DAS ALTE PFARRHAUS AUF DEM KIRCHHÜGEL
BENDERN / GEORG MALIN
ist. Über diesem Kelterbett müssen die Jochbäume
gestanden haben, in welchen der eigentliche Press-
baum (zirka 7 m lang) hing.” Dem Torkelbett ist an
der Nordwestseite eine mit Tonplatten versehene,
gegenüber dem Bodenniveau des Kellers um 50 cm
abgesenkte Fläche beigegeben (467.02/466.55),
die über zwei Blockstufen aus Stein betreten wer-
den konnte. An der Südwand befinden sich zwei
preite Ablagefächer (Höhe: 60 cm, Breite: 85 cm
und Höhe: 60 cm, Breite: 100 cm und beide 50 cm
Tiefe), voneinander mittels eines aus Ziegel erstell-
ten Pfeilerchens getrennt, das ein eingemauertes
Sturzholz stützt. Darüber setzten die Handwerker
Fachwerk mit älteren, sekundär verwendeten Vier-
Kanthölzern.
Die Raumeinteilung im nordöstlichen und mitt-
‚eren Bereich des Obergeschosses kann relativ ge-
nau rekonstruiert werden. Zimmer und Gänge
waren hier in der Höhe des heutigen, schadhaften
Bretterbodens angelegt (471.50), was anhand der
Bodenhöhen der Fensternischen nachgewiesen
werden kann.
Ein 2 m breiter Gang - erhellt durch das mittlere
Fenster in der Nordostfassade —- führte in Firstlage
zur Südwestseite des Hauses. Die erste, heute nicht
mehr vorhandene südwestliche Giebelmauer hat
den vermutlich 21 m langen Gang abgeschlossen.
Diesen Längskorridor kreuzte nach 6 m ein Quer-
gang (vgl. Abb. 23, Räume 10, 11, 15, 19). In der
Nordecke des Obergeschosses ist, trotz der radika-
len späteren Eingriffe, der Raum 12 (Abb, 23, 24,
25) erkennbar. Das Innere (5,70 m x 4,70 m) be-
lichteten drei Fenster: zwei in der Nordostfassade
und eines in der Nordwestfront. Die Fenster sind
heute teilweise vermauert (Abb. 49, 51). Das unge-
fähr 2,80 m hohe Zimmer musste trotz der Nord-
Jage hell und grosszügig gewirkt haben. Die drei
darocken Fenster, mit kräftigen Leibungen und
innen mit einem Stichbogen aus dunklen Ziegeln
gemauert, spendeten genügend Licht, um eine
angenehme Wohnatmosphäre zu gewährleisten.
Dafür sorgte auch die Täferung über unverputztem
Mauerwerk; die Holzdübel, die eine Täferung der
Wände ermöglichten, sind noch erhalten. Die Ni-
sche an der Nordwestwand diente zur Aufnahme
eines Einbaumöbels. Die Innenwände können heu-
je nur anhand der Putzbrauen an den Aussenwän-
den nachgewiesen werden (vgl. Abb. 23). Die
Nordostwand des Zimmers 12 erreichte eine Mau-
ardicke von rund 30 cm und war, auf der entspre-
;henden Mauer im Erdgeschoss aufsitzend, tragen-
de Mauer für den Kornboden. Die Südwestwand
aber erreichte nur eine Wanddicke von 16 cm und
stiess stumpf an die Aussenmauer. Es handelte sich
mit grösster Wahrscheinlichkeit um eine Riegel-
wand.
In der Ostecke des Geschosses befand sich
das Zimmer 13. Die verputzten weissen Wände
gegrenzten eine Grundrissfläche von 4,70 m x
»,70 m. In Entsprechung zum Raum 12 belichteten
vier grosse stichbogige Barockfenster das Zimmer.
Die Beheizung der beiden Räume kann nicht ge-
<lärt werden; vermutlich standen an den abgebro-
chenen Innenwänden Öfen.
Den 11,50 m langen Quergang (Raum 10) belich-
;‚eten zwei einander gegenüberliegende Fenster an
der Nordwest- und Südostfassade. Vermutlich
diente eine Hälfte des Korridors als Treppenhaus,
ım vom Erdgeschoss ins erste Obergeschoss zu ge-
'angen, was vom Nordwesten her mittels 14 kräfti-
ger Stufen zu bewerkstelligen war. Das heutige
ıordwestliche Fenster aber entstammt einer späte-
ren Bauperiode.
Man muss davon ausgehen, dass der in First-
richtung laufende Mittelgang (Raum 15) weitere
Zimmer erschlossen hat. Der Raum 18 an der
südöstlichen Hausfront wurde in einer späteren
Bauphase, besonders in der Südecke, umgestaltet.
Hier stand eine Nutzfläche von 4,70 m x 7,40 m zur
Verfügung. In der Ostecke des Zimmers ist ein
Kamin nachweisbar.
Vis-ä-vis des geschilderten Raumes 18 lagen,
durch den Korridor getrennt, die entsprechenden
Nutzflächen der Räume 16 und 17. Die Unter-
teilung der Räume und der Einbau eines Kamins in
29) Vgl. die Einrichtungen im Torkel des Roten Hauses in Vaduz im
3ericht von Waltraud Waid: Archäologische Sondierung im Torkel
des Roten Hauses zu Vaduz. In: JBL 89 (1991), S. 193-196.