Volltext: Ist der Vergewaltigungstatbestand noch zeitgemäss? Diskussion des Art. 190 StGB und Rechtsvergleich

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des Ver gewaltigungs tatbes tande s ausreicht, führt dies unweiger lich dazu, dass bei 
der betroffenen Person eine Art Notwehrpfl icht en ts teht, damit sie als Opfer einer 
Ver gewaltigung oder sex uellen Nötigung aner kan nt 
wird.104 
Zudem widerspricht 
dies der IK dahingehend, weil diese zudem verla ngt, dass nicht- einver s tändliche 
sexuelle Handlungen angemessen bestraft wer den 
müssen.105 
Wie ber eits aus ge- 
führt wur de, wäre bei einer sex uellen B eläs tigung keine s olche angemes s ene Be- 
strafung gegeben. 
Da im Schweizer StGB keine Sondervorschrift vo r handen ist, die den Versuch oder 
die Gehilfenschaft zu einer sexuellen Belä s tigung unter Strafe stellt, er gibt sich da- 
raus ein möglicher Verstoss gegen Art. 41 
IK.106 
In Art. 45 IK wird statuiert, dass 
die Vertragsparteien für die Straftaten (hier insb. Art. 36 IK) wirksame und ange- 
messene Sanktionen vorsehen müssen. Dem kann hier mit einer blossen Busse 
kaum R echnung getr agen 
werden.107 
L etztlich setzt Art. 55 IK voraus, dass die Er- 
mittlung oder die Strafve rfolgung nicht gänzlich von einer M eldung oder Anzeige 
des Opfers abhängig gemacht wird, sodass das Ver fahren fortgesetzt wer den kann, 
auch wenn das Opfer seine Aussage oder Anzeige 
zurückzieht.108 
Auch diese Vo- 
raussetzung erscheint im L ichte der schweizerische n Rechtslage nicht unpr oblema- 
tis ch, da Art. 198 StGB als Antr ags delikt («wird, auf Antr ag, mit Busse bestraft») 
aus ges taltet ist und somit ein weiter er Spannungs punkt zu der IK bes teht.   
Weder die Rechtsprechung des EGMR noch die IK legen dabei genau fest, wie die 
ex akte For mulier ung in der Ges etzgebung zu laute n hat oder wie die Fakto ren aus- 
zus ehen haben, die eine freie Zustimmung 
ausschliessen. 109 
Für die Ums etzung ei- 
ner s olchen geforderten Consent-based-Regelung erscheinen zwei Aus gangs punkte 
denkbar : Die erste M öglichkeit wäre das Abs tellen auf das Einverständnis, folg lich 
also auf ein «Ja» 
(Zustimmungsmodell).110 
Dies es M odell erfordert die pos itive Er- 
teilung der Zustimmung zum 
Sex ualkontakt.111 
Die zweite M öglichkeit wäre das 
                                                
104 
  HANIMANN, S. 5. 
105 
 Vgl. Art. 41, Art. 45 und Art. 55 IK. 
106 
  SCHEIDEGG ER, S. 302 f. Rz. 599; Da Versuch und Gehilfenschaft zur Übertretung nur in den 
vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen bestraft wird. 
107 
 Zur Veranschaulichung einfache Strassenverkehrsdelikte sind auch als Übertretungen zu quali- 
fizieren.   
108 
  SCHEIDEGG ER, S. 303 Rz. 600. 
109 
 Vgl. Urteil des EGMR vom 4. Dezember 2003 – 392 72/98 (M.C. gegen Bulgarien), § 166; Er- 
läuternder Bericht, S. 80 Rz. 193. 
110 
  SCHEIDEGG ER/ L AVOYER/ STALD ER, S. 72 Rz. 38. 
111 
  S UTER, S. 52 Rz. 103 f. f.
	        

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