seit dem 14. Jahrhundert, mit einer erstaunlichen Kennt-
nis der historischen Fakten. Besonders aber beschäftigte
ihn der zweimalige Abbau der Volksrechte in den Jahren
1718 unter dem fürstlichen Kommissar Harprecht [ei-
gentlich: Harpprecht] sowie 1808 unter Hofrat Hauer
und Landvogt Schuppler. Gerade den Abschnitten 11 bis
16 kommt eine besondere Bedeutung zu, hat sie doch Pe-
ter Kaiser in seiner «Geschichte des Fürstenthums Liech-
tenstein» 1847 auf den Seiten 500 und 501 fast wörtlich
zitiert. Kaiser nennt dabei den Amtsboten Johann Rhein-
berger «einen in vaterländischen Dingen erfahrenen
Mann». Er setzt dessen Ausführungen in Anführungs-
zeichen, gibt aber seine (Rheinbergers) Identität nicht
preis, da dies im Zeitalter des Absolutismus zu unliebsa-
men Konsequenzen hätte führen können. Im Folgenden
seien die von Peter Kaiser zitierten Abschnitte des «Tage-
buchs» im Wortlaut wiedergegeben. Die von Kaiser aus-
gelassenen, als zu hart empfundenen Stellen aus dem
Original, habe ich in kursiver Form eingesetzt:
11. «1806 [wurde] ... Liechtenstein zum souverainen
Staate erhoben. Als solcher musste es ... den letzten
Schlag für seine im Jahr 1733 noch gebliebenen Freiheits-
rechte erleben.»
12. «Mit der Aufhebung der Reichsverfassung [Kai-
ser: <so schreibt ein vor mehr als zwanzig Jahren verstor-
bener, in vaterländischen Dingen erfahrener Mann] ver-
schwanden auch deren Gesetze, an welche Fürst und
Volk gebunden waren. Und mit der Erhebung zum sou-
verainen Staate ward der Fürst unumschránkter Gesetz-
geber und als Souverain niemandem verantwortlich.
Bald wurden Gebrechen in der Landesverwaltung
[Rheinberger: Staatsverwaltung] entdeckt, welche eine
neue Organisation derselben notwendig machten. Der
zu diesem Ende schon im Jahr 1807 als Untersu-
chungs-Commissar [Rheinberger: hierher] in die Land-
schaft gesandte fürstliche Hofrath Georg Hauer [Rhein-
berger: ein Mann, der die fürstlichen Schaafe so gut zu be-
scheeren wusste, als den bessten Fürsten selbst um die
Wolle zu betrügen] schuf die Pláne hiezu. Um diese aber
in Ausführung bringen zu kónnen, musste mit der Pensi-
onierung des damaligen Landvogts [Franz Xaver] Men-
zinger und mit der Auffindung eines anderen an seine
Stelle und dem vorhabenden Zwecke anpassenden Man-
nes [Rheinberger: Individuums] der Anfang gemacht
werden. Die von Hauer getroffene Wahl wurde in der
Person des Josef Schuppler nicht verfehlt. Denn nur ein
Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 116, 2017
junger, rascher, unter ganz anderen Verhältnissen, als
die hiesigen waren, aufgewachsener [Rheinberger: unter
sclavischen Völkern erzohener] Mann, dem es nie einfallen
konnte, dass auch dem Volke [Rheinberger: Untertha-
nen] Rechte zustehen könnten, dass diese untersucht
werden sollten, und wenn selbe [für] erprobt gefunden,
eben so wenig vom Fürsten, wenn auch Souverain, als
die des Fürsten vom Volke ohne Verletzung des Völker-
rechts verletzt werden dürfen, nur ein solcher Mann
konnte zum vorhabenden Zwecke taugen.»
13. «Dieser in seiner Art ebenso tätige, als eigenmäch-
tig vorgreifende Mann bezog im Spätjahr 1808 [Rhein-
berger: mit dem vollen Vertrauen seines Senders, des Hof-
rath Hauers, und durch diesen mit jenem des Fürsten aus-
gerüstet] als ein zweiter Harprecht seinen neuen Posten.
Ohne sich erst von dem abgetretenen Landvogt Menzin-
ger — ein in jeder Hisicht kenntnisvoller und ebenso ge-
rechter Beamter [Rheinberger: Mann] — in den hier beste-
henden Rechtsverháltnissen unterrichten zu lassen oder
sich erst in den vorhandenen Akten derselben zu über-
zeugen, ohne alle Lokalkenntnisse, fieng derselbe gleich
mit der Niederreissung des uralten, schon im Jahre 1718
[Rheinberger: 1619] ziemlich Schaden gelittenen Verfas-
sungsgebáudes [Rheinberger: Staatsgebüudes] das vorha-
bende Werk an.»
14. «Das Landammannamt wurde nun gänzlich auf-
gehoben und so das Volk seiner Reprásentation vollends
gänzlich beraubt. Die Richter, deren in jeder Gemeinde
zwei bis vier aus den angesehensten und einsichtsvolls-
ten Bürgern zur Verwaltung des Gemeindevermógens
als Repräsentanten der betreffenden Gemeinde und als
77 Der Lokalisierungs-Bericht ist publiziert in: Paul Vogt (Hrsg.):
Der Lokalisierungs-Bericht von Hofrat Georg Hauer aus dem Jah-
re 1808. In: JBL Bd. 83. Vaduz, 1983, S. 70-149. (Kurzbeleg: Lokali-
sierungsbericht Hauer 1808)
78 Siehe auch Susanna Hettegger: Liechtenstein zur Zeit Napoleons
und der Koalitionskriege. In: Bausteine zur liechtensteinischen
Geschichte. Zürich, 1999, Bd. 2, S. 269—307.
79 Lokalisierungsbericht Hauer 1808, S. 121.
80 Menzinger 1913, S. 34-35.
81 Rechtsgutachten LI LA AFRh Ha 10/11.
82 Lokalisierungsbericht Hauer 1808, S. 138.
83 Dienstinstruktion von Fürst Johann IL an Landvogt Joseph
Schuppler, 7. Oktober 1808, einsehbar unter: e-archiv.li (Histori-
sche Rechtsquellen), hier Punkt 46: Zolleinnahmen.
84 Rheinberger, das «Politische Tagebuch» 1958, S. 227-238. Original
LI LA AFRh D 23.
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