Der Sprung über die Realität
Die Tangente in Eschen
ädt am Montag, den 13.
November um 18.30 Uhr
zur Präsentation der Seri-
zraphie «Lieux de l’imagi-
naire» von Roberto Alt-
mann ein. An diesem An-
lass erhalten die Gemein-
jen Balzers, Schaan,
Mauren, Ruggell und
Schellenberg, sowie die
Liechtensteinische Post
AG in Vaduz ihre Exem-
olare ausgehändigt.
"Mit Roberto Altmann
sprach Gerolf Hauser
Roberto Altmann versteht un-
'er dieser «Aktion» sein Befas-
sen mit denjenigen Orten welt-
weit, die sein künstlerisches
denken und Schaffen beein-
lusst haben. Die zweite Seri-
zraphie hat die 11 Gemeinden
„jechtensteins zum Thema: Auf
11 Feldern sind sie vertreten,
aus denen Roberto Altmann ei-
ıen imaginären Brief erhält mit
riginalen Briefmarken, ge-
;tempelt mit dem Datum des
letzten Tages letzten Jahres:
31.12.1999. In einem Gespräch.
nitten in der Nacht und in aus-
gezeichneter Stimmung, wech-
‚elnd zwischen portugiesisch,
'ranzösisch und deutsch,
;prach Roberto Altmann über
sich und seine Arbeit.
Was sind imaginäre Briefe?
Roberto Altmann: «Ich habe
licht so viele Werke vorzuwei-
;en, nicht nur, weil ich faul bin
ınd nicht nur, weil ich grosse
Probleme mit meinen Augen
ıabe, sondern auch, weil ich
von einer «silence de dix
annees» überschwemmt bin. In
lieser Zeit habe ich ein wenig
neditiert und vielleicht viel ge-
veint - ein Wellental. Seit un-
sefähr acht Jahren beschäftige
ch mich damit, nicht so sehr
ntensiv, aber immerhin, Briefe
ın mich selbst zu schicken. Ei-
jentlich war am Anfang nicht
lie Idee da, daraus «ein Werk»
ıu machen; ich wollte damit
pielen und es dann in den Pa-
‚ierkorb werfen. Dann habe ich
je doch gesammelt. Sie wur-
len vor etwa fünf Jahren im
‚ostmuseum in Paris ausge-
;tellt Jetzt in der Tangente ist
s eine «Aktion», das bedeutet
ne Bewegung, eine imaginäre
Roberto Altmann präsentiert am Montag in der Tangente seine
ıLieux de l'imaginaire».
ıinein in die elf liechtensteini-
chen Gemeinden. Ich plane ei-
ıe ganze Reihe solcher Serigra-
»hien zu machen, die immer zu
un haben mit den «Lieux de
imaginaire»s, den Orten, die
nich bewegt haben, die wichtig
varen in meinem Leben und
ür meine Arbeit. Es sind fiktive
;endungen, also nicht ver-
schickt aber ordnungsgemäss
abgestempelt von der Post. Das
ist der Sprung über die Realität
2ıinaus. Das Datum 31. 12 99
nat etwas mit Bewegung, mit
Passage oder Durchgang zu
tun.»
Also eine Hommage an Liech-
tenstein?
«ich habe diese nationali-
stisch belasteten Dinge nicht
gern, sie haben keinen Wert für
mich. Aber die liechtensteini-
schen Orte sind wertvoll für
mich als Orte, die mich berührt
und bewegt haben. Ich glaube,
das gilt für viele Künstler, die
spüren, dass schon seit dem 19.
Jahrhundert sich hier kulturel-
le Strömungen kreuzen. Aber
natürlich spielt auch eine Rol-
le, dass ich hier zum ersten Mal
Berge mit Schnee sah, Kühe
auf der Strasse und eine über-
dachte Holzbrücke über den
Rhein.»
Wehrst Du Dich auch gegen
den Begriff Nostalgie?
«Diesen Begriff habe ich auch
nicht sehr gern, obwohl man-
che in meinen Arbeiten glau-
ben so etwas zu finden. Für
mich ist das aber keine Nostal-
gie, sondern Erinnerung, die ei-
ne sehr grosse Rolle spielt für
mich, sogar mehr als ich dach-
te.»
Die Begriffe, Durchgang, Be-
wegung, Passage sind wich-
tig für Dich?
«Viele meiner Arbeiten ent-
stehen in der Bewegung, im
Gehen, z. B. Improvisationen in
.autgedichten während des Ge-
ıens. Für mich ist die Bewe-
zung des Körpers immer mit
lem Bild verbunden. So habe
ich z. B. immer Personen ge-
malt, deren Leben Bewegung
ist, also Tänzer und Tänzerin-
nen. Ich denke, dass die Füsse,
die Bewegung mit dem Kopf
zusammenhängen, es einen un-
mittelbaren Sinnzusammen-
hang gibt. Ohne Bewegung en-
det das Leben und ganz beson-
ders das kreative Leben.»
Dein Leben zeigt die Bewe-
gung In verschiedenen Kultu-
ren?
«Damit berührst Du ein wich-
tiges Problem für mich. Das hat
auch mit diesen an mich selbst
adressierten Briefen zu tun. Es
ist ein Problem der Identität,
der Frage der Doppeltheit, des
doppelt Fremden. Der Künstler
kann durch sein Werk... il peut
passer quelque chose, im dop-
pelten Sinn des Wortes: Er gibt
etwas, bietet etwas an und er
überschreitet Grenzen. Es sind
immer Durchgänge, Passagen,
nitiationen für mich, nicht in
ainem christlichen, sondern in
einem spirituellen Sinn.»