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31. AUGUST
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Sie kündigten im Wahlkampf auch
an, sich für die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf einzusetzen. Wie
möchten Sie das erreichen?
Die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ist ein zentrales Thema für die
Arbeitswelt und somit auch für den
Arbeitsstandort Vaduz. Wir sind ge-
fordert, die weiteren Entwicklungen
zu beobachten, demensprechend
die Bedürfnisse zu erkennen und die
notwendigen Massnahmen umzuset-
zen. Aus meiner Sicht wurden in den
vergangenen Jahren viele wichtige
Einrichtungen erstellt oder umge-
baut. Sei dies die Tagesschule, die
Tagesstrukturen oder die «Villa Wir-
belwind», eine moderne Kinderta-
gesstätte. Letztere wurde gemein-
sam mit dem Bankenverband und
neuerdings mit der Landesverwal-
tung ins Leben gerufen.
Ein Problem ist der Verkehr – nicht
nur, aber natürlich auch in Vaduz.
Wie wollen Sie dagegen vorgehen –
Sie sind ja hier nur ein Rädchen im
grossen Ganzen.
Der Arbeitsstandort Vaduz bietet
rund 11 000 Arbeitsplätze. Das ent-
spricht beinahe der doppelten An-
zahl Einwohner von Vaduz und die-
se Arbeitnehmenden pendeln tag-
täglich zwischen Wohn- und Arbeits-
platz. Wie Sie richtig feststellen, be-
trifft dieses Thema nicht nur die Ge-
meinde Vaduz, sondern die gesamte
Region. Aus diesem Grund begrüsse
ich, dass wir uns gemeinsam über
Grenzen hinweg, wie zum Beispiel
im Rahmen des Agglomerationspro-
gramms Werdenberg-Liechtenstein,
diesem Thema annehmen. So ent-
sprang diesem Programm auch die
Langsamverkehrbrücke Buchs-Va-
duz, welche Ende Juni 2019 feierlich
eröffnet wurde. Ich hoffe, dass in
der Zukunft noch weitere solche
Projekte realisiert werden können.
Die da wären?
Zum Beispiel die Verbesserung der
Verkehrssituation auf der Rheinbrü-
cke Vaduz-Sevelen zu den Spitzen-
stunden. Den entstehenden Engpass
kann die Gemeinde Vaduz nicht allei-
ne lösen. Auch hier müssen wir die
Gespräche mit Land und unseren
Nachbarn führen. Aber auch die Ver-
kehrssituation zwischen Schaan und
Triesen müssen wir aus meiner Sicht
gemeindeübergreifend, zusammen
mit den Verantwortlichen des Lan-
des, analysieren
und Massnah-
men, speziell
im Bereich des
Langsamver-
kehrs, verab-
schieden. Dies
zum Beispiel in
einem ähnlichen Prozess, wie es
die Gemeinde des Unterlandes und
Schaan gemacht haben. Nicht verges-
sen will ich dabei die S-Bahn-Verbin-
dung zwischen Feldkirch und Buchs.
Wie stehen Sie zu «FL–A–CH»?
Ich hoffe, dass diese bald realisiert
werden kann, denn ich sehe hier
ein sehr grosses Potenzial, die Ar-
beitnehmenden im öffentlichen
Verkehr zu den Arbeitsplätzen zu
bringen.
Haben Sie das Gefühl, dass jetzt et-
was vorwärtsgeht im Verkehr?
Die S-Bahn-Diskussion ist ein erster
und wichtiger Schritt. Auch das Ag-
glomerationsprogramm ist wichtig,
da es einen Austausch und das Netz-
werk schafft. Wir müssen uns in der
Region austauschen und die richti-
gen Weichen stellen, damit es wei-
tergeht. Seit Langem wieder einmal
eine Brücke zu bauen, war ein erster
Etappensieg.
Vor einigen Wochen wurde die
Langsamverkehrsbrücke einge-
weiht. Erfüllt Sie ihren Zweck?
Aus meiner Sicht ganz klar. Die ers-
ten Erhebungen zeigen in die richti-
ge Richtung
und ich hoffe,
dass sich diese
Entwicklung
fortsetzt. Und
die Arbeitneh-
menden fahren
durchaus mit
dem Fahrrad zur Arbeit, besonders
seitdem die Elektrofahrräder an Be-
liebtheit gewonnen haben. Zudem
kann jeder von uns seinen Beitrag
leisten. Und wenn ich schnell an ei-
nem Ort sein muss, benutze ich per-
sönlich sehr oft das Fahrrad – ich
spare Zeit und fördere meine Ge-
sundheit.
Kürzlich kam das Thema Amtsge-
heimnisverletzung auf. Tatsächlich
gelangten öfters Informationen aus
dem Gemeinderat unbefugt nach
draussen – wie handhaben Sie das?
Vielleicht auch aufgrund meiner
vorherigen Tätigkeit bei der Lan-
desverwaltung gehe ich mit dieser
Thematik sehr sensibel um. Des-
halb habe ich bereits in einer der
ersten Sitzungen des Gemeindera-
tes die Staatsanwaltschaft und die
Landespolizei zu einer Schulung
eingeladen. Sollte uns zutragen
werden, dass jemand etwas Nichtöf-
fentliches aus dem Gemeinderat
nach aussen getragen hat, werden
wir dementsprechend reagieren
müssen.
Die Information der Bevölkerung ist
ein wichtiges Thema. Wie gehen Sie
damit um?
Wir haben in Vaduz eine Arbeits-
gruppe eingesetzt, die sich mit der
künftigen Informationspolitik der
Gemeinde befasst. Ich gehe davon
aus, dass sich der Gemeinderat ba-
sierend auf deren Empfehlungen die
Situation anschauen wird und ge-
genbenenfalls die bestehende Ge-
schäftsordnung anpassen wird. Ver-
trauliche Themen dürfen meiner
Meinung weiterhin nicht an die Öf-
fentlichkeit gelangen, denn nur so
können wir auch Vertrauen bei un-
serem Gegenüber schaffen.
Wie stehen Sie zu Transparenz im
Gemeinderat? Manche würden ger-
ne wissen, wie einzelne Abgeordne-
te abstimmen. Vaduz gibt noch nicht
einmal das Abstimmungsverhalten
nach Parteien bekannt. Welche Ge-
danken stehen dahinter?
Es ist eine sehr interessante, aber
schwierige Diskussion. Die Frage ist,
aus welcher Position man das be-
trachtet. Ich verstehe es, wenn eine
Wählerin das genaue Abstimmungs-
verhalten erfahren möchte. Man
wählt schliesslich eine Person und
will repräsentiert werden. So gese-
hen würde es mich schon interessie-
ren, wie ein gewisser Gemeinderat
meine Ideen repräsentiert hat. Auf
der anderen Seite ist der Gemeinde-
rat ein kollegiales Gremium. Bei der
Kollegialregierung ist es ja auch so:
Wenn etwas entschieden ist, dann
tragen es auch alle Mitglieder mit.
Gewisse Gemeinden haben ihre Pra-
xis ja wieder geändert, sodass zu-
mindest das Abstimmungsverhalten
der Parteien öffentlich ist. Wenn
dann allerdings nur ein Vertreter ei-
ner Partei im Gemeinderat sitzt,
dann wird sein Abstimmungsverhal-
ten stets bekannt werden und dies
der anderen nicht. Die eingesetzte
Arbeitsgruppe zur Informationspoli-
tik wird dieses Thema ebenfalls dis-
kutieren und dem Gemeinderat so-
dann zur Beschlussfassung unter-
breiten.
Aber wären Sie prinzipiell dafür,
dass zumindest das Abstimmungs-
verhalten nach Parteien transparen-
ter wird?
Das wird eben in dieser Arbeitsgrup-
pe diskutiert und hierzu steht noch
eine Entscheidung an. Der Gemein-
derat soll sich festlegen, wie er das
in dieser Legislatur handhaben
möchte. Daran halte ich mich dann
auch als Bindeglied zwischen Ver-
waltung und Gemeinderat und dem
möchte ich nicht vorweggreifen.
Sie leiten ja nicht nur die Geschicke
von Vaduz, sondern stehen auch der
Vorsteherkonferenz vor. Was sind in
Ihren Augen wichtige Themen, de-
nen man sich gemeindeübergrei-
fend widmen sollte? Eines ist sicher
der Verkehr, wie Sie bereits ange-
tönt haben.
Der Verkehr betrifft uns alle – die ei-
nen mehr, die anderen weniger. Wei-
ters ist die demografische Entwick-
lung unserer Gesellschaft ein ge-
meindeübergreifendes Thema, wel-
ches in der Runde immer wieder dis-
kutiert wird. Konkrete Themen kann
ich jedoch noch nicht nennen, es ist
noch zu früh. Wir hatten erst eine
Sitzung.
Einige Gemeinden sehen Hand-
lungsbedarf in Sachen Finanzaus-
gleich. Wie stehen Sie zu einem hori-
zontalen Modell zwischen den Ge-
meinden?
Der Verkehr betrifft uns alle – die ei-
nen mehr, die anderen weniger. Der
demografische Wandel sowie die
damit zusammenhängenden The-
men sind aus meiner Sicht gemein-
deübergreifend zu diskutieren. Und
so gibt es viele weitere Aspekte, zu
denen wir uns austauschen und die
wir erörtern – wichtig ist jedoch
festzuhalten, dass die jeweilige Ge-
meinde ihre Entscheidungen für
sich selber trifft.
Apropos Zukunft: Wie soll Vaduz in
20 Jahren aussehen?
Ich hoffe, dass sich die Einwohner
und Einwohnerinnen zusammen
mit den Besucherinnen und Besu-
chern im Städtle treffen und dabei
ein freundliches Lachen im Gesicht
haben. Es ist wichtig, dass wir die
Herausforderungen über Grenzen
hinweg konstruktiv diskutieren und
die notwendigen Massnahmen ge-
meinsam umsetzen. Ich hoffe auch,
dass man miteinander Themen und
Vorhaben anpackt und auch solche
Ideen gutheisst, von denen man viel-
leicht persönlich nicht direkt profi-
tiert. Schliesslich geht es um das
grosse Ganze.
«Ich hoff e, dass die S-Bahn
bald realisiert werden kann,
denn ich sehe hier ein sehr
grosses Potenzial.»
Manfred Bischof hat sich gut in seine neue Rolle als
Bürgermeister von Vaduz eingelebt. (Foto: Michael Zanghellini)