Volltext: Jahrbuch (2017) (116)

seit dem 14. Jahrhundert, mit einer erstaunlichen Kennt- 
nis der historischen Fakten. Besonders aber beschäftigte 
ihn der zweimalige Abbau der Volksrechte in den Jahren 
1718 unter dem fürstlichen Kommissar Harprecht [ei- 
gentlich: Harpprecht] sowie 1808 unter Hofrat Hauer 
und Landvogt Schuppler. Gerade den Abschnitten 11 bis 
16 kommt eine besondere Bedeutung zu, hat sie doch Pe- 
ter Kaiser in seiner «Geschichte des Fürstenthums Liech- 
tenstein» 1847 auf den Seiten 500 und 501 fast wörtlich 
zitiert. Kaiser nennt dabei den Amtsboten Johann Rhein- 
berger «einen in vaterländischen Dingen erfahrenen 
Mann». Er setzt dessen Ausführungen in Anführungs- 
zeichen, gibt aber seine (Rheinbergers) Identität nicht 
preis, da dies im Zeitalter des Absolutismus zu unliebsa- 
men Konsequenzen hätte führen können. Im Folgenden 
seien die von Peter Kaiser zitierten Abschnitte des «Tage- 
buchs» im Wortlaut wiedergegeben. Die von Kaiser aus- 
gelassenen, als zu hart empfundenen Stellen aus dem 
Original, habe ich in kursiver Form eingesetzt: 
11. «1806 [wurde] ... Liechtenstein zum souverainen 
Staate erhoben. Als solcher musste es ... den letzten 
Schlag für seine im Jahr 1733 noch gebliebenen Freiheits- 
rechte erleben.» 
12. «Mit der Aufhebung der Reichsverfassung [Kai- 
ser: <so schreibt ein vor mehr als zwanzig Jahren verstor- 
bener, in vaterländischen Dingen erfahrener Mann] ver- 
schwanden auch deren Gesetze, an welche Fürst und 
Volk gebunden waren. Und mit der Erhebung zum sou- 
verainen Staate ward der Fürst unumschránkter Gesetz- 
geber und als Souverain niemandem verantwortlich. 
Bald wurden Gebrechen in der Landesverwaltung 
[Rheinberger: Staatsverwaltung] entdeckt, welche eine 
neue Organisation derselben notwendig machten. Der 
zu diesem Ende schon im Jahr 1807 als Untersu- 
chungs-Commissar [Rheinberger: hierher] in die Land- 
schaft gesandte fürstliche Hofrath Georg Hauer [Rhein- 
berger: ein Mann, der die fürstlichen Schaafe so gut zu be- 
scheeren wusste, als den bessten Fürsten selbst um die 
Wolle zu betrügen] schuf die Pláne hiezu. Um diese aber 
in Ausführung bringen zu kónnen, musste mit der Pensi- 
onierung des damaligen Landvogts [Franz Xaver] Men- 
zinger und mit der Auffindung eines anderen an seine 
Stelle und dem vorhabenden Zwecke anpassenden Man- 
nes [Rheinberger: Individuums] der Anfang gemacht 
werden. Die von Hauer getroffene Wahl wurde in der 
Person des Josef Schuppler nicht verfehlt. Denn nur ein 
Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 116, 2017 
junger, rascher, unter ganz anderen Verhältnissen, als 
die hiesigen waren, aufgewachsener [Rheinberger: unter 
sclavischen Völkern erzohener] Mann, dem es nie einfallen 
konnte, dass auch dem Volke [Rheinberger: Untertha- 
nen] Rechte zustehen könnten, dass diese untersucht 
werden sollten, und wenn selbe [für] erprobt gefunden, 
eben so wenig vom Fürsten, wenn auch Souverain, als 
die des Fürsten vom Volke ohne Verletzung des Völker- 
rechts verletzt werden dürfen, nur ein solcher Mann 
konnte zum vorhabenden Zwecke taugen.» 
13. «Dieser in seiner Art ebenso tätige, als eigenmäch- 
tig vorgreifende Mann bezog im Spätjahr 1808 [Rhein- 
berger: mit dem vollen Vertrauen seines Senders, des Hof- 
rath Hauers, und durch diesen mit jenem des Fürsten aus- 
gerüstet] als ein zweiter Harprecht seinen neuen Posten. 
Ohne sich erst von dem abgetretenen Landvogt Menzin- 
ger — ein in jeder Hisicht kenntnisvoller und ebenso ge- 
rechter Beamter [Rheinberger: Mann] — in den hier beste- 
henden Rechtsverháltnissen unterrichten zu lassen oder 
sich erst in den vorhandenen Akten derselben zu über- 
zeugen, ohne alle Lokalkenntnisse, fieng derselbe gleich 
mit der Niederreissung des uralten, schon im Jahre 1718 
[Rheinberger: 1619] ziemlich Schaden gelittenen Verfas- 
sungsgebáudes [Rheinberger: Staatsgebüudes] das vorha- 
bende Werk an.» 
14. «Das Landammannamt wurde nun gänzlich auf- 
gehoben und so das Volk seiner Reprásentation vollends 
gänzlich beraubt. Die Richter, deren in jeder Gemeinde 
zwei bis vier aus den angesehensten und einsichtsvolls- 
ten Bürgern zur Verwaltung des Gemeindevermógens 
als Repräsentanten der betreffenden Gemeinde und als 
77 Der Lokalisierungs-Bericht ist publiziert in: Paul Vogt (Hrsg.): 
Der Lokalisierungs-Bericht von Hofrat Georg Hauer aus dem Jah- 
re 1808. In: JBL Bd. 83. Vaduz, 1983, S. 70-149. (Kurzbeleg: Lokali- 
sierungsbericht Hauer 1808) 
78 Siehe auch Susanna Hettegger: Liechtenstein zur Zeit Napoleons 
und der Koalitionskriege. In: Bausteine zur liechtensteinischen 
Geschichte. Zürich, 1999, Bd. 2, S. 269—307. 
79  Lokalisierungsbericht Hauer 1808, S. 121. 
80  Menzinger 1913, S. 34-35. 
81  Rechtsgutachten LI LA AFRh Ha 10/11. 
82  Lokalisierungsbericht Hauer 1808, S. 138. 
83  Dienstinstruktion von Fürst Johann IL an Landvogt Joseph 
Schuppler, 7. Oktober 1808, einsehbar unter: e-archiv.li (Histori- 
sche Rechtsquellen), hier Punkt 46: Zolleinnahmen. 
84  Rheinberger, das «Politische Tagebuch» 1958, S. 227-238. Original 
LI LA AFRh D 23. 
133
	        

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