8 15 Die Stiftung im schweizerischen
Privatrecht
A. Allgemeines
In vieler Hinsicht ist die Stiftung des Schweizerischen Zivil-
gesetzbuches (ZGB) der liechtensteinischen Stiftung ähnlich
oder gar mit ihr identisch. Der Grund liegt darin, dass sich der
liechtensteinische Gesetzgeber bei der Kodifizierung des Stif-
tungsrechts sehr stark am ZGB orientiert hat, indem er viele
Bestimmungen, zum Teil wörtlich, übernommen hat. Getreu dem
Grundsatz, der dem ganzen liechtensteinischen Gesellschafts-
recht zugrundeliegt, nämlich möglichst viele Gesellschaftsformen
zuzulassen,? hat er aber die Stiftungsfreiheit? noch weitergefasst,“
was zur Ausgestaltung von Stiftungsarten führte, die das schwei-
zerische Recht ablehnt.
B. Kurzer Überblick über die gesetzliche Regelung
Das ZGB teilt die juristischen Personen in «körperschaftlich
organisierte Personenverbindungen und die einem besonderen
Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten» (Art. 52 Abs. 1)
ein.
Laut Tuor5 behandelt das ZGB die Stiftung als eine besondere
Art der Anstalt. Er verwendet als Oberbegriff die Anstalt im
weiteren Sinne, die entweder eine Anstalt im engeren Sinne,
d. i. eine Vermögenszuwendung mit einer äusseren Einrichtung
wie eine Universität, oder eine Stiftung, d. i. eine Vermögenszu-
wendung ohne äussere Einrichtung wie eine Preisstiftung, ist.
Dabei verwende das ZGB ausschliesslich den Ausdruck «Stif-
2 Vgl. vorne S. 22.
Auch das ZGB hat das Prinzip der Stiftungsfreiheit übernommen, wie es
schon zuvor das bündnerische Privatgesetzbuch gekannt hat.
‘Dies erfolgte namentlich durch die Verweisungen auf die Anstalt und das
Treuunternehmen, aber auch durch neu geschaffene Bestimmungen.
5 Tuor S. 99/100.
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