Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (98)

JAS ALTE PFARRHAUS AUF DEM KIRCHHÜGEL 
BENDERN / GEORG MALIN 
Pulver Erzgestein gesprengt.’ Was also im Keller 2 
zu welchem Zeitpunkt gebaut wurde, ist im Augen- 
blick nicht genau zu datieren. Die erwähnten Bohr- 
löcher im Fundamentbereich sowie ein glasierter 
Scherben aus der Mitte des 19. Jahrhunderts in 
Putzresten an der Boden-Wandkante weisen auf 
bauliche Massnahmen hin, die sich sehr wohl im 
19. Jahrhundert abgespielt haben können. Dabei 
dürfte es sich um Verputzarbeiten gehandelt ha- 
ben. Sicher wissen wir, dass der grosse Keller 1751 
bestand und zusammen mit dem nachstehend be- 
handelten Torkel in einem Pachtvertrag erwähnt 
wird. So dürfen wir die funktionell aufeinander ab- 
gestimmten Räume Keller 2a und Torkel in ihrer 
Zeitstellung den späten Bauvorgängen der Bau- 
periode 3 zurechnen (siehe auch Anhang, Trans 
kription der Urkunde vom 12. März 1751). 
Der von einem Tonnengewölbe eingedeckte Kel- 
ler hat einen Grundriss von 5,50 m Breite, zirka 
11,30 m Länge und eine Raumhöhe bis zu 3,30 m. 
Dieser Kellerraum gehört, gerade seiner Schlicht- 
heit wegen, zu den wertvolleren Räumen des Hau- 
ses. Den Boden bildet zum grössten Teil Fels, des- 
sen Unebenheiten wiederum mittels Löss und 
Lehm eingeebnet wurden. Im Gegensatz zum Bo- 
den des südwestlich parallel liegenden Kellers 1 
wurde der Keller 2 zu einem erheblichen Teil aus 
dem anstehenden Fels herausgesprengt - an der 
Nordwestwand bis zu 1,80 m tief. Für spärliches 
Licht und Luftzufuhr sorgen an beiden Schmalsei- 
ten je ein Fenster mit breit und steil, beinahe latz- 
artig abfallenden Fensterbänken. Ein zweiflügeli 
ges Tor mit flachem Stichbogen gewährt in der Mit- 
te der Nordostwand Einlass in den Keller. Die Ein: 
gangspartie stösst als Kappe ins Tonnengewölbe 
des Kellers. Eine Verbindung zwischen den beiden 
parallel liegenden Kellern bestand nicht. Das Ge- 
wölbe wurde zur Isolation mit einer Lehmschicht 
eingedeckt. Dann folgte mörtelhaltige Erde und als 
Abschluss eine Schicht mit Bauschutt und datier- 
barer Keramik, darunter Ofenkacheln aus dem 
Jahre 1683. Die oberste Schicht ist also nicht vor 
1683 auf dem Gewölbe abgelagert worden. 
In Beachtung der Produktionsvorgänge von 
Wein positionierten die Mönche nordwestlich. dem 
Weinkeller vorgelagert, einen Torkel. Durch die 
Zusammenlegung der bereits vorgestellten Räume 
2a, 2b) und bei Einbezug des höher liegenden 
Zugangs mit dem Rundbogentor als Zulieferraum 
und — um die notwendige Raumhöhe für die Presse 
zu erhalten - mit der Zugabe der Räume 8 und 9 
(Abb. 19) entstand ein mustergültiger Torkel. Der 
Xelterraum wies eine Höhe von zirka 4,50 m auf: 
m 8,80 m langen und zirka 7 m breiten Raum 
stand auf der unteren, grösseren Ebene (Press- 
ebene) die Baumpresse, während vom höheren 
Zuliefergang (Raum 1) — gleichsam von einer Gale- 
rie aus — das Pressgut eingeliefert werden konnte 
(vgl. Abb. 7, 9, 13, 19). Der Pressraum selbst durfte 
durch Stützen nicht beengt sein, weil freier Bedie- 
nıungsraum notwendig war, so dass hallenartige 
Architekturen erstellt werden mussten. Deshalb 
war der Obergeschossboden meistens nur durch 
3ine Jochsäule abgestützt worden.“ Auf dem Bo- 
den des Pressraumes (2a) liegen in der Ostecke 
noch vermoderte Balken, die als Unterlage für die 
Spindel gedient haben und in einem Viereck von 
1,20 m x 1,20 m ausgelegt sind (siehe steingerech- 
ter Grundriss, Abb. 6). 
Mit diesem Befund stehen auch die Fundament- 
reste und Steinstellungen in der Südecke des Rau- 
mes 2b im Zusammenhang. Ein 2,60 m x 2,60 m 
ummauertes Podest, im Schnitt zirka 30 cm hoch, 
246.97/247.30) diente als Unterbau für das Tor- 
kelbett. Die Steinstellungen sind mit den Aussen- 
und Innenmauern nicht im Verband, weil die 
Presseinrichtung nachträglich eingebaut worden 
26) Mitteilung von Dr. Werner Vogler, Stiftsarchivar St. Gallen, vom 
14 lanuar 1990 
27) Mitteilung von Hans Eberli. Buchs (SG). vom 18. Januar 1990. 
Nach neueren Studien kann man annehmen, dass bereits nach «der 
Mitte des 17. Jahrhunderts im einheimischen Bergbau vereinzelte 
Sprengschüsse gezündet wurden». Aber nach wie vor gilt die Regel, 
Jass erst nach 1700 in steigendem Mass das Sprengen mit Pulver 
üblich wurde, - Eduard Brun: Die Anfänge der Sprengtechnik im 
3ergbau der Schweiz, undatiertes Manuskript, S. 5. Freundliche 
Übermittlung durch Hansjörg Frommelt vom 26. November 1992. 
28) Christian Renfer: Die Bauernhäuser des Kantons Zürich. In: Die 
Bauernhäuser der Schweiz. Hrsg. Schweizerische Gesellschaft für 
Volkskunde. Basel. 1982. Bd. 1.5. 496. 617-628. 
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