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26. JULI 2019
Israels Ex-Regierungschef sagte Reise in die Schweiz ab
Angst Israels Ex-Ministerpräsident Ehud Olmert hat nach eigenen Angaben eine Reise in die Schweiz wegen einer drohenden Strafverfolgung abgesagt.
Hintergrund ist der Vorwurf möglicher Kriegsverbrechen während Olmerts Amtszeit als Ministerpräsident von 2006 bis 2009.
Die Schweizer Behörden hätten mit-
geteilt, dass sie ihn «befragen woll-
ten und möglicherweise auch fest-
nehmen», teilte Olmert am Donners-
tag mit. Das Eidg. Departement für
auswärtige Angelegenheiten (EDA)
verwies an die Bundesanwaltschaft.
Dort hiess es: «Die Bundesanwalt-
schaft führt zurzeit kein Strafverfah-
ren gegen Ehud Olmert.»
Das Bundesamt für Justiz teilte auf
Anfrage mit, es habe kein Rechtshil-
feersuchen in dieser Sache erhalten.
Fahndungsersuchen und direkt ge-
stellte Auslieferungsgesuche seien
zudem vertraulich und unterstün-
den dem Amtsgeheimnis.
Nach Olmerts Aussage hätte es bei
der Befragung durch die Behörden
entweder um den ersten Gaza-Krieg
zur Jahreswende 2008/2009 gehen
können – oder aber um den zweiten
Libanon-Krieg im Jahre 2006. Bei
der dreiwöchigen Militäroperation
«Gegossenes Blei» 2008/2009 wur-
den mehr als 1400 Palästinenser
und 13 Israelis getötet. Eine Uno-
Kommission warf anschliessend so-
wohl Israel als auch der im Gaza-
streifen herrschenden radikal-isla-
mischen Hamas Kriegsverbrechen
und mögliche Verbrechen gegen die
Menschlichkeit vor. Der Vorsitzende
der Kommission korrigierte sich je-
doch später. Inzwischen sei klar ge-
worden, dass Israel während des
Kriegs nicht absichtlich auf Zivilis-
ten gezielt habe.
Auch Zip Livni befragt
Im Libanon-Krieg wurden innerhalb
eines Monats auf der libanesischen
Seite mehr als 1200 Menschen getö-
tet, auf der israelischen mehr als 160
Soldaten und Zivilisten. Experten
der Vereinten Nationen kamen an-
schliessend zu der Einschätzung,
dass sowohl von israelischer sowie
von der libanesischen Schiiten-Miliz
Hisbollah die Menschenrechte
schwer verletzt wurden.
Bereits 2016 hatte die britische Poli-
zei die ehemalige israelische Aus-
senministerin Zipi Livni zu einer Be-
fragung über mögliche Kriegsver-
brechen ihrer Regierung während
des ersten Gazakrieges eingeladen.
Livni erhielt die Einladung dazu vor
einem Grossbritannienbesuch.
Letztlich sicherte sie sich nach Medi-
enberichten für den Besuch diplo-
matische Immunität. (sda/dpa)
www.volksblatt.li
«Unverantwortlich»: Sánchez nach
Abstimmungspleite am Pranger
Sturheit Spanien droht
nach einer neuen Abstim-
mungspleite von Ministerprä-
sident Pedro Sánchez eine
Wiederauflage der politi-
schen Blockade von 2016.
Das
Parlament in Madrid er-
teilte am Donnerstag den
Wiederwahl-Absichten des
47 Jahre alten Sozialisten
erneut eine klare Absage. Sánchez’
sozialdemokratisch orientierte Sozia-
listische Arbeiterpartei (PSOE) hatte
es zuvor versäumt, bei komplizierten
Verhandlungen ein Koalitionsabkom-
men mit dem linksalternativen Bünd-
nis Unidas Podemos (UP) zu erzielen.
«Meine Überzeugungen sind wich-
tiger als das Amt des Regierungs-
chefs», rechtfertigte Sánchez seine
ablehnende Haltung gegenüber den
Linksalternativen. Die enthielten sich
der Stimme, während die Konserva-
tiven, Liberalen, Rechtspopulisten
und andere mit Nein stimmten.
Die neue Pleite von Sánchez setzte
einen von der Verfassung vorge-
schriebenen Wettlauf gegen die Zeit
in Gang: Hat die viertgrösste Volks-
wirtschaft der Eurozone bis Mitter-
nacht des 23. Septembers keine Re-
gierung, muss König Felipe VI. am
Tag darauf eine neue vorgezogene
Parlamentswahl ansetzen, die vor-
aussichtlich im November stattfin-
den würde. Bis dahin würden die So-
zialisten geschäftsführend und mit
einer parlamentarischen Minderheit
weiterregieren. Die Befugnisse sind
dann aber deutlich eingeschränkt -
nicht nur, was die politischen Mög-
lichkeiten, sondern auch was die
Moral betrifft.
2016 lässt grüssen
Erinnerungen an 2016 werden wach.
Damals war das Land fast ein Jahr
lang ohne reguläre Regierung ge-
blieben. Die schwache konservative
Regierung, die aus der Blockade her-
vorging, hielt nicht lange. Sie wurde
im Juni 2018 von Sánchez per Miss-
trauensvotum gestürzt. Der Sozialist
musste im Februar wiederum die
Wahlen vorziehen, als die katalani-
schen Separatisten ihm die Unter-
stützung für den Etatentwurf ver-
weigerten. Die Neuwahl am 28. April
gewann die PSOE zwar klar, die ab-
solute Mehrheit verpasste die Partei
aber deutlich.
Medien mutmassen in Spanien, dass
Sánchez die Abstimmungspleiten
dieser Woche in Kauf genommen hat,
weil er glaubt, dass seine Partei bei
einer Neuwahl noch besser als im
April abschneiden würde. Da könnte
er sich aber irren. Das meinen nicht
nur die politischen Gegner des Sozia-
listen, die – wie der Generalsekretär
der konservativen Volkspartei PP,
Teodoro Garcia Egea – sagten, Sán-
chez habe bewiesen, dass ihm «nicht
über den Weg zu trauen» sei.
«Historische Chance verpasst»
Aber auch einige, die der PSOE na-
hestehen, glauben, dass die Rech-
nung nicht aufgehen könnte. PSOE
und UP hätten in «höchst unverant-
wortlicher Form eine historische
Chance verpasst», eine progressisti-
sche Regierung zu bilden, sagte der
Generalsekretär des grössten Ge-
werkschaftsverbandes CCOO, Unai
Sordo, und warnte vor einem «grau-
envollen Szenario». Er habe mit
Wählern beider Lager gesprochen,
die wegen der «unseriösen Koaliti-
onsverhandlungen» über eine Ab-
strafung nachdenken.
Das Linksbündnis UP, das als viert-
stärkste Kraft aus der Neuwahl her-
vorgegangen war, wollte Sánchez
keinesfalls ohne Gegenleistung ins
Amt verhelfen und hatte auf mehre-
re Ministerposten gepocht. Schliess-
lich hatten sich beide Seiten auch et-
was aufeinander zubewegt. Wäh-
rend Sánchez jedoch nur Ressorts
von nebensächlichem Rang offerier-
te, wollte UP mehr, so vor allem das
Arbeitsministerium – das die PSOE
aber nicht hergeben wollte.
UP-Chef Pablo Iglesias kritisierte bei
einer Rede im Parlament Sánchez’
Verhalten als «respektlos» und
«schäbig» und betonte: «Wir wollen
Kompetenzen, nicht nur Sessel.» Ein
Podemos-Sprecher wurde noch
deutlicher: «Wir wollten das Gäste-
zimmer und haben die Hundehütte
angeboten bekommen.»
Hätten sich PSOE und UP geeinigt,
so hätte Spanien – in dem lange ein
Zweiparteiensystem herrschte – die
erste Koalitionsregierung seit dem
Ende der Franco-Diktatur vor vier
Jahrzehnten bekommen. Was nicht
ist, kann aber noch werden: Immer-
hin hat Sánchez ja noch zwei weitere
Monate Zeit, um eine Regierung auf
die Beine zu stellen. Gelingt das
nicht, folgt das, was die Spanier
schon kennen: Ein weiterer Ruf zu
den Urnen – mit dem programmier-
ten Dilemma, dass wegen der star-
ken Zersplitterung der Stimmen wie-
der ein «Bloqueo» droht. (sda/dpa)
Steuervorteile für Bauern
EU-Kommission
verklagt Deutschland
BRÜSSEL/BERLIN Wegen steuerlicher
Erleichterungen für Bauern verklagt
die EU-Kommission Deutschland vor
dem Europäischen Gerichtshof. Das
kündigte die Brüsseler Behörde am
Donnerstag an. Konkret geht es um
eine Ausnahmeregelung bei der
Mehrwertsteuer, die Deutschland
nach Auffassung der EU-Kommission
zu vielen Landwirten gewährt. Ei-
gentlich soll diese Ausnahme nach
EU-Recht nur kleinere Betriebe ent-
lasten. Deutschland gewähre sie aber
ausser gewerblichen Viehzüchtern
standardmässig allen Landwirten, al-
so auch grossen Betrieben. Damit ver-
stosse die Bundesrepublik gegen EU-
Recht. Zudem würden Landwirte, die
von der Ausnahmeregelung betroffen
sind, in Deutschland übermässig für
die von ihnen gezahlte Mehrwertsteu-
er entschädigt. Dies führe zu Wettbe-
werbsverzerrungen auf dem europäi-
schen Binnenmarkt. Die EU-Kommis-
sion hatte die Bundesregierung schon
mehrmals aufgefordert, diese Praxis
zu ändern. Deutschland sieht darin
jedoch keinen Rechtsbruch. Die Bun-
desregierung halte das Verfahren für
vereinbar mit den europarechtlichen
Vorgaben und werde es vor Gericht
gegen den Vorwurf der EU-Kommissi-
on verteidigen, sagte eine Sprecherin
des Landwirtschaftsministeriums.
(Text: sda/dpa; Foto: Keystone/AP/Schrader)
Im Schwarzen Meer
Ukraine stoppt
russischen Tanker
KIEW Die ukrainischen Behörden ha-
ben in einem Hafen am Schwarzen
Meer einen russischen Tanker fest-
gehalten. Das Schiff habe im Novem-
ber im Verband mit anderen russi-
schen Schiffen vor der von Russland
annektierten Halbinsel Krim an der
Beschlagnahmung ukrainischer Ma-
rineschiffe teilgenommen. Das teilte
der ukrainische Geheimdienst SBU
am Donnerstag mit. Der Tanker
«Nejma» liegt nun im ukrainischen
Hafen von Ismail in der Region Odes-
sa. Die ukrainische Krim-Halbinsel
war im März 2014 nach einem um-
strittenen Referendum von Russland
ins eigene Staatsgebiet eingegliedert
worden. Die Regierung in Kiew und
der Westen sehen dies als völker-
rechtswidrige Annexion an und be-
trachten die Krim weiter als Teil der
Ukraine. Die EU und die USA ver-
hängten wegen der Annexion Sank-
tionen gegen Moskau. (sda/afp)
Durch Strasse von Hornus
Britische Marine will
Schiff e eskortieren
LONDON Wegen der Beschlagnahme
eines britischen Tankers durch den
Iran hat Grossbritannien seine Mari-
ne angewiesen, künftig britische
Handelsschiffe durch die Seestrasse
von Hormus zu eskortieren. Das Ver-
teidigungsministerium in London
teilte am Donnerstag mit, Schiffe un-
ter britischer Flagge sollten künftig
einzeln oder im Verband von Kriegs-
schiffen begleitet werden, wenn sie
sich rechtzeitig anmelden. Paris und
Berlin hatten sich zuvor zurückhal-
tend zu einer europäischen Marine-
mission geäussert. London reagiert
mit dem Schritt auf die Beschlagnah-
me des britischen Frachters «Stena
Impero» am vergangenen Freitag.
Der Iran hatte den Frachter in der
Strasse von Hormus aufgebracht,
nachdem die britischen Behörden
von Gibraltar am 4. Juli den mit irani-
schem Erdöl beladenen Tanker «Gra-
ce 1» festgesetzt hatten. Es besteht
der Verdacht, dass er im Verstoss ge-
gen EU-Sanktionen Öl nach Syrien
bringen wollte. Der Iran bestreitet
das und bezeichnet das britische Vor-
gehen als illegal. Auch international
ist die Legalität der Festsetzung der
«Grace 1» umstritten. Ausserdem be-
steht der Verdacht, dass London auf
Weisung der USA handelte. Der Tan-
ker-Streit steht vor dem Hintergrund
des Konflikts um das internationale
Atomabkommen mit dem Iran und
die von US-Präsident Donald Trump
gegen Teheran verhängten Sanktio-
nen. Nach der Festsetzung der «Stena
Impero» kündigte Grossbritannien
am Montag an, die Bildung einer eu-
ropäischen Marinemission zur Siche-
rung des Seeverkehrs in der Golfregi-
on anzustreben. Die britische Marine
hat derzeit die Fregatte «Montrose»
sowie mehrere kleinere Schiffe in der
Golfregion. Der diese Woche abgelös-
te britische Aussenminister hatte ge-
sagt, die Marine sei nicht in der Lage,
jedes der zwei oder drei britischen
Schiffe zu eskortieren, die täglich
durch die Strasse von Hormus fah-
ren. Die «Montrose» eskortierte dem-
nach in den vergangenen Wochen 30
Schiffe durch die Meerenge. (afp)
150 Tote?
IOM befürchtet
schweres Unglück
GENF/AL-CHUMS Die Internationale
Organisation für Migration (IOM) be-
fürchtet ein schweres Bootsunglück
im Mittelmeer mit möglicherweise
bis zu 150 Toten. Weitere 145 Men-
schen seien gerettet worden und auf
dem Weg zurück zur Küste Libyens.
Das teilte die Organisation am Don-
nerstag auf Twitter mit. Das Uno-
Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) twit-
terte, Berichten zufolge seien bei
dem Unglück vor dem Küstenort Al-
Chums mehr als 100 Menschen ums
Leben gekommen. Die libysche Küs-
tenwache bestätigte die Angaben zu-
nächst nicht. Der Chef des Uno-
Flüchtlingshilfswerks, Filippo Gran-
di, sprach auf Twitter von der
«schwersten Tragödie im Mittel-
meer» des laufenden Jahres. Er for-
derte, die Seenotrettung dort wieder
aufzunehmen, die Internierung von
Flüchtlingen und Migranten in Liby-
en zu beenden und mehr sichere
Routen aus dem Land zu ermögli-
chen. «Sonst ist es für viele weitere
verzweifelte Menschen zu spät»,
schrieb Grandi. Derzeit sind keine
privaten Rettungsschiffe im Mittel-
meer unterwegs. Die deutsche Orga-
nisation Sea-Eye kündigte allerdings
am Donnerstag an, mit der «Alan
Kurdi» in Richtung der Rettungszone
vor der libyschen Küste aufzubre-
chen. Dort werde sie voraussichtlich
Dienstag eintreffen, erklärte die Re-
gensburger Organisation. Innerhalb
der Europäischen Union läuft ein
Streit darüber, wie Migranten verteilt
werden sollen, die im Mittelmeer ge-
rettet werden. (sda/reuters/dpa)