Volltext: Liechtenstein 1988-1998

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Für die Regierung hat die ganze Angelegenheit begonnen am 28. November 1997, als der zuständige Nuntius Oriano Quilici bei Frau Aussenministerin Andrea Willi vorgesprochen hat. Der Nuntius wollte an sich zu Seiner Durchlaucht dem Landesfürsten, welcher aber im Ausland weilte. Nachdem er festgestellt hatte, telefonisch, dass dies nicht möglich ist, hat er einen Ter- min bei der Aussenministerin vereinbart, das hat eben am 28. November stattgefunden. An diesem Termin wur- de ein Schreiben des Papstes an den Landesfürsten offen übergeben. Die Aussenministerin wurde auch aufgefor- dert, dass man dieses Schreiben lesen kann. Das Schrei- ben ist aber als persönlich, streng vertraulich, an Seine Durchlaucht den Landesfürsten adressiert. Frau Aussen- ministerin behielt sich vor, dass die Regierung auf jeden Fall informiert werden müsste, was auch passiert ist am gleichen Tag. Ich habe hernach den Landesfürsten telefo- nisch im Ausland erreichen können. Er hat mir ebenfalls seine Überraschung über diesen Schritt mitgeteilt, die Überraschung ist insbesondere deswegen verständlich, weil sowohl Seine Durchlaucht der Landesfürst als auch ichanlässlich jeweils separater Besprechungen in frühe- ren Jahren gegenüber dem damaligen Nuntius Rauber ganz klar gesagt haben, dass sehr vieles gegen eine eige- ne Erzdiözese oder ein Bistum Vaduz spreche. Mit dem Fürsten habe ich dann vereinbart, dass wir uns bemühen werden, die ganze Angelegenheit zu sistieren, zu stop- pen, oder mindestens zu verschieben. Dementsprechend wurde dann der Botschafter beim Apostolischen Stuhl, Prinz Nikolaus, beauftragt sich einzusetzen und minde- stens, allermindestens eine Verschiebung zu erreichen. Wie es sich herausgestellt hat, war dies nicht möglich, am 2. Dezember schliesslich wurde die entsprechende Meldung publik. [...] Landtagsprotokolle 1997, Band III, Information der Regierung und Erklärung des Landtages zum Thema Erzdiözese Vaduz, 17. Dezem- ber 1997, Regierungschef Mario Frick, Seite 
2528.[...] 
Das Vorgehen des Vatikans ist peinlich für den Vatikan, für den Staat Liechtenstein ist es beschämend. Weil der Landesfürst zu dieser Zeit in Österreich auf der Jagd war, deponierte der päpstliche Nuntius das als streng vertraulich eingestufte Schreiben bei der Aussen- ministerin. Diese sollte sozusagen als Briefträgerin fun- gieren. Die Regierung wurde also nur durch Zufall infor- miert, obwohl Liechtenstein beim Heiligen Stuhl eine Botschaft unterhält. Vom Vatikan wurde der Regierung aufgetragen, die Mitteilung als streng vertraulich zu behandeln, als ob der Vatikan bestimmen könnte, was von unserer liechtensteinischen Regierung als vertrau- lich zu behandeln ist. […] Wer glaubt, das Ganze sei ein- fach eine Panne, der irrt. Der Vatikan hat eine jahrhun- dertelange Erfahrung in der Diplomatie. Das Vorgehen des Vatikans hat System, es entspringt einem klaren Plan. Der Vatikan wusste aus Vorgesprächen, dass die Errich- tung einer Erzdiözese in Liechtenstein abgelehnt wird. Der Vatikan wusste insbesondere, dass eine Erzdiözese Liechtenstein mit Wolfgang Haas als Erzbischof auf ent- schiedene Ablehnung stösst. Er wusste aber auch, dass zumindest von Seite des Fürstenhauses gegen die Errich- tung einer Erzdiözese kein Widerstand zu erwarten war, von da her erklärt sich das Vorgehen. Die Schaffung einer Erzdiözese wurde als Überraschungscoup inszeniert, es sollten möglichst rasch vollendete Tatsachen geschaffen werden. Auf die demokratisch gewählten Behörden konn- te keine Rücksicht genommen werden, wenn das Werk gelingen sollte. [...] Landtagsprotokolle 1997, Band III, Information der Regierung und Erklärung des Landtages zum Thema Erzdiözese Vaduz, 17. Dezem- ber 1997, Votum Abg. Paul Vogt, Seite 
2533. [...] Leider ist die Angelegenheit nicht so harmlos und enthält einigen Zündstoff. Der innerkatholische Konflikt personifiziert auf der einen Seite vor allem im derzeiti- gen Papst und nebst anderem dem bisherigen Churer Bischof, und auf der anderen Seite den progressiven Theologen und den Laientheologen. Dieser Konflikt wird mit der vom Vatikan angestrebten Lösung, nämlich der Bistumserrichtung, und der Bestellung von Wolfgang Haas als Erzbischof in unser Land getragen und hier ver- schärft. Dieser Konflikt wird - soviel ist vorauszusehen - stärkere Veränderungen nach sich ziehen als die Bistums- errichtung selber eine darstellt. Er kann einen Glaubens- krieg zwischen den beiden Lagern auslösen und den inneren Frieden enorm beeinträchtigen. Ich spreche hier nicht von einem Krieg mit Waffen, sondern einem Krieg von Worten. Leidtragende dieser innerkirchlichen Polari- sierung und Auseinandersetzung werden voraussichtlich grosse Teile der Bevölkerung sein - zu denen ich mich auch zähle -, die nicht an innerkirchlichen Machtpositio- nen und Glaubenskämpfen interessiert sind, sondern ein Leben nach christlichen Grundsätzen leben wollen. Ein weiterer Grund für die Ablehnung der Errichtung eines Erzbistums ist für mich die inakzeptable Vorgehensweise seitens des Vatikans. Ich habe früher erwähnt, dass ich
	        

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