MARION WALSER, STUDENTIN
er Rhythmus meines Lebens hat sich vollkom-
men geändert, seit ich mit dem Langlauf als
Leistungssport aufgehört habe. Mein Leben
bestand aus Langlauf, Schule und schlafen und
irgendwann musste ich mich entscheiden, ma-
che ich das Ganze nun profimässig oder kon-
zentriere ich mich mehr auf die Schule. Ich war schon in der siebten Klasse knapp
dran und finanziell war der Aufwand auch enorm. Das ging nur dank meinen
Eltern. Mit der materiellen Unterstützung, die ich vom LSV bekam, hätte das nir-
gends hin gereicht. Also hätte ich Profi werden müssen. So habe ich mich für die
Schule entschieden. Das haben meine Eltern übrigens ganz toll gemacht. Ich wur-
de nie gepuscht, gehetzt, und trotzdem sind sie voll und ganz hinter mir gestan-
den mit dem, was ich getan habe. Ich richte mir den Tag jetzt anders ein. Früher
bin ich um halb sieben aufgestanden und dann ins Gymi gegangen, über Mittag
bin ich in den Steg gefahren, um zu trainieren, am Nachmittag wieder in die Schu-
le und nach der Schule dann ins Krafttraining. Dann kam ich so gegen acht nach
Hause, duschte mich, machte Aufgaben für die Schule und ging dann ins Bett, um
am anderen Tag mit dem gleichen Programm weiter zu machen. Freitag war
Reisetag und am Samstag und Sonntag waren jeweils Wettkämpfe angesagt. Ich
habe früher alles, gar alles, dem Sport untergeordnet. Das war eine grosse Be-
lastung, unter der die Schule teilweise zu knapp kam, ausserdem kam noch ein
Leistungsasthma dazu, das heisst, dass ich unter hoher Anstrengung Asthma be-
kam. Absolut kontraproduktiv, aber ich glaube, das war psychosomatisch. Jetzt,
seit ich weniger Druck habe, ist auch das Asthma verschwunden. Toll. Der Sport
hat mir aber auch sehr viel gegeben, ich konnte reisen, sah fremde Länder, lernte
viel dabei. Ich habe ganz und gar nicht das Gefühl, dass ich in dieser Zeit etwas
verpasst habe. Und wenn das so wäre, kann ich es ja Jetzt nachholen. Aber Aus-
gang und so, das ist nicht so wichtig für mich, es gibt Wichtigeres.
Bald fange ich an zu studieren. Heil- und Sozialpädagogik in Fribourg, da-
rauf freue ich mich sehr. Momentan arbeite ich noch im Heilpädagogischen Zen-
trum in Schaan, weil ein einjähriges Praktikum Voraussetzung für das Studium ist.
Im HPZ gefällt es mir super, die Arbeit als Lehrerassistentin entspricht mir im Mo-
ment sehr. Wir machen ganz einfache Sachen zusammen mit den Schülern, die
Schule mit den Behinderten ist mehr eine Schule des Lebens, als eine Schule des
Wissens. Die Schüler müssen die einfachen Dinge des Lebens lernen, wie etwa
einkaufen, sich waschen, kochen. Grundlegende Dinge, praktische Alltags-
übungen, die für uns ganz selbstverständlich sind. Die Arbeit entspricht mir, weil
hier nicht das knallharte Rechnen, das kalkulierte Denken, nötig ist. Ich bin eine
sozialer Mensch, es ist wichtig für mich, anderen zu helfen, dazu zu schauen, dass
es mir und anderen gut geht. Darum hätte ich auch nie in die Wirtschaft gewollt,