Vom Handschuh zur Emanzipation von Frau und Mann
Vortrag im Rahmen des Philosophischen Salons,
am 1. Juni 2017 in Frankfurt am Main
With an English Summary:
From Glove to Emancipation of Women and Men
Thomas Ernst Wanger
1. Der Handschuh als Insigne der Männerherrschaft
Sowohl das rómische ,Manus" als auch das germanische ,Munt"
bedeuten Hand, gleichbedeutend mit Macht. Die rechte Hand des
Hausvaters, welcher die hausváterliche Gewalt ausübte, war auch die
Hand des Wehrfáhigen am Griff der Waffe. Diese rechte Hand steckte
seit dem Hochmittelalter in einem Fingerhandschuh, welcher sowohl im
Recht und Brauchtum des Hausvaters als auch im Recht und Brauchtum
des Wehrfáhigen eine wichtige Rolle spielte. Die hausváterliche Gewalt
und die Wehrfahigkeit waren und sind zum Teil heute noch in derselben
Hand des Mannes vereint, weshalb sich die männliche Herrschaft
sowohl auf die hausväterliche Gewalt als auch auf die Wehrfähigkeit
begründet/e. Der Handschuh war zudem auch eine Insigne weltlicher
und geistlicher Macht wie auch der Gerichtsbarkeit, weshalb der
Handschuh als Insigne der Männerherrschaft angesehen werden kann.
1.2 Der Handschuh als Insigne geistlicher Macht
In der Antike war der Ritus der verhüllten Hände bekannt: bei
Begegnung mit einem Gott, einer Gottheit oder einem Herrscher, sowie
bei Entgegennahme eines göttlichen Geschenkes wurden die Hände
verhüllt. In der Folge wurden auch bei gottesdienstlichen Handlungen die
Hände verhüllt bzw. Handschuhe getragen.
Ab dem Beginn des 9. Jh.s ist der Handschuh in Frankreich,
Deutschland und Italien in liturgischer Verwendung. Ab Mitte des 10.
Jh.s wurde der Handschuh zur offiziell anerkannten Bischofsinsigne
durch Überreichen bei der Bischofsweihe als ,sichtbares Zeichen der
Gnade Gottes". Diese Bischofsinsigne musste aus einem ,nahtlosen
Gewebe" bestehen und war feine, meist gestrickte, Frauenarbeit. Wohl
auch die noch zu besprechenden Handschuhe des Kónigs, des Richters,
des Hausvaters und des Wehrfáhigen waren Frauenarbeit.