Volltext: 30 Jahre Tangente

Leckerbissen für Jazzfreunde 
Das «Quintette Popolien» aus der Westschweiz in der Tangente 
Als letztes Jazzkonzert in dieser 
Saison bot die Tangente in Eschen 
vergangenen Freitag mit dem 
«Quintette Popolien» aus der West- 
schweiz einen Leckerbissen und 
einen wahren Hör- und Erlebnis- 
genuss für alle Jazzfreunde, 
_ Gerolf Hauser 
Dieses Quintett, so war in der Ein- 
ladung zu lesen, spiele keine stan- 
dardmässigen Jazzformen, verwerfe 
Dagewesenes nicht, sondern greife 
gerade darauf zurück, indem es auf 
zündende und originelle Weise alles 
auf «popolische Art» interpretiere, 
was sich zwischen barocker Poly- 
phonie, afrikanischer Harmonik, 
Musette, Zirkusmusik und Jazz an- 
bietet.» 
Auf drei Ebenen 
Das war gut formuliert und sagt 
äoch nichts von der grossartigen 
Spielfreude und Spiellust der Musi- 
xer Jean Francois Bovard (Posau- 
ne), Diego Marion (Tenor- und So- 
jransaxophon), Emilien Tolck (Kla- 
vier) und Jean Rochat (Schlag- 
zeug), die sich um den Bassisten 
Popol Lavanchy gruppieren. Karl 
Gassner sagte bei seiner Begrüs- 
zung; «Ich habe sie gehört. Ihr wer- 
det überrascht sein.» Und das war 
man dann - und wie! Der Leiter der 
Gruppe Popol Lavanchy ist nicht 
nur ein hervorragender Bassist und 
Komponist, sondern ein Erzspass- 
‚ogel. «Wir freuen uns in Europa zu 
sein, liebe Damen und Herren und 
Fräulein», begrüsst er die Jazz- 
Ireunde. Und dieses «und Fräulein» 
';aucht bei jeder Ansage wieder auf, 
licht diskriminierend, sondern ein- 
:ach fröhlich - so wie die Musik. Ein 
ıach allen Seiten glänzendes Quin- 
'ett, grossartige Arrangements: 5 ge- 
‚eilt durch 3 — atemberaubende 
Korrespondenz zwischen Bass und 
;chlagzeug einerseits, zwischen den 
3läsern andererseits (mit oft sehr 
nger Stimmführung), dazwischen, 
:in Zünglein an der Waage, das Kla- 
ier - Klangflächen, trotz deı 
Klangvielfalt durchsichtig, durch- 
1örbar, mehr als stereophon (gibt es 
riplophon?), jede Gruppierung als 
Zinheit erlebbar, perfektes Ergän- 
‚en, in ständiger Bewegung befind- 
icher Prozess von drei Ebenen zur 
Drei-Einheit und zurück. 
Dazu Verfremdungen. leere Cola- 
josen auf den Saiten des Flügels, ein 
Kapodaster beim Bass, die Saiten 
'‚erkürzend und damit den Klang 
indernd, das Schlagzeugs mit beiden 
jtöcken gespielt, mit dem Schuhab- 
atz das Trommelfell spannend und 
ockernd. Dazwischen herrlich me- 
>diöse Passagen, die plötzlich in 
ronie umschlagen, wenn sie sich in 
Alpenblasmusik wandeln, um von 
lort in Freejazz-Kollektivimprovi- 
ationen weiterzugehen. «Meine 
Damen und Herren und Fräulein, 
vir spielen jetzt die Geschichte von 
Jr. Joseph und Mister Haydn.» Und 
lann folgt eine Erzählung mit herr- 
ichen Soli, Haydn-Zitaten, Ländler- 
(längen - einfach fröhlich. Oder das 
stück «Pater noster» - zuerst Klän- 
ıeg ohne Rhythmus. sehr harma- 
isch, fast an Meditationsmusik er- 
nnernd, sich allmählich ins Rockar- 
ige steigernd, das wieder von rhyth- 
nuslosen Passagen abgelöst wird — 
ine genussreiche Mischung aus 
reier Improvisation mit Zitaten und 
conventionellen Elementen -- alles 
st Klang, alles macht Freude, lässt 
teinen Augenblick der Ruhe auftau- 
;hen, denn kaum lehnt man sich 
zurück, um den Blues oder Ländler 
der was auch immer geniessen zu 
cönnen, wechseln sie wieder den 
Klang, den Rhythmus, den Erdteil — 
jas «Quintette Popolien» ist nicht 
ıur das Quintett des Popol, sondern 
zin Quintett, das mit Klängen spielt, 
ıicht populistisch, eher populär, auf 
eden Fall eine Vielzahl von Klängen 
ldieser Welt umfassend. 
Das «Quintette Popolien» sorgte am vergangenen Freitag in der Tangente in Eschen für einen wahren Hör- und Er- 
ebnisgenuss für alle Jazzfreunde Bild: Geralf Hauser)
	        

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