2. Tell:
Die privatrechtliche Stiftung des
liechtensteinischen Personen- und
Gesellschaftsrechts
1. Abschnitt
$ 5 Das liechtensteinische Personen-
und Gesellschaftsrecht
A. Die Rezeption ausländischen Rechts durch
Liechtenstein im allgemeinen
Kleinstaaten wie das Fürstentum Liechtenstein! stehen bezüglich
des Rechts in einem grossen Dilemma: auf der einen Seite die
Kleinheit des Staates mit der naturgemäss sehr beschränkten per-
sonellen Kapazität, auf der anderen Seite die Notwendigkeit einer
Rechtsordnung mit Gesetzen und entsprechenden Institutionen
wie in jedem anderen Staat. Mit anderen Worten: Liechtenstein
muss praktisch die gleiche umfangreiche Rechtsordnung unter-
und aufrechterhalten wie beispielsweise die Schweiz, mit dem
Unterschied, dass das westliche Nachbarland rund 300mal mehr
Einwohner aufweist. Dies ist in der Praxis vor allem in der Ge-
setzgebung unmöglich.? Ein Hauptmittel zur wenigstens teil-
weisen Überwindung dieses Dilemmas bildet die Rezeption aus-
ländischen Rechts.
Auch Liechtenstein hat sich dieses Mittels bedient. Von 1812 an
wurden viele ausländische Gesetze ganz oder teilweise über-
' 160 qkm; 22 000 Einwohner.
? Dies gilt auch für die anderen Gebiete des liechtensteinischen Rechtslebens:
so sind am fürstlich liechtensteinischen Obergericht und am fürstlich liech-
tensteinischen Obersten Gerichtshof ausländische Richter tätig, ganz zu
schweigen von den zahlreichen in Liechtenstein wirkenden ausländischen
uristen.
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