Schwerpunkt Erster Sitzungstag im Mai-Landtag
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Vorsteher könnten
wieder mehr erfahren
Steuergesetz Lange Zeit
schienen die Positionen von
Landtag und Regierung in
dieser Frage unvereinbar zu
sein. Doch gestern näherten
sich beide Seiten dann doch
noch an.
VON HOLGER FRANKE
Bei
der Behandlung der Vor-
prüfung der parlamenta-
rischen Initiative betreff end
das Gesetz über die Landes-
und Gemeindesteuern geht es im
Kern darum, ob neben Regierung,
den Gerichten, den inländischen öf-
fentlich-rechtlichen Versicherungs-
anstalten eben auch die Gemein-
devorsteher Auskunft über die
Verhältnisse der juristischen Steuer-
pfl ichtigen erhalten sollten.
Nur soweit notwendig
Wie die Regierung in ihrem Bericht
und Antrag deutlich macht, hat sie
«grundsätzlich keine Einwendungen
gegen die Aufnahme der Gemeinde-
vorsteher» in den entsprechenden
Artikel im Steuergesetz. «Jedoch nur
mit dem Inhalt, den Gemeindevor-
stehern in begründeten Einzelfällen
die Steuerbeträge von juristischen
Personen auf ihrem Gemeindegebiet
mitzuteilen. Eine generelle Über-
mittlung von den Steuerbeträgen al-
ler juristischen Personen lehnt sie
aufgrund des Verhältnismässigkeits-
prinzips jedoch ab. Ebenfalls man-
gelt es am öffentlichen Interesse, da
nicht alle Daten für amtliche Zwecke
benötigt werden», schreibt die Re-
gierung. Diesen Standpunkt unter-
strich gestern auch noch einmal Re-
gierungschef Adrian Hasler, der sich
vehement dagegen aussprach, dass
den Vorstehern Steuerdaten «auf
Vorrat» zugestellt werden sollten. In
der gestrigen Debatte war es aber
wohl der stv. Angeordnete Rainer
Beck (VU) – bekanntlich selbst Vor-
steher in Planken –, der einen mögli-
chen Ausweg aufzeigte: «Gegenüber
den Ausführungen der Regierung in
diesem Bericht und Antrag geht es
den Gemeinden
nicht darum, un-
aufgefordert und
pauschal über
sämtliche Steue-
rerträge in ihrer
Gemeinde auf Vor-
rat informiert zu
werden», machte
Beck deutlich. Es
geht den Gemein-
devorstehern grundsätzlich darum,
wie die vorher genannten amtshil-
feberechtigten Stellen über die Ver-
hältnisse der bei ihnen ansässigen
Unternehmen Auskunft zu erhalten,
«soweit dies für amtliche Zwecke
notwendig ist». Genau jene Passage
macht nun offenbar den entschei-
denden Unterschied. «Natürlich wä-
re es wünschenswert und hilfreich,
wenn die Gemeindevorstehungen
beispielsweise von den 10 oder 20
steuerstärksten Unternehmungen in
der Gemeinde die Ertragssteuern
ohne Weiteres erhalten würden,
weil dies im Sinne der Standortpoli-
tik einer Gemeinde wichtige Infor-
mationen sind», so Beck.
Vorsteher müssten Bescheid wissen
Ein Ansatz, dem Regierungschef Ad-
rian Hasler augenscheinlich etwas
abgewinnen konnte. In der Debatte
kristallisierten sich vor allem zwei
verschiedene Standpunkte heraus.
«Ein Vorsteher
sollte nicht nur
ein Grüssau-
gust sein», sag-
te der Abgeord-
nete Mario
Wohl wend
(VU). Vielmehr
müssten die
Vorsteher auch
Geschäftsfüh-
rer sein, «die Bescheid wissen müss-
ten, was in ihren Gemeinden läuft».
Georg Kaufmann (FL) erinnerte dar-
an, dass sich Liechtenstein zum glo-
balen Informationsaustausch ver-
pflichtet hat. «Insofern ist der Aus-
tausch zwischen Land und Gemein-
den für mich selbstverständlich.»
Der FBP-Abgeordnete Elfried Hasler
erinnerte daran, dass es sich beim
Steuergeheimnis um ein sehr hohes
Gut handelt, dass geschützt werden
müsse. Mit einer Datenlieferung
könnte er sich nur anfreunden, so-
fern es eben «für amtliche Zwecke
notwendig» ist.
«Die Regierung hat aber
etwas dagegen, dass
Steuerdaten aller juristischen
Personen übermittelt
werden sollen.»
ADRIAN HASLER
REGIERUNGSCHEF
Blick in die FBP-Reihe, von links:
Daniel Oehry, Wendelin Lampert
und der stv. Abgeordnete Michael
Ospelt. (Fotos: Michael Zanghellini)
Tunnelsanierung: Trotz Ablehnung
zeigt Xaver Jehles Petition Wirkung
Hartnäckig Der Landtag hat sich mit der Petition von Xaver Jehle zur Tunnelsanierung Gnalp
Steg befasst. Zwar wurde sie nicht überwiesen, die Regierung wird aber Massnahmen wie Flucht-
stollen, Brandmeldeanlage sowie eine reduzierte Geschwindigkeit im Tunnel nochmals prüfen.
VON HANNES MATT
«Dilettantische Tunnelsanierung»,
«irrwitzige Telefonzellen als Todes-
fallen», «INKOMPETENTER IRRWEG»
oder ein «!!» nach jedem Satz: Die
äusserst herb formulierte und mit
Majuskelpassagen (nur Grossbuch-
staben) durchsetzte Form von Xaver
Jehles Petition kam im Landtag
nicht gut an. Gleiches galt für seine
happigen Vorwürfe in Richtung des
zuständigen Ingenieurbüros. «Man
kennt den Xaver Jehle halt so»,
merkte Herbert Elkuch (NF) an.
Dennoch gabs auch Lob von den Ab-
geordneten – etwa für die Hartnä-
ckigkeit des Schaaner Tunnelbau-
ers. Obschon die Petition schlussend-
lich überdeutlich nicht überwie -
sen wurde, hatte Xaver Jehle mit sei-
nen Einwänden gewissen Erfolg:
Gleich mehrere Abgeordnete haben
sich nochmals näher mit dem The-
ma Tunnelsanierung Gnalp Steg be-
fasst und sich des Gruner Berichts
angenommen. Diese Expertise hatte
Xaver Jehle erst nach seinem Gang
vor das Verwaltungsgericht erhalten
und den interessierten Volksvertre-
tern zur Verfügung gestellt. So zeig-
ten sich insbesondere Daniel Oehry
(FBP) und die Neue Fraktion er-
staunt, dass die Regierung gewisse
Massnahmen nicht wie darin vorge-
schlagen umgesetzt hat. Im Gruner
Bericht waren von den Experten bei
der «Vorzugsvariante im Gegenver-
kehr» nämlich auch zwei Notausgän-
ge, eine Brandmeldeanlage sowie ei-
ne Geschwindigkeitsreduktion auf
40 km/h vorgesehen gewesen. Dies
wurde bei der Sanierung des Tun-
nels aber nicht berücksichtigt. «Die
Sanierungsmassnahmen sind schon
auf reduziertem Niveau», wie Tho-
mas Rehak (NF) zusammenfasste.
«Dass die Regierung beschlossen
hat, nochmals wichtige Sicherheits-
elemente zu streichen, ist für mich
nicht nachvollziehbar.» Er forderte
Regierungschefstv. Daniel Risch auf,
zeitnah nachzurüsten. Auch Daniel
Oehry fragte sich, warum man mit
dem Bau von Fluchtwegen in Verbin-
dung mit dem schon vorhandenden
Werkstollen zugewartet hat. Vor al-
lem bei einem Brandunglück im
Tunnel würde ein Fluchtstollen das
Risiko, dass Menschen zu Schaden
kommen, stark minimieren. «Eine
Sparvariante, die im schlimmsten
Fall tödlich endet?», fragte sich Wen-
delin Lampert (FBP). Das Land hätte
die dafür nötigen Mittel in Höhe von
1,4 Millionen Franken.
Daniel Risch wies darauf hin, dass
der Tunnel heute so sicher sei wie
noch nie: «Wir nehmen Sicherheit
sehr ernst.» Er sagte aber auch zu,
die angesprochenen Massnahmen zu
einem späteren Zeitpunkt im Land-
tag auf den Tisch zu bringen. Zuerst
müssten sie nochmals geprüft wer-
den. Warum dies von der vorherigen
Regierung so entschieden worden
war? Einfach «gewürfelt» hätte man
damals sicherlich nicht, so Risch.
Regie-
rungs-
chefstv.
Daniel
Risch.
Landtag fordert Taten für den «Lebensraum Wald»
«Diese Regierung wird nicht mehr an ihren Worten gemessen!»
VADUZ Sie will es wirklich. Das mach-
te Umwelt- und Innenministerin Do-
minique Hasler gestern deutlich:
Nach Jahrzehnten des Konflikts um
das Thema Schutzwald muss jetzt,
das heisst wirklich «jetzt», etwas ge-
schehen. Denn Gefahr ist im Verzug.
Und: Es wird teuer.
Das Problem in einem Satz: Der
Wald kann sich nicht verjüngen,
weil das Wild sich an seinen Spröss-
lingen gütlich tut, also verschwindet
er – und mit ihm seine schützende
Wirkung.
Auch unter den Abgeordneten gab
es niemanden, der hier eine abwei-
chende Meinung vertrat. Das zeigte
der Landtag über fast drei Stunden
hinweg, während er die Interpellati-
onsbeantwortung «Lebensraum
Wald» zur Kenntnis nahm. Doch der
Unmut bei den Abgeordenten war
gross und nach fast 30 Jahren des
«Lamentierens», wie es Wendelin
Lampert (FBP) nannte, die Grenze
der Geduld längst überschritten.
Von ihm, der bereits 18 Jahre im Par-
lament sitzt, kam denn auch die heis-
seste Brandrede des Abends. Aber
bei Weitem nicht die einzige. Dabei
hatte bereits die Regierung nicht an
Deutlichkeit gespart, als sie die
mehr als 100 Seiten umfassende In-
terpellationsbeantwortung verfass-
te. Fazit: Wir haben zu lange zu we-
nig gemacht, wenn wir jetzt weiter
nichts machen, haben wir ein Prob-
lem.
Was das politisch bedeutet, brachte
der Abgeordnete Christoph Wena-
weser (VU) bereits nach wenigen Mi-
nuten auf den Punkt: «Diese Regie-
rung wird nicht mehr an ihren Wor-
tebn gemessen, sondern an ihren Ta-
ten.» Und trotz der vermeintlichen
Einsicht der Exekutive blieb er
skeptisch, «ob es die Regierung bes-
ser macht» als die vielen anderen
zuvor.
Massnahmenpaket soll
bis Ende Sommer stehen
Diese Skepsis, die der zuständigen
Ministerin Dominique Hasler von al-
len sprechenden Abgeordneten ent-
gegenschlug, versuchte sie mit Ruhe
und Sachlichkeit zu entkräften.
Hasler schöpft ihre Hoffnung daraus,
dass es erstmals überhaupt gelungen
sei, alle Anspruchsgruppen – nament-
lich Jäger, Förster, Grundbesitzer
und Verwaltung – an einen Tisch zu
bekommen. In einer Arbeitsgruppe
hatten diese in den vergangenen Mo-
naten nach Lösungen gesucht. Der
Bericht liegt dem Ministerium seit
März vor. Daraus wird nun ein Len-
kungsauschuss unter dem Vorsitz
von Ministerin Hasler ein Massnah-
menpaket schnüren. Bis Ende Som-
mer 2019 soll die Regierung dieses
verabschieden, zeigte Hasler den vor-
gesehenen Fahrplan auf.
Indem sie sich für die vielen vehe-
menten Voten bedankte, machte sie
aber auch deutlich, dass sie auf die
politische Unterstützung des Parla-
ments zählt. Von welcher Seite auch
immer, hatte es in den vergangenen
Jahrzehnten nämlich offenbar am
politischen Willen gefehlt. Weil kein
Weg gefunden wurde, es allen recht
zu machen, verharrten die Entschei-
dungsträger. Und weil «Bäume nicht
wählen können», wie es Wendelin
Lampert pointiert ausdrückte, hatte
der Wald das Nachsehen. Nun sei
aber ein Punkt erreicht, in dem un-
populäre Entscheide gefällt werden
müssten, betonte die Ministerin.
Irritiert hatte zahlreiche Abge-
ordnete dahingehend jedoch, dass
die Regierung erst kürzlich die vom
Amt für Umwelt und dem Jagdbeirat
empfohlenen Abschussvorgaben für
Rot- und Rehwild nach unten korri-
giert hatte.
Die Regierung habe hierbei die Emp-
fehlung der Fachpersonen gegen das
Machbare abwägen müssen, recht-
fertigte sich Dominique Hasler. Es
habe schliesslich keinen Sinn, ein
Ziel vorzugeben, wenn im Vorhinein
klar ist, dass es nicht erreicht wird.
Die Zahlen der Experten stünden für
das, was nötig ist, die der Regierung
für das, was machbar ist. Dennoch,
so Hasler, seien dies die höchsten
Abschussvorgaben, die je beschlos-
sen wurden. (ds)