Anfang dieses Jahres konnte
der Jazzpianist Joe Haider sei-
nen 65. Geburtstag feiern. Da-
zu wünschte ihm eine renom-
mierte Jazzzeitung «einen
produktiven Unruhestand».
Dass er keinesfalls zum alten
Eisen gehört, bewies er am
Freitagabend in der Tangente
in Eschen.
Gerolf Hauser
Pianist ist eine Untertreibung
(obwohl er z.B. mit Benny Bai-
ley, Conte Candoli, Dexter Gor-
don, Carmell Jones, Mel Lewis,
Bud Shank, Ben Webster u.v.a.
zusammenspielte), denn Joe
Haider ist auch Komponist,
Bandleader, gründete in der
50er-Jahren den Münchner
Jazzclub «Domicile», der zur in-
ternational bekannten Musik-
bühne wurde (und war dort
jahrelang «Hauspianist»), leitete
von 1984 bis 1995 die Swiss
Jazz School in Bern (mit so
berühmten Musikern als Lehrer
wie Benny Bailey und Bill Cob-
ham), gründete das Label JHM
Records (ursprünglich zur Ver-
5ffentlichung eigener Aufnah-
men, inzwischen ist es eine be-
kannte Adresse für inspirierten
Grenzenlose Musikleidenschaft
Das Joe Haider Jazztrio in der Tangente in Eschen
Mainstream und Contemporary
Jazz) - vor allem aber ist Joe
Haider ein unermüdlicher Ta-
‘entförderer,
Leidenschaft und Feuer
Dass die Musikleidenschafit
Joe Haiders keine Grenzen
kennt, zeigte er auch in der
Tangente. Der «Altmeister» des
akkordstarken und phantasie-
reichen modemen, aber auch
traditionsbewussten Main-
streams brachte zwei junge Ja-
zzmusiker mit, Bassist Giorgos
Antoniou und Schlagzeuger
Daniel Aebi. Dieses Trio zu
gründen, sei, so Joe Haider, ein
‘dealer Neubeginn nach seiner
‚angwierigen Krankheit gewe-
sen. Von Anfang an sei die Zu-
sammenarbeit mit seinen jün-
geren Kollegen harmonisch
ınd inspirierend gewesen. Und
so demonstrierten die drei, wie
Leidenschaft und Feuer, ver-
bunden mit Humor und Spiel-
‚reude, zu Feierstunden des Le-
bens werden können (einige
Stunden, denn das Konzert en-
dete erst gegen 23.30 Uhr).
Spielerische Perfektion
Ob es Standards waren oder
Eigenkompositionen, sie waren
ergänzten - das war grossartig,
das war in der Tradition der
grossen Jazztrios gespielt. Die-
se Tradition klang vielleicht
manchmal etwas «altertüm-
lich», rief aber viele Erinnerun-
gen wach und bestach durch
eine spielerisch und leicht da-
her kommende Perfektion. Und
dann Joe Haiders herrlich hu-
morvollen Ansagen: «Daniel
Aebi kommt aus dem Emmen-
tal, Giorgos Antoniou aus
Athen, Und woher komme ich?
Eigentlich aus Stuttgart...» Und
dann kommen Geschichten
über seinen Grossvater, über
die Mutter («zu Hause spielst du
richtige Musik, Dieses andere
da, diesen Jazz kannst du wo-
anders spielen»), den Vater («ich
musste zuerst etwas Anständi-
zes lernen, kaufmännischer
Angestellter. Ist das etwas An-
ständiges?»), bis hin zur Verab-
schiedung: «Es spielte am Bass
Giorgos Antoniou, am Schlag-
zeug Daniel Aebi, die jungen
„eute, die dafür sorgen, dass
der alte Mann nicht einschläft.
Und es plauderte mit Ihnen Joe
Haider.»
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