Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

54Platz Dorothee: «Bringt klagbahr vor und ahn 
…» 
zahlen273 – eine recht strenge Strafe in Anbetracht der Tatsache, dass dem Verhältnis sogar eine Eheschliessung folgte, was in anderen Fällen nicht immer geschah. Eine solch harte Strafe war jedoch kein Einzelfall. Auch Jo- hannes Frick aus Mauren und seine Ehefrau274 so wie Christian Büchel aus Ruggell und seine Frau, Barbara Ender,275 mussten wegen vorehelichen Beischlafs und trotz anschliessender Eheschliessung jeweils zehn Pfund Pfennig Strafgeld bezahlen. In manchen Fällen wurden auch nur die Frauen be- straft, wie Barbara Strahlen, die eines unehelichen Ver- hältnisses mit Jakob Kaiser überführt wurde. Sie musste nicht nur vier Gulden Strafe bezahlen, sondern auch noch mit einer Halsgeige im öffentlichen Raum stehen.276 Maria Brendle, die sich «verschidenlich leichtfertig ver- mischt» hatte mit Hans Georg Mayer aus Rofaberg, musste sogar aufgrund eines Landesverweises die Herr- schaft Schellenberg verlassen. Mit diesem harten Urteil sollte ein Exempel statuiert werden.277 Vergleichsweise mild fiel dagegen das Urteil für Katharina Verling aus. Sie hatte ein uneheliches Kind zur Welt gebracht und wurde dafür «armuth halber» mit einer Strafzahlung von zwei Pfund Pfennig bestraft. Da sie jedoch auch diesen Betrag nicht aufbringen konnte, musste sie während des näch- sten Gottesdienstes mit einem Strohkranz auf dem Kopf vor St. Peter in Schaan stehen.278 Doch nicht nur ein aussereheliches Verhältnis stand unter Strafe, sondern auch die indirekte Beteiligung da- ran, beispielsweise durch Initiieren eines sexuellen Ver- hältnisses, wie die Anklage gegen Barbara Kieber aus Mauren belegt. Sie wurde wegen Kuppelei verurteilt und musste daher mit einer Halsgeige an einem öffentlichen Platz stehen. Ausser dieser Ehrenstrafe wurde ihr für den Wiederholungsfall der Landesverweis angedroht, was belegt, als was für eine schwerwiegende Untat Kuppelei zur damaligen Zeit galt.279 Diebstahl Wirtschaftliche Not und Hunger verleiteten dazu, sich auch innerhalb der Verwandtschaft zu bestehlen. So ver- klagte Jörg Dressel seinen Schwager, Jakob Wolf, weil dieser ihn nicht nur beleidigt hatte, sondern auch noch Käse und Brot bei ihm gestohlen hatte. Der Delinquent musste dafür zwei Reichstaler Strafe bezahlen.280 Gerade die Diebstähle von Lebensmitteln legen nahe, dass die Angeklagten Nahrungsmittel zum Überleben stahlen 
während Anna Maria Bühler mit einer Halsgeige und mit einem Strohkranz auf dem Kopf von Sonntag bis Diens- tag vor der Kirche in Triesen stehen musste. Aber auch die Eltern Dürr traf eine Mitschuld, insbesondere die Mutter «hieran große schuldt tragt, daß sie den Sohn und [die] magdt bey sammen in einer kahmmer für beständig liegen, undt nicht dem Sohn oder der magdt, wie vorher beschehn, in der stube oder an einem anderen ohrt bet- ten undt liegen laßen...». Nach Auffassung der Richten- den hatten die Eltern damit einem sexuellen Verhältnis Vorschub geleistet und wurden ebenfalls bestraft: Die Mutter musste 20 Taler bezahlen, der Vater zwei Pfund Pfennig und der an die Familie verliehene Torkel in Trie- sen wurde gepfändet.270 Ein bemerkenswertes Protokoll ist das der Anklage gegen Katharina Fehr, der Frau des Johannes Fehr. Ihr wurde Ehebruch vorgeworfen und der Verdacht geäus- sert, dass Katharina Fehr der Prostitution nachgehe – ein gravierender Vorwurf. Es mag Zufall sein, wenn auch ein höchst merkwürdiger, dass im Protokollband ausgerech- net die Folgeseite mit dem Urteil herausgerissen ist und es daher für die Nachwelt nicht mehr nachvollziehbar ist, wie sich dieser Fall weiter entwickelte.271 Georg Rheinberger, im Protokoll Jörg Rheinberger genannt, hatte sich damit gebrüstet, sowohl mit seiner Halbschwester, Anna Maria Rheinberger, als auch mit seiner Stiefmutter, Anna Maria Wolfinger, ein sexuelles Verhältnis gehabt zu haben. Die Stiefmutter nährte dieses Gerücht auch noch, indem sie es weiter verbreitete. Doch Anna Maria Rheinberger, erst zwölf Jahre alt, wehrte sich gerichtlich erfolgreich gegen das Gerücht, dass ihr Halb- bruder «mit ihr fleischlich sollte gesündiget haben» und es gelang ihr, ihre Ehre wieder herzustellen: Sowohl ihr Halbbruder als auch ihre Mutter mussten sich öffentlich bei ihr entschuldigen. Während Georg Rheinberger eine Strafzahlung von drei Pfund Pfennig zu leisten hatte, musste sich Anna Maria Wolfinger für ihre Missetat öf- fentlich vor der Kirche zur Schau stellen lassen.272 Auch wenn nach einem unehelichen sexuellen Ver- hältnis eine Eheschliessung erfolgte, waren die Beteili- gten damit keineswegs straffrei. Dies belegen zahlreiche Beispiele: Jost Nägele aus Gaissau hatte Maria Kaufmann aus Altstätten geheiratet, nachdem sie während ihrer ge- meinsamen Dienstzeit bei Franz Josef Schreiber in Bal- zers «fleischlich sich verfählet» hatten. Dennoch muss- ten beide Eheleute jeweils zehn Pfund Pfennig Strafe
	        

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