SAMSTAG
11. MAI
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Gemeinnützige Lotterien
MwSt.-Anpassung
übernommen
VADUZ Bereits heute sind Umsätze
bei Wetten, Lotterien und sonstigen
Glücksspielen mit Geldeinsatz, so-
weit sie einer Sondersteuer oder
sonstigen Abgaben unterliegen, von
der Mehrwertsteuer ausgenommen.
Die Schweiz hat nun im Rahmen der
Schaffung des neuen Bundesgeset-
zes über Geldspiele (Geldspielge-
setz) auch das Mehrwertsteuerge-
setz dahingehend abgeändert, dass
Umsätze bei Geldspielen auch dann
von der Mehrwertsteuer befreit
sind, wenn der damit erzielte Rein-
gewinn vollumfänglich für gemein-
nützige Zwecke im Sinne des Geld-
spielgesetzes verwendet wird. Diese
Regelung hat der Landtag nun über-
nommen. Handlungsspielraum gab
es wegen des Zollvertrages mit der
Schweiz ohnehin nicht. Folglich war
die Gesetzesänderung im Landtag
unbestritten. Das abgeänderte Mehr-
wertsteuergesetz tritt rückwirkend
auf den 1. Januar 2019 in Kraft. (ds)
Schwerpunkt Letzter Sitzungstag im Mai-Landtag
Strafgesetzbuchrevision
Ohrfeige gilt nicht
als Terrorangriff
VADUZ Bei der Abänderung des Straf-
gesetzbuches im Rahmen der Terror-
bekämpfung stellte Christoph Wena-
weser (VU) den Antrag, den Tatbe-
stand der einfachen Körperverlet-
zung – etwa eine Ohrfeige – als terro-
ristischer Tatbestand aus dem von
der Regierung vorgeschlagenen Ge-
setzesentwurf zu streichen, wie er es
schon in der ersten Lesung bemerkt
hatte. «Ich fürchte, dass wir damit
den Terrorismus zu verniedlichen
beginnen, wenn schon eine Ohrfeige
als solcher qualifiziert werden könn-
te», so Wenaweser. Aurelia Frick ver-
wies zwar noch auf die eingehende
Prüfung der Regierung der österrei-
chischen Rezeptionsvorlage, schlus-
sendlich stimmte der Landtag aber
für den Streichungsantrag. (hm)
Aussenpolitische Arbeit der
Regierung vom Landtag gewürdigt
Richtungsweisend Der
von Regierungsrätin Aurelia
Frick vorgestellte Bericht zu
Schwerpunkten und Zielen
der Aussenpolitik wurde
gestern zur Kenntnis genom-
men. Neben viel Lob standen
auch zahlreiche Sachfragen
im Zentrum der Beratungen.
VON HOLGER FRANKE
«Eines
meiner wich-
tigsten Anliegen ist,
mit dem Bericht eine
Grundlage zu schaf-
fen, mit welcher sich alle Teile der
Bevölkerung ein Bild über unse-
re Aussenpolitik machen kann»,
machte Regierungsrätin Aurelia
Frick gestern vor den Abgeordneten
deutlich. Zwar könne der Bericht
auf 50 Seiten nicht allzu sehr in die
Tiefe der einzelnen Themen gehen,
aber es sollte erreicht werden, eine
breite Diskussion führen zu können,
mit einem Bericht, «den man leicht
verdauen kann», wie es Aurelia Frick
ausdrückte. Ziel des tatsächlich le-
senswerten Berichts ist die Informa-
tion von Landtag und Bevölkerung
über die Rahmenbedingungen, He-
rausforderungen und wesentlichen
Inhalte des aussenpolitischen Han-
delns (Das «Volksblatt» berichtete
ausführlich am 24. April).
«Insgesamt gute Arbeit»
Ein Vorgehen, das auch beim FBP-
Abgeordneten Eugen Nägele auf Zu-
stimmung stiess: «Ich finde es wich-
tig und richtig, dass die Regierung
ihr Handeln immer wieder reflek-
tiert und darüber Zeugnis ablegt.
Ich finde es auch passend, dass sich
der Landtag im Jubiläumsjahr mit
der Aussenpolitik beschäftigt, da
eine kluge und vorausschauende
Aussenpolitik schon seit 300 Jahren
für unser Land entscheidend ist.»
Nägele fasste fünf Rubriken zusam-
men, die immer wieder im Zusam-
menhang mit der Aussenpolitik auf-
tauchen: «Die Aussenpolitik ist
stark mit der Innenpolitik des Lan-
des verbunden, Aussenpolitik ist
immer auch Interessenpolitik,
Liechtenstein ist ein verlässlicher
Partner, die Zusammenarbeit spielt
auf unterschiedlichen Ebenen eine
grosse Rolle und Liechtenstein leis-
tet konstruktive Beiträge.» Zur Dis-
kussion um die erhöhte Beachtung
der Beziehungen mit Frankreich
und Grossbritannien und vor allem
eine angedachte Eröffnung einer
Vertretung in Paris sagte Nägele:
«Für mich ist vieles vorstellbar,
aber eine fundierte Aussage ist für
mich jetzt nicht möglich und wird,
so meine ich, auch nicht erwartet.»
Regierungsrätin Aurelia Frick sagte
im Zuge dessen, dass weitere
Schritte zuerst in der Regierung
diskutiert werden müssen, wenn
weitere Fakten vorliegen. Christoph
Wenaweser verdeutlichte, dass Aus-
senpolitik souveränitätsstiftend
ist. «Für unseren Aussenhandel
und unsere offene Volkswirtschaft
ist sie essenziell. Liechtenstein
braucht Abkommen, Staatsverträ-
ge, Mitgliedschaften in internatio-
nalen Organisationen, Botschaften
und ständige Vertretungen, aus Ef-
fizienzgründen auf für uns wichtige
Hotspots fokussiert. Unser aussen-
politisches System ist zweckmässig
aufgestellt. Unsere Leute im diplo-
matischen Corps und deren Chefin
im Ministerium machen insgesamt
gute Arbeit in der Aussenpolitik
und Diplomatie», sagte der VU-Ab-
geordnete. Den institutionalisierten
Rahmen der Aussenpolitik mit den
heutigen Botschaften und Ständi-
gen Vertretungen sowie den Mit-
gliedschaften bei der UNO, dem Eu-
roparat oder der OSZE erachte
Wenaweser als zweckmässig. Aller-
dings mahnte er, dass die Verhält-
nismässigkeit des aussenpolitischen
Tuns, bei etwas Geneigtheit zur
selbstkritischen Hinterfragung, im
Auge behalten werden, «was mei-
nes Erachtens nicht stets einwand-
frei gelingt». Zu den aktuellen Her-
ausforderungen nannte Wenaweser
wie sich das Verhältnis der Schweiz
zu Schengen/Dublin je nach Ab-
stimmungsergebnis zur Waffen-
rechtsnovelle entwickelt. «Ebenso
genau werden wir beobachten müs-
sen, wie sich das weitere Verhältnis
der Schweiz zur EU mit und ohne
Abschluss eines Rahmenabkom-
mens entwickelt.»
Kritik um humanitäre Hilfe
Zu den zahlreichen diskutierten
Punkten gehörte auch die internati-
onale Solidarität. «In Wahrheit hat
Liechtenstein sein Engagement für
die Ärmsten dieser Welt zurückge-
schraubt. Ich erwarte von der Regie-
rung eine Erhöhung des Budgets»,
kritisierte der Abgeordnete Thomas
Lageder (Freie Liste) einmal mehr.
Sollte die Regierung dem nicht nach-
kommen, werde die Freie Liste bei
der Budgetdebatte im November ei-
nen entsprechenden Antrag stellen.
Damit rannte Lageder bei Regie-
rungsrätin Aurelia Frick offensicht-
lich offene Türen ein. «Ich freue
mich, dass die Freie Liste hier im-
mer wieder die Finger in die Wunde
legt. Ich wünsche mir eine Diskussi-
on darüber.» Allerdings sollte die
Diskussion darüber hinausgehen,
wer wie viele Millionen erhält. Viel-
mehr sollte es um die Frage gehen,
was Liechtenstein tun möchte, für
Menschen, denen es weniger gut
geht. «Ich wünsche mir eine Diskus-
sion, die über die nackten Zahlen hi-
nausgeht», sagte Aurelia Frick.
Regierungsrätin Aurelia Frick stellte gestern ihren Bericht zur Aussenpolitik
Liechtenstein im Landtag vor. (Archivfoto: Michael Zanghellini)
Wachsende Internationalisierung
Wohl bald Notare,
aber keine Notariatspflicht
VADUZ Der Landtag hat gestern in
erster Lesung über die Schaffung ei-
nes Notariatsgesetzes beraten (das
«Volksblatt» berichtete ausführlich
am 12. April). Bereits bei der Vorstel-
lung der Vorlage hatte Regierungsrä-
tin Aurelia Frick insbesondere einen
Punkt hervorgehoben: «Es soll dem
Bürger überlassen sein, ob er zu ei-
nem Notar gehen möchte oder wei-
terhin die Dienstleistungen beim
Amt für Justiz oder beim Landge-
richt beanspruchen möchte.»
Eine weitere Dienstleistung
Wie die Regierung argumentiert,
werde es mit der stetig zunehmenden
Internationalisierung des Rechtsver-
kehrs immer wichtiger, dass im In-
land erstellte Schriftstücke, im In-
land abgegebene Willenserklärungen
und im Inland abgeschlossene
Rechtsgeschäfte auch ausländischen
Formerfordernissen entsprechen.
Dies trifft umso mehr auf den inter-
nationalen Wirtschaftsstandort und
Finanzplatz zu. Nur die Beachtung
ausländischer Formerfordernisse ga-
rantiere, dass die im Inland errichte-
ten Schriftstücke, die im Inland abge-
gebenen Willenserklärungen und die
im Inland abgeschlossenen Rechtsge-
schäfte auch im Ausland Wirksam-
keit entfalten können. «Heute muss
für internationale Rechtsgeschäfte
mit Notariatserfordernis diese im be-
nachbarten Ausland eingeholt wer-
den, was im zunehmend globalisier-
ten Rechtsverkehr immer mehr zum
Wettbewerbsnachteil für Liechten-
stein wird. Um auf dem Rechtsdienst-
leistungssektor konkurrenzfähig zu
bleiben und keine Wettbewerbsnach-
teile gegenüber benachbarten Juris-
diktionen zu erleiden, ist es sinnvoll,
auch in Liechtenstein die Möglichkeit
zu schaffen, notarielle Beurkundun-
gen und Beglaubigungen vornehmen
zu können», fasste der stellvertreten-
de FBP-Abgeordnete Michael Ospelt
zusammen. Um den internationalen
Standards des Notariatswesens ge-
recht werden zu können und die An-
erkennung des liechtensteinischen
Notars im Ausland bestmöglich zu
stärken, soll der Notar als eigenstän-
diger Beruf, nach der Grundidee der
europäischen Anwaltsnotare ausge-
staltet werden. Dies bedeutet, dass
die Zulassung zum liechtensteini-
schen Notar über den Rechtsanwalts-
beruf erfolgt, wobei der Notarberuf
mit dem Rechtsanwaltsberuf grund-
sätzlich vereinbar ist und die Berufe
parallel ausgeübt werden dürfen.
«Was ausdrücklich hervorzuheben
ist, ist, dass mit der Schaffung des
Notarberufs keine Notariatspflicht in
Liechtenstein besteht. Somit ist die
Einführung des Notariats eine weite-
re Dienstleistung und keine zusätzli-
che Hürde, was sehr zu begrüssen
ist. Der Bürger soll weiterhin ent-
scheiden können, ob er sich an einen
Notar wenden oder die Beglaubigung
bzw. Beurkundung durch das Land-
gericht oder das Amt für Justiz vor-
nehmen möchte», so Ospelt. (hf)
Kritik am Regierungsbericht wegen
«Tempo 40» und Lichtpfl icht am Tag
Erste Lesung Obschon im Landtag allgemeine Zustimmung zur Revision des Strassenver-
kehrsgesetzes herrschte, gab es auch regierungskritische Inputs – etwa zur Lichtpfl icht am Tag
oder der gesetzlichen Wiedereinführung von «Tempo 40», die es nicht in die Vorlage schaff te.
VON HANNES MATT
Liechtenstein orientiert sich beim
Strassenverkehrsgesetz traditionell
an der Schweiz. Nach längerer Revisi-
onspause wurde wieder eine Anpas-
sung fällig. Unter anderem möchte
die Regierung die Übernahme eines
Alkoholverbots für bestimmte Grup-
pen von Fahrzeuglenkern oder die
Verpflichtung zum Fahren mit Licht
am Tag einführen. Neu soll die Lan-
despolizei bei geringfügigen Zuwi-
derhandlungen von Verhängung ei-
ner Ordnungsbusse oder einer Anzei-
ge absehen können – und nicht wie
bisher sämtliche festgestellten Zuwi-
derhandlungen ahnden müssen.
Mehr Transparenz gefordert
Während der gestrigen Behandlung
des Gesetzesentwurfs in erster Le-
sung wünschten sich Michael Ospelt
(FBP) und Alexander Batliner (FBP)
aber noch mehr Informationen – et-
wa zur geplanten Lichtpflicht am
Tag. Hier seien im Regierungsbericht
die kritischen Stimmen zu kurz ge-
kommen. «Es geht um Verkehrssi-
cherheit: Einen Bereich, der es wert
gewesen wäre, transparent Vor- und
Nachteile aufzuführen», betonte
Alexander Batliner, der sich aber
nicht zwingend gegen eine Einfüh-
rung der Lichtpflicht aussprach. Stu-
dien in Österreich würden aber erge-
ben, dass die Massnahme in Summe
dort keinerlei Sicherheitsgewinn er-
bracht hätte. Auch Michael Ospelt er-
achtete das Fahren mit Licht am Tag
grundsätzlich als sinnvoll: «Ich frage
mich jedoch, ob dies wirklich per Ge-
setz geregelt werden muss, da die
meisten Fahrzeuge heute sowieso mit
Tagfahrlicht ausgestattet sind.»
Ein weiterer Input: So gilt heute
schon, dass abgestellte Fahrzeuge
beleuchtet sein müssen – ausser auf
Parkplätzen oder im Bereich von
Strassenbeleuchtungen. Christoph
Wenaweser (VU) bemerkte: «Aber
was, wenn die Strassenlaternen von
der Gemeinde am späten Abend ab-
geschaltet werden und dann ein Un-
fall passiert: Ist dann der Vorsteher
schuld, weil er das Licht ausgemacht
hat?» Ein «theoretisch kniffliger
Fall», den der Verkehrsminister auf
die zweite Lesung noch prüfen will.
Änderungsantrag angedeutet
Zu guter Letzt nutzte Rainer Beck
(VU) die Gelegenheit, um auf sein
vielfach geäussertes Anliegen eines
gesetzlich verankerten, generellen
«Tempo 40» aufmerksam zu ma-
chen. Das Ziel des Plankner Vorste-
hers: Auf dem Gemeindegebiet gene-
rell Tempo 40 vorschreiben zu kön-
nen – und zwar ohne, dass dadurch
an jeder Kreuzung eine Beschilde-
rung platziert werden muss. Nach
der Mittagspause stellte Rainer Beck
einen Änderungsantrag für die zwei-
te Lesung in Aussicht – zuvor hatte
er noch davon Abstand genommen,
auch weil die gleichlautende Initiati-
ve Ende 2013 wegen geringer Er-
folgsaussichten zurückgezogen wer-
den musste. Nun stehen die Chancen
besser, wie die vielen unterstützen-
den Voten zeigten – etwa von Alex-
ander Batliner, der die Regierung
aufrief, Pragmatismus walten zu las-
sen und das Strassenverkehrsgesetz,
wie halt gewünscht, abzuändern. Er
brachte den seit Längerem schwelen-
den Konflikt auf den Punkt: «Für
mich ist dieser Streit zwischen der
Gemeinde Planken und der Regie-
rung Kindergartenniveau.»
Alexander Batliner (FBP). (Foto: MZ)