Steht Verfassungsänderung an? [...] Als am frühen Mittwochabend die Staatskrise überwunden, eine Lösung in den harten Auseinandersetzungen zwischen Regierung/Landtag und Fürst gefunden war, wurde verschiedenenorts die Frage nach einer Ver- fassungsänderung laut. Auch prominente Volksvertreter wie VU-Fraktions- sprecher Reinhard Walser erklärten, dass die Frage nach einer Verfassungsän- derung in nächster Zeit diskutiert werden müsse. Man war allgemein der Meinung, dass die Kompetenzen zwischen Volk bzw. Volksvertreter, Regie- rung und Landesfürst geklärt bzw. neu geregelt werden müsse. [...] Liechtensteiner Vaterland, 30. Oktober 1992, Seite 1. Kommt es in Liechtenstein zu einer Verfassungsrevision mit Monarchie-Diskussion? Das Fürstentum Liechtenstein, die letzte Monarchie im Herzen Europas, ist nur durch die Vermittlung eines “Überparteilichen Komitees für Monar- chie und Demokratie” an einer Staatskrise vorbeigekommen. Obwohl Fürst Hans-Adam II. am Schluss der Landtagssitzung, die eigentlich der Auflösung des Landtags dienen sollte, dann aber zur Entgegennahme des Kompromiss- vorschlags verwendet wurde, die Wiederherstellung des Vertrauens in Regie- rung und Landtag betonte, wird der Umgang der Staatsgewalten nicht mehr wie vorher sein. Ein solcher Kraftakt hinterlässt seine Spuren, die Hinweise auf die Notwendigkeit einer Verfassungsrevision, die auch von Regierungs- mitgliedern am Mittwoch abend gegeben wurden, sind ein deutliches Zei- chen dafür. [...] Liechtensteiner Volksblatt, 30. Oktober 1992, Seite 1. Unser Nachbar Schweiz zeigt Europa die kalte Schulter Die Schweiz steht bei der Schaffung eines europäischen Binnenmarkts abseits. 16 Kantone und eine Volksmehrheit von 50,3 Prozent lehnten den EWR-Vertrag am Wochenende ab. Der historische Urnengang mobilisierte 78,3 Prozent der Stimmbürger, ein seit 1947 nicht mehr erreichter Höchst- wert. Die EWR-Staaten müssen nun entscheiden, ob und wie der Vertrag rea- lisiert werden soll. Gemäss offiziellen Angaben der Bundeskanzlei vom Sonn- tag abend standen sich 1 786 121 EWR-Gegner und 1 763 016 Befürworter gegenüber. Den Ausschlag zugunsten des Volksneins gaben lediglich 23 105 Stimmen. [...] Liechtensteiner Volksblatt, 7. Dezember 1992, Seite 1.
EWR für uns die beste Lösung Durchlaucht, die Schweiz hat den Beitritt zum EWR abgelehnt. Werden Sie den liechtensteinischen Stimmberechtigten nun auch empfehlen, den EWR-Vertrag abzulehnen? Fürst Hans-Adam II.: Nein, denn unabhängig von der Schweiz ist der EWR für Liechtenstein die beste Lösung. Wir müssen natürlich in den nächsten Mona- ten offizielle Gespräche mit der Schweiz führen, um gleichzeitig den Zollver- trag aufrechterhalten zu können. Aufgrund der inoffiziellen Gespräche, die ich bereits geführt habe, dürfte dies kein allzu grosses Problem darstellen. Wir müssen voraussichtlich nur in einem kleinen Punkt den Zollvertrag anpassen, so wie wir dies schon getan haben, als wir Mitglied der EFTA wurden. [...] Interview mit S.D. Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein im Liechtensteiner Volksblatt, 7. Dezember 1992, Seite
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