Volltext: Neue Erkenntnisse zur Keplerschen Wende

  
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5. Wenn Jost Bürgi etwas veröffentlicht, dann nur unter protestanti s c her 
Herrs c haft. Bürgi-Lösungen werden nur von Ursus 1588 in Strassburg und 
Pitiscus 1598 in Heidelb erg ver ö ffen tlicht. Als Prag zweimal kurzfristig 
pro tes tantisch wird, will er dort 1609 und 1620 publizieren, stoppt jedoch nach 
dem Sieg der Gegenreformatoren die Projekte. 
  
Wenn Jost Bürgi zeitlebens überhaupt etwas veröffentlicht bzw. v erö f fentlichen 
lässt, dann nur unter pro t e stantischer Herrschaf t. Im Jahre 1588 ist es Niko laus 
«Ursus» Reimers, der in sei nem schmalen Büchlein «F undamentum Astronomi- 
cum» Bürgis zweiten Beweis zur Prosthaphärese [LR203] und Bü rgis «Goldenen 
Kunstweg» der Sinusbesti m mung in Form eines Rätsels p ubliziert. Im Zeitraum 
von 1598-1612 gestattet Bürgi dem protestantischen Heidelberg e r Bartholo- 
mäus Pitiscus die Veröffentlichung der Beschreibunge n vers chiedener Bürgi - 
Lö sungen in d essen Haupt werk «Trigo n ometria». Im Jahre 1609, als Kais er 
Rudo lf II. den pr o tes tantisc h-bö hmischen Ständen erneut die ihnen mit dem 
«Majes tätsbrief» genannte n Schriftstück freie Religi o nsausübung bestätigt, 
erklärt sich Jost Bürgi gegenüber seine m Schwager Benjamin Bra mer bereit , 
seine Manuskripte der «Coss-Algebra» inklusi v e des K unstwegs, Sinustaf eln und 
Pro gr esstabulen zu ver ö ffe ntlichen. Als der Kaiserli che Bruderkrieg z wischen 
Rudo lf II. und Ma tthias 1609/11 in Prag zu Gunsten des von der Gegenrefor- 
mation ges tützten jüngeren Bruders ausgeht , verfolgt er dieses Publikations- 
projekt nicht mehr wei ter. Ebenfalls aus Gründen des Bruderzwistes lässt Kepl er 
die Rudo lf II. gewidmete «Astronomia Nova» 1608/09 in Heidelb erg drucken. Als 
jedo ch nach dem zwei ten F ensters turz in Prag die protestantisch-böhmis chen 
Stände kurzfristig Oberhand gewinnen, lässt Jost Bürgi im Jahre 1619 vom 
Kaiserlichen Kupferst echer Egidius Sadeler sein einziges Porträt anfertigen. Im 
Jahre 1619/20 –  zur Herrschaftszeit des kurpfälzischen «Winterkönigs» Friedrich 
I. in Prag – gibt Bürgi die Tabellen seiner Progresstabulen in Satz mit der Absicht, 
anschliessend den handschriftlich vorliegenden «Unterricht» gedruckt 
hinzuzufügen. Nach dem Sieg der kaiserlich-katholischen Truppen am 8. 
November 1620 bei der Sc hlacht am Weissen Berge stoppt er dieses halbfertige 
Projekt nicht all eine aus Geldmangel und Schäden in der Druckerei, sowie 
extreme wir tschaftlich e Krisenjahre, sondern auch deshalb. Bürgi lässt den 
Tabellenteil lediglich in kleiner Auflage drucken, der ohne den Rechenanleitungs- 
Unterricht aber ein un vers t ändliches Fragm ent bleibt [SB20 5ff].  
	        

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