Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2019)

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24. OKTOBER 
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Bisher hat die Stiftung Zukunft.li mit ihren Themen zwar 
Diskussionen, aber keine hitzigen Debatten ausgelöst. 
Davor scheuen sie sich jedoch keineswegs, verraten 
Stiftungsratspräsident Peter Eisenhut (rechts) und 
Geschäftsführer Thomas Lorenz (links). (Fotos: Paul Trummer) 
Rolle gemacht und uns entschlos- 
sen, «Geburtshelfer» einer eigenen 
Organisation für Zeitvorsorge zu 
sein. Wir suchen Personen, die eine 
solche Organisation führen, sind bei 
der Erarbeitung von Statuten behilf- 
lich und nutzen unsere Kontakte, 
um die Finanzierung der Anlaufpha- 
se zu sichern. Sobald die neue Orga- 
nisation «geboren» ist, ist unser Part 
abgeschlossen. Mit Ewald Ospelt ha- 
ben wir schon einen prominenten 
«Kopf» präsentieren dürfen, der sich 
bereit erklärt hat, sich im Vorstand 
zu engagieren und wir haben bereits 
weitere Personen für verschiedene 
Funktionen gefunden. 
Wie würden Sie das Modell Zeitvor- 
sorge Menschen erklären, die das 
System nicht kennen? 
Lorenz: Es ist eine organisierte 
Form von Nachbarschaftshilfe. Un- 
sere familiären Strukturen haben 
sich verändert. Was früher in der 
Grossfamilie stattgefunden hat, wird 
in einem solchen System dadurch 
ersetzt, dass Personen, die Betreu- 
ungsleistungen erbringen möchten, 
zusammengebracht werden mit sol- 
chen, die auf Betreuung angewiesen 
sind. Wenn ich Betreuungsleistun- 
gen erbringe, etwa indem ich jeman- 
den zum Arzt bringe, bei der Steuer- 
erklärung unterstütze oder einfach 
Gesellschaft leiste, werden die ge- 
leisteten Stunden auf meinem Zeit- 
konto gutgeschrieben. Wenn ich 
dann im Alter selbst Unterstützung 
brauche, kann ich aus diesem Zeit- 
konto Stunden beziehen. Das Modell 
lebt vom Glauben, dass die nächste 
Generation auch so denkt und diese 
Betreuungsleistungen dann eben- 
falls erbringt. Auch wenn das nicht 
garantiert ist, ist der gesellschaftli- 
che Mehrwert für uns unbestritten. 
Was wir nicht wissen ist, ob das 
auch in Liechtenstein so funktio- 
niert wie die erfolgreichen Beispiele 
in unseren Nachbarstaaten. Aber 
wenn wir es nicht versuchen, wissen 
wir es erst recht nicht. 
Eisenhut: Damit kann so ein System 
einen Beitrag leisten, die Ressour- 
cenknappheit, die sich durch die de- 
mografische Entwicklung abzeich- 
net, etwas abzufangen. 
Lorenz: Auch ich als Helfender habe 
etwas davon, Gutes tun tut gut. 
Wäre es auch bei anderen Themen 
denkbar, dass Zukunft.li das Han- 
deln übernimmt? 
Eisenhut: Wir wollen nicht nur Dis- 
kussionen auslösen, sondern schlus- 
sendlich eine Umsetzung erreichen. 
Das ist vielleicht das Spezielle an Zu- 
kunft.li im Vergleich zu anderen 
Thinktanks. Liechtensteins Rah- 
menbedingungen, die Kleinheit und 
die Nähe erlauben mehr als nur Dis- 
kussionen. Solche Schritte wie die 
Zeitvorsorge werden eine Ausnahme 
bleiben. Wir werden in Zukunft aber 
gewisse Themen noch vertiefen und 
konkrete Vorschläge präsentierten, 
um deren Umsetzung zu fördern. 
Das probieren wir jetzt beispielswei- 
se beim Mobility Pricing. 
Bisherige Publikationen von Zukunft.li 
  Juni 2019: «Fachkräfte und Freiwillige – Wer 
pflegt und betreut uns im Alter?» 
  März 2019: «Raumentwicklung Liechtenstein 
– Gestalten statt nur geschehen lassen» 
  Juni 2018: «Effizienzpotenzial der Gemeinden 
– Aufgabenerfüllung im Spannungsfeld zwi- 
schen Autonomie und Fusion» 
  Februar 2018: «Fokus Arbeitsmarkt: Fit für 
die Zukunft?» 
  August 2017: «Finanzierung der Alterspflege 
– Handlungsbedarf und Lösungsansätze» 
  Dezember 2016: «Knacknuss Wachstum und 
Zuwanderung» 
  Juni 2016: «Finanzausgleich – Argumente für 
eine Neuausrichtung» 
  Oktober 2015: «Zukunftsradar 2015» 
Finanzierung Eine Förder- 
stiftung finanziert Zukunft. 
li. Die Unabhängigkeit von 
den Geldgebern sei aber ein 
fundamentales Prinzip der 
Stiftung, erklären Florian 
Marxer und Jürgen Hilti, Prä- 
sident der Förderstiftung. 
VON DANIELA FRITZ 
«Volksblatt»: Im Oktober 2014 fiel 
der Startschuss für die Stiftung Zu- 
kunft.li. Wie kam es zur Idee, dass 
Liechtenstein einen Thinktank 
braucht? 
Jürgen Hilti: Dass es mit Liechten- 
stein in den vergangenen 80 Jahren 
immer aufwärts ging und so weiter 
gehen soll, ist nicht gottgegeben. 
Deshalb haben wir darüber nachge- 
dacht, was wir tun können, damit es 
auch der nächsten Generation so 
gut geht. Gleichzeitig beobachten 
wir grosse weltweite Veränderun- 
gen in der Politik und Wirtschaft. Es 
braucht mutige Entscheidungen, um 
Liechtenstein so aufzustellen, dass 
wir langfristig so weitergedeihen 
können. In der Schweiz setzt sich 
Avenir Suisse, in Österreich die 
Agenda Austria und in Deutschland 
die Bertelsmann Stiftung mit dersel- 
ben Frage auseinander, was die Ge- 
sellschaft verändern muss, um die 
künftigen Herausforderungen be- 
wältigen zu können. Das hat uns 
veranlasst, auch in Liechtenstein ei- 
nen solchen Thinktank zu gründen. 
Wir wollten Liechtenstein etwas zu- 
rückgeben. Gemeinsam mit Klaus 
Tschütscher habe ich das Projekt 
aufgegleist und wir haben nach 
zweijähriger Vorbereitungszeit Part- 
ner gefunden, die uns unterstützen. 
Florian Marxer: Meine Familie ist 
kontaktiert worden, als das Konzept 
und die Ideen bereits sehr konkret 
waren. Uns hat die Idee sehr gut ge- 
fallen, darum haben wir uns auch 
als Stifter beteiligt. Das Projekt geht 
vor allem auf Jürgen Hilti zurück, 
weshalb er auch Präsident der För- 
derstiftung ist. 
Sie wollten Liechtenstein also etwas 
zurückgeben. Wie würden Sie aber 
dem Bürger erklären, was ihm die 
Stiftung Zukunft.li bringt? 
Jürgen Hilti: Das ist nicht leicht zu 
erklären. Wir befassen uns mit den 
Schwerpunktthemen der Zukunft: 
Wo es heute noch nicht weh tut, 
aber morgen weh tun wird. Die Poli- 
tik befasst sich vor allem mit aktuel- 
len Themen, die kurzfristig eine Lö- 
sung brauchen. Die grossen und 
langfristigen Herausforderungen 
die ebenfalls bewältigt werden müs- 
sen, geraten dabei oft ins Hintertref- 
fen. Wir sehen es als unsere Aufgabe 
an, dass wir uns frühzeitig mit ge- 
nau diesen Themen befassen. Kurz- 
fristig spürt der Bürger das Fehlen 
dieser Aktivitäten   im Normalfall 
nicht, aber in zehn Jahren schon. 
Bei der Finanzierung der Al- 
terspflege beispielswei- 
se wird es Jahre benö- 
tigen, bis das Problem 
gelöst wird, deshalb 
sollten wir bereits heu- 
te damit anfangen. 
Finanziert wird Zukunft.li von einer 
Förderstiftung. Schaut man sich die 
Namen der Stifter so an, sind sowohl 
«Rote» als auch «Schwarze» vertreten. 
Ich nehme an, das ist kein Zufall? 
Jürgen Hilti: Die Stiftung ist gewollt 
überparteilich angelegt, weil unsere 
Themen nicht parteipolitisch sind. 
Florian Marxer: Zukunft.li ist keine 
politische Institution, sondern ein 
Thinktank mit liberaler Grundhal- 
tung. Darum sind alle Menschen als 
Spender willkommen, natürlich 
auch mit kleineren Beträgen. 
Jeder der fünf Stifter steuerte in den 
vergangenen Jahren 500 000 Fran- 
ken aus dem privaten Vermögen bei. 
Warum ist Ihnen die Stiftung so 
wichtig? 
Jürgen Hilti: Wir glauben, dass die 
Vergangenheit nicht in die Zukunft 
projiziert werden kann. Die Zukunft 
muss gestaltet werden. Das kostet 
Geld. Damit unsere Nachfahren 
ebenfalls eine positive Zukunft ha- 
ben, geben wir das Geld aus. Man 
darf aber nicht vergessen, dass wir 
nicht nur Grossspender, sondern 
auch einige mittelgrosse und kleine- 
re Spender haben. Jeder ist willkom- 
men, solange er die Unabhängigkeit 
und liberale Geisteshaltung von Zu- 
kunft.li akzeptiert. 
Florian Marxer: Dem kann ich nur 
beipflichten. Meine Familie sieht die 
Stiftung als sehr wichtigen Treiber 
für die positive Entwicklung des 
Landes. 
Werden Sie die Stiftung Zukunft.li 
auch die nächsten fünf Jahre wieder 
finanziell unterstützen? 
Jürgen Hilti: Von den fünf Stiftern 
haben sich vier Stifter verpflichtet, 
auch die nächsten fünf Jahre mit 
demselben Betrag weiter zu finan- 
zieren. Auch einige Gross- und Klein- 
spender haben bereits zugesagt, 
sich finanziell zu beteiligen. Ich be- 
tone nochmals: Jeder ist bei uns 
willkommen. Wir wollen die Stif- 
tung auf breitere Basis stellen, weil 
es eine Institution für Liechtenstein 
und nicht für einige wenige ist. Des- 
halb sind wir auch politisch neutral. 
Wesentlich ist aber, dass wir vom 
Staat unabhängig sind. 
Florian Marxer: Auf jeden Fall wer- 
den wir wieder dabei sein. Die Stif- 
tung Zukunft.li ist ein langfristig an- 
gelegtes Projekt. Wichtig wäre es, 
dass sie in Zukunft breiter abge- 
stützt ist als jetzt und viele Men- 
schen zu ihrem Erfolg beitragen. 
Zukunft.li ist eine Denkfabrik, die 
sich um wichtige Themen für Liech- 
tenstein kümmert. Ist das nicht die 
Aufgabe der Politik? 
Florian Marxer: Die Politik braucht 
Ideengeber, die Themen ausserhalb 
politischer Realitäten aufgreifen, be- 
arbeiten und Lösungen präsentieren. 
Der Thinktank Zukunft.li basiert auf 
einer liberalen Grundhaltung, die 
meiner Familie und vielen im Land 
entspricht. Deshalb denken wir, dass 
die Stiftung eine notwendige und 
wichtige Institution im Land ist. 
Jürgen Hilti: Die Politik denkt leider 
oft eher etwas kurzfristig. Die lang- 
fristigen Themen bringen im Mo- 
ment keine Stimmen und werden 
auf die lange Bank geschoben. Das 
ist nicht nur bei uns so. Erst, wenn 
etwas nicht mehr funktioniert, wird 
am System geschraubt. Dabei weiss 
man schon zehn Jahre vorher, dass 
es so weit kommen wird. Wir möch- 
ten die langfristigen – und damit we- 
sentlicheren – Themen anschneiden. 
Inwiefern reden Sie eigentlich mit, 
welche Themen denn nun wesent- 
lich sind und somit auf der Agenda 
von Zukunft.li stehen? 
Florian Marxer: Die Unabhängig- 
keit der Stiftung Zukunft.li gegen- 
über den Stiftern und den Geldge- 
bern ist ein fundamentales Prinzip 
unseres Systems. Das ist für uns 
Geldgeber, aber auch für die Akzep- 
tanz der Stiftung in der Bevölkerung 
und der Politik zentral. Selbst wenn 
Ideen der Stiftung Zukunft.li nicht 
den Ideen einzelner oder aller Stif- 
ter entsprechen, reden wir nicht 
drein. Wichtig ist nur, dass die Stif- 
tung eine liberale Grundhaltung 
hat. 
Jürgen Hilti: Es gibt eben die För- 
derstiftung, welche für die Finanzie- 
rung zuständig ist, und die Stiftung 
Zukunft.li, welche die operative Lei- 
tung übernimmt. Die Stiftung Zu- 
kunft.li entscheidet selbst, welche 
Themen bearbeitet werden. Sie ist 
unabhängig, die Finanziers können 
dabei nicht mitreden. Es soll nicht 
heissen, die Geldgeber bestimmen 
die Zukunft. Wir geben das Geld, da- 
mit die Zukunft erarbeitet wird. 
Sind Sie denn mit der Arbeit von Zu- 
kunft.li zufrieden? 
Florian Marxer: Ich bin sogar sehr 
zufrieden. Der Erfolg gibt der Stif- 
tung recht. Sie ist sehr präsent in 
den Medien, als Thinktank hat sie ei- 
nen festen Platz in der liechtenstei- 
nischen Öffentlichkeit und viele 
Themen werden von den politischen 
Organen aufgegriffen und sind auf 
dem Weg zur Umsetzung. Das ist für 
die ersten fünf Jahre ein sehr gutes 
Resultat und darum machen wir mit 
Freude weiter. 
Jürgen Hilti: Weil die Umsetzung in 
der Politik immer länger dauert, län- 
ger als wir gedacht haben, muss die 
Finanzierung auch langfristig ange- 
legt sein. Ansonsten stossen wir Pro- 
jekte zwar an, sie werden aber nicht 
umgesetzt. Jetzt kommen wir in eine 
Phase, in der die von uns angestos- 
senen Projekte hoffentlich auch po- 
litisch umgesetzt werden. An den 
tatsächlich realisierten Projekten 
messen wir unseren Erfolg. 
Über die Förderstiftung 
Die Förderstiftung Zukunft.li ist für die dauer- 
hafte Unterstützung der gemeinnützigen Stif- 
tung Zukunft.li mit finanziellen Mitteln zustän- 
dig. Zu diesem Zweck sammelt die Förderstif- 
tung Vermögen. In den ersten fünf Jahren wid- 
meten die bisherigen Stifter – die Toni Hilti Fa- 
milien-Treuhänderschaft, Heiner 
Hilti, Peter Marxer und seine Er- 
ben, die Hilti Familienstiftung 
sowie die Morscher Familien- 
stiftung – jeweils 500 000 Fran- 
ken. Zudem kommen grössere 
und kleinere Beiträge von 
Spendern. Die För- 
derstiftung und 
die Stiftung Zu- 
kunft.li sind von- 
einander unab- 
hängig. 
Jürgen Hilti: «Es braucht mutige 
Entscheidungen, damit Liechtenstein 
langfristig so weitergedeihen kann» 
Florian Marxer (li.) und Jürgen 
Hilti (re.) wollen Liechtenstein 
gemeinsam mit den anderen 
Stiftern etwas zurückgeben.
	        

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