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8. NOVEMBER 2019
Federer zum Auftakt gefordert
Tennis Novak Djokovic gegen Roger Federer – An den ATP Finals kommt es bereits in den Gruppenspielen zum Gipfeltreffen
der Superstars. Ab Sonntag geht es für beide darum, ihren Eintrag in den Geschichtsbüchern noch etwas fetter zu machen.
VON MARCEL HAUCK (KEYSTONE-SDA)
In
Basel sprach Roger Federer
davon, aus einer sehr guten
Saison eine grossartige ma-
chen zu wollen. Dazu bedürf-
te es eines siebten Triumphes an
den ATP Finals. Topfavorit ist der
38-jährige Basler trotz des äusserst
überzeugenden Auftritts an den
Swiss Indoors aber nicht. Diese Rol-
le gebührt wie fast immer in den
letzten Jahren Novak Djokovic. Mit
dem sechsten Sieg am Abschluss-
turnier der besten acht Spieler
könnte der Serbe mit Rekordhalter
Federer gleichziehen. Djokovic ist
auch schuld, dass 2019 nicht als
grossartiger Jahrgang in Federers
Annalen eingeht. Es waren die Mo-
mente, die den Schweizer Sport-
fans auch vier Monate später fast
das Herz brechen. Nur 20 Kilome-
ter südwestlich der O2 Arena wehr-
te der sechs Jahre jüngere Djokovic
im Wimbledon-Final zwei Match-
bälle ab und verhinderte damit den
neunten Titel des Schweizers auf
dem prestigeträchtigsten Tennis-
platz der Welt.
Federers Bilanz in diesem Jahr liest
sich sehr ähnlich wie im letzten:
Nummer 3 der Welt, vier Turniersie-
ge. Der grosse Unterschied: Er ge-
wann heuer in Miami statt am Aust-
ralian Open. Es fehlt also der Grand-
Slam-Titel, den er in Wimbledon um
ein paar Zentimeter verpasst hat.
Der Sieg an den ATP Finals wäre da
mehr als nur ein Trostpreis. Es wür-
de auch bedeuten, dass Federer fast
sicher Djokovic auf einer ganz gros-
sen Bühne bezwingen würde.
Eine Hammergruppe
Ein Sieg gegen Djokovic ist dem
Schweizer seit 2015 nicht mehr ge-
lungen, und selbst diese Erinnerung
ist bittersüss. Er gewann an den ATP
Finals in London in der Vorrunde –
und verlor ein paar Tage später den
Final. Ein Szenario, das auch dies-
mal denkbar ist, denn die nach Björn
Borg benannte Gruppe mit Federer,
Djokovic, Dominic Thiem und Mat-
teo Berrettini dürfte die klar stärke-
re sein. Oder wie es der Österreicher
Thiem ausdrückte: «Das ist eine ab-
solute Hammergruppe. Wenn man
bei den elitären acht Spielern sagen
kann, dass sich zwei noch ein bisserl
herausheben, dann sind es definitiv
Djokovic und Federer.»
Thiem ist am Sonntagabend (21.00
Uhr) Federers Auftaktgegner – und
auch das ist eine Revanche. In die-
sem Jahr verlor der Schweizer beide
Duelle. Vor allem der Final in Indian
Wells war aufschlussreich, denn er
zeigte die Fortschritte des Niederös-
terreichers, der bei drei Masters-
Teilnahmen immer in der Vorrunde
ausschied, auf Hartplätzen. Unter
seinem neuen chilenischen Coach
Nicolas Massu, ebenfalls ein
Sandspezialist, der aber 2004 in
Athen auf Hartplatz Olympiasieger
wurde, ist Thiem wesentlich stärker
einzuschätzen. Er gewann in diesem
Herbst die Turniere in Peking und
zu Hause in Wien.
Djokovic, auf den Federer am Diens-
tag treffen würde, falls beide ihre
Auftaktspiele gewinnen, überzeugte
letzte Woche in Paris-Bercy trotz ei-
ner Erkältung auf der ganzen Linie.
Er wartet allerdings wie der Basler
bereits ein Weilchen auf einen Mas-
ters-Triumph (Federer seit 2011, Djo-
kovic seit 2015). In den letzten bei-
den Jahren gab es durch Grigor Di-
mitrov und Alexander Zverev zwei
Überraschungssieger, 2016 trium-
phierte Andy Murray. Dazu scheint
der Italiener Matteo Berrettini, der
die Federer-Gruppe komplettiert,
kaum fähig.
Fragezeichen Nadal
Dass die nach Andre Agassi benann-
te Gruppe schwächer eingestuft
wird, hat wesentlich mit dem Ge-
sundheitsszustand von Rafael Nadal
zu tun. Der Spanier leidet unter ei-
ner Bauchmuskelzerrung, die ihn in
Paris-Bercy zum Forfait gezwungen
hat und die noch nicht vollständig
ausgeheilt ist. Die Nummer 1 ist aber
nach London gereist und will es ver-
suchen. Allerdings gelang es ihm
auch in Bestverfassung noch nie, die
ATP Finals zu gewinnen. Die Wahr-
scheinlichkeit ist deshalb hoch, dass
er die Führung in der Weltrangliste
wieder an Djokovic abgeben muss.
Nadals (mögliche) Probleme machen
die Gruppe völlig offen und lassen
den beiden Aufsteigern des Jahres,
Daniil Medwedew und Stefanos
Titsipas, alle Chancen. Zudem fühlt
sich Alexander Zverev in der O2 Are-
na sehr wohl und darf auf eine Wie-
derholung seines Coups vom letzten
Jahr, als er Federer und Djokovic
schlug, hoffen. Nach den Erfahrun-
gen der letzten Jahre wäre ein uner-
warteter Sieger so überraschend
nicht mehr.
Im Wimbledon-Finale standen sich Roger Federer und Novak Djokovic zuletzt gegenüber. (Foto: Keystone)
Tennis
Pliskova trennt
sich von Trainerin
PRAG Die Weltranglisten-Zweite Ka-
rolina Pliskova und ihre Trainerin
Conchita Martinez haben ihre Zu-
sammenarbeit beendet. Die frühere
Wimbledon-Siegerin hatte die
Tschechin seit Herbst 2018 betreut.
Wer auf die Spanierin folgt, ist noch
offen. (sda)
Ski alpin
Robinson startet
in Killington nicht
KILLINGTON Alice Robinson, die
Überraschungssiegerin des Welt-
cup-Prologs in Sölden, muss wegen
einer Knieprellung auf eine Teil-
nahme im Riesenslalom Ende No-
vember in Killington im US-Staat
Vermont verzichten. Die bald
18-jährige Neuseeländerin hat die
Verletzung schon vor ihrem Coup
auf dem Rettenbach-Gletscher im
Training erlitten. Untersuchungen
in ihrer Heimat hätten nun erge-
ben, dass sie einige Zeit pausieren
müsse, schreibt Robinson auf Insta-
gram. Der Teenager hofft, Mitte De-
zember im Riesenslalom in
Courchevel in den Weltcup zurück-
kehren zu können. (sda)
ATP FINALS
Die Gruppen
Einzel
Gruppe Andre Agassi: Rafael Nadal (ESP/
ATP 1), Daniil Medwedew (RUS/4), Stefa-
nos Tsitsipas (GRE/6), Alexander Zverev
(GER/7).
Gruppe Björn Borg: Novak Djokovic
(SRB/2), Roger Federer (SUI/3), Dominic
Thiem (AUT/5), Matteo Berrettini (ITA/8).
Doppel
Gruppe Max Mirnyi: Juan Sebastian Ca-
bal/Robert Farah (COL/Setznummer 1),
Kevin Krawietz/Andreas Mies (GER/3),
Jean-Julien Rojer/Horia Tecau (NED/
ROU/6), Pierre-Hugues Herbert/Nicolas
Mahut (FRA/7).
Gruppe Jonas Björkman: Lukasz Kubot/
Marcelo Melo (POL/BRA/2), Rajeev Ram/
Joe Salisbury (USA/GBR/4), Raven Klaa-
sen/Michael Venus (RSA/NZL/5), Ivan
Dodig/Filip Polasek (CRO/SVK/8).
Programm der ersten Tage
Sonntag, 10. November. 13.00 Uhr: Ram/
Salisbury – Klaasen/Venus. 15.00 Uhr:
Djokovic – Berrettini. 19.00 Uhr: Kubot/
Melo - Dodig/Polasek. 21.00 Uhr: Federer
– Thiem. – Montag, 11. November. 13.00
Uhr: Krawietz/Mies - Rojer/Tecau. 15.00
Uhr: Medwedew – Tsitsipas. 19.00 Uhr:
Cabal/Farah – Herbert/Mahut. 21.00 Uhr:
Nadal – Zverev. – Weitere Gruppenspiele
von Federer am Dienstag und Donnerstag.
– Halbfinals am Samstag, 16. November. –
Final am Sonntag, 17. November.
Finals der letzten 5 Jahre
2018 (London)
Alexander Zverev (GER) s. Novak Djokovic
(SRB) 6:4, 6:3
2017 (London)
Grigor Dimitrov (BUL) s. David Goffin
(BEL) 7:5, 4:6, 6:3
2016 (London)
Andy Murray (GBR) s. Novak Djokovic 6:3,
6:4.
2015 (London)
Novak Djokovic s. Roger Federer (SUI) 6:3,
6:4.
2014 (London)
Novak Djokovic s. Roger Federer w.o. (Rü-
ckenverletzung).
2013 (London)
Novak Djokovic s. Rafael Nadal (ESP) 6:3,
6:4.
Leichtathletik
Lewis fordert eine
eigene Leichtathletik-Liga
MONACO Der neunfache Olympiasie-
ger Carl Lewis fordert nach der an-
gekündigten Eliminierung von Diszi-
plinen aus dem Programm der Dia-
mond League die Gründung einer ei-
genen Leichtathletik-Liga. «Ihr
könnt eure eigene Liga gründen mit
individuellen Events auf der ganzen
Welt», schrieb der 58-Jährige auf
Twitter. «Es wird schwer und einige
Zeit dauern. Aber ihr werdet sehen,
ihr habt keine andere Wahl.» Zuvor
hatte der Internationale Leichtathle-
tik-Verband IAAF die Straffung in
der Diamond League um acht auf 24
Wettbewerbe angekündigt.
Zugleich rief Lewis alle Athleten auf,
den Verband zu verlassen und mit
dem Internationalen Olympischen
Komitee über die Wettbewerbe bei
den Olympischen Spielen zu verhan-
deln. «Ich habe schon 1997 gesagt,
dass die Golden beziehungsweise
die Diamond League ein Desaster
für den Sport sei. Mit den derzeiti-
gen Strukturen ist es unmöglich,
den Sport zu betreiben, den wir aus-
üben», schrieb der Amerikaner in ei-
nem weiteren Tweet.
Straffung für mehr Attraktivität
Zu den in der Diamond League nicht
mehr ausgetragenen Wettbewerben
gehören das Diskuswerfen, der Drei-
sprung, der 200-m-Lauf und 3000 m
Steeple. IAAF-Präsident Sebastian
Coe begründete die Straffung mit
der fehlenden Attraktivität für Zu-
schauer und Sender. «Unser Ziel ist
es, eine schnellere und spannendere
globale Liga zu schaffen, die das
Schaufenster für unseren Sport sein
wird. Eine Liga, die die Sender zei-
gen und die Fans sehen wollen», sag-
te Coe laut einer Mitteilung der
IAAF. Als Ausgleich wolle er die acht
Disziplinen in der Continental Tour
unterbringen. (sda)
Carl Lewis' klare Aussage: «Mit den derzeitigen Strukturen ist es unmöglich, den
Sport zu betreiben, den wir ausüben», so der Amerikaner auf Twitter. (Foto: RM)
ALLGEMEINES
MOSKAU Das Exekutiv- und das Grün-
dungskomitee der Welt-Anti-Doping-
Agentur (WADA) haben auf ihrer ge-
meinsamen Sitzung in Katowice in Polen
wie erwartet den neuen Anti-Doping-
Code (WADC) verabschiedet. Er tritt am
1. Januar 2021 in Kraft. Der neue Welt-
Anti-Doping-Code und die überarbeite-
ten internationalen Standards enthalten
auch Neuheiten, die als Lehren aus dem
«Fall Russland» hinzugefügt wurden. So
gibt es eine neue Regel zum Schutz von
Whistleblowern. Wer eine Person be-
drängt oder bedroht, die zuständigen
Organisationen von Doping-Verstössen
berichten will, kann künftig sanktioniert
werden. Zudem hat der Entscheid der
WADA, eine nationale Anti-Doping-
Agentur für nicht reglementskonform zu
erklären, ab Tokio 2020 erstmals auch
Gültigkeit für Olympische Spiele. Bisher
hatte allein das Internationale Olympi-
sche Komitee über die Zulassung eines
Landes zu den Spielen entschieden. Bis
zum Inkrafttreten des Codes am 1. Janu-
ar 2021 haben die nationalen Anti-Do-
ping-Agenturen Zeit, die neue Version
des Werkes zur Harmonisierung der Re-
geln und Sanktionen umzusetzen. Zent-
raler Aspekt des Regelwerks ist, grund-
legende Werte des Sports wie das Recht
der Athleten auf Teilnahme an einem
dopingfreien Sport mit Chancengleich-
heit zu sichern. (sda)
Neuer WADA-Code per 2021 verabschiedet
Doping
Russland bestreitet
Vorwürfe der WADA
MOSKAU «Unsere Experten sagen,
dass nichts gelöscht wurde», sagte
Sportminister Pawel Kolobkow der
Agentur Interfax zufolge. Russland
wird verdächtigt, Dopingtest-Daten
aus dem Moskauer Analyselabor im
grossen Stil manipuliert zu haben.
Die Unterlagen waren der Welt-Anti-
Doping-Agentur (WADA) erst Anfang
Jahr mit einiger Verspätung zur Ver-
fügung gestellt worden. Wenn sich
der Vorwurf erhärten sollte, droht
der nach dem Staatsdopingskandal
2015 gesperrten russischen Anti-Do-
ping-Agentur RUSADA eine erneute
Suspendierung. Zudem könnte Russ-
land von den Olympischen Spielen
2020 ausgeschlossen werden. (sda)
Rugby
Südafrikas WM-Team
feiert in der Heimat
PRETORIA Tausende Südafrikaner ha-
ben die Rugby-Helden in ihrer Hei-
mat nach dem Gewinn des Welt-
meistertitels gefeiert. «In vielerlei
Hinsicht habt ihr geholfen, unser
Land zu vereinen», sagte Südafrikas
Präsident Cyril Ramaphosa vor dem
Regierungssitz in Pretoria. Das Team
um Captain Siya Kolisi und Trainer
Rassie Erasmus hatte bei der WM
mit einem Sieg im Final gegen Eng-
land zum dritten Mal nach 1995 und
2007 den Titel gewonnen. Die Spie-
ler mit dem Pokal in einem Bus
durch die Strassen der Hauptstadt.
Tausende Menschen jubelten ihnen
zu, tanzten und schwenkten südafri-
kanische Flaggen. (sda)
Tausende Fans jubelten den WM-Hel-
den in Pretoria zu. (Foto: RM)