Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2019)

  
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6. JUNI 2019 null 
Entlastung für die, die überhaupt Steuern zahlen 
Familienpolitik Vor allem 
die geplante Erhöhung des 
Kinderabzugs gab gestern im 
Landtag zu reden. Aber nicht 
jeder wollte sich dem Ansin- 
nen anschliessen. 
VON HOLGER FRANKE 
Die Beantwortung eines Postulats 
der VU-Abgeordneten Günter Vogt, 
Manfred Kaufmann, Christoph 
Wenaweser, Frank Konrad, Gunilla 
Marxer Kranz, Violanda Lanter, Ma- 
rio Wohlwend und Thomas Vogt zur 
steuerlichen Entlastung von Famili- 
en stiess gestern im Landtag auf ein 
geteiltes Echo. Wie die Regierung 
schreibt, will sie weitere steuer- 
liche Entlastungen für Familien 
schaffen. Konkret soll beim Kinder- 
abzug und dem Abzug von Bildungs- 
kosten in der Steuererklärung ange- 
setzt werden. So soll der geltende 
Kinderabzug von derzeit 9000 Fran- 
ken auf neu 12 000 Franken ausge- 
weitet werden. Laut Regierung hätte 
das zur Folge, dass im Steuerjahr 
2017 das Land auf eine Million und 
die Gemeinden auf 1,7 Millionen 
Franken Steuereinnahmen hätten 
verzichten müssen. Im Zusammen- 
hang mit der Aus- und Weiterbil- 
dung von Kindern der Steuerpflich- 
tigen sowie der Steuerpflichtigen 
selbst schlägt die Regierung eine 
Ausweitung der Praxis betreffend 
die Abzugsfähigkeit von Ausbil- 
dungskosten für die Kinder vor. Ins- 
besondere sollen auch Kosten für 
Zweitausbildungen abzugsfähig 
sein, sofern die Eltern zur Hauptsa- 
che für die Kinder aufkommen. Be- 
treffend die Aus- und Weiterbil- 
dungskosten der Steuerpflichtigen 
schlägt die Regierung vor, auch de- 
ren Abzugsmöglichkeit auszuweiten. 
Insbesondere sollen 
auch berufsorientierte 
Aus- und Weiterbil- 
dungskosten zum Ab- 
zug zugelassen wer- 
den, wenn sie nicht im 
Zusammenhang mit 
dem bestehenden Be- 
ruf stehen. Die Regie- 
rung will für die erfor- 
derlichen Anpassun- 
gen des Steuergesetzes 
nun eine Vernehmlas- 
sungsvorlage ausarbei- 
ten, mit dem Ziel, dass 
die vorgeschlagenen 
Änderungen noch für 
das Steuerjahr 2019 
zur Anwendung kom- 
men. Mit dem Postulat 
wurde die Regierung 
auch beauftragt, zu 
prüfen, inwiefern die Kosten für ei- 
ne Drittbetreuung der Kinder in der 
Steuererklärung abgezogen werden 
könnten. Diesem Ansinnen erteilt 
die Regierung aber eine Absage. Ki- 
ta-Kosten würden schliesslich be- 
reits subventioniert, verweist die Re- 
gierung auf die direkt einkom- 
mensabhängige Subventionierung 
der ausserhäuslichen Betreuung 
durch den Staat. 
Streitpunkt KInderabzug 
Mitpostulant Manfred Kaufmann 
(VU) dankte der Regierung für die 
Beantwortung des 
Postulats. Es sei das 
Ziel gewesen, Familien 
steuerlich zu entlas- 
ten, «weil diese auch 
die damals nötigen 
Sparmassnahmen mit- 
zutragen hatten.» Die 
vorgeschlagene Erhö- 
hung des Kinderab- 
zugs auf 12 000 Fran- 
ken begrüsste Kauf- 
mann ausdrücklich. 
Thomas Lageder (Freie 
Liste) tat dies nicht. 
«Gerade der untere 
Mittelstand und Gerin- 
gerverdiener werden 
mit der Erhöhung des 
Kinderabzugs nicht 
entlastet», sagte der 
Abgeordnete und 
warnte vor Steuergeschenken, die 
«in den Taschen der sehr gut Verdie- 
nenden» landen werden. «Mir er- 
schliesst sich einfach nicht, dass je- 
mand, der 300 000 Franken ver- 
dient, mit 936 Franken entlastet 
wird und jemand der 60 000 Fran- 
ken verdient mit null Franken ent- 
lastet wird.» In Richtung Regie- 
rungschef Adrian Hasler sagte Lage- 
der, dass er nicht verstehe, weshalb 
die Regierung auf eine Million Fran- 
ken verzichten wolle, wenn es «für 
die Personen, die es brauchen, null 
Effekt» habe. Auch Elfried Hasler er- 
kannte, dass der geplante erhöhte 
Abzug keine Verbesserung bei unte- 
ren Einkommen bringt. «Besserver- 
diener profitieren deutlich mehr», 
sagte der FBP-Abgeordnete, der zu- 
dem anhand der von der Regierung 
angestellten Vergleiche mit einzel- 
nen Schweizer Kantonen feststellte, 
dass die Einwohner Liechtensteins 
«steuermässig in einem Paradies» le- 
ben. Der FBP-Abgeordnete Wendelin 
Lampert teilte im Hinblick auf den 
Kinderabzug die Bedenken seiner 
kritischen Vorredner, konnte der Sa- 
che aber dennoch zumindest etwas 
abgewinnen: «Sehen Sie es positiv: 
wenn das Geld so ausgegeben wird, 
kommt man nicht auf andere unver- 
nünftigere Ideen. So wird wenigs- 
tens in Menschen investiert.» Da 
passte auch ein Kommentar von 
Thomas Lageder, der vermutete, 
dass nun behauptet werde, dass Fa- 
milien entlastet würden: «Ja, das 
stimmt, aber nur gutverdienende.» 
«Der erhöhte 
Kinderabzug bringt 
keine Verbesserung 
bei unteren 
Einkommen.» 
ELFRIED HASLER 
ABGEORDNETER (FBP) 
Beitrag gesprochen 
Verein übernimmt   
Vermarktung des 
Finanzplatzes 
VADUZ «Um die Finanzplatzkommu- 
nikation umfassend umsetzen und 
weiterentwickeln zu können, sollte 
eine Organisation im Rahmen einer 
Public-Private-Partnership aufgebaut 
werden», wie es im Regierungsbe- 
richt heisst. Hierfür solle der beste- 
hende Verein «Liechtenstein Finance 
e.V.» genutzt werden, welcher mit 
neuen Statuten versehen wird. Die- 
ser soll durch die Regierung und die 
Finanzplatzverbände finanziert und 
durch ein gemeinsam besetztes Steu- 
erungsgremium geleitet werden. Der 
Landtags stimmte mehrheitlich zu, 
dass sich der Staat mit 40 Prozent re- 
spektive höchstens 320 000 Fran- 
ken pro Jahr an den Kosten beteiligt. 
Mehrere Volksvertreter monierten 
noch, dass die Finanzbranche mit 
Blick auf ihre aussergewöhnlichen 
Gewinne diese Kosten gefälligst 
selbst tragen sollten, statt hierfür 
Steuergelder zu verwenden. Regie- 
rungschef Adrian Hasler argumen- 
tierte dagegen: «Es geht hierbei um 
die Vermittlung einer zentralen, 
übergeordneten Botschaft für den 
Liechtensteiner Finanzplatz und 
nicht um Produktplatzierung – 
sprich darum, Werbung für die Ban- 
ken zu machen. Daran würden wir 
uns sicher nicht beteiligen.»   (hm) 
Alpe Garsälli kann bestossen werden 
Chemiweg wird für 
250 000 Franken saniert 
VADUZ Seit einem Unwetter im Au- 
gust vergangenen Jahres ist der Che- 
miweg in einem schlechten Zustand. 
Im vergangenen Jahr wurde der Weg 
zwar provisorisch instandgesetzt, 
für eine diesjährige Bestossung der 
Alpe Garsälli mit Vieh sei aber eine 
umfassende Sanierung des Weges 
notwendig. Die Regierung veran- 
schlagte dafür einen Nachtragskre- 
dit von 220 000 Franken und die 
Landtagsabgeordneten mussten ges- 
tern darüber befinden, ob die Sanie- 
rung des Weges überhaupt noch an- 
gemessen ist, oder ob vielleicht das 
Gebiet lieber sich selbst überlassen 
werden sollte – so wie es die Liech- 
tensteinische Gesellschaft für Um- 
weltschutz (LGU) in einem Schrei- 
ben an die Landtagsabgeordneten 
forderte.  Ebenso wies die Fachgrup- 
pe der integralen Berggebietssanie- 
rung (BGS) auf die fragliche Nach- 
haltigkeit der Investition hin und 
sprach sich aufgrund einer Kosten- 
Nutzen-Abwägung gegen die Sanie- 
rung des Weges aus. 
Jahrhundertelange Tradition 
Rainer Beck (stellv. Abgeordnete der 
VU) warnte jedoch vor einem 
Schnellschuss: «Sollte wirklich die 
Absicht bestehen, die Alpwirtschaft 
auf den liechtensteinischen Alpen 
einzustellen, braucht es mehr als ein 
Schreiben der LGU, es braucht vorab 
eine breit geführte Diskussion und 
anschliessend ein abgestimmtes und 
von allen Seiten genehmigtes Kon- 
zept, ob und wie es alpwirtschaft- 
lich in Liechtenstein weitergehen 
soll. So weit sind wir heute jedoch 
noch lange nicht und solange keine 
neue Stossrichtung vorliegt, sehe ich 
uns in der Pflicht, die bisherige Pra- 
xis beizubehalten und die Alpen 
bzw. das Alpengebiet entsprechend 
zu unterhalten.» 
Unterstützung erhielt er von Gunilla 
Marxer-Kranz (VU) und Daniel Seger 
(FBP), die sich für ein Intakthalten 
des Wanderweges und die Bewirt- 
schaftung der Alpe Garsälli ausspra- 
chen. «Es geht um die Erhaltung der 
Naturlandschaft, die   mehr als 600 
Jahre alpwirtschaftlich gepflegt wur- 
de», sagte Marxer-Kranz. Sie verwies 
auf das Entwicklungskonzept des 
Berggebietes, das die Erhaltung und 
Förderung der Lebensräume einhei- 
mischen Pflanzen- und Tierarten 
vorsehe. Gleiches gelte für die Alpen- 
schutzkonvention. «Naturschutz ist 
eine wichtige Aufgabe des Staates», 
so Marxer-Kranz. Daniel Seger will 
auch weiterhin gute und vor allem si- 
chere Wanderwege im Land haben: 
«Tragische Unfälle hatten wir in den 
liechtensteinischen Bergen mehr als 
nur einmal», gab er zu bedenken. 
Helikopterflüge sind teuer 
Die Regierung habe sich nach einer 
sorgfältigen Überlegung schliesslich 
für die Sanierung des Weges ausge- 
sprochen, führte schliesslich Regie- 
rungsrätin Dominique Hasler aus. 
Neben der jahrhundertelangen Tra- 
dition der Alpe Garsälli, hätten auch 
ökologische Gründe dafür gespro- 
chen. Hasler geht davon aus, dass 
sich die Trockenweiden ohne Be- 
wirtschaftung mittel- bis langfristig 
verbuschen und schliesslich ein 
Wald entstehen würde. Die hohen 
Kosten für die Sanierung des Weges 
würden vor allem durch Helikopter- 
flüge (die Baustelle ist über die 
Strasse nicht 
erreichbar) ent- 
stehen. Mit 18 
Ja-Stimmen 
gewährten die 
Abgeordneten 
den Nachtrags- 
kredit für die Sa- 
nierung.   
(sb) 
Dominique Hasler konnte die 
Abgeordneten trotz spärlicher 
Unterlagen überzeugen. (Foto: PT) 
Regierung soll Situation 
um Casinos im Land prüfen 
Vorstoss Die jahrelange Debatte um die Casinos in Liechtenstein ist um ein Kapitel reicher. 
Ein entsprechendes Postulat wurde gestern an die Regierung überwiesen. Ausgang ungewiss. 
VON HOLGER FRANKE 
Die 
Regierung soll verschie- 
dene Massnahmen zur Ge- 
staltung einer positiven 
Entwicklung der «Casino- 
Landschaft Liechtenstein» – wie es 
die VU-Postulanten nennen – prüfen. 
Ihr Postulat hat der Landtag gestern 
mit 22 Stimmen an die Regierung 
überwiesen. Mit dem Vorstoss er- 
sucht die VU-Fraktion die Regierung 
zum einen, die rechtlichen Möglich- 
keiten eines Bewilligungsmoratori- 
ums und alternative Massnahmen zu 
einer «sinnvollen Eingrenzung» der 
Spielbanken-Anzahl zu prüfen. 
Keine Lust auf Moralkeule 
Zweitens wird die Regierung gebe- 
ten, verschiedene Möglichkeiten ei- 
ner Zweckbindung der Einnahmen 
aus den Geldspielabgaben zuguns- 
ten der Bürger im Bereich der Sozial- 
werke aufzuzeigen. Drittens wird 
die Regierung eingeladen, Lösungs- 
möglichkeiten zu prüfen, um zumin- 
dest mit der Schweiz oder allenfalls 
auch weiteren Staaten die Sperrlis- 
ten austauschen zu können und vier- 
tens soll die Regierung die Zonen- 
konformität beim geplanten Betrieb 
von Spielcasinos in Wohn- und Ge- 
werbezonen darlegen, insbesondere 
wenn mögliche Ruhestörungen in 
wohnnahen Zonen zu erwarten sind 
(das «Volksblatt» berichtete ausführ- 
lich am 25. April). Die gestrige De- 
batte förderte gestern erneut die Ar- 
gumente zutage, die bereits in den 
vergangenen Wochen zu hören wa- 
ren – und sie verlief streckenweise 
widersprüchlich. VU-Fraktionsspre- 
cher Günter Vogt machte deutlich, 
dass man bestehende Ängste und 
Sorgen der Bevölkerung nicht igno- 
rieren dürfe. Und er machte deut- 
lich, dass sich die VU weiterhin zu 
einem liberalen und verlässlichen 
Wirtschaftsstandort bekenne. Das 
wiederum rief den FBP-Abgeordne- 
ten Wendelin Lampert auf den Plan, 
der von den Postulanten wissen 
wollte, wie man einen angeblich li- 
beralen Ansatz mit einem Moratori- 
um unter einen Hut bringt. Wie so 
oft, war es auch Wendelin Lampert, 
der den Angeordneten den Spiegel 
vorhielt und sie daran erinnerte, 
dass es der Landtag war, der das ak- 
tuelle Bewilligungssystem über- 
haupt erst möglich gemacht hatte. 
«So weit hätte es nicht kommen müs- 
sen. Wenn man das Geldspielgesetz 
nicht abgeändert hätte, hätten wir 
nicht das Dilemma, dass wir zu viele 
Casinos haben», so Lampert. Ob 
man bei aktuell zwei Casinos und 
mindestens drei weiteren geplanten 
Casinos tatsächlich von «zu vielen» 
sprechen kann, oder von einer «Ca- 
sino-Landschaft», oder davon, dass 
«Casinos wie Pilze aus dem Boden 
schiessen», blieb allerdings auch 
gestern unbeantwortet. Genervt 
zeigte sich der Abgeordnete Harry 
Quaderer: «Ich bin erstaunt mit wel- 
cher Vehemenz hier die Moralkeule 
geschwungen wird. Wendelin Lam- 
pert, Sie ermahnen die Abgeordne- 
ten, wie dumm sie waren, das Geld- 
spielgesetz abzuändern. Hätten Sie 
es nicht gemacht, hätten wir gar 
kein Casino. Wir sind alle überrannt 
worden, niemand hat mit so vielen 
Bewilligungen gerechnet.» Wie der 
DU-Abgeordnete weiter ausführte 
sei er in den vergangenen Monaten 
«nicht von zwei Personen» wegen 
den Casinos kontaktiert worden. 
«Wenn es zwei bis drei Leserbriefe 
gibt, wird gleich daraus geschlos- 
sen, es sei die ganze Bevölkerung.» 
Quaderers Fazit: «Bitte aufhören mit 
diesen moralisierenden Reden.» 
Kaum ein Reputationsschaden 
Regierungschef-Stellvertreter Daniel 
Risch kündigte an, das Postulat 
wahrscheinlich schon im Oktober- 
Landtag beantworten zu können. 
Auch er erinnerte daran, dass es ein 
demokratischer Entscheid des Land- 
tages war, mehrere Casinos im Land 
zulassen zu wollen. Der immer wie- 
der genannten Sorge um die Reputa- 
tion des Landes entgegnete er, dass 
drei, vier oder auch fünf Casinos kei- 
nen Einfluss auf die Reputation ha- 
ben würden. «Liechtenstein ist auch 
nicht das erste Land, das Casinos er- 
laubt hat – eher eines der letzten. Im 
Ausland ist das kein Thema, es ist 
ein inländisches Thema.» 
Wendelin Lampert (FBP), Günter Vogt (VU) und Harry Quaderer (DU) prägten die Debatte. (Archivfotos: MZ)
	        

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