Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

deren Zwecken und Grundgedanken getragen und können mithin ohne Verlust neu gebildet werden, weil massgeblicher ist, 
dass sie überhaupt gebildet werden. Denn ebenso schädlich, wie die ersatzlose Streichung eines prozessualen Mechanismus für eine systematische, auf gewisse besondere Zwecke hin angelegte Zivilprozessordnung ist,18 ebenso wirkt es sich auf sie aus, wenn Mechanismen rezipiert werden, welche sich nicht in die nationale Rechtsordnung und staatlichen Gegebenheiten einfügen. Bestenfalls bleiben sie wirkungsund nutzlos, schlechtestenfalls entfalten sie Wirkungen, die den besonderen zivilprozessualen Zwecken zuwiderlaufen. Nur zivilprozessuale Mechanismen, die in die jeweilige Zielrechts- ordnung der Rezeption passen, kann und soll man direkt übernehmen; ansonsten müssen sie ersetzt werden durch andere, angemessene und autonom-ersatzweise geschaffene, die letztlich denselben Zwecken die- nen und aus denselben Leitgedanken erwachsen, sich allerdings besser in die jeweilige Rechtstradition, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umstände, Usanzen der Rechtspflege usw. einfügen.19 Es sind «[d]ie Normen», wie es Elisabeth Berger rückblickend auf die liechtensteini- sche Rezeptionsgeschichte und sinngemäss deckungsgleich mit Franz Klein formulierte, «auf ihre Brauchbarkeit hin zu überprüfen und, falls notwendig, mittels Adaption den eigenen Bedürfnissen und Wertvor- stellungen anzupassen und, falls erforderlich, durch eigene Rechtsschöp- fungen zu ergänzen.»20 Denn gerade «der territoriale Charakter im Zivil- prozesse [ist] durchschnittlich stärker ausgeprägt, als in anderen Teilen der Rechtsordnung»21 und ihm muss Rechnung getragen werden, um eine zivilprozessuale lex imperfecta, eine von vornherein wirkungslose zivilprozessuale Vorschrift, zu verhindern. Die Entscheidung für eine Rezeption fremden Rechts entbindet 
die Gesetzgebung folglich nicht von ihrer 
Verantwortlichkeit und der Pflicht zur Anpassung aller nicht oder nur bedingt rezipierbaren Vorschriften. Auch diesfalls bleibt Klein zufolge eingehend zu «erwägen, was die Gegenwart braucht und wie ihr dies in Übereinstimmung mit den poli- 259 
II. Nachbildung und Anpassungen 18Vgl. Klein, Zivilprozeß, S.255. 19Vgl. Parker/Lewisch, S.209f. 20Berger, Souveränität, S.45; wortgleich Berger, Rezeption, S.9. 21Klein, Référé, S.140. Vgl. anderer Meinung, obwohl mit den gleichen Argumenten Schima, S.256.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.