Vor Brexit
Überschuss
sinkt deutlich
LONDON Der britische Staatshaus-
halt entwickelt sich vor dem ge-
planten Brexit schlechter als er-
wartet. Zwar wurde im Juli ein
Überschuss von 1,319 Milliarden
Pfund (1,44 Milliarden Euro) er-
zielt, wie aus amtlichen Daten
am Mittwoch hervorging. Er fiel
aber weniger als halb so gross
aus, wie von Ökonomen erwar-
tet, und blieb auch deutlich un-
ter dem Vorjahresergebnis von
3,562 Milliarden Pfund zurück.
Im Juli wird traditionell ein Über-
schuss erzielt, getrieben vor al-
lem von Einkommenssteuern.
Während das Steueraufkommen
leicht zulegte, kletterten die Aus-
gaben um 4,2 Prozent. Dieses
Plus von 2,6 Milliarden Pfund ist
vor allem auf höhere Personal-
kosten und einen wachsenden
Staatskonsum zurückzuführen.
In den ersten vier Monaten des
im April begonnenen neuen Fi-
nanzjahres hat sich der Staat 16
Milliarden Pfund geliehen, 60
Prozent mehr als im Vorjahres-
zeitraum. Der neue Premiermi-
nister Boris Johnson hat Milliar-
den an neuen Ausgaben in Aus-
sichten gestellt, um die Folgen
des für den 31. Oktober geplan-
ten EU-Austritt Grossbritanniens
abzumildern. Er will den Brexit
umsetzen, mit oder ohne Ver-
trag. (awp/sda/reu)
www.volksblatt.li
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DONNERSTAG
22. AUGUST 2019
Studiengangsleiter Martin Angerer, die ausgezeichneten Studierenden Susanne Lochner und Felix Saible, Regierungschef Adrian Hasler und Bank-Frick-CEO Edi
Wögerer. (Foto: ZVG/Universität Liechtenstein/Martin Walser)
Neue Blockchain- und
FinTech-Spezialisten ausgezeichnet
Zukunftsweisend 18 Teilnehmende haben den Zertifikatsstudiengang Blockchain und FinTech erfolgreich absolviert.
Durchgeführt wurde der Studiengang durch das Institut für Finance der Universität Liechtenstein.
Der Lehrgang ist Teil der auf fünf
Jahre angelegten Kooperation zwi-
schen der Universität und Bank
Frick. Im Rahmen der Abschlussfei-
er am 21. August überreichten Regie-
rungschef Adrian Hasler und Edi
Wögerer, CEO von Bank Frick, den
Absolventinnen und Absolventen
die Zertifikate.
Vorreiterrolle Liechtensteins
«Der Studiengang Blockchain und
FinTech, mit speziellem finanzwirt-
schaftlichem Fokus, ist im gesamten
deutschsprachigen Raum einzigar-
tig. Liechtenstein hat auch hier eine
Vorreiterrolle und die Ausbildung zu
Blockchain- und FinTech-Spezialis-
ten liefert unseren Teilnehmenden
herausragende Zukunftschancen»,
wird Studiengangsleiter Martin An-
gerer zur Alleinstellung des Pro-
gramms, das im kommenden Jahr
wieder angeboten wird, in einer
Aussendung zitiert.
Erfolgsfaktor für den Finanzplatz
Die Verantwortlichen betonen die
Bedeutung solch eines Studiengangs
für den Standort Liechtenstein und
zeigen sich überzeugt, dass in der
Ausbildung von Fachexperten ein
entscheidender Erfolgsfaktor für
den heimischen Finanzplatz liegt.
Aus diesem Grund habe sich Bank
Frick entschlossen, eine über fünf
Jahre dauernde Kooperation mit
dem Institut für Finance der Univer-
sität Liechtenstein einzugehen.
Während dieser Zeit erhält die Uni-
versität auch substanzielle finanziel-
le Mittel. «Ich bin sicher, dass diese
Kooperation der FinTech-Branche in
Liechtenstein zu noch grösserem Er-
folg verhelfen wird», wird Bank-
Frick-CEO Wögerer in der Aussen-
dung zitiert. «Die Absolventen ha-
ben sich zu Experten in Blockchain
und FinTech weitergebildet und sind
somit ein wichtiger Baustein für eine
erfolgreiche Zukunft unseres klei-
nen, aber feinen Hotspots für Fin-
Tech- und Blockchain.» Bei der Ab-
schlussfeier gab Antonia Pipal, Stu-
dierende im Zertifikatsstudiengang,
einen Einblick, wie sie ihre Erfah-
rungen und ihre Kenntnisse aus dem
Programm in der Finanzindustrie
bereits anwenden konnte. Ein Im-
pulsvortrag von Martin Angerer zur
Eröffnung sowie ein Networking-
Apéro zum Ausklang umrahmten
die Feier. (pd/red)
Der nächste Zertifi katsstudiengang «Block-
chain in Finance und FinTech» startet im Januar
2020 an der Universität Liechtenstein. Mehr
Infos unter www.uni.li/blockchain-fi ntech .
Streit mit der EU bessert künftig
das Ergebnis der Schweizer Börse auf
Verlagerung Nebst allem
Ärger, den der Streit mit der
EU der Börsenbetreiberin SIX
beschert, hat die fehlende
Börsenäquivalenz auch sein
Gutes.
Mithilfe eines Tricks des Bundesrats
wird an der hiesigen Börse mehr ge-
handelt, was einen Extragewinn be-
schert. Nach dem Verlust der Bör-
senanerkennung durch die EU greift
seit Anfang Juli der Plan B des Bun-
desrats. SIX-Finanzchef Daniel
Schmucki rechnet für das zweite
Halbjahr mit einem positiven Effekt
im einstelligen Millionenbereich. Es
sei vielleicht noch etwas früh, aber
bislang seien hohe Volumina und ein
hoher Marktanteil zu beobachten ge-
wesen, sagte er der Nachrichten-
agentur AWP. Das werde sich im Be-
triebsertrag der Gruppe widerspie-
geln, was direkten Einfluss auf das
Ergebnis habe.
Schweizer Börse als Faustpfand
Tatsächlich stiegt das Handelsvolu-
men im Juli 2019 – dem ersten Monat
seit dem Handelsverbot für Schwei-
zer Aktien an EU-Handelsplätzen –
an der SIX im Vergleich zum Vorjahr
um mehr als ein Drittel auf 138,1 Mil-
liarden Franken. Im Vergleich zum
Vormonat Juni waren es über ein
Viertel mehr. Dazu muss man wis-
sen: Die Schweizer Börse ist zwi-
schen die Fronten der Schweiz und
der EU um ein institutionelles Rah-
menabkommen geraten. Die EU liess
die Gleichwertigkeitsanerkennung
der Schweizer Börse (sogenannte
Börsenäquivalenz) Ende Juni auslau-
fen. Diese braucht sie nur, wenn
Schweizer Aktien regelmässig in der
EU gehandelt werden. Der Bundes-
rat konterte den Schritt von Brüssel
mit der Bewilligungspflicht für aus-
ländische Handelsplätze. Damit ist
es Händlern in der EU verboten,
Schweizer Aktien an den dortigen
Börsen zu kaufen oder verkaufen.
Sie müssen nun über die Schweizer
Börse ihre Wertpapiere handeln. Die
Verlagerung der Handelsvolumen
von Schweizer Aktien auf die SIX sei
«reibungslos» erfolgt, hiess es am
Mittwoch.
Kauf einer EU-Börse
Wegen der fehlenden Anerkennung
durch die EU wird auch spekuliert,
ob sich die SIX auf anderen Wegen
Zugang zum EU-Markt verschaffen
könnte. «Von vielen Optionen könn-
te es theoretisch eine sein», sagte
Schmucki auf die Frage, ob es sinn-
voll wäre, die Zusammenarbeit mit
einer EU-Börse zu prüfen. Allerdings
nur, wenn sich die Situation im Zu-
sammenhang mit dem Marktzugang
zur EU verschlechtern würde. Dafür
gebe es aber derzeit keine Hinweise.
Die Nachrichtenagentur Bloomberg
hatte in der vergangenen Woche un-
ter Berufung auf gut informierte
Kreise geschrieben, dass die SIX den
Kauf einer Börse in der EU erwäge,
sollte sich der Verlust der Börsenan-
erkennung länger hinziehen. Mögli-
che Ziele seien die Wiener Börse
oder die spanische BME.
Ein Sprecher der SIX hatte die Ge-
rüchte dementiert. Es gebe «keinen
Bedarf», um im Bereich der Börsen
zuzukaufen, hiess es.
Preissenkungen und Investitionen
Die Geschäftseinheit «Securities &
Exchanges» der SIX, zu dem die Bör-
se gehört, erzielte im ersten Semes-
ter 2019 derweil einen sogenannten
Gewinnbeitrag (Ertrag abzüglich di-
rekt beeinflussbarer Kosten) von
81,4 Millionen Franken. Insgesamt
ist die Gruppe nach dem Verkauf
des Kartengeschäfts an die französi-
sche Worldline im vergangenen Jahr
deutlich geschrumpft. Der Umsatz
hat sich im ersten Halbjahr 2019
praktisch halbiert, nachdem im Re-
kordjahr 2018 erstmals die Marke
von 1 Milliarde Franken geknackt
worden war. Das operative Ergebnis
ging derweil auch bereinigt markant
zurück. Preissenkungen, Investitio-
nen in neue Bereiche und Produkte
sowie regulatorische Kosten drück-
ten auf das Ergebnis. Unter dem
Strich blieb ein Reingewinn von le-
diglich 32,4 Millionen. 2018 war un-
ter dem neuen Konzernchef Jos Dijs-
selhof die bisherige Organisation
der SIX vereinfacht und das Ge-
schäft inhaltlich gestrafft worden.
Die Gruppe will künftig immer mehr
Dienstleistungen für die Banken
übernehmen. Die Investitionen
flies sen unter anderem in eine neu
geschaffene Innovationssparte, und
diese dürfte erst ab 2020 Erträge ab-
werfen. Die SIX ist 2008 aus den
drei Schweizer Unternehmen SWX,
Telekurs und SIS hervorgegangen.
Die Aktionäre sind rund 120 Finanz-
institute, die gleichzeitig Hauptnut-
zer der Dienstleistungen sind. Die
Grossbanken UBS und Credit Suisse
halten gemeinsam mit 32,3 Prozent
knapp ein Drittel. (awp/sda)
Transport
Whisky-Fähre
von Schottland
in die Niederlande
AMSTERDAM Ein schottisches Un-
ternehmen und ein niederländi-
scher Hafen planen angesichts
des nahenden Brexits eine neue
Fährverbindung für den Export
von Whisky und anderen Produk-
ten. Sie soll zwischen Rosyth in
der Nähe von Edinburgh und
dem Groningen Hafen nahe
Eemshaven eingerichtet werden.
«Es geht um eine tägliche Über-
fahrt, was fantastisch wäre», sag-
te Margaret Simpson vom Bran-
chenverband Freight Transport
Association. Auch der Hafen be-
stätigte die Pläne, an denen auf
schottischer Seite das Unterneh-
men TEC Offshore mitmachen
soll. Viele Experten sagen vor-
aus, dass es nach dem für 31. Ok-
tober geplanten EU-Austritt
Grossbritanniens zu Verzögerun-
gen im Transitverkehr durch
neue Zollbürokratie kommen
wird. Angesichts des Brexits er-
gebe eine neue Fährverbindung
«sehr viel Sinn», sagte Simpson.
«Anstatt nach Südengland zu fah-
ren, um in einer Warteschlange
zu sitzen, fährt man einfach nach
Rosyth.» Der Löwenanteil der
schottischen Fracht nach Europa
geht per Lkw ins englische Do-
ver, von wo aus sie per Schiff auf
den Kontinent befördert wird.
«Der Schlüssel zum Erfolg dieser
Route wird sein, Whisky an Bord
zu bringen», sagte Simpson.
Auch Holz könne auf diese Weise
transportiert werden. Schottland
exportiert jährlich Hunderte Mil-
lionen Flaschen Whisky, deren
Wert 2018 bei 4,36 Milliarden
Pfund lag. Knapp ein Drittel da-
von geht nach Europa. Die nie-
derländische Regierung heisst
die Überlegungen gut. «Schön,
dass die Schotten Groningen als
Tor nach Europa sehen», twitter-
te die Vize-Premierministerin
Kasja Ollongren. (awp/sda/reu)