24 | International
DIENSTAG
4. JUNI 2013
Kuschelwetter
Schmusen
gegen Kälte
Gorilla-Mama Muna
hält ihr zwei Tage altes
Baby im Arm, um es bei
den eiskalten Tempera-
turen warm zu halten.
Das Baby freut die
Kuschelaktion seiner
Mama. (Foto: VMH)
Zu guter Letzt
Nackte Brüste im Freien sind in
New York erlaubt
NEW YORK In New York dürfen sich
Frauen barbusig im Central Park son-
nen oder «oben ohne» durch die Stras-
sen schlendern – die Polizei hat ih-
nen nichts zu sagen. Darauf weist seit
einiger Zeit ein polizeiinternes Me-
morandum hin, das den Ordnungs-
hütern in jüngster Zeit angesichts des
nahenden Sommers wiederholt ein-
gebläut wurde. In dem Memo wird
Bezug genommen auf eine aus Grün-
den der Gleichberechtigung getroffe-
ne Gerichtsentscheidung vom 7. Juli
1992. Darin heisst es, im Bundesstaat
New York dürften keinerlei «Ord-
nungsmassnahmen» gegen Menschen
beiderlei Geschlechts ergriffen wer-
den, «die sich in der Öffentlichkeit
oberhalb des Gürtels unbekleidet zei-
gen». Tatsächlich scheint die Ent-
scheidung bei der Polizei in den ver-
gangenen Jahren in Vergessenheit ge-
raten zu sein. Die 46-jährige Künstle-
rin Holly Van Voast beispielsweise,
die gern mit nacktem Oberkörper
durch New York spaziert, wurde nach
eigenen Angaben ein Dutzend Mal
festgenommen, manchmal sogar in
Handschellen gelegt, stundenlang
festgehalten und unter anderem der
«unschicklichen Zurschaustellung»
beschuldigt.
In Psychiatrie gesperrt, weil nackt
Van Voast drehte den Spiess jetzt
um und verklagte Mitte Mai die Po-
lizei und die Stadt New York wegen
«Schikanierung» zu Schadenersatz
in nicht genannter Höhe. Die pla-
tinblonde Aktionskünstlerin mit
dem falschen Schnurrbart führte
unter anderem an, dass sie nach ih-
rer Festnahme vor einer Volks-
schule im März 2012 für «etwa
sechs Tage» in die Psychiatrie ge-
sperrt worden sei. (sda/apa/afp)
Fossilien-Studie
Wie die Schildkröten zu ihrem Panzer kamen
ZÜRICH Der Schildkrötenpanzer ist
eine Besonderheit im Tierreich: An-
ders als bei anderen Panzertieren
sind Wirbel und Rippen mit dem
Hornschild fest verwachsen. Die
Entwicklung des Panzers begann
schon vor 260 Millionen Jahren, wie-
sen nun US-Forscher und ein Zür-
cher Kollege an einem Fossil nach.
Damit konnten sie eine
grosse Lücke in der
Evolutionsge-
schichte der
Schildkröten
schliessen,
schrieb
die Uni
Zürich
(UZH) am
Montag in
einer Mitteilung. Gemäss dem UZH-
Paläontologen Torsten Scheyer han-
delt es sich bei diesem Vorläufer um
ein eigenartiges kleines Reptil, das
vor 260 Millionen Jahren im Gebiet
des heutigen Südafrika lebte. Es
hiess «Eunotosaurus africanus» und
mass ohne Schwanz zehn Zentime-
ter. Es besass noch keine vollständi-
ge Panzerung, sondern einen
nicht durchgehenden Rü-
ckenschild und einen rudi-
mentären Bauchpanzer.
Dafür zeigt das Fossil
bereits die für
Schildkröten
charakteris-
t i s c he n
Umformun-
gen der Rip-
pen, berichten die Forscher im
Fachblatt «Current Biology».
Verbreiterte Rippen
Für ihre Studie untersuchten die Wis-
senschaftler 37 teilweise unveröffent-
lichte fossile Eunotosaurus-africanus-
Funde. Aufgrund der verbreiterten
Rückenrippen schliessen die For-
scher, dass das Reptil bereits eine Art
Rückenschild besass, aber nur erste
Ansätze für eine Bauchpanzerung.
Damit stehe das Fossil zwischen den
vollständig gepanzerten Schildkröten
und primitiven Reptilien. «Eunoto-
saurus ist ein Übergangsfossil und
schliesst eine Lücke von 35 bis 50 Mil-
lionen Jahren in der Entwicklungsge-
schichte der Schildkröten», erläuterte
Scheyer in der Mitteilung. (sda)
Hochwasser fordert mehrere Todesopfer
Dauerregen Das dramatische Hochwasser hat weite Teile Süd- und Ostdeutschlands in Katastrophenregionen verwandelt. Auch in Österreich und Tsche-
chien richtete das Hochwasser enorme Schäden an. Dort kamen bereits Menschen um. Allein in Tschechien starben seit Sonntag vier Männer und eine Frau.
In
Tschechien mussten wegen
der Überschwemmungen nach
starkem Dauerregen landesweit
mehr als 6400 Menschen ihre
Häuser verlassen, um sich in Sicher-
heit zu bringen. Die Regierung von
Ministerpräsident Petr Necas hatte
am Sonntag den Notstand für fast
alle Regionen ausgerufen. Im Rie-
sengebirge fanden Rettungskräfte in
der Nacht zum Montag im Fluss Upa
die Leiche eines Mannes. Östlich von
Prag ertrank ein 82-jähriger Rentner
in einem Bach. In der Region Pilsen
fiel ein 69-Jähriger in einen Abfluss-
kanal und ertrank. Bereits am Wo-
chenende waren zwei Menschen ge-
storben, als ihre Datscha einstürzte.
Rekordflut in Passau
In Deutschland spitzte sich die Hoch-
wassersituation im Süden und Osten
des Landes dramatisch zu. Nach Anga-
ben der bayerischen Behörden stieg in
der besonders betroffenen Stadt Pas-
sau der Pegel auf mehr als 12,20 Meter
und übertraf damit die Rekordflut von
1954. Die Passauer Altstadt und ande-
re Teile des Zentrums der Dreiflüsse-
stadt sind überflutet. In der Altstadt
musste zum Teil der Strom abgestellt
werden, jetzt drohen Probleme bei der
Trinkwasserversorgung. Auch in
Sachsen und Thüringen blieb die Situ-
ation bedrohlich. In sieben sächsi-
schen Landkreisen und den drei Städ-
ten Dresden, Chemnitz und Zwickau
galt am Montag Katastrophenalarm.
Tausende Menschen mussten ihre
Häuser und Wohnungen verlassen. In
Dresden wurde ein Pegelstand von bis
zu 9 Metern erwartet – fast so viel wie
bei der Jahrhundertflut im August
2002 (9,40 Meter). Zehntausende Men-
schen mussten im Süden und Osten
Deutschlands ihre Häuser verlassen.
Nach Angaben des deutschen Innen-
ministeriums waren in den Überflu-
tungsgebieten insgesamt 1800 Helfer
des Technischen Hilfswerks (THW) im
Einsatz, ausserdem halfen 500 Bun-
despolizisten. Zudem wurden 1760
Soldaten mobilisiert. Der deutsche In-
nenminister Hans-Peter Friedrich si-
cherte den Betroffenen am Montag
Hilfe zu. «Die Bevölkerung kann sich
darauf verlassen, dass wir alles tun,
ihr die Schäden zu erleichtern», sagte
er in Chemnitz bei einem Besuch von
sächsischen Hochwassergebieten.
Kanzlerin Angela Merkel wollte an die-
sem Dienstag in die betroffenen Gebie-
te reisen. Das Hochwasser machte
auch Strassen und Autobahnen unbe-
fahrbar. Zudem war der Bahnverkehr
beeinträchtigt. Insbesondere in Süd-
und Niederbayern seien einige Stre-
cken unterbrochen, sagte ein Spre-
cher der Deutschen Bahn. Die Hoch-
wasserlage hatte sich am Wochenende
extrem verschlimmert. Einen Licht-
blick gibt es: Der Deutsche Wetter-
dienst hob am Montag seine Unwetter-
warnung für weite Teile Sachsens auf.
Bis zum Abend könne es aber noch
leichten Regen geben.
Land unter in Österreich
Auch in Österreich sorgte in vielen
Landesteilen das Hochwasser für ka-
tastrophale Zustände. Wichtige Zug-
verbindungen waren gesperrt, Innen-
städte standen unter Wasser. In Tirol
entgleiste in der Nacht zu Montag am
Brenner ein Zug, weil eine Schlamm-
und Gerölllawine die Gleise verschüt-
tete. Bislang gab es durch die Überflu-
tungen mindestens einen Toten, min-
destens drei Menschen wurden ver-
misst. Während sich die Lage in den
westlichen Bundesländern Tirol, Vor-
arlberg und Salzburg am Vormittag
leicht entspannte, wurden im Osten
für Niederösterreich Donau-Pegel-
stände über dem Katastrophenhoch-
wasser von 2002 vorhergesagt.
Entspanntere Lage in der Schweiz
Rund um Widnau, das nach einem
Dammbruch des Rhein-Binnenkanals
teilweise überflutet worden war,
standen gegen Montagmittag nur
noch wenige Flächen unter Wasser,
wie die Kantonspolizei mitteilte. Weil
die Böden überall vom Wasser durch-
tränkt seien, bestehe aber weiterhin
die Gefahr von Erdrutschen. Man sei
«mit einem blauen Auge davonge-
kommen», sagte Fredy Koller vom
kantonalen Führungsstab der Nach-
richtenagentur SDA. Zwar sei viel Kul-
tur- und Ackerland überschwemmt
worden, die Bauernhöfe selbst seien
aber zum Glück verschont geblieben.
Eine Schadenbilanz sei frühestens in
einigen Tagen möglich.
Gotthard-Bahnlinie gesperrt
In der Ost- und Zentralschweiz kam
es am Montag weiterhin zu Verkehrs-
behinderungen. Die Gotthard-Bahn-
linie zwischen Immensee SZ und
Arth-Goldau SZ bleibt wegen eines
Steinschlags voraussichtlich bis Don-
nerstag gesperrt. Wegen des durch-
nässten Bodens war am Sonntag-
abend eine Schutzmauer aus Stein
ins Rutschen geraten. Wegen eines
Hangrutsches bleibt die Strasse zwi-
schen Sihlbrugg ZH und Neuheim ZG
voraussichtlich bis Donnerstag-
abend gesperrt. Im Kanton Schwyz
sank der Pegel des Lauerzersees am
Montag so weit, dass die Ausfahrt
der Autobahn A 4 in Seewen geöffnet
und die Strecke zwischen Goldau
und Brunnen einspurig freigegeben
werden konnte.
Rekord-Niederschläge
Von Freitag bis Sonntag hatte es auf
der Alpennordseite stark geregnet.
Von der Zentralschweiz über die östli-
chen Voralpen bis zum Bodensee so-
wie in Nordbünden wurden Mengen
von 80 bis 140 Millimeter gemessen,
wie das BAFU am Montag mitteilte.
Lokal seien sogar fast 200 Millimeter
Regen gefallen. In Engelberg fällt laut
BAFU nur etwa alle 30 bis 50 Jahre so
viel Niederschlag, in St. Gallen sogar
nur alle 100 Jahre. (sda/dpa/afp)
Die Passauer Altstadt gleicht mittlerweile einer Insel. Das Hochwasser hat eine historische Dimension erreicht. (Foto: VMH)
Wortstreichung
Längstes Wort verschwindet aus
deutschem Sprachgebrauch
BERLIN Das mecklenburg-vorpom-
merische Landesrecht beherbergte
lange das längste Wort der deut-
schen Sprache. Politiker haben es
nun abgeschafft. Die Suche nach ei-
nem Nachfolger des Begriffs mit den
63 Buchstaben beginnt. Selbst die
glorreiche Donau-Dampfschiff-
fahrtsgesellschaftskapitänswitwe
sah neben ihm alt aus: Jetzt ver-
schwindet das Rindfleischetikettie-
rungsüberwachungsaufgabenüber-
tragungsgesetz aus dem mecklen-
burg-vorpommerischen Landesrecht
– und aus den Herzen der Sprachwis-
senschaftler. Das Gesetz mit dem
Kürzel «RkReÜAÜG» galt jahrelang
als längstes Wort der deutschen
Sprache. Nun wird es nicht mehr ge-
braucht. Der Schweriner Landtag
beschloss vergangenen Mittwoch,
das Gesetz mit dem vollen Namen
«Rinderkennzeichnungs- und Rind-
fleischetikettierungsüberwachungs-
aufgabenübertragungsgesetz» auf-
zuheben.
1999 war es als Schutz der Verbrau-
cher vor der Rinderseuche BSE einge-
führt worden. Weil BSE-Tests für ge-
sunde Rinder an Schlachthöfen auf
Vorschlag der EU nun entfallen, fällt
auch die Notwendigkeit für das ledig-
lich sechs Paragrafen umfassende
Gesetz mit den 63 Buchstaben weg.
Es soll nun durch eine neue Verord-
nung ersetzt werden. (dpa)