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Politik —- politische_Bildung
In allen Bereichen der Jugenädpflege sollten staats-
bürgerliche Erziehung und politische Bildung zu den Schwer-
punkten der Arbeit zählen, Die Notwendigkeit der politischen
Bildung —- insbesondere im Jugendalter —- wird kaum mehr be-
stritten. Ein demokratischer Rechtsstaat ist ohne die aktive
Teilnahme der Bürger an allen öffentlichen Angelegenheiten
ständig gefährdet, So kann es nur im Interesse der Gemein-
schaft sein, möglichst viele junge Menschen zur politischen
Mündigkeit zu erziehen, Als politisch gebildet darf nach
Messerschmid gelten: (1)
"Wer nicht nur sein privates Dasein, nicht nur das
Seine sieht, sondern wer die öffentliche Sache ... als
seine Verpflichtung begreift und in sachlicher Weise an-
geht, und wer sich als Mitbürger versteht, Wem Mensch und
Dinge nicht gleichgültig sind, sondern wer sich auf ihr
Wesen besinnt und aus diesem Wesen die bestmögliche Oränung
des Ganzen abzuleiten und die einzelnen Entscheidungen
nach bestem Wissen und mit begründetem Urteil mitzubestimmen
versucht, Wer gewillt ist, nicht nach Gefühlen, sondern
nach seinen Einsichten auch gegen Widerstände ans Werk zu
gehen. Wer sich genau zu informieren versucht und sich in
ständiger Bemühung das nötige Wissen aneignet."
Um den jungen Menschen Nur annähernd zu diesem Ziele und zu
dieser politischen Mündigkeit zu verhelfen, kann man sich
nicht mit der Belehrung der Jugend über organisatorische
Aufgaben des Staates (Staatsbürgerkunde) und mit der Aus-
ainandersetzung der jüngeren Geschichte begnügen, Politische
Bildung setzt zwar gewisse Kenntnis voraus, darf sich aber
nicht allein darauf beschränken, Politische Bildung er-
fordert für den Lernenden vielmehr Erfahrungs- und Betätigungs-
raum des demokratischen Vollzuges, Für die Bildung politi-
sacher Urteilsfähigkeit lassen sich Lernstoffe der oberen
Schulstufe (8/9) wie Geographie, Geschichte, Sprachen,
(1): Handbuch für Erzieher und Jugenäpfleger, Staatsbürger-
liche Erziehung S. 2, Don Bosco Verlag München 1967.