JAS ALTE PFARRHAUS AUF DEM KIRCHHÜGEL
BENDERN / GEORG MALIN
Pulver Erzgestein gesprengt.’ Was also im Keller 2
zu welchem Zeitpunkt gebaut wurde, ist im Augen-
blick nicht genau zu datieren. Die erwähnten Bohr-
löcher im Fundamentbereich sowie ein glasierter
Scherben aus der Mitte des 19. Jahrhunderts in
Putzresten an der Boden-Wandkante weisen auf
bauliche Massnahmen hin, die sich sehr wohl im
19. Jahrhundert abgespielt haben können. Dabei
dürfte es sich um Verputzarbeiten gehandelt ha-
ben. Sicher wissen wir, dass der grosse Keller 1751
bestand und zusammen mit dem nachstehend be-
handelten Torkel in einem Pachtvertrag erwähnt
wird. So dürfen wir die funktionell aufeinander ab-
gestimmten Räume Keller 2a und Torkel in ihrer
Zeitstellung den späten Bauvorgängen der Bau-
periode 3 zurechnen (siehe auch Anhang, Trans
kription der Urkunde vom 12. März 1751).
Der von einem Tonnengewölbe eingedeckte Kel-
ler hat einen Grundriss von 5,50 m Breite, zirka
11,30 m Länge und eine Raumhöhe bis zu 3,30 m.
Dieser Kellerraum gehört, gerade seiner Schlicht-
heit wegen, zu den wertvolleren Räumen des Hau-
ses. Den Boden bildet zum grössten Teil Fels, des-
sen Unebenheiten wiederum mittels Löss und
Lehm eingeebnet wurden. Im Gegensatz zum Bo-
den des südwestlich parallel liegenden Kellers 1
wurde der Keller 2 zu einem erheblichen Teil aus
dem anstehenden Fels herausgesprengt - an der
Nordwestwand bis zu 1,80 m tief. Für spärliches
Licht und Luftzufuhr sorgen an beiden Schmalsei-
ten je ein Fenster mit breit und steil, beinahe latz-
artig abfallenden Fensterbänken. Ein zweiflügeli
ges Tor mit flachem Stichbogen gewährt in der Mit-
te der Nordostwand Einlass in den Keller. Die Ein:
gangspartie stösst als Kappe ins Tonnengewölbe
des Kellers. Eine Verbindung zwischen den beiden
parallel liegenden Kellern bestand nicht. Das Ge-
wölbe wurde zur Isolation mit einer Lehmschicht
eingedeckt. Dann folgte mörtelhaltige Erde und als
Abschluss eine Schicht mit Bauschutt und datier-
barer Keramik, darunter Ofenkacheln aus dem
Jahre 1683. Die oberste Schicht ist also nicht vor
1683 auf dem Gewölbe abgelagert worden.
In Beachtung der Produktionsvorgänge von
Wein positionierten die Mönche nordwestlich. dem
Weinkeller vorgelagert, einen Torkel. Durch die
Zusammenlegung der bereits vorgestellten Räume
2a, 2b) und bei Einbezug des höher liegenden
Zugangs mit dem Rundbogentor als Zulieferraum
und — um die notwendige Raumhöhe für die Presse
zu erhalten - mit der Zugabe der Räume 8 und 9
(Abb. 19) entstand ein mustergültiger Torkel. Der
Xelterraum wies eine Höhe von zirka 4,50 m auf:
m 8,80 m langen und zirka 7 m breiten Raum
stand auf der unteren, grösseren Ebene (Press-
ebene) die Baumpresse, während vom höheren
Zuliefergang (Raum 1) — gleichsam von einer Gale-
rie aus — das Pressgut eingeliefert werden konnte
(vgl. Abb. 7, 9, 13, 19). Der Pressraum selbst durfte
durch Stützen nicht beengt sein, weil freier Bedie-
nıungsraum notwendig war, so dass hallenartige
Architekturen erstellt werden mussten. Deshalb
war der Obergeschossboden meistens nur durch
3ine Jochsäule abgestützt worden.“ Auf dem Bo-
den des Pressraumes (2a) liegen in der Ostecke
noch vermoderte Balken, die als Unterlage für die
Spindel gedient haben und in einem Viereck von
1,20 m x 1,20 m ausgelegt sind (siehe steingerech-
ter Grundriss, Abb. 6).
Mit diesem Befund stehen auch die Fundament-
reste und Steinstellungen in der Südecke des Rau-
mes 2b im Zusammenhang. Ein 2,60 m x 2,60 m
ummauertes Podest, im Schnitt zirka 30 cm hoch,
246.97/247.30) diente als Unterbau für das Tor-
kelbett. Die Steinstellungen sind mit den Aussen-
und Innenmauern nicht im Verband, weil die
Presseinrichtung nachträglich eingebaut worden
26) Mitteilung von Dr. Werner Vogler, Stiftsarchivar St. Gallen, vom
14 lanuar 1990
27) Mitteilung von Hans Eberli. Buchs (SG). vom 18. Januar 1990.
Nach neueren Studien kann man annehmen, dass bereits nach «der
Mitte des 17. Jahrhunderts im einheimischen Bergbau vereinzelte
Sprengschüsse gezündet wurden». Aber nach wie vor gilt die Regel,
Jass erst nach 1700 in steigendem Mass das Sprengen mit Pulver
üblich wurde, - Eduard Brun: Die Anfänge der Sprengtechnik im
3ergbau der Schweiz, undatiertes Manuskript, S. 5. Freundliche
Übermittlung durch Hansjörg Frommelt vom 26. November 1992.
28) Christian Renfer: Die Bauernhäuser des Kantons Zürich. In: Die
Bauernhäuser der Schweiz. Hrsg. Schweizerische Gesellschaft für
Volkskunde. Basel. 1982. Bd. 1.5. 496. 617-628.
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