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7. Jost Bürgi erf indet den genialen Goldenen Sinus -K unstweg zur
«algebraischen schnell en, f ehlerar men, s elbstk o rrigier enden und beliebig
genauen Bere chnung von Sinuswerten» [LR167] bereits vor 1588. Mit dieser
mathe ma tischen Sensation, Differ enzenrechnung und Progr esstabulen ist er
allen Zeitgenossen weit voraus.
Jost Bürgis «Kunstweg»-Algorithmus zur «algebraischen schnellen , f ehlerar men,
selbstk o rrigierenden und beliebig genauen Berechnung von Sinus wert en»
[LR1 67] ist eine echte mathematische Sensation. Bür gis Sinuserstellung und die
mit völlig neuartigen Interpolationsmethoden geschaff enen Sinus-Tabellen
stellen in der Astronomie- und Mathe matikg eschicht e bis heute einzigartige
Leistungen dar, die die Verf ahren von Henry Briggs, Isaac Newton, Gaspard de
Prony und Charles Babbage s teilw eise bis zu mehrer e J ahrhunderte vorwegneh-
men [SB189ff]. Die 1592 hier von Bürgi erst mals pra kt izierte Differ enzenrech -
nung und rekursive Polynom-Tabelleninterpolation machen Jost Bürgi zusam-
men mit seiner Erfindung der Logarithmenrechnung (Progresstabulen), und dem
«Cano n Sinuum» zum bede utendsten Mathe mati ker der frühen Neuzeit.
Der Münchner Wisse nschaft s- und Mathemati khi storiker Menso F olkerts hat dies es Kunstweg-
Dokument des «Fundamentum Astronomiae» e ntdeckt und beschreibt dessen historische
Bedeut ung aus heutiger Kenntnis der Wissenschaftsgeschichte wie folgt:
1. In der A stronomie war es seit jeher von zentraler Bedeutung, ge naue Tabel len der Sinus- bzw.
der Sehnenwerte zu be sitzen, da man sie für alle Berechnungen der Bewe gun gen der
Himmelskörper, für die Zeitbestimmung und für viele s andere be nötigt.
2. Seit der A ntike hat man in allen Kultu rkrei sen (Griechenland, In dien, arab isch -islamischer Raum,
offenbar auch in Chi na) die Sehnen/Sinus-Werte im Pri nzip nach demselben Verfahren berechnet:
durch einbeschriebene regelmäßige Vieleck e und durch mathemat ische Bezie hun gen zwisch en
ihne n. Dies erforde rte komplizi er te Rechnunge n: mehrfaches Wur zelziehen und Inter polatione n.
3. Die einzi ge Person we ltweit, die ein ander es brauchbares (und dazu noch viel einfach ere s)
Verfahren ausgedacht hat, ist Bür gi. Er hatte allerdings das "Pech", dass er sein Verfahre n nicht
vollständi g veröffentlic ht hat, so dass man bis her darüber nur spekulieren kon nte.
4. Durch meine Entdeckung des bis jetzt unbekannt gebliebenen handgeschriebenen
Buchmanusk ript es Fundamentum astronomicae von Jost Bürgi sowie sein er darin beschriebenen
L ösung des Kunstweges weiss man nun en dlich, wie er entsteht, was er lei stet, und was ihm
gleicht.
5. Diese s zur Sinustabellierung völlig neuartige Artificium-Verfahren Jost Bürgis erweist sich mit
sein er Umwandl ung komplexer Divisionen in e infache Additionen und Halbierungen als wesentlich
einfacher es, sch nell eres und genaueres We rkzeug als die bereits aus der Ant ike stammende mit
den einbeschriebenen Polygo nen einzig gebräuchliche. Hinzu kommt, dass Bürg is L ösung sehr gut
konvergier t und man mit wenig Rechenaufwand zu sehr guten Sin uswerte n kommt.