Volltext: Liechtenstein 1938-1978

Staatsanwalt ermittelt gegen die Texon Aufgrund bisher zugänglicher Informationen hat die liechtensteinische Regierung mit Besorgnis zur Kenntnis genommen, dass in der Bankaffäre der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) neben verschiedenen schweizerischen und italienischen Gesellschaften auch eine Gesellschaft mit Sitz in Liechtenstein mitverwickelt ist. Es handelt sich um die am 17. April 1961 gegründete Texon Finanz- Anstalt (Kapital Fr. 500'000,-) . . . Der bekanntgewordene Einbezug der Texon Finanz- Anstalt in die Machenschaften der SKA-Direktoren Kufmeier, Laffranchi und Perler veranlasste die Regierung, die liechtensteinische Staatsanwaltschaft anzuweisen, Ermittlungen hinsichtlich allfälliger in Liechtenstein begangener strafbarer Handlungen einzuleiten . . . Liechtensteiner Vaterland, 3. Mai 1977 Interpellation von Landtagspräsident Dr. Gerard Batliner, Abg. Herbert Kindle, Abg. Dr. Peter Marxer und Abg. Johann Beck vom 6. Mai 1977: 1. Was gedenkt die Regierung zu tun, um Missbräuche und Auswüchse im Gesellschaftswesen und hieraus folgende Schäden für den Staat nach menschlichem Ermessen zu verhindern? 2. Bedarf unsere Bankengesetzgebung eines weiteren Ausbaus? 3. Bedarf unsere Gesetzgebung über Kapitalanlage- gesellschaften, Investmenttrusts und Anlagefonds eines weiteren Ausbaus? Landtagsprotokolle 1977 Zu 1): . . . Das Gesellschaftswesen hat zusammen mit den steuerlichen Vergünstigungen für Sitz- und Holding- gesellschaften, wie sie beipielsweise auch die Schweiz und Luxembourg kennen, im Verlaufe der Jahre, so wie es die Absicht des Gesetzgebers war, Arbeit und Verdienst im Lande geschaffen und ist heute eine der tragenden Säulen der liechtensteinischen Volkswirtschaft.. . Im Laufe der Jahrzehnte hat sich auf der Grundlage des Gesellschaftswesens ein gut organisiertes Dienstleistungs- gewerbe entwickelt, das vielen Liechtensteinern Arbeits- plätze bietet. Das Land muss daher auch aus diesem Grunde ein eminentes Interesse an der Erhaltung dieses Wirtschaftszweiges haben. Es ist nicht zu übersehen, dass die liberale Ausgestaltung des Gesellschaftswesens im besonderen Masse dem Risiko von Missbräuchen ausgesetzt ist. Erst kürzlich zeigten zwei 
Bankskandale in der Schweiz, dass von den Verantwort- lichen liechtensteinische Gesellschaften zu Tarnungs- und Täuschungszwecken missbraucht wurden . . . Die Regierung ist gewillt, vor dem Hintergrund volks- wirtschaftlicher Tragbarkeit alle Massnahmen zu erwägen, die geeignet sind, Missbräuche im Gesellschaftswesen zu bekämpfen bzw. solchen vorzubeugen. Als solche Mass- nahmen fallen in Betracht: — Abgrenzung des Tätigkeitsfeldes der einzelnen Ge- sellschaftstypen, beispielsweise in dem Sinne, dass Handels- und Finanzgeschäfte und sonstige kommerzielle Tätigkeiten nur über Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung abgewickelt werden dürfen und beispielsweise die Anstalt nur zur Verwaltung eigenen Vermögens zugelassen ist. — Abschaffung von Gesellschaftstypen, die in der bis- herigen Praxis keine Rolle gespielt haben, beispielsweise Anteilsgesellschaften, verselbständigte Abteilungen, Verbandspersonen nach ausländischem Recht, gemeinwirt- schaftliche Körperschaften. — Ausdehnung der Buchführungspflicht auf Bilanzvor- lagepflicht für alle juristischen Personen, über die Handels- und Finanzgeschäfte und sonstige kommerzielle Tätigkeiten abgewickelt werden. Für Gesellschaften, die nur ihr eigenes Vermögen verwalten, sollen anderweitige Kontrollen vorgesehen werden. — Regelungen über die Verhängung von Sanktionen (Strafen und zwangsweise Löschung) bei der Abwicklung unzulässiger Geschäfte (z. B. Waffenhandel) über liechten- steinische Gesellschaften. — Einführung einer obligatorischen Kontrollstelle für Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. — Überprüfung der gesetzlichen Bestimmungen über die Verantwortlichkeit der Organe juristischer Personen. — Aufnahme von neuen Tatbeständen in das Strafgesetz, die Wirtschaftsdelikte betreffen. — Verschärfte Strafsanktionen zwecks Durchsetzung zwingender gesetzlicher Vorschriften des PGR . . . Zu 2): Die liechtensteinische Bankengesetzgebung bedarf nach Auffassung der Regierung derzeit keines weiteren Ausbaus. Das geltende Gesetz über die Banken und Sparkassen aus dem Jahre 1960 (novelliert 1975), das bekanntlich sehr strenge Vorschriften über die Banken- zulassung (Konzessionspflicht) sowie über die Über- wachung und Revision enthält, bildet zusammen mit den zum Gesetz erlassenen Vollzugsvorschriften eine wirksame Grundlage für die Bankenkontrolle. Die gesetzlichen Vor- schriften werden in sinnvoller Weise durch eine kürzlich abgeschlossene Vereinbarung zwischen der Regierung und den liechtensteinischen Banken über die Sorgfaltspflicht bei der Entgegennahme von Geldern und die Handhabung des Bankgeheimnisses ergänzt. . . Zu 3): Auch die Gesetzgebung über Kapitalanlage- gesellschaften, Investmenttrusts und Anlagefonds bedarf nach Auffassung der Regierung derzeit keines weiteren Ausbaus. Das ebenfalls aus dem Jahre 1960 stammende einschlägige Gesetz bietet nach wie vor eine ausreichende Rechtsgrundlage für eine restriktive Zulassungspraxis. Beantwortung der Interpellation der Abgeordneten Dr. Gerard Batliner, Herbert Kindle, Dr. Peter Marxer und Johann Beck betreffend Gesell- schaftswesen und Bankengesetzgebung durch den Regierungschef Dr. Walter Kieber in der öffentlichen Landtagssitzung vom 3. Oktober 1977 — Landtagsprotokolle 1977 504
	        

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