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29. MAI
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Wohlwollens geschenkt. In der An-
kündigung des Fürsten, seinen dau-
ernden Wohnsitz im Land zu neh-
men, sah Schädler den fürstlichen
Willen, «die Verbindung von Fürst
und Volk noch fester, noch inniger
und vor allem lebendiger zu gestal-
ten». Schädler würdigte den Einsatz
des Fürsten für die Beilegung des
heftigen Parteienstreits: Schon weni-
ge Wochen nach der Übernahme der
Regierung sei es ihm gelungen, «die
innerpolitischen Gegensätze, die bis
anhin oft hohe Wellen schlugen, aus-
zugleichen und dem Land den inne-
ren Frieden zu geben».
NZZ – der Treueschwur ist
mehr als eine Zeremonie
Die Huldigungsfeier mit den patrio-
tischen Ansprachen fand auch Reso-
nanz in den Medien der Nachbarlän-
der, obwohl bedeutend weniger Gäs-
te aus dem Ausland eingeladen wa-
ren als ein Jahr zuvor vorgesehen.
Für die geplante Huldigungsfeier
1938 für den Prinzregenten, die auf-
grund des Todes von Fürst Franz I.
verschoben werden musste, standen
nicht nur Bundesräte aus Bern und
Regierungsvertreter der Nachbar-
kantone auf der Gästeliste, sondern
auch massgebliche Vertreter aus
dem Deutschen Reich und Öster-
reich, insbesondere Vorarlberg. Ein
Jahr später wurde Deutschland nur
noch durch den Generalkonsul ver-
treten, der zudem auf Konsuln aus
anderen Ländern traf, sozusagen als
Gegengewicht. Vorarlberg war gar
nicht vertreten, was wohl mit dem
zwei Monate vorher gescheiterten
Putschversuch zusammenhing, bei
dem Vorarlberger Nationalsozialis-
ten eine bedeutende Rolle gespielt
hatten.
Viele Zeitungen aus der Schweiz be-
richteten über die Huldigungsfeier
und würdigten in Kommentaren das
Zusammenspiel von Fürst und Volk.
Stellvertretend für diese Medien ein
paar Sätze aus der «Neuen Zürcher
Zeitung» (NZZ), die sich in ihrem Be-
richt überrascht zeigte ob der gros-
sen Menschenmenge an der Huldi-
gungsfeier, die beinahe der gesam-
ten Bevölkerungszahl Liechtensteins
entsprochen habe: «Wie für die
Schweiz die föderative Vielfalt und
kulturelle Mannigfaltigkeit ihre äus-
sere Kleinheit in manchen Teil auf-
zuwiegen vermag, so liegt für das
kleine Liechtenstein in der Verbin-
dung mit einem alten angesehenen
Fürstenhaus eine Gewähr für seinen
Bestand und seine Geltung. Die mo-
narchistische Tradition, die ange-
sichts der geringen Grössenverhält-
nisse des Landes gelegentlich des
musealen Charakters nicht entbehr-
te, hat vitale Gegenwartsbedeutung
erlangt. Die internationalen Ereig-
nisse der jüngsten Vergangenheit,
die bis hart an die Grenzen Liech-
tensteins brandeten, sind nicht ohne
Einfluss auf sein politisches Leben
geblieben.» Ferner würdigte die
«NZZ» den Entschluss des Fürsten,
seinen dauernden Wohnsitz im Land
zu nehmen: «Wenn er mit der Tradi-
tion seiner Vorgänger bricht, bekun-
det er damit gleichzeitig die Absicht,
die ihm verfassungsmässig zukom-
mende Anteilnahme an den Regie-
rungsgeschäften wahrzunehmen
und in enger Verbundenheit mit der
Bevölkerung des Landes zu bleiben,
die der gediegenen und bescheide-
nen Persönlichkeit ihres Fürsten
echte Verehrung entgegenbringt.
Der Treueschwur, der Höhepunkt
der Erbhuldigung, an dem Männer,
Frauen und Kinder teilnahmen, war
daher mehr als eine Zeremonie.»
Tausende Menschen versammelten
sich auf der Schlosswiese – fast die
gesamte Bevölkerung war erschienen.
(Foto: Unbekannt /Landesarchiv)
Die Huldigungsfeier bot in der unruhigen Zeit von 1939 – erst zwei Monate zuvor versuchten Nazi-Anhänger einen Putsch-
versuch – eine willkommene Gelegenheit, um die Einigkeit im Volk zu beschwören. (Foto: Unbekannt /Landesarchiv