Volltext: Jahrbuch (2014) (113)

36 Sonderegger Stefan: Das Liechtensteinische Urkundenbuch digital, Teil 
II 
im Mittelalter bestand der Alltag aus Begegnungen zwi- schen unterschiedlichen Parteien, in denen Konflikte behoben und Lösungen miteinander ausgehandelt wer- den 
mussten.15 Alpwirtschaft – Teil einer kommerziellen  Viehwirtschaft Häufiger als Konflikte zwischen Herren und Bauern sind im Liechtensteinischen Urkundenbuch, Teil II, solche zwischen bäuerlichen Gemeinschaften untereinander dokumentiert. In der Regel ging es um unterschiedliche Nutzungsansprüche auf Agrarland. Eine grosse Gruppe bilden Streitigkeiten im Zusam- menhang mit Alprechten. Der Begriff Alpwirtschaft be- schreibt die auf den Hochsommer befristete Nutzung von Weideflächen, die sich oberhalb der Waldgrenze be- finden. Organisatorisch und rechtlich ist sie mit den bäu- erlichen Talbetrieben verbunden. Wie im Appenzeller- land und Toggenburg bildeten sich auch in Liechtenstein im Spätmittelalter in den Dörfern genossenschaftliche Zusammenschlüsse zur Nutzung der Alpen. Zeugnis da- für sind Alpsatzungen, die sich im Falle des Toggenburgs bis ins 16. Jahrhundert zurück erhalten haben und die in der Sammlung der Schweizerischen Rechtsquellen ediert vorliegen. Darin werden die wichtigsten, unter den Nut- zern getroffenen Abmachungen festgeschrieben, die ge- wohnheitsrechtlich und ohne schriftliche Hinterlegung 
in Teilen wohl schon seit Langem galten. Dass man die Rechte und Pflichten erst im 16. Jahrhundert schriftlich festhielt, ist ein klarer Hinweis auf die Zunahme von Konflikten als Folge der intensiveren Nutzung der Alpen mit Grossvieh. Alpsatzungen hatten so auch den Zweck, als gemeinsam vereinbarte, schriftlich fixierte und somit als Beweis einsetzbare Regelung Auseinandersetzungen präventiv vorzubeugen. Der Kern von Alprechten ist auch heute noch die Re- gelung der Alpnutzung und -pflege; Grundlage dazu ist die Grösse und Qualität einer Alp. Der Tierbestand, der auf die Alp getrieben werden darf, wird entsprechend der Ertragskraft einer Alp begrenzt. Der Wert einer Alp ist von verschiedenen Faktoren wie Klima, Höhenlage und damit Anzahl der Weidetage, Sicherheit, Schuttfrei- heit, Zustand der Grasnarbe, Wasser- und Holzreserven sowie Erreichbarkeit abhängig. Der Nutzungswert ent- spricht dem Weideertrag, dieser wird in der «Stoss»-Zahl ausgedrückt. Ein «Stoss» entspricht dem Futterbedarf einer ausgewachsenen Kuh während der Alpzeit. Der Futterbedarf nach Art und Alter der Tiere dient der Be- rechnung, ausgedrückt in Kuhrechten beziehungsweise Anteilen davon. Heute noch ist in Liechtenstein für jede Alp eine bestimmte Zahl von Grossvieheinheiten festge- setzt, wobei eine Kuh einer Grossvieheinheit, ein Rind 0,6 bis 0,8 und ein Schaf 0,2 bis 0,25 Grossvieheinheiten entspricht. Im Jahr 2007 bestanden 24 Alpen in Liechten- stein und sechs liechtensteinische Alpen in Vorarlberg.16 Der auf eine Alp zugelassene Tierbestand wurde bereits Melken,butternundkäsen,dargestelltaufeinerGlasscheibeausdemJahr1599.
	        

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