Volltext: Das Haus Liechtenstein in den böhmischen Ländern vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert

Christoph Maria Merki 
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Der erste Liechtenstein, der sich öffentlich zu einem reformierten Glauben 
bekannte, war Leonhard I. Er bekannte sich als Anhänger der Täufer, also einer 
Denomination, die selbst in den Augen der meisten anderen Reformierten eine 
«Sekte» von Ver(w)irrten war. Dass es Leonhard von Liechtenstein mit seinem 
Bekenntnis ernst gewesen sein muss, sieht man daran, dass er sich im Alter von 44 
Jahren noch einmal taufen liess, aber auch daran, dass er wegen des Schutzes, den 
er den Täufern gewährte, Streit mit dem König riskierte. Die Täufer lehnten den 
Kriegsdienst ab. Auch Leonhard I. scheint nie an einem Kriegszug teilgenommen 
zu haben. Er muss allerdings wie alle Standesgenossen eine Ausbildung im Waf 
fenhandwerk besessen haben, denn er bestritt zwei Kämpfe auf dem Turnier, das 
anlässlich der Feierlichkeiten zur habsburgischen Doppelhochzeit des Jahres 1515 
stattfand. 111 
Mit seiner Haltung und seinem Engagement geriet Leonhard I. in einen 
scharfen Gegensatz zur katholischen Amtskirche. Dies war aus verschiedenen 
Gründen nicht weiter schlimm. Schon sein Urahn Georg III. war als Kardinal 
von einem Gegenpapst ernannt und insofern ein «Schismatiker» gewesen. Auch 
hatten die Liechtenstein wie alle Adeligen immer mal wieder Probleme mit ein 
zelnen Vertretern der Amtskirche, bei der es sich ja um ein äusserst vielfältiges, 
mächtiges und - in der Glaubenspraxis vor Ort - durchaus heterodoxes Gebilde 
handelte. So stritten sie sich zu Beginn des 14. Jahrhunderts mit dem Bischof von 
Olmütz um die Besetzung der Nikolsburger Pfarrei, und seit den 1450er Jahren 
gab es immer wieder Streitigkeiten mit dem Kloster Rosa Coeli in Dolni Kounice/ 
Kanitz, dessen Besitzungen an die liechtensteinischen Herrschaften Nikolsburg 
und Dürnholz grenzten. 
Das Frauenkloster Rosa Coeli lag etwa 30 Kilometer nördlich von Nikols 
burg. Es war in den Hussitenkriegen (1419-1436) veiwüstet worden und befand 
sich im Niedergang. Die Liechtenstein, die nach den Hussitenkriegen selbst in 
finanziellen Schwierigkeiten steckten, kürzten 1454 die Zahlungen an das Kloster, 
zu denen sie verpflichtet gewesen wären. Zudem gab es Streit um die Abgaben 
zweier Dörfer, die dem Kloster gehörten und die von den Liechtenstein bean 
sprucht wurden. Nachdem der Streit in den 1470er Jahren vorübergehend beige 
legt werden konnte, flammte er um 1515 wieder auf. Unter anderem ging es um 
eine Brücke über die Svratka/Schwarza, welche Leonhards Bruder Wolfgang ohne 
Bewilligung des Klosters hatte errichten lassen. Auch Leonhard selbst geriet mit 
dem Kloster in Streit: Er baute die Teichwirtschaft auf seiner Herrschaft aus und 
11 Falke 1877, Bd. 2,3.41/42.
	        

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