26
– teilweise unter ihrem Eig engewicht und dem rauen Klima im Öresund s elbst
verziehen, sowie auch Assi stenten und illustre Gäste aus aller Herren Länder, die
seinen Ruhm als bed euten dster Astronom in ganz Europa verbreiten.
Einer dieser Gäste auf Uranibo rg ist die britische Königin Elizabeth I., ein ande rer
der Breslau er Mathematiker Paul Wittich (1546-1586), der 1580 drei Mona te auf
Hven verbracht e. Im Jahre 1584 führt ihn sein Interesse auf die Sternwarte in
Kassel, wo er auch von seinem Aufenthalt auf Hven berichtet. Brahe hatte sich
nach seine m B esuch in Kassel 1575 für die Demarche Wilhelms IV. bei Frederik
II. niemals b edankt, so dass der hessis che Landgraf Wil helm IV. nach dem
Besuch Wi ttichs in Kassel mit Brahe Kontakt aufnimmt und den spät er im Buch
«Episto laru m astronomicarum libri » selektiv abgedruc kten Informationsaus-
tausch begründet. Paul Wittich hatte in Kas sel berichtet, dass man auf Hven mit
einer Transversal-Ablesung am grossen Mau erq u adranten gute Erfahrungen
gemacht habe, und dass er mit Brahe seine Ideen eines geoheliozentrischen
Kosmos eb enso diskutiert hatte wie die Methode der vom Nürnberger
Stadtpfarrer Johannes Werner ent wickel ten Prosthaphärese – eine
Rechenmethode, mit der man bei der aufw endigen und fehleranfälligen
sphärischen Positionsberechnung Divisionen vermeiden könne. All dies erfuhren
in Kassel 1584 von Paul Wittich ausser Wilhelm IV. ebenfalls Christop h
Rothmann, Jost Bürgi und Nikolaus «Ursus» Reimers, der sich 1585/87 in Kassel
aufhält und eng mit Bürgi z usam menarbeit et. Die angeblich von Tycho de Brahe
erfundene und nach ihm b enannte Kosmographie ist ein den jesuiti schen
Mathe mati kern recht entgegenkommendes Modell, v erharrt die Erde doch im
Zentrum und wird von Mond und Sonne um kreist sowie die Sonne ihrerseits
zusätzlich von den anderen damals b ekannten Planeten Merkur, Venus, Mars,
Jupiter und Saturn. Dabei stehe gemäss Brahe die Erde im Zentrum still, kann
sich doch nie mand vorstellen, dass sie sich täglich, gemessen am Äquator, mit
einer Ge schwindigkei t von 1640 km/h um sich selbst dreht, ohne dass wir dabei
einen dauerhaften Sturmwind spüren, und dass sie dazu noch mit einer
Durchschnittsgeschwindigkeit von 108’000 km/h jährli ch einmal die Sonne
umrundet. Wie wir heute wissen, handel te es sich bei dies em hybriden
geo heli o zentrisch en und als «tych o nisch» b ezeichnet en Modell um ein Konzept,
das gemä ss Copernicus in ä hnlicher Form Martinus Capella achthundert Jahre
zuvor und auf Grund noch älterer Dokumente Apollonius von Perge bereits im im