Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1978) (78)

Einzelfällen vom Landrecht abweichend verfügt (vgl. insbesondere die Töchterverzichte). In dieser Zeit bestand das Hausrecht «aus einem Bündel einzelvertraglicher Regelungen, die immer nur für einen konkre- ten Fall vereinbart wurden»,-7 die sich mit der Zeit allerdings zu Ge- wohnheitsrecht, sog. Hausobservanzen,28 verdichten konnten. Die Haus- rechtsquellen dieser Zeit bilden zahlreiche Familienurkunden: Ehever- träge, väterliche Dispositionen, Teilungsverträge, Erbverzichte, usw. Im 14. Jahrhundert setzt die Bildung eigentlicher Hausgesetze ein.2'1 Diese sollen, über den konkreten Anlass hinaus (meist eine bevorste- hende Erbteilung), «ewig» gelten, d. h. es sind generell-abstrakte Nor- men, die für alle hausrechtlichen Verhältnisse der Zukunft gelten sollen.30 Die Bezeichnung als «Hausgesetz» oder «Familiengesetz» ist allerdings nicht die Regel und erst später anzutreffen. Die ersten «Hausgesetze», gelegentlich bereits Kodifikationen des gesamten Haus- rechts, erscheinen in der Form von Testamenten (mit agnatischer Zu- stimmung) oder Verträgen unter den Agnaten (sog. Erbeinigungen).31 Hausrecht ist somit der Inbegriff derjenigen Normen, die von mit bestimmten Herrschaftsrechten ausgestatteten Adelshäusern32 autonom gesetzt wurden mit dem Ziel, Macht und Ansehen des Hauses (splendor familiae) zu wahren und zu mehren.33 H. INHALT UND ZWECK DER ARBEIT Vorliegende Arbeit will die Entwicklung dieses adligen Sonder- rechts im fürstlichen Hause Liechtenstein anhand der wichtigsten Ur- kunden untersuchen. Art. 3 der geltenden Staatsverfassung von 1921 des Fürstentums Liechtenstein34 rechtfertigt, das Hauptaugenmerk auf die staatsrechtlich relevanten Teile des Hausrechtes zu richten, ohne aber die übrigen Teile gänzlich beiseitezulassen. Das Haus Liech- 27 Ulshöfer, Zollern, 19. 28 Heffter, 40; Schulze, Fürstenrecht, 1356. 29 Hübner, 109; Schulze, Fürstenrecht, 1356. 30 Ulshöfer, Zollern, 20. 31 Synonym: Erbvereinigung, Erbsunion. 32 Herrenstand, an dessen Spitze die reichsständischen Häuser; nach 1806 die souveränen und mediatisierten (Standesherren) Häuser. 33 Steger, 42. 34 Siehe hinten, Seite 116. 11
	        

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