Vergessenes durch Kunst wiedererweckt
Tangente-Ausstellung «aus der Sammlung von Rene Düsel»
Markus Gsell steuerte Klänge
bei, Cornelia Herrmann und
Manfred Schlapp legten wort-
gewandt ihre Gedanken dar,
und das Publikum applaudier-
te: Rene Düsels neue Ausstel-
Jung in der Tangente in Eschen
ist erlebenswert.
B VON HENNING VON VOGELSANG
Kunsthistorikerin Cornelia Herr-
mann, bekannt durch ihre Arbeit im
Historischen Verein, ist Tangente-Vor-
standsmitglied und betreut dort die
Sparte Bildende Kunst. Sie führte in ei-
nigen Sätzen in die neue Ausstellung
ein, die am Mittwoch um 19 Uhr in der
Tangente eröffnet wurde.
erstehung feiern und zum Kunstobjekt
geadelt werden. Im Besonderen sei auf
die gusseisernen Corpora Christi hin-
gewiesen, die ihren Weg von einem
Friedhof zu einem Schrotthändler ge-
funden haben und von dort zurück in
die Werkstatt des Künstlers. Entseel-
tes wird - Düsel sei Dank - wieder be-
seelt und erfährt von neuem staunen-
de Betrachtung!»
... erzählt eigene Geschichten
Man trete näher: Düsel ist ein
Meister der feinen Beobachtung, der
Umsetzung des dabei Entdeckten und
Gedachten, und er fordert zum Nach-
denken heraus, will aber nicht provo-
zieren, wie er selbst sagt. Der auf einer
xleinen Cola-Flasche dem Kopf
stehende Corpus Christi ist keine
‚espektlose Persiflage, sondern eine
Annäherung: Der Mensch hat die Welt
sich nicht untertan gemacht, sondern
schlachtet sie sinnlos und hemmungs-
los aus. Werte werden auf den Kopf
zestellt, Geistiges und Materielles,
jeele und Materie scheinen ganz be-
jebig austauschbar - doch sie sind es
nicht.
Die rostigen Teile in der Kiste:
Schlacke, Ketten, Werkzeug, ein abge-
rochener Grabkreuz-Corpus auch
ıer wie auf einer Metallcollage an der
Wand: Einen Fünf-Minuten-Parcours
durch die kleine, aber feine Galerie
cann es nicht geben. Rene Düsel hat
zenau hingesehen, und genau das er-
<ennt, wer selber genau hinsieht.
Denn wer Augen hat. zu sehen, der
sehe ...
Am Klavierobjekt
Im Entröe: v. |.
Manfred Schlapp,
Claudia Huber, die
am Sonntag in der
Tangente Schmuck
ausstellt, Rene
Düsel, Cornelia
Herrmann und Ga-
lerist Karl Gassner,
Foto: vv
Durch Blitz zum Geistesblitz
Manfred Schlapp, langjährig mit
dem Künstler befreundet, legte den
Gästen die gezeigten Objekte ans Herz:
Die Installation der 118 Spiegel im
äusseren Eingangsbereich des Hau-
ses, das durch einen Hausbrand nach
Blitzeinschlag inspirierte Werk im
Entree: ein vom Künstler zerstörtes
Klavier, in das, durch eine lange, dün-
ne, rote Leuchtstoffröhre symbolisiert,
der Blitz mitten hindurchfährt.
Ebenso die Collagen und Objekte in
den Räumen und die auf einem Tisch
ausgebreiteten —mehrbändig-gross-
formatigen Tagebücher mit Zetteln,
Texten, Bildern ... Das allein schon
lohnt den Besuch der Ausstellung. Ein-
blicke in ein Künstlerleben, Erinne-
rungen an Menschen und Ereignisse,
Empfindungen.
Weggeworfenes wieder
aufgesammelt ...
Die Ausstellung atmet bei aller fas-
inierenden Vielfalt von den Objekten
iber die Collagen bis hin zu den ge-
jaammelten Dingen die Beschäftigung
Rene Düsels mit den Menschen und
hrem Leben: Da sind die kleinen
Schachteln mit Krimskrams, jedes Teil
<önnte, wie Manfred Schlapp erläu-
erte, eine ganze Geschichte erzählen,
ınd der Künstler erweckt sie zu neu-
:m Leben, vielleicht weil nichts wirk-
ich tot ist, an das man sich erinnert.
:Was andere achtlos wegwerfen» -
lieses Wort sei ein Schlüssel. der einen
der Zugänge zu Düsels Kunst eröffne,
;agte Manfred Schlapp: «Achtlos Weg:
zeworfenes findet sich in fast allen sei:
ı1en Collagen und Objekten wieder
Nas auf Schrottplätzen und Müllhal-
len landet, verwandelt sich in Düsels
Nerkstatt zum Kunstwerk. Die Müll-
jeponien einer respektlosen Wegwerf:
gesellschaft liefern die Materialien, die
n den Händen von Rene Düsel Auf-
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