Volltext: Jahrbuch (2017) (116)

die ungeschminkten Aussagen des Amtsboten Johann 
Rheinberger, die seinen Ärger erregten und ihn mit zu 
seinem Verbot veranlassten. 
Wollte Menzinger mit der sofortigen Einziehung ei- 
nem zu erwartenden Tadel aus Wien zuvorkommen? 
Der Fürst selbst zeigte sich grosszügig und gab das 
Werk noch im Januar 1848, also zwei Monate vor der 
Märzrevolution frei. Bei den Behörden blieb die «Ge- 
schichte» aber ein ungeliebtes Buch bis ins 20. Jahrhun- 
dert hinein. Noch Carl von In der Maur suchte seine 
Verbreitung zu verhindern, wo er konnte. In der Maur 
versucht denn auch sein Verhalten in seiner Arbeit 
«Feldmarschall Johann Fürst von Liechtenstein» zu 
rechtfertigen.® Es geht ihm dabei vor allem darum, die 
Zustände im Lande vor Schuppler, besonders die Insti- 
tution des Landammannamtes als desolat und total 
überholt darzustellen: 
«... das ... ohnehin hinfüllige Institut der Landammün- 
ner, welches sich zuletzt nur als Karrikatur darstellte...».9 
Dabei übersieht er geflissentlich, dass das Amt des Land- 
ammannes seit seiner Wiedereinführung im Jahre 1733 
in jeder Beziehung so beschnitten war, dass es von selbst 
zu einer Karikatur verkümmern musste. Gerade anhand 
derjenigen Stellen, welche Peter Kaiser wórtlich dem 
«Tagebuch» des Amtsboten entnommen hatte, will von 
In der Maur beweisen, dass 
«Kaiser ... die Regierungszeit des Fürsten Johann ... 
ganz unzutreffend und teilweise gar nicht im Einklang mit 
massgebenden Urkunden schildert ... So hat er insbeson- 
dere die Regierungsperiode des Fürsten Johann nicht aus 
ihrer Zeit heraus und überdies ohne genügende Kenntnis 
des massgebenden Quellenmaterials beurteilt.»** 
Und wenn Carl von In der Maur weiter schreibt: «und 
hier konnte durch das neubegründete Verhàáltnis der 
Souveränität wirksam und glücklich eingegriffen und 
Nützliches geschaffen werden»,? so meint er mit «dem 
neubegründeten Verháltnis der Souveränität» nichts an- 
deres als den totalen Absolutismus! 
Von In der Maur selbst macht sich einer unseriósen 
Geschichtsschreibung schuldig, indem er das bei Kaiser 
in Anführungszeichen gesetzte Zitat aus dem «Politi- 
schen Tagebuch» nicht als solches kenntlich macht, son- 
dern es als eine Ausserung Peter Kaisers behandelt. In 
der Maur schreibt námlich: 
Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 116, 2017 
«Nach Kaiser, der an der Regierung der Fürsten aus dem 
Hause Liechtenstein überhaupt kein gutes Haar lásst, voll- 
zog sich die Aufhebung des Landamannamtes unter ganz 
anderen Gesichtspunkten, er (Kaiser) schreibt hierüber 
(S. 500): «Bald wurden Gebrechen ...».»? 
Wer also die Originalausgabe Kaisers nicht zur Hand 
hatte, musste das obige Zitat als von Kaiser stammend 
ansehen. Dabei machte sich In der Maur auch noch über 
den altmodischen Stil lustig, indem er hinter den Aus- 
druck «vorhabenden» dreimal ein «sic» setzt, um zu zei- 
gen, dass Rektor Kaiser nicht einmal richtig «deutsch» 
gekonnt habe! 
Wir sehen also, dass das «Politische Tagebuch» unse- 
res Amtsboten noch lange dauernde Nachwirkungen 
hatte und sicher auch mitschuldig war an der Einzie- 
hung von Peter Kaisers «Geschichte des Fürstenthums 
Liechtenstein» und an deren Geringschátzung durch den 
spáteren Landesverweser Carl von In der Maur. 
An dieser Stelle wáre auch noch zu untersuchen, wie 
Johann Baptist Büchel in seiner zweiten, «verbesserten» 
Auflage der «Kaiser-Chronik» vom Jahre 1923 sich zu 
dem von Kaiser zitierten Abschnitt aus dem «Poltischen 
Tagebuch» des Amtsboten Johann Rheinberger àus- 
serte. Auf Grund seiner bekannten Einstellung liess er 
das Zitat einfach weg und setzte an dessen Stelle einige 
den Absolutismus in Liechtenstein verharmlosende 
Sätze.” 
Johann Rheinberger starb am 16. Februar 1828 an «Alters- 
schwäche», «mit allen Hl. Sterbesakramenten verse- 
hen».” 
85 Das Folgende ist bei Peter Kaiser zusammengefasst: Kaiser, Brun- 
hart 1989, Bd. 2, S. 512, Anmerkung 318. 
86 Carl von In der Maur: Feldmarschall Johann Fürst von Liech- 
tenstein und seine Regierungszeit im Fürstentum. In: JBL Bd. 5. 
Vaduz, 1905, S. 149-216. 
87  Ebenda,S. 177. 
88  Ebenda, S. 174 (hier die Textstelle oben sowie Textstelle in der 
Anmerkung). 
89  Ebenda,S. 172. 
90 Ebenda,S. 177-178, Anmerkung 3. 
91 Johann Baptist Büchel: Peter Kaisers Geschichte des Fürstentums 
Liechtenstein. Zweite, verbesserte Auflage. Vaduz, 1923, S. 567- 
571. 
92  PfAS Register der Pfarrei St. Laurentius für Schaan, Planken und 
Vaduz, Sterbefille 1695-1803. 
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