Johann und Kanoniker der Konstanzer Kirche, dem Magister und
Pfarrer zu St. Stephan, Magister Walther Klokar und dem Magister H.
von St. Gallen entbietet M a r q u a r d v o n S c h e l l e n b e r g 1 der
Ä l t e r e Dienst, Respekt und Hochachtung soviel ihm möglich. Gebe
Euch und allen, denen erwünscht ist, es zu wissen, bekannt, dass die
Streitsache, die der Herr Ulrich, Ritter von Wohmbrechts2 mit den
ehrenwerten Männern, dem Herrn Abt und dem Konvent des Klosters
Weingarten betreibt oder zu betreiben gedenkt, durch mich, vor dem
Herrn Ulrich,3 meinem Bruder und meinem Sohn4 und vor meinen
Brudersöhnen von Schellenberg5 in Gegenwart des alten Herrn von
Trauchburg,6 des Herrn von Hohentann,7 Herrn Ortolf von Hasenwei-
ler,8 Herrn Gerlach von Sigmarshofen,9 Herrn Ber. von Tobel,10 Herrn
— 234 —
H. und B. Gebrüder von Ebersberg,11 Herrn F. genannt Brenner,12 der
Herrn Her. und Ulrich genannt Wildenmann,13 des Herrn Johann ge-
nannt Sürg 1 4 und Herrn Manstock, sämtlich Rittern, vor Johann Truch-
sess von Waldburg15 und C. von Markdorf16 und vielen anderen Ver-
trauenswürdigen ausgemacht und durch freundlichen Vergleich ganz
aus der Welt geschafft ist; der genannte Ritter Herr Ulrich von Wohm-
brechts hat freiwillig, nicht durch Gewalt oder von Furcht getrieben auf
jeden Anspruch und Rechtsweg verzichtet, wenn ihm oder was ihm und
seinen Erben an Burkard von Pfaffenweiler17 und am Walde genannt
Luss18 — über welche der Streit ging — je gebührte oder zu gebühren
schien. Diese durch mich vollzogene Entscheidung des vorgenannten
Falles und freundschaftliche Lösung bezeuge ich Euch als wahr an
Eidesstatt mit Gegenwärtigem und wenn es nötig sein sollte, vor dem
Herrn Offizial oder offen vor Euch oder wem immer sowohl vor geist-
lichem wie weltlichen Gericht und bin bereit mit Eidschwur mich für
das Vorgesagte voll zu verbürgen. Zu dessen Sicherheit Hess ich dem
Gegenwärtigen mein eigenes Siegel beifügen. Gegeben und vollführt zu
Ravensburg, im Hofe Konrads genannt Troll, dortigen Bürgers im Jahre
des Herrn 1301 am 29. April.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten
n. 1102. — Pergament 12,0 cm lang X 18,7, keine Plica. — Zwei Siegel, von denen
in der Urkunde nur eines angekündigt ist: 1. (Marquard von Schellenberg) Per-
gamentstreifen, der von der Urkunde geschnitten ist abgerissen, Siegel fehlt.
2. (Ulrich von Schellenberg) an Pergamentstreifen, der von der Urkunde ge-
schnitten ist, hängt Mittelstück eines grossen Siegels (nach Verfärbung des Per-
gamentstreifens etwa 4,5 cm) graugelb, Spitzovalschild mit zwei Balken (Schild-
haupt und Mitte). Rückseite: «de ligno nomine luss» (14. Jahrh.); «f. 8» (16.
Jahrh.); « A n n o 1301 3.Cal.May» (17. Jahrh.); «N.lO.Karseer A.» (18. Jahrh.);
«1102» (blau, modern).
Regest: Büchel, Regesten z. Geschichte d. Herren v. Schellenberg V,
Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1906 S. 72 n. 820 (nach Reper-
iorium von Weingarten im Hauptstaatsarchiv Stuttgart).
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 46, 76.
1 Marquard von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer
der schellenbergischen Machtstellung in Oberschwaben, insbesondere
der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
2 Wohmbrechts, LK Lindau.
— 235 —
3 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Milbegründer der
schellenbergischen Machtstellung in Oberschwaben, insbesondere der
schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
4 Wohl Tölzer von Schellenberg, Begründer der schellenbergischen Herr-
schaft Kisslegg.
5 Marquard und Eglolf von Schellenberg-Wasserburg, Söhne Ulrichs.
6 Trauchburg, Gde. Wengen LK Kempten.
7 Hohentann, Gde. Mutmannshofen LK Kempten.
8 Hasenweiler, Gde. Horgenzell wnw. von Ravensburg.
9 Sigmarshofen, sö. von Ravensburg.
10 Tobel, Gde. Berg nnw. von Ravensburg.
11 Ebersberg, Burg osö. von Tettnang.
12 Von Amtzell, wnw. von Wangen BW.
13 Vielleicht von Spielberg, bei Schnetzenhausen w. von Tettnang.
14 Sürge von Sürgenstein, LK Lindau B.
15 Waldburg, osö. von Ravensburg.
16 Markdorf, nw. von Friedrichshafen.
17 Pfaffenweiler bei Amtzell, wnw. von Wangen BW.
18 Luss in Karsee, Stadt Wangen BW.
193. 1302 April 4.
Gottfried, Graf von Tübingen verkündet, er habe am St. Bartholo-
mäustag 1301 Stadt und Burg Tübingen samt allen Herrschaftsrechten
und Besitzungen dem Kloster Bebenhausen1 für 8200 Pfund Haller ver-
kauft. Da aber der Abt und Konvent sich der Wohltaten der Grafen von
Tübingen, seiner Vorgänger und ohne Zweifel Gründer des Klosters er-
innerten, gaben sie aus Gutherzigkeit, freiwillig, nicht durch das Recht
gezwungen alles wieder zurück, ausgenommen das Patronatsrecht der
Kirche Tübingen und die Herrenhöfe, genannt Fronhöfe, mit denen das
Patronatsrecht verbunden ist, wobei ausserdem viele Bedingungen fest-
gelegt wurden. Zur grösseren Sicherheit gibt der Graf dem Kloster Bür-
gen, nämlich die edlen Männer genannt Schärer von Tübingen,2 Albert
von Hohenberg,3 Rudolf von Werdenberg* ( « R ü d o l f v m
— 236 —
de w e r d e n b e r g » , ) , Egeno von Fürstenberg5 Heinrich von Eber-
stein6 Burkard von Hohenberg den Jüngeren, Ulrich von Schelklingen7
den Jüngeren, Konrad von Vaihingen,8 Otto von Zweibrücken9 Ulrich
von Asperg,10 alles Grafen und seine Blutsverwandten,11 dann Dieter,
genannt Herter, Rektor der Kirche von Waiblingen,12 Ulrich von Wähin-
gen,13 Otto von Wurmlingen,14 Johann von Schlatt,15 Swiger und Fried-
rich, Gebrüder, genannt von Rore,16 Heinrich von Estetten,17 Otto ge-
nannt Stöckeln, Konrad genannt Machtolf von Güsten,18 Heinrich ge-
nannt Lescher, Marquard von Altdorf19 Dietrich von Lustenau,20 Hein-
rich genannt Lescher, Andreas von Ulm, Rudeger genannt Bondorfer,
Schultheiss von Reutlingen21 Friedrich seinen Bruder, Eberhard genannt
Bähte, und Albert Valruos, Bürger zu Reutlingen, Konrad den älteren
Schultheiss in Weil,2,2 Konrad den Schultheiss und seine Söhne ge-
nannt der Rote und Dietrich, Heinrich den Schultheiss von Weissach
Bürger in Weil, Heinrich den Amman in Rotenburg,23 Eberhard den
Schultheiss in Calw,2* fetzt genannt Waithuser, Konrad genannt Tüvel,
Ulrich genannt Salzman, den Metzger Diemo, Rüdeger den Jungen und
Rüdeger genant Vehinger, Bürger in Calw, Rudolf den Vogt in Asperg.
Wird das Abkommen verletzt und mahnt der Anwalt des Klosters diese
Bürgen, dann haben sie acht Tage danach Geiselschaft zu leisten, dort,
wohin sie der Anwalt bestimmen wird. Bei den Grafen ist Ersatz mög-
lich und zwar durch einen Ritter oder sonst einen ehrbaren Mann mit
zwei Rossen.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 190 Grafen von Tübingen
n. 6. — Pergament 48,5 cm lang X 69,7, Plica 4,2 cm, unregelmässig, ab der Mitte
nach re. doppelt gefaltet. — Initiale in besonderer Ausführung über zehn Zeilen. —
Von den dreizehn Siegeln der Grafen und des Konstanzer Bischofs Heinrich hän-
gen zwölf an rot- oder (einmal) weissseidenen Schnüren, die durch zwei Löcher
der Plica durchgezogen und an ihrem unteren Ende geknüpft sind. Es fehlt das
sechste Siegel «Rvdolf i de / werdenberc» . Alle Siegel einheitlich auf dicker
— 237 —
Wachslage, lackiert. Rückseite: « R e e m p ü o oppidi Tuwingen et castri ibidem per
gottfridum Comitem de Tuwingen facta a monasterio nostro» (fast gleichzeitig);
«1302 T u w i n g e n » (fast gleichzeitig); «Ista litera est illorum de Bebenhusen»
(14. Jahrh.); «Ista litera est dicta de B e b e n h u s e n » (14. Jahrh.); «Emptio oppidi
tiiwingen et castri ibidem a gotfrido ad monasterium bebenhusen — Et eorundem
iterum venditio ipsi gotfrido anno 1302 T u w i n g e n » (lö.Jahrh.); «Literae Gotfridi
comitis de Tuwingen qualiter Reemerit a monasterio Bebenhusen oppidum et
Castrum Tuwingen cum omne suo dominio ex quo 9e sui haeredes et antecessores
predicto monasterio eo nomine obligant Nonas Aprilis 1303» (lö.Jahrh.); «Archiv
Tüb ingen Grafen Lad A 1 XI b (17. Jahrh.).
V idimus vom 1. März 1342 von Albert Graf von Hohenberg im Haupt-
staatsarchiv Stuttgart A 190 Grafen von Tübingen n. 14.
1 Bebenhausen, Stadt Tübingen.
2 Nebenlinie genannt nach Scheer a. Donau.
3 Hohenberg, Burg bei DeilingenlSpaichingen BW.
4 Rudolf II. von Werdenberg-Sargans, Herrscher über Vaduz f nach 1322.
5 Fürstenberg bei Hüfingen, Donaueschingen BW.
6 Eberstein, Burg bei Bietigheim nnw. von Ludwigsburg.
7 Schelklingen, Burg w. von Ulm.
8 Vaihingen, nw. von Stuttgart.
9 Zweibrücken, Pfalz.
10 Asperg, w. Ludwigsburg.
11 Dieser Hinweis t r i f f t auch bei Rudolf von Werdenberg-Sargans zu, wo-
mit die Herkunft der Werdenberger von Hugo von Tübingen-Montfort
(f um 1230) festgestellt wird.
12 Waiblingen, nö. von Stuttgart.
13 Wehingen, nnö. von Spaichingen BW.
14 Wurmlingen, nö. von Rottenburg am Neckar.
15 Schlatt, sö. von Göppingen.
16 Rohr, sw. von Stuttgart.
17 Ehestetten, sw. von Münsingen BW.
18 Gültstein bei Herrenberg BW.
19 Altdorf, s. Böblingen BW.
20 Lustnau Stadt Tübingen.
21 Reutlingen BW.
22 Weil der Stadt BW.
23 Rottenburg am Neckar.
24 Calw, im Schwarzwald.
— 238 —
194. Esslingen1 1302 Juni 19.
Abt und Konvent von Zwiefalten2 vereinbaren sich freundschaft-
lich mit Berchtold von Ehrenfels3 über ihren Streit, dass Berchtold auf
all sein Gut, Eigen und Lehen und auf alle seine Rechte zu Bechingen*
sowie auf alle Ansprüche an die Vogtei über die Güter des Klosters zu
Bechingen und zu Emeringen5 völlig verzichtet, gegen eine Zahlung von
85 Pfund Haller, zahlbar am nächsten St. Martinstag und eine weitere
Zahlung von 85 Pfund Haller, zahlbar am nächsten Weissen Sonntag.
Berchtold soll bis Weihnachten die Lehengüter bei den Lehenherren
fertigen. Tut er das nicht, dann soll das Kloster 26 Pfund Haller einbe-
halten, bis es geschieht. Kein Teil soll den anderen wegen des Streites
gerichtlich belangen. Graf Eberhard von Württemberg6 war bei diesem
Vergleich anwesend und er siegelt auf Ersuchen mit. Zeugen waren
Graf Eberhard von Landau,1 Heinrich von Eberstein8 Konrad von Liech-
tenberg? Swigger von Gundelfingen10 der Lange, Heinrich der Herzog
von Urslingen11 « h e r M a r q u a r t v o n S c h e l l e n b e r g » , 1 2
Walter von Mundeldingen,13 Berchtold von Eberhartsweiler1* Anshelm
von Justingen15 und andere ehrbare Leute genug.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 551 Kloster Zwiefalten
n. 264. — Italienisches Pergament 17,4 cm lang X 31,8, Plica 2,8 cm. — Siegel:
1. (Eberhard von Württemberg) Bruchstück, rund, etwa 6 cm, gelbbraun, drei
Hirschstangen übereinander. 2. (Zwiefalten) rund, 5,0 cm, braungelb, verwischt,
sitzende Muttergottes mit Kind, Umschrift: + SE . . . T V . MONASTERII DE -
ZWIEFE — 3. (Berchtold v. Ehrenfels) rund, 4,3 cm, braungelb, am Rand beschä-
digt, Spitzovalschild mit Zwillingsbalken schrägrechts, Umschrift: + S.BERh-
TOLDI . D E . . . . VELS — Rückseite: «Bech ingen vm die recht (?) von Berchtolten
von Erenfels erkofft vm hundert vnd lxx IIb.haller 1302» (15. Jahrh.); «No. 6
(gestrichen) 5 (schwarz, 16. Jahrh.); «264» (blau, modern).
1 Esslingen BW.
2 Zwiefalten, ssw. von Münsingen BW.
3 Burg Ehrenfels zu Hayingen, s. von Münsingen BW.
— 239 —
4 Bechingen, nnö. von Riedlingen a. Donau.
5 Emeringen, ssö. von Münsingen BW.
6 Eberhard von Württemberg 1279 —1325.
7 Landau, Burg bei Binzwangen, sw. von Riedlingen a. Donau.
8 Eberstein bei Bietigheim, nnw. von Ludwigsburg.
9 Liechtenberg, Burg in Oberstenfeld, nö. von Oberndorf BW.
10 Gundelfingen, s. von Münsingen BW.
11 Urslingen, Burg zu Epfendorf, s. von Oberndorf BW.
12 Marquard von Schellenberg, königlicher Landvogt und Landrichter.
Über ihn Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 28 — 52 (ohne Berücksichti-
gung dieser Urkunde).
13 Mundeldingen, s. von Ehingen BW.
14 Eberhartsweiler bei Welzheim BW.
15 Justingen, Burg osö. von Münsingen BW.
195. Ravensburg, 1302 Oktober 27.
Sigbot von Schönau1 und Ritter Friedrich genannt Brunner verkau-
fen die Güter zu Schirings2 mit dem Berg Willenberg zwischen den Gü-
tern Rehmoos3 und im Moos* sowie zwischen dem Gut Luppmans5 und
dem Hof Wüstenberg,6 mit Erlaubnis des Truchsessen Johann von Wald-
burg1 um 19 Pfund Pfennig Konstanzer Münze an das Kloster Weingar-
ten. Zeugen: Stadtammann Konrad, genannt Humpis, Konrad genannt
Troll, Konrad genannt Wolf egge, Konrad genannt Nadeler, Konrad ge-
nannt Sälzelin und andere Bürger mehr. Auf Bitten der Verkäufer sie-
geln neben Ritter Friedrich Marquard von Schellenberg9
C«Sigillis domini M a r q u a r d t de S c h e l l e n b e r k » ) Johann
Truchsess von Waldburg und die Bürgergemeinde Ravensburg.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten
n. 1106. — Italienisches Pergament 22,8 cm lang X 29,0, Plica 3,3 cm. — Kleinere
Löcher; ein Stück des unteren Plicarandes ist mit Faden geflickt. — Oberhalb
— 240 —
der Plica: «12.743» mit roter Tinte. — Römischrechtliche Renuntiationsformeln. —
An vier abgerissenen Hanfschnüren, die in dreieckigen Löchern mit Schlingen
festgemacht sind, fehlen die Siegel. Rückseite: «Kaufbrieff umb das guth zum
scherrings sambt dem Mil lenberg» (16..Jahrh.); «f.4.n.3» (17. Jahrh.); «Schirings»
(17. Jahrh.); «Dise güeter Seyen nit mehr beim Gozhaus sye sollen an hannsen
Schindelin zu Vnndern Reitnaw und an Hundtfiss zu AmptZeM khomen sein»
(17. Jahrh.); «biselingb.» (17. Jahrh.); «Ano 1302» (17.Jahrh.); «Karseer Ambt»
(18. Jahrh.); «No. 6a» (Blei, 18. Jahrh.); «1303» (Tintenstift, modern); «1106»
(blau, modern).
Zum Datum: «Secundo» der Jahreszahl steht auf Rasur; die Indiktion
passt zu 1303.
1 Schönau in Hoyern, Stadt Lindau.
2 Schirings, Gde. Amtzell sö. von Ravensburg.
3 Rehmoos unbestimmt.
4 Moos, Gde. Amtzell sö. von Ravensburg .
5 Luppmanns, Gde. Amtzell sö. von Ravensburg.
6 Wüstenberg, Gde. Amtzell nw. von Wangen BW.
7 Waldburg, osö. von Ravensburg.
8 Marquard von Schellenberg, Landvogt. Über ihn Büchel, Geschichte der
Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechten-
stein 1907 S. 28 — 52 (ohne Benützung dieser Urkunde).
196. Ulm, 1304 Juli 25.
König Albrecht1 erklärt, er habe dem Grafen Eberhard von
Württemberg2 die Gnade erwiesen, dass niemand von seinen Amtleuten
einen Beamten oder Untertanen des Grafen in den Dienst oder als Bür-
ger in eine Reichsstadt aufnehmen solle. Ist dies ohne Absicht doch ge-
schehen, soll das innert Monatsfrist rückgängig gemacht werden. Graf
Eberhard erhält ausserdem für seine Dienste und den Schaden, den er
dabei erlitten, 2000 Mark Silbers. Dafür setzt ihm Albrecht die Burg zu
Spitzenberg3 und die Stadt Kuchen* sowie die Vogtei über das Kloster zu
Lorch5 als Pfand, berechnet auf 200 Mark Silbers Einkünfte. Er setzt ein
Schiedsgericht über die Anstände zwischen ihm und dem Grafen: «Die
achtbaren und ehrbaren Männer («achber und erber manne») Graf
— 241 —
Burkard von Hohenberg,6 Marquard von Schellenberg7
f « M a r q u a r t e n v o n S c h e l l e m b e r . g » j und Wolfram vom
Stein,8 Ritter».
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 51 Kaiserselekt n. 186. —
Pergament 21,3 cm lang X 33,7, Plica 3,5 cm. — Grosse, verzierte Buchstaben
(WIR ALB), dann in der ersten Zeile bis fast zum Ende der Titulatur verlängerte
Schrift. — Siegel hängt (nur mehr untere Hälfte) an Pergamentstreifen, rund,
etwa 9,0 cm, graugelb, thronender Herrscher, Umschrift: G R A C I A . R O M REX —
Rückseite: «Jacobi 1304» (16. Jahrh.); «Als kön ig albrecht die herrschafft wirtem-
berg gefryet hat Ir mann diener vnd die Iren zu burger in kain Richstat vff z ü
niemen vnd als er versetzt hat spitzenberg («die bürg vnd» nachgetragen) die
stat zu kouchen vnd die vogty über das closter lorch» (16. Jahrh.); «litera titulo
-2- Mono -2 libro -1 fo. 19» (17. Jahrh.); «Archiv Privilegia Lad A. 1 Büschel
No. 9» (rot, 18. Jahrh.); «Jul. 25» (Blei, 19. Jahrh.); «82 Sei.» (19. Jahrh.); «186»
(blau, modern) Stempel des Hauptstaatsarchivs.
Regest: Lichnowsky, Geschichte des Hauses Habsburg Bd. 2 n. 450;
Büchel, Regesten z. Geschichte d. Herren v. Schellenberg, Jahrbuch d. Hist.
Vereins f . d. F. Liechtenstein 1901 S. 206 n. 99 (nach Lichnowsky).
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 47.
1 König Albrecht I. 1298 -1308.
2 Eberhard von Württemberg 1279 -1325.
3 Spitzenberg, Gde. Kuchen nw. von Geislingen.
4 Kuchen nw. von Geislingen.
5 Lorch ssö. von Welzheim BW.
6 Hohenberg, Burg bei Deilingen/Spaichingen BW.
7 Marquard von Schellenberg, Landvogt und Landrichter, Mitbegründer
der schellenbergischen Herrschaft Wasserburg.
8 Stein, Bez. Rheinfelden, Kt. Aargau.
197. Baindt,1 1307 April 16.
Bertha, Witwe Oswalds genannt Gerster, Ammanns zu Ravens-
burg schenkt die Einkünfte von drei Pfund Konstanzer Pfennige von
dem Hof genannt Forst,2 den Hof genannt Tobel,3 geschätzt auf Ein-
künfte von 5 Pfund und 10 Schilling Konstanzer Pfennige, den Wein-
— 242 —
garten zu Markdorf* der jährlich ein Pfund zinst und die Wiese genannt
«der inder obrahever» die 10 Schilling Pfennig der genannten Münze
zinst samt allem übrigen beweglichen und unbeweglichen Besitz in
Anwesenheit des wackeren und weisen Mannes Herrn Ulrich
des Älteren von Schellenberg5 Vogtes von Ober-
Schwaben, des Ritters f«presente etiam / Strenuo viro et prouido
domino V l r i c o s e n i o r e de S c h e l l e n b e r g , a d u o c a t o
S w e u i e s u p e r i o r i s , Milite,») der Äbtissin des Klosters in
Baindt und ihrem Konvent unter der Bedingung: wenn sie die vorge-
nannten Besitzungen samt Inventar drei Monate und sechs Tage nach
dem Landsbrauch besessen haben, sollen sie dieselben der Schenkerin
auf Lebenszeit für einen Zins von 400 Eiern jährlich auf Ostern ver-
leihen. Wird sie von einer oder mehreren ihrer Töchter Mia, Anna oder
Berta überlebt, sollen diese mit den Einkünften des vorgenannten Hofes
in Tobel und der vorgenannten Wiese in Kleidern und anderem Bedarf
versehen werden. Die Einkünfte des Hofes in Forst und des Weingartens
in Markdorf soll die Äbtissin für die Eier verwenden, die von Ostern bis
Kreuzerhöhung zweimal in der Woche dem Konvent des Klosters gege-
ben werden. Was an Geld und Geldeswert bei ihrem Tode vorhanden
ist, soll nach Abzug der Ausgaben für das Leichenbegängnis, Siebt,
Dreissigst und Jahrtag zum Ankauf von Besitzungen verwendet werden,
auch zur Nahrung für den Konvent für Eier oder wenn Überfluss an
Eiern herrscht, für Käse. Werden diese Bestimmungen nicht eingehalten,
fällt alles an das Kloster Salem. Hält sich Salem nicht an die Bedingun-
gen, sollen die Besitzungen an das Kloster Wald fallen. Zeugen waren
Nikolaus, Mönch in Salem, Friedrich, der Knabenlehrer in Ravensburg,
C. Humpis der Ammann von Ravensburg, C. genannt Nadeler, F. ge-
nannt Holbain, H. Stainhus, Meister Hermann phisicus, F. genannt Küss-
— 243 —
Pfenning, C. Sattler. Es siegeln Ulrich, Abt von Salem, Mechthildis Äb-
tissin in Baindt, « V i r i c u s de S c h e l l e n b e r g » und die Bürger-
gemeinde Ravensburg.
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 369 Kloster Baindt n. 230. —
Pergament 265 cm lang X 34,1, Plica 3 cm. — Auf der Plica «1307» (17. Jahrh.).
An Pergamentstreifen vier Siegel in Leinensäckchen eingenäht. Rückseite:
«bertha» (14. Jahrh.); «diss sint der ammenin brif» (14. Jahrh.); «Curia tobbel
;uria forst» (15. Jahrh.); «1307.16 Kl .May» (16. Jahrh.); «Der Hoff der Vorst
bey Marchdorff ist dem Gottshaus Baindt Ein gehändt ige t worden 1307» (17.
Jahrh.); darüber: «Forst ist nit mehr beym Gottshauss» (17. Jahrh.); «In gleichen
der hoff zu Tobel bey Rauenspurg Ain Weingarten ausser der Statt Marhdorff
gelegen Vnd die W ü s s der inder Obrahewer Num 5» (17. Jahrh.); «forst bey
Marhdorff 50» (17. Jahrh.); «A. 1307» (17. Jahrh.); «230» (blau, modern).
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 48.
1 Baindt, nö. von Ravensburg.
2 Forst bei Markdorf nw. von Friedrichshafen.
3 Tobel, Stadt Ravensburg.
4 Markdorf, nw. von Friedrichshafen.
5 Ulrich von Schellenberg, königlicher Landvogt, urkundlich bis 1314
vorkommend, Mitbegründer der schellenbergischen Macht in Ober-
schwaben.
198. 1308 April 8.
Ritter Eberhard, Vogt von Sumerau1 verkauft ein Gut zu Kerlen-
moos2 auf dem Bühel5 mit genannten Anstössern um 32 Pfund 5 Schil-
ling Pfennig Konstanzer Münze nach Brauch und Gewohnheit des Lan-
des an Abt und Konvent zu Weingarten. Gesiegelt mit dem Siegel des
«wackeren Ritters, Herrn Ulrich von Schellenberg»* («strenui
militis domini v l r i c i de S c h e l l e n b e r c h » ) .
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster "Weingarten
n. 608. - Pergament 14,7 cm lang X 23,5 - 24,6, Plica 1,9 cm. - Siegel: (Ulrich
von Schellenberg) an Pergamentstreifen, rund, unten stark beschädigt, ca. 5 cm,
— 244 —
braungrau, Spitzovalschild mit zwei Querbalken (Schildhaupt und Mitte), Um-
schrift: + SIGILLVM . . . . I C I . . . E N B E R C H - Rückseite: «KauffBrieff Eber-
hardts von Summerow gegen dem Gottshaus weingarthen vmb ein guett zue
Körfe lmoos auf dem büche l l genant mit Inuermelten z u e g e h ö r d e n , vmb 32 Pfund
5 Schil l ing» (17. Jahrh.): «No. 10 bodnegger ambt» und «8. April 1308» (17.
Jahrh.); «608» (blau, modern).
1 Summerau, Gde. Neukirch ö. von Friedrichshafen.
2 Kerlenmoos, Gde. Bodnegg sö. von Ravensburg.
3 Büchel, Gde. Bodnegg sö. von Ravensburg.
4 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter. Über ihn Büchel,
Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d.
F. Liechtenstein 1907 S. 28 — 52 (ohne Berücksichtigung dieser Urkunde).
199. Buchhorn,1 1309 Februar 7.
Hugo und Albert,2 Gebrüder, Grafen von Werdenberg verkaufen
mit Willen ihrer Mutter3 und im "Namen ihres abwesenden Bruders
Heinrich2 von schwerer unerträglicher Schuldenlast bedrückt, die ihnen
mit Geiseleinlagen wie Wucherzinsen bei Juden schweren Schaden ver-
ursacht hat, an den Abt Johann und den Konvent des Klosters Weissen-
au* nach öffentlicher Feilbietung ihre Besitzungen, nämlich das Dorf
Unteräschach5 mit allem ihrem Besitz, ebenso alle anderen Besitzungen
im Dorf oder Burgflecken («oppidonj genannt Celle6 beim Kloster Weis-
senau, nämlich den Oberen Hof, eine Hube genannt Siggenhube, eine
Seide,1 genannt das Forstlehen, Seiden genannt Zoken Seid, Bischofs
Seid, Zinsmaisters Seid, Haiders Seid, der Jegerinun Seid, Bekinun Seid,
des Wegmans Seid, Vögellis Seid, Mesenerinun Seid, Högesinun Seid,
die Hälfte des Patronatsrechtes in Celle, zwei Huben in Metzisweiler,8
zwei Huben in Reute/1 alle Besitzungen auf dem oberen und unteren
Berg beim Ort Celle, zu Ellenweiler 10 Niederweiler11 und Oberweiler12
samt den zugehörigen sogenannten Seinlehen und mit allen Rechten
— 245 —
und den Gerichten, die gewöhnlich Bünne und Twing genannt werden
für 304 Mark Silbers und einen Vierdung Konstanzer Gewicht und fünf
Schilling Konstanzer Münze. Zeugen: Friedrich, Abt von Weingarten,..
Propst des Klosters Hofen,13 der sogenannte Manstok und H. von Ibach,
Priester und Mönche zu Weingarten, Marquard von Schel-
lenberg der Ältere,111 Marquard der Jüngere von
Schellenberg15 sein N e f f e ( ' « M a r q u a r d o . de S c h e l -
l e n b e r c h s e n i o r e . m a r q u a r d o j u n i o r e de S c h e l l e n -
b e r c h p a t r u e l e s u o » j , Johann von Bödmen,16 Rudolf von Ror-
schach, Heinrich Schenk von Ittendorf 1 1 Peringer von Landenberg19
alle Ritter, Albert Schenk, Rektor der Kirche in Bermatingen,19 Heinrich
Schacher, Ulrich dessen Bruder,.... von Hohenfels,20 .. . der Sohn des
Vogts von Friedingen21 Konrad genannt Humpis, Ammann zu Ravens-
burg, Konrad genannt Wolfegger, Konrad genannt Trolle, Konrad ge-
nannt Nadeler, Heinrich genannt Götfrit, Otto und Johann die Brüder,
genannt Otten,.. genannt Fritel, Friedrich und Konrad die Brüder ge-
nannt Holbain, Hermann genannt Reginolt und seine Söhne Hermann
und Heinrich, Johann Blaser, Konrad genannt Sättilin, Konrad Selzlin,
Meister Hermann genannt Hüteier, Physikus, Friedrich genannt Küs-
pfenninc, Johann genannt Guldin, Schreiber22 der
wackeren Männer, des Herrn Ulrich23 und Marquard,
der Gebrüder von Schellenberg / ' « J o h a n n e d i c t o
g u l d i n n o t a r i o s t r e n u o r u m v i r o r u m d o m i n i v l r i c i
et M a r q u a r d i f r a t r u m de S c h e l l e n b e r c h » , Johann ge-
nannt Heller, Wernher genannt Götfrit, Jacob genannt Selzli, Bürgern
zu Ravensburg, Alwig, Ammann zu Buchhorn, Hermann genannt Mü-
ris,2i Konrad genannt Rihter, Konrad von Schnetzenhausen,25 Bürger zu
Buchhorn und vieler anderer Glaubwürdiger.
— 246 -
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 523 Kloster "Weissenau
n. 1533. — Pergament 45,4 cm lang X 48,6, Plica 5 cm. — An Hanfschnüren, die
durch je zwei geschnittene Löcher inmitten der Plica gezogen und geschlungen
sind, hängen drei Siegel: 1. (Ofmia von "Werdenberg) rund, 5,8 cm, braungelb, in
sehr gut erhaltenem, rankenverziertem Siegelfeld breiter Hochsitz, nach rück-
wärts durch Gitter abgegrenzt, Frau sitzend mit blühendem Zweig in der Rechten.
Umschrift: + S' O F M E . VXORIS . HVGONIS . C O M . DE . WERDENBERC - 2.
(Hugo von Werdenberg) in moderner Schachtel ausserordentlich schönes Reiter-
siegel, rund, 6,9 cm, gelbbraun, im rauten- und rosettenverzierten Siegelfeld,
Reiter auf Ross mit Füssen und Fahnenlanze bis durch das Schriftband, Busch
als Helmzier, Spitzovalschild mit Heiligenb•erger Stiege, am Bug des Rosses Spitz-
ovalschild mit Heiligenbergerstiege, au) der Pferdedecke rückwärts die Mont-
forterfahne, hinter dem Reiter sechsstrahliger Stern. Umschrift: + S' hVGONIS .
COMITIS . D E . WER-DINB-ERC-h - 3. (Albert von Werdenberg) rund, 3,8 cm,
braungelb, im von Rauten und Rosetten verzierten Siegelfeld zwei Spitzoval-
schilde nebeneinander, die sich berühren, re. mit Montforterfahne, Ii. Heiligen-
berger Stiege. Umschrift: + S'ALBERTI. COMITIS. D E . WERDENBER - (für
C kein Platz mehr). Rückseite: « Ins trumentum super Zelle et h ü b a r u m ibidem
et in der ruti super montibus superiori et inferiori in Elinswiler nider et ober-
wiler» (15.jahrh.); «14 Lad. Nr. 9. fol.» (17. Jahrh.); «III Fase. Nr. 16 lit C Instru-
mentum emptionis uille Eschach inferioris uille Zell hubarum Rütt in Elinwiler
Niderwiler et Oberwiller cum omnibus pertinentiis quas monasterio Augie mi-
noris vendiderunt Comites de Werdenberg pro trecentis et quatuor marcis argenti
Anno 1309» (17. Jahrh.); «243 Ill .b» (rot, 18. Jahrh.); «1533» blau, modern).
Druck: Perret, Urkundenbuch d. südlichen Teile d. Kantons St. Gallen
Bd. 2 S. 182 n. 1019.
Regest: Krüger, Die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg und von
Werdenberg-Sargans (1887) n. 152; Büchel, Regesten z. Geschichte d. Herren v.
Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1906 S. 72 n. 821
(nach Repertorium Weissenau im Hauptstaatsarchiv Stuttgart).
Erwähnt : Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 77.
1 Buchhorn, heute Friedrichshafen.
2 Hugo, Albert und Heinrich, Söhne Hugos 11. von Werdenberg-Heiligen-
berg.
3 Ofmia von Ortenburg-Werdenberg.
4 Weissenau, Stadt Ravensburg.
5 Untereschach, Stadt Ravensburg.
6. Oberzell, Stadt Ravensburg.
7 Kleines Bauerngut, im Gegensatz zur Hube.
8 Metzisweiler, Stadt Ravensburg.
— 247 —
9 Reute bei Oberzelt, Stadt Ravensburg.
10 Ellenweiler, Stadt Friedrichshafen.
11 Niederweiler, fetzt Renauer und Schaufel, Stadt Ravensburg.
12 Oberweiler, Stadt Ravensburg.
13 Hofen bei Friedrichshafen.
14 Marquard von Schellenberg, königlicher Landvogt und Landrichter, hier
zum letzten Mal erwähnt.
15 Marquard von Schellenberg-Wasserburg, Neffe des Vorigen,
Sohn Ulrichs.
16 Bodman am Bodensee.
17 Ittendorf, Stadt Markdorf nw. von Friedrichshafen.
18 Ritter von Altlandenberg Gde. Bauma Kt. Zürich.
19 Bermatingen, w. von Markdorf.
20 Hohenfels, Burg bei Sipplingen am Bodensee.
21 Friedingen, nö. von Tuttlingen an der Donau.
22 Guldin = Aureus, Schreiber der Schellenberger, auch nach n. 202.
23 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter.
24 Werdenbergischer Dienstmann, wie die Schellenberger aus Rätien aus-
gewandert (Murris, Gde. Wartau).
25 Schnetzenhausen, Stadt Friedrichshafen.
200. 1309 April 6.
Albert von Niefern, Komtur des Johanniterhauses in Rexingen1
und die übrigen Brüder dieses Hauses schlichten den zwischen den Bür-
gern von Horb2 entstandenen Streit wegen der Ausstattung eines durch
drei Brüder, den Schreiber Bertold, den Meier im Hof Heinrich, und
durch Sifrid gestifteten Altar und zwar so, dass Bertold seinen Besitz
in Rexingen und Ihlingen,3 Heinrich seine Leute und Güter in Rexingen
und Sifrid seinen Hof Felldorf* und die Leute in Rexingen dem genann-
ten Haus an den Altar geben, sodass aus diesen Besitzungen ein Priester
neben dem eigenen im Haus Rexingen Gottesdienst halten kann. Zeugen
waren Friedrich von Tunnenowe, Komtur des Hauses im Hemmendorf,5
— 248 —
Bruder Heinrich genannt Solre, Bruder Burkard von Pforzheim, Herr
Marquard von Dornstetten6 Herr Konrad genannt Zimmerer, ein Prie-
ster, Vogt Bilunger, Albert, Dankolf, Schultheiss in Horb, Berthold der
alte Schultheiss, Dankolf, Wernher von Altheim"' Friedrich genannt
Guet, Wernher Cocivetus, Bürger von Horb. Es siegeln Hu g o von
Werdenberg,8 Stellvertreter des Meisters für Ober-
deutschland / « H u g o de W e r d e n b e r g v i c e s g e r e n s
m a g i s t r i per s u p e r i o r e m A l e m a n n i a m » j und das Haus
Rexingen.
Regest im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 352 Johanniterorden Reperto-
rium Bd. I S. 330 nach einer (nicht auffindbaren} Rexinger Jahrgerichtsordnung
von 1596 fol. 329.
1 Rexingen bei Horb BW.
2 Horb am Neckar BW.
3 Ihlingen bei Horb.
4 Felldorf, sö. von Horb.
5 Hemmendorf, s. von Rottenburg am Neckar.
6 Dornstetten, ö. von Freudenstadt.
7 Altheim, nw. von Horb.
8 Hugo von Werdenberg-Sargans, Sohn Hartmanns 1-, Komtur des Johan-
niterordens zu Bubikon und Wädenswil.
201. Albeck,1 in der Vorburg, 1312 Januar 9.
Graf Rudolf von Werdenberg-Sargans2 f«Graue Rudolf von- Wer-
denberg»^ übergibt all sein Mannlehen und Eigen zu Munderkingen,3
Billenbrunnen* und Hüribach,5 das Konrad von Chännat zu rechtem
Lehen hatte — er selbst oder andere Leute von ihm — dem Propst und
Konvent von Marchtal.6 Zeugen waren Ulrich von Sax" /«vlrich von
Sa.x»), Ott von Bernstadt,8 Ulrich von Ems,9 Ritter, Ulrich von Stotzin-
gen10 Rüdger von Westernach11 und andere ehrbare Leute.
— 249 —
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 475 Kloster Marchtal n.175. —
Pergament 10,5 cm lang X 24,9, keine Plica. — Keine Initiale. — An Pergament-
Streifen, der von der Urkunde geschnitten und durch einen wagrechten Schnitt
in der Urkunde gezogen ist, nur mehr die 6 cm lange bräunliche Farbspur des
Siegels. Nach Repertorium B475 «Siegelrest abgegangen, jetzt: Schrank Nr .4039» .
— Rückseite: «Super feudis in Munderch ingen» (14. Jahrh.); «Aignung brieue
Etlicher lehen zu Munderkingen, billenbrunnen Vnnd hürenbach» (16. Jahrh.):
«Anno 1312» (lö.Jahrh.); «Circa 3. Regum» (17. Jahrh.); «9. Jan. 1312/nr.42»
(Blei, 19. Jahrh.); «22 .17 .45» (Blei, 19. Jahrh.); «175» (blau, modern).
1 Albeck, nö. von Ulm.
2 Rudolf II. von Werdenberg-Sargans, Herrscher über Vaduz f nach 1322.
3 Munderkingen an der Donau, sw. von Ehingen.
4 Billenbrunnen abgegangen, Stadt Munderkingen.
5 Hürbach, abgegangen, Stadt Munderkingen.
6 Marchtal, sw. von Ehingen.
7 Ulrich von Sax von Hohensax, w. von Sax, Bez. Werdenberg. Er war
im Gefolge Rudolfs von Werdenberg-Sargans.
8 Burg Bernstadt, nnö. von Ulm.
9 Ulrich von Ems, Vorarlberg, im Gefolge Rudolfs von Werdenberg-
Sargans.
10 Niederstotzingen, nö. von Ulm.
11 Westernach, ö. von Oehringen BW.
202. Ravensburg, 1314 Januar 29.
Ritter Ulrich von Pflegelberg1 und seine Söhne Konrad und Man-
gold werden in ihrem Streit mit Abt und Konvent des Klosters "Weis-
senau bei Ravensburg durch die wackeren und ehrbaren Männer, die
Ritter Ulrich von Schellenberg2 / « p r o b i s et ho -
nes t i s p e r s o n i s . . . v l r i c o , de S c h e l l e m b e r g » j , Hein-
rich von Rüti,3 Konrad genannt Humpis, Ammann zu Ravensburg, Kon-
rad genannt "Wolfegger und Konrad genannt Sälzli, die dortigen Bürger
zu einem Vergleich gebracht, und zwar wegen des Hofes in Senglingen,11
den Hermann Wanner baut und der zwischen dem Hof des Ramung,
bebaut von Heinrich Miner und dem Widum von Brochenzell5 liegt,
— 250 —
auch wegen der Steuer /«pensio seu precaria»,) an die Schwiegermutter
Ulrichs von Pflegelberg, Mechthild von Laubenberg.6 Ulrich von Pjlegel-
berg und seine Söhne verzichten gegen Zahlung von zwei Mark Silbers
Konstanzer Gewicht auf alle ihre Rechte. Zeugen waren Herr Heinrich
Schenk von Ittendorf,1 Herr T ö l z er von Schellenberg6
/ « d o m i n o T e l l e n t z e r i o , de S c h e l l e m b e r g » J beide Rit-
ter, der Prior von Weissenau, Wernher von Rosenharz9 Friedrich ge-
nannt Holbain, Johannes genannt Guldin (Aureus ),10
der Schreiber der Herren von Schellenberg / « N o t a -
r i u s d o m i n o r u m de S c h e l l e n b e r g » ) , Hermann genannt
Regenolt und andere Vertrauenswürdige. Auf Bitten siegelten neben den
Ausstellern die wackeren Männer, die Ritter, Ulrich und der
sogenannte Tellentzer von Schellenberg, /« S t r e -
n u o r u m v i r o r u m , d o m i n o r u m v l r i c i et d i c t i T e l -
l e n t z e r , m i l i t u m n j , die ofterwähnten Landvögte von Ober-
schwaben («sepedicti, Gubernatores Sweuie partis Superioris.»)
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 523 Kloster Weissenau
n. 1537. — Pergament 19,4 cm lang X 41,2, Plica, 4,3 cm. — Über dem Text:
«III Fase. Nr. 4. lit C» und «836 Il l .a» (rot, 18. Jahrh.). — Renuntiationsformeln
nach römischem Recht. — Es hängen fünf Siegel an Pergamentstreifen in je drei
Einschnitten, aus dem Rand der Plica, alle in zerrissenen Lederhüllen: 1. (Ulrich
von Pflegelberg) dreieckig, leicht spitzoval, 4,7 cm lang X 2,8, dunkelgraugelb,
Ständer mit zwei Dreschflegeln. Umschrift: + V. D E . P H L E G E L B E R C H -
2. (Konrad von Pflegelberg) rund, 3,5 cm, gelbgrau, Spitzovalschild, Ständer mit
zwei Dreschflegeln, an den Stöcken Ringe, Umschrift: + S . C V N R A D I . DE
PFLEGELBERCH — 3. (Mangold von Pflegelberg) rund, 4,6 cm, dunkelgrau, im
blumenverzierten Siegelfeld auf Spitzovalschild Ständer mit zwei Flegeln wie
bei 1., doch primitiver Ständer. Umschrift: + S. MANGODIS DE . . . BERG -
4. (Ulrich von Schellenberg) rund, 5 cm, gelbgrau, Spitzovalschild mit zwei
Querbalken (Schildhaupt und Mitte), Umschrift soweit sichtbar verwischt:
E L L E N B E R C H + — 5. (Tölzer von Schellenberg) rund, 4 c:n, gelbgrau, Spitzoval-
schild mit zwei Querbalken (Schildhaupt und Mitte), Umschrift: SCHELLE —
Rückseite: «de Sängl ingen» (14. Jahrh.); «Conpos i t io Vi militis de . . legelberch
ex parte Mahildis de lobenberch» (14. Jahrh.); « Q u o m o d o Vlricus miles de
pflegilberg Conradus et Schwigkerus filii per amicabilem compositionem renun-
— 251 —
ciaverunt liti et proprietati Curiam In Senglingen Ranguns et zerbrochen zell
et cessaverunt abbati et conventui augie maioris» (15. Jahrh.); «oblatis 2 marcis
argenti eidem Vinco Anno 1314» (15. Jahrh.); «Sengl ingen» (16. Jahrh.); «III
Fase. 4 lit C» (17. Jahrh.); «Fasciculi V E» (18. Jahrh.); «1537» (blau, modern).
A b s c h r i f t im Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 14115 Kloster Weissenau
Kopialbuch n. 282 S. 310 - 313.
Regest: Büchel, Regesten z. Geschichte d. Herren v. Schellenberg V,
Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1906 S. 72 n. 822 (nach Reperto-
rium Weissenau im Hauptstaatsarchiv Stuttgart).
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907 S. 51.
1 Pflegelberg, Burg bei Schomburg, Stadt Wangen.
2 Ulrich von Schellenberg, königlicher Landvogt und Landrichter.
3 Reute, Stadt Tettnang.
4 Senglingen, Gde. Meckenbeuren, nö. von Friedrichshafen.
5 Brochenzell, Gde. Meckenbeuren, nö. von Friedrichshafen.
6 Laubenberg, Burg bei Grünenbach LK Lindau.
7 Ittendorf, Stadt Markdorf, nw. Friedrichshafen.
8 Tölzer von Schellenberg, Landvogt, Sohn Marquards des Landvogts,
Begründer der schellenbergischen Herrschaft Kisslegg, entgegen Büchel,
Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d.
F. Liechtenstein 1908 S. 7 hier in der politisch bedeutenden Stellung
als «Gubernator» Oberschwabens.
9 Rosenharz, Gde. Bodnegg, sö. von Ravensburg.
10 Guldin = Aureus, Schreiber n. 199.
203. Zogenweiler,1 in des Pfaffen Haus, 1314 vor Juli 20.
Konrad zu Dabetsweiler2 verkauft an das Kloster Weingarten
sein Gut zu Blitzenreute,3 das Ulrich Marpach von ihm zu Lehen hatte,
um drei Mark lötigen Silbers, Konstanzer Gewäges. Als Bürgen setzt er
dem Gotteshaus Burkart und Philipp seine Brüder, Hugo von Zang4 und
Bilgri von Tobel.5 Zeugen waren Heinrich von Rüti,e Bilgri von Tobel,
Hermann Bibersee, Rudolf Galraif und andere ehrbare Leute genug. Es
siegeln Ulrich von Schellenberg,1 der Landvogt in Ober-
schwaben, / « V i r i c h v o n S c h e l - / l e n b e r c der Lantfogt in
Obroswaben»^, Konrad und sein Bruder Burkard von Danketsweiler.
— 252 —
Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 515 Kloster Weingarten n. 441. —
Pergament 9,5 cm lang X 23,2, keine Plica. — Drei Schnitte übereinander, von
derem obersten jeder der drei Pergamentstreifen unter den losgeschnittenen
Bändchen durchzieht. Siegel: 1. (Ulrich von Schellenberg) rund, 3,4 cm, am Rand
abgewetzt, weissgraugelb, spitzer Spitzovalschild mit zwei Querbalken (Schild-
haupt und Mitte), Umschrift: + S . VLRICI . D SChELLENBERC - (ER Ligatur).
2. (Konrad von Danketsweiler) rund, 3,8 cm, am Rand beschädigt, weissgrau-
gelb, fast dreieckiger Spitzschild mit Lilie, Umschrift: + . S. C V N R A D . DE .
D A N . . RSWILER — 3. (Burkard von Danketsweiler) rund, 4,0 cm, am Rand
beschädigt, 4,0 cm, weissgraugelb, Spitzovalschild mit Lilie, Umschrift:
+ S' B V R K A R D I . DE . DANCRATESWILER - Rückseite: «Khauffbrief Vmb
dass Blumers gut zu Blinzenreuthin von Conradt von Dankhrawiler gegen dem
Gottshaus Weingarten Anno 1314» (17. Jahrh.); «f. 5» (17. Jahrh.); «N. 1. Blizen-
reuthi Ambt» (17. Jahrh.).
Zum Datum: Da am 20. Juli 1314 (Urkunde n. 204) Ulrichs Sohn
Marquard als Landvogt erscheint, dürfte diese Urkunde vor diesen Zeitpunkt
gehören.
1 Zogenweiler, nw. von Ravensburg.
2 Danketsweiler, Gde. Horgenzell, wnw. von Ravensburg.
3 Blitzenreute, nnw. von Ravensburg.
4 Zang, Gde. Bühl LK Sonthofen B.
5 Tobel, Gde. Berg, nnw. von Ravensburg.
6 Reute bei Esenhausen, nw. von Ravensburg.
7 Ulrich von Schellenberg, Landvogt und Landrichter. Über ihn Büchel,
Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d.
F. Liechtenstein 1907 S. 28 — 52 (ohne Benützung dieser Urkunde).