Volltext: Jahrbuch (2017) (116)

Räthe des aus ihrer Mitte gewählten Landammannes 
[Rheinberger: hervorgezohen] bestanden, wurden abge- 
schafft und statt derselben [Rheinberger: diesen] in jeder 
Gemeinde ein sogenannter Richter, der aber im wesent- 
lichen nichts anderes als der Trabant des Oberamts, 
[Rheinberger: Amtes], ein exponirter Gerichtsdiener ist, 
bestellt, welcher die amtlichen Befehle den betreffenden 
Gemeindegliedern zur Kunde zu bringen hat. 
Wenn also früher das Amt eines Richters würklich als 
Ehrenamt anzusehen war, wenn der Gewählte, stolz auf 
die auf ihn getroffene Wahl, es sich streng angelegen sein 
liess, seine mit dem Amte übernommenen Pflichten ge- 
treu zu erfüllen, um sich des von der Gemeinde in ihn 
gesetzten Vertrauens würdig zu machen, so wurde nun 
die Sache auf einmal ganz umgekehrt. Der ordentliche, 
schlichte und verständige Bürgersmann findet sich mit 
einem solchen Dienste — wenn schon mit dem schónen 
Namen eines Richters verkleistert — nicht mehr beehrt. 
Und wenn er auch auf die Dauer von zwei Jahren hiezu 
gezwungen wird, so wird er sich als Gezwungener in 
der Hoffnung einer baldigen Erlósung und wenn auch 
mit dem Opfer seines eigenen Besten, blos auf die ihm 
von Zeit zu Zeit vorkommenden notwendigsten Gegen- 
stánde beschránken und die Sorge zur Erzielung allen- 
falls móglicher Gemeindevorteile seinem Nachfolger auf- 
bewahren.» 
15. «Die Besoldungen der Staatsbeamten, welche mit 
Einschluss des fürstlichen Rheinbundsgesandten und 
des Referenten in Wien auf die Summe von 3500 fl be- 
rechnet wurden, wurden als eine reine vom Volke zu tra- 
gende Staatslast erklärt [Rheinberger: declarirt] und 
demselben als solche überbunden. Zwar würde sich über 
diesen Gegenstand, jedoch abgesehen von dem eigen- 
mächtigen Eingriff in die uralt hergebrachten und wohl- 
erworbenen Rechte der Landschaft [Rheinberger: Un- 
terthanen] nicht viel einwenden lassen. Denn dem Fürs- 
ten [Rheinberger: Reichsfürsten] kann rechtlich nicht zu- 
gemuthet werden, dass er aus [Rheinberger: mit] seinen 
Privatrenten die Staatslasten bestreite. Er ist [Rheinber- 
ger: immerhin berechtigt, dieselben auf den Staat zu über- 
weisen] dagegen aber auch schuldig, dem Staate die 
Staatsgefälle zu verrechnen.» 
16. «Dieser Gegenstand scheint von den [Rheinber- 
ger: unseren Herren] Staatsreformatoren Hauer und 
Schuppler entweder nicht gehörig [Rheinberger: genau] 
erwogen worden zu sein, oder sie [Rheinberger: waren 
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zweifache Schurken, die den Staat um sein Eigenthum zu 
betrügen] und die fürstlichen Privatrenten auf Kosten 
des Landes in einen höheren Ertrag zu bringen suchten. 
[Rheinberger: Mit redlichen Augen mag einmal dieser 
Gegenstand nicht überblickt worden sein, sonst hätte den- 
selben doch unmöglich entgehen können, dass] die Zölle, 
die Weggelder, die Umgelder, die gemeine Landes- und 
Behöbte-Steuer sind Gefälle [Rheinberger: Gefälle sind], 
welche schon durch ihre Natur mit dem Gepräge der 
Staatsgefälle versehen wurden und dass, wenn selbe 
dem Staate in ihrem wahren Erträgnis zu 6000 fl verrech- 
net werden sollten, ein sichtlicher Vorteil an Seite des 
Staates wären ...».® 
Auch von Punkt 19 hat Peter Kaiser die schärfsten 
Sätze nicht zitiert. Hier treibt Johann Rheinberger nicht 
nur die Kritik, sondern auch die Ironie auf die Spitze. Die 
entsprechenden Sätze lauten: 
«Nehmt Euch in acht, ihr Herren Staatsverderber! ... 
Macht den edelsten und hochherzigsten Fürsten, der seinen 
Stolz darin setzt, seine Untertanen unter seinem Scepter 
überglücklich zu wissen, nicht zum unwissenden Heuchler, 
denn er lebt und stirbt in dem edlen Wahn, stets das Wohl 
seiner Untertanen im Herzen getragen zu haben.» 
Peter Kaiser kam es sehr wohl gelegen, zur Schilderung 
des absolutistischen Regimes und des Abbaus der alten 
Volksrechte einen zeitgenóssischen Beobachter zitieren 
zu kónnen. Damit identifizierte er sich zwar weitestge- 
hend mit dem Inhalt des «Politischen Tagesbuchs», 
musste aber nicht als Urheber dafür geradestehen. 
Es ist hier die Frage zu stellen, was den Landvogt Jo- 
hann Michael Menzinger veranlasst hat, Peter Kaisers 
«Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein» sogleich 
nach ihrer Auslieferung einzuziehen. Menzinger hatte 
kurz vorher, am 18. November 1847 vom Autor selbst 
ein Exemplar überreicht bekommen und hatte damit 
frühzeitig Gelegenheit, sich mit dem Inhalt auseinander- 
zusetzen. Die geschlossene Darstellung der Geschichte 
Liechtensteins muss auch für ihn imponierend gewesen 
sein. Er hat auch das ihm überreichte Exemplar sorgfäl- 
tig aufbewahrt und den von Peter Kaiser geschriebenen 
Begleitbrief vorne in das Buch eingeklebt. Anstóssig 
wird die «Geschichte» Kaisers wohl erst mit der Schilde- 
rung der Verhältnisse unter dem absolutistischen Re- 
gime des Fürsten von Liechtenstein, besonders unter 
Fürst Johann I. Und hier wiederum waren es am ehesten 
Rheinberger Rudolf: Notizen zur Geschichte der Familien Rheinberger in Vaduz
	        

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