Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2019)

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16. MAI 2019 
Wiederwahl von Bundesanwalt 
Lauber wird aufgeschoben 
Verfahren Die Wiederwahl von Bundesanwalt Michael Lauber wird auf Herbst verschoben. Die Gerichtskommission der 
Vereinigten Bundesversammlung hat am Mittwoch einstimmig beschlossen, noch keinen Antrag zur Wiederwahl zu stellen. 
Als 
Grund nannte Kommis- 
sionspräsident Jean-Paul 
Gschwind (CVP/JU) vor den 
Bundeshausmedien die lau- 
fende Disziplinaruntersuchung. Die- 
se hatte die Aufsichtsbehörde über 
die Bundesanwaltschaft (AB-BA) 
vergangene Woche gegen den Bun- 
desanwalt eröff net. Lauber reichte 
seinerseits eine Aufsichtseingabe 
gegen die AB-BA bei den Geschäfts- 
prüfungskommissionen von Natio- 
nal- und Ständerat (GPK) ein. 
Die GPK hatten den Bundesanwalt 
Anfang Woche angehört. Die Ge- 
richtskommission habe nicht alle 
Protokolle zu dieser Anhörung erhal- 
ten, sagte Gschwind. «Die Gerichts- 
kommission will nicht in der Hast 
entscheiden.» Sie habe deshalb ein- 
stimmig beschlossen, den Entscheid 
über die Wahlempfehlung zu ver- 
schieben. Die Wiederwahl Laubers 
wäre in der Sommersession vorgese- 
hen gewesen. 
Kein Misstrauensvotum 
Es handle sich nicht um ein Misstrau- 
ensvotum gegen den Bundesanwalt, 
sagte Matthias Aebischer (SP/BE), der 
die zuständige Subkommission präsi- 
diert. Der Entscheid habe auch nicht 
direkt mit der Untersuchung zu tun. 
Die Kommission wolle bloss «nichts 
überstürzen in dieser aufgeheizten 
Situation». Die Gerichtskommission 
hat zwei weitere Sitzungstermine vor 
der Herbstsession. Wenn nötig, kann 
sie laut Aebischer weitere Sitzungen 
durchführen. Um sicherzustellen, 
dass sie dann bessere Entscheidungs- 
grundlagen hat, verlangte die Kom- 
mission von der AB-BA für den Herbst 
einen Zwischenbericht zur Diszipli- 
naruntersuchung. 
Das Endergebnis der Untersuchung 
will sie laut Aebischer nicht zwin- 
gend abwarten. Es sei möglich, dass 
die Disziplinaruntersuchung ein Jahr 
dauere. «Wir wollen uns nicht in Zug- 
zwang setzen lassen.» 
Die Bundesanwaltschaft nahm vom 
Entscheid der Gerichtskommission 
Kenntnis, wie sie in einer Stellung- 
nahme schreibt. Sie stehe den zu- 
ständigen Gremien weiterhin vollum- 
fänglich für alle Abklärungen und of- 
fenen Fragen zur Verfügung. Auch 
mit der AB-BA will der Bundesanwalt 
«im rechtlichen Rahmen der Auf- 
sichtstätigkeit» zusammenarbeiten. 
Laubers Gedächtnislücken 
Hintergrund der aufgeschobenen 
Wahlempfehlung sind nicht doku- 
mentierte informelle Treffen mit FI- 
FA-Chef Gianni Infantino. Im Raum 
steht auch der Verdacht der Amtsge- 
heimnisverletzung, weil unbeteiligte 
Dritte an den Treffen teilnahmen. 
Gegenüber der Aufsichtsbehörde hat- 
te Lauber zudem nur zwei Treffen im 
Jahr 2016 angegeben. Später räumte 
er ein, dass es 2017 wohl ein drittes 
Treffen gegeben habe. Er machte aber 
geltend, sich nicht an dieses zu erin- 
nern. Nach Angaben der GPK gibt es 
derzeit keine Anhaltspunkte, dass der 
Bundesanwalt diesbezüglich bewusst 
nicht die Wahrheit gesagt hätte. 
Die nicht protokollierten Treffen 
könnten zu Verzögerungen in den 
Verfahren führen. Laut GPK wurden 
im Zusammenhang mit laufenden FI- 
FA-Verfahren bereits mehrere Aus- 
standsbegehren gegen den Bundes- 
anwalt und verfahrensführende 
Staatsanwälte vor dem Bundesstraf- 
gericht in Bellinzona gestellt. 
Gegenangriff des Bundesanwalts 
Trotz der vielen offenen Fragen hält 
Lauber an seiner Kandidatur für eine 
dritte Amtszeit fest. Am Freitag hatte 
er die AB-BA scharf angegriffen. Lau- 
ber sprach im Zusammenhang mit 
der Disziplinaruntersuchung von ei- 
ner «institutionellen Krise» und von 
einem «Eingriff in die Unabhängig- 
keit der Bundesanwaltschaft».   (sda) 
Michael Lauber steht im Verdacht, das Amtsgeheimnis verletzt zu haben. (Foto: Keystone) 
Macron und Ardern sagen Onlineterror den Kampf an 
Internet Im Kampf gegen 
Terrorvideos im Netz schmie- 
den Frankreichs Staatspräsi- 
dent Emmanuel Macron und 
die neuseeländische Premier- 
ministerin Jacinda Ardern ein 
internationales Bündnis. Dies 
ist das Ergebnis des «Christ- 
church-Gipfels» am Mittwoch 
in Paris. 
Anlass für den «Christchurch-Gipfel» 
mit Toppolitikern und Internetunter- 
nehmen war der Terroranschlag in 
Neuseeland Mitte März mit 51 Toten. 
Der Täter übertrug seinen Angriff 
mit einer Helmkamera über Face- 
book zu grossen Teilen live ins Inter- 
net. Davon gibt es auch ein insgesamt 
17-minütiges Video, das millionen- 
fach angeklickt wurde. 
«Es ist das erste Mal, dass Regierun- 
gen und Technikunternehmen zu- 
sammenkommen», sagte Ardern am 
Mittwoch in Paris. Die Regie- 
rungschefin aus Wellington begrüss- 
te strengere Regeln des US-Konzerns 
Facebook für Liveübertragungen im 
Internet. In einer Erklärung sprach 
sie von einem «guten ersten Schritt», 
um zu verhindern, dass sich Fälle wie 
bei der Attacke auf zwei Moscheen in 
Christchurch wiederholen. 
Facebook kündigt Einschränkung an 
Facebook hatte pünktlich zum 
«Christchurch-Gipfel» neue Ein- 
schränkungen für die Plattform an- 
gekündigt. So sollen Nutzer schon 
nach einer schwerwiegenden Regel- 
verletzung «eine bestimmte Zeit 
lang» keine Livevideos übertragen 
dürfen. Als ein Beispiel-Zeitraum für 
eine Sperrung wurden 30 Tage ange- 
geben. Als Beispiel für einen schwer- 
wiegenden Regelverstoss nannte Fa- 
cebook die Weiterleitung eines Links 
zu einer Mitteilung einer Terror- 
gruppe ohne Einordnung. 
Macron lud für den Gipfel mehrere 
Staats- und Regierungschefs ein, un- 
ter ihnen die britische Premierminis- 
terin Theresa May, Jordaniens König 
Abdullah II. oder Kanadas Premier 
Justin Trudeau. Auch führende Ver- 
treter von Facebook, Google, Twitter 
oder Microsoft standen auf der Gäste- 
liste. Deutschland ist laut Elyséekrei- 
sen als Beobachter eingebunden. 
Macron hatte bereits in der vergange- 
nen Woche mit Facebook-Chef Mark 
Zuckerberg über den Kampf gegen 
Hass im Netz beraten. Frankreich 
führt im laufenden Jahr die Runde 
der grossen Industriestaaten (G-7). 
Zudem wurde das Land in den ver- 
gangenen Jahren schwer vom islamis- 
tischen Terrorismus getroffen – rund 
250 Menschen wurden getötet. 
Ardern sagte, der sogenannte Christ- 
church-Appell sei nur ein Ausgangs- 
punkt: «Wir werden das nicht mit ei- 
ner Erklärung regeln.» Es gehe nicht 
um die Offenlegung von Geschäfts- 
geheimnissen der Unternehmen. 
«Wir müssen jedoch wissen, wie Al- 
gorithmen unsere Gesellschaften 
beeinflussen können.» Mit dem Wort 
Algorithmus wird eine Reihe von 
Anweisungen bezeichnet, die in 
Computersystemen ausgeführt wer- 
den, um ein Problem oder eine Auf- 
gabe zu bewältigen. Die Algorith- 
men von Facebook hatten zum Teil 
Probleme, von Nutzern neu hochge- 
ladene Kopien des Christchurch-Vi- 
deos zu entdecken, wenn sie etwas 
verändert worden waren. Facebook 
will nun in einem 7,5 Millionen Dol- 
lar teuren Forschungsprojekt ge- 
meinsam mit Wissenschaftlern die 
Bilderkennung in Videoaufnahmen 
verbessern. Neuseeland hatte nach 
dem Anschlag des australischen 
Rechtsextremisten rasch gehandelt 
und Sturmgewehre und halbauto- 
matische Waffen verboten. 
Noch nicht gültiges Recht 
Europa war bisher im Kampf gegen 
Terrorpropaganda im Netz nicht ta- 
tenlos. Die EU-Kommission schlug 
2018 vor, Internetfirmen unter An- 
drohung empfindlicher Strafen zum 
raschen Löschen zu zwingen. Bei 
mehrmaligen Verstössen drohen 
dem Vorschlag zufolge Geldbussen. 
Dies ist allerdings noch nicht gülti- 
ges Recht, da die EU-Staaten und das 
Europaparlament sich noch auf eine 
gemeinsame Position einigen müs- 
sen. Der mutmassliche Christchurch- 
Attentäter Brenton Tarrant und der 
Chef der «Identitären» in Österreich 
schrieben sich laut einem Medien- 
bericht öfter Mails als bisher be- 
kannt. Wie der österreichische Sen- 
der ORF berichtete, wollte sich Ös- 
terreichs «Identitären»-Chef Martin 
Sellner mit dem späteren Attentäter 
treffen, sollte dieser mal in Wien 
sein.   (sda/dpa) 
Frankreich und Neuseeland wollen Terrorvideos aus dem Internet verbannen. (Foto: AP) 
Wegen «Panama Papers» 
Weitere Razzien 
in Deutschland 
FRANKFURT Drei Jahre nach Enthül- 
lung der «Panama Papers» ist die 
Jagd der Behörden nach Steuersün- 
dern in vollem Gange. Frankfurter 
Staatsanwälte, Beamte des Bundes- 
kriminalamtes und weiterer Behör- 
den durchsuchten deshalb am Mitt- 
woch in ganz Deutschland Privat- 
wohnungen sowie Geschäftsräume 
von Banken, Steuerkanzleien und 
Vermögensverwaltern. Wie die 
Staatsanwaltschaft in Frankfurt 
mitteilte und die Deutsche Bank be- 
stätigte, steht die Aktion im Zusam- 
menhang mit der zweitägigen Raz- 
zia am Hauptsitz des Instituts in der 
Mainmetropole Ende November. 
Hintergrund ist der Verdacht auf 
Steuerhinterziehung gegen mehrere 
vermögende Privatleute. Der Staats- 
anwaltschaft zufolge wurden acht 
Wohnungen, elf Banken und Spar- 
kassen, die Büros von vier Steuer- 
beratern und sechs Vermögensver- 
waltern unter anderem in Ham- 
burg, Bad Tölz, Bonn, Düsseldorf, 
Frankfurt, Aachen, Köln und auf 
Sylt durchsucht. Die Massnahmen 
dauerten am frühen Mittwochnach- 
mittag an, dürften aber nach Anga- 
ben eines Behördensprechers noch 
am Mittwoch beendet sein. Auslö- 
ser für die ursprüngliche Razzia bei 
der Deutschen Bank waren Erkennt- 
nisse aus den sogenannten «Off- 
shore Leaks» und den «Panama Pa- 
pers», bei denen es zum einen um 
weltweite Geldschiebereien von 
teilweise prominenten Persönlich- 
keiten ging, zum anderen um den 
Verdacht der Geldwäsche und Bei- 
hilfe zur Geldwäsche. Die acht Per- 
sonen im Fadenkreuz der Behörden 
sollen jeweils mithilfe einer ehema- 
ligen Tochtergesellschaft der Deut- 
schen Bank auf den Britischen Jung- 
ferninseln Gesellschaften in Steuer- 
oasen gegründet haben, um Kapi- 
talerträge vor dem deutschen Fis- 
kus zu verbergen und somit Steuern 
zu hinterziehen. Die Deutsche Bank 
erklärte am Mittwoch, sie kooperie- 
re mit den Behörden. Bei der zwei- 
tägigen Razzia bei der Bank Ende 
November, bei der es um Geldwä- 
sche gegangen war, hatten 170 Be- 
amte der Staatsanwaltschaft, des 
Bundeskriminalamts, der Steuer- 
fahndung und der Bundespolizei 
die Konzernzentrale und weitere 
Gebäude in Frankfurt und Umge- 
bung durchsucht.   (sda/reu)
	        

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