FREITAG
31. MAI 2013
29 Kultur
Applaus Bei seiner Liech-
tenstein-Premiere gab das
ladinische Frauen-Trio Ganes
(ohne Elisabeth) mit Band im
TAK ein umjubeltes Konzert.
Ganes, die drei aparten und hoch-
musikalischen Frauen – die Schwes-
tern Marlene und Elisabeth Schuen
und ihre Cousine Maria Moling –
stammen aus La Val/Gadertal in den
ladinischen Alpen der Dolomiten
und sind seit 2010 mit grossteils eige-
nen Liedern mit ladinischen Texten,
aber auch italienischen oder engli-
schen Songs samt Herren-Band (zwei
Gitarren, Keyboard) erfolgreich un-
terwegs. Erstmals waren sie am Mitt-
woch in Liechtenstein bzw. im TAK
zu Gast. Das Trio wurde an diesem
Abend leider zum Damen-Duo, denn
Elisabeth liess sich wegen kommen-
dem Baby entschuldigen. Das aus
Südtirol stammende Pop-Trio trägt
den Namen «Ganes», der auf mytho-
logische Feen bzw. Wassernixen aus
der reichen ladinischen Sagenwelt
hinweist. Die drei flotten Ladys wur-
den zu Recht als musikalische Kün-
derinnen ladinischer Volksmusik an-
gekündigt (früher einmal war dieser
Bezug noch stark), jetzt können die
drei zwar auch begeistern, aber zu-
viel in ihrem Konzert hat lautem Al-
lerwelts-Pop und Jazz Platz gemacht.
Die ladinischen Texte waren selbst-
redend nicht zu verstehen, die Mode-
ration von Marlene klang zwar herz-
erfrischend, war aber sehr dürftig.
Wie gern hätte das Publikum wohl
etwas über die kulturhistorisch inte-
ressante Ethnie der Ladiner und die
Liedtexte erfahren! Der Hinweis von
Marlene: «Schaut’s nach auf unserer
Homepage!» war nicht gerade publi-
kumsfreundlich.
Klammer «Lalala»
Marlene Schuen wie auch Maria Mo-
ling besitzen glasklare kräftige Stim-
men: Marlene spielt auch Geige, Ma-
ria ist auch eine gute Perkussionis-
tin. Und die drei musikalisch perfek-
ten Musiker begleiten das Gesangs-
duo poppig, zu fetzig, zu laut.
Der Abend begann mit einem mun-
teren Song «Lalala» (über den Terror
weiblicher Schönheisideale), andre
Themen waren etwa Machos, Müt-
ter, Ferne und Nähe etc. Mit diesem
fröhlichen Song (s. o.) beendeten sie
dann den Abend, der auch zum «Mit-
tanzen» animiert hatte. Es spricht
für die Kunst der Sängerinnen, dass
sie drei Jahre lang zur Band von Hu-
bert von Goisern gehörten. Als aller-
letzte Zugabe erklangen (für den
Schreiber) die edelsten Momente
des Konzerts: Marlene und Maria
stimmten klangvoll und glockenrein
einen echten innigen Jodler aus ih-
rer Heimat an. Leider zu spät für
noch mehr solch folkloristisch-ladi-
nischer Edelsteine ... (es)
Theater St. Gallen
Ariadne auf Naxos
Um 19.30 Uhr wird am
Theater St. Gallen Richard
Strauss’ Oper Ariadne auf
Naxos aufgeführt. «An die-
sem Abend ist zu erleben,
dass auch auf kleineren Büh-
nen grössere künstlerische
Ergebnisse zu erzielen sind»,
schrieb die «NZZ» zur Insze-
nierung von Aron Stiehl.
Heute
Zwei junge Klassik-Stars
begeisterten bei «SOL im SAL»
Kunst Im 2. Abo-Konzert der Konzertreihe «SOL im SAL» waren die hochbegabten Instrumentalisten Ingolf Wunder (Klavier) und
Emmanuel Tjeknavorian (Violine) zu Gast. Chefdirigent Florian Krumpöck präsentierte Werke von Rossini, Chopin und Schubert.
Mit grosser Spannung erwarteten
die zahlreichen Musikfreunde im
SAL das 2. Abo-Konzert in der sehr
erfolgreich mit dem genialen Cellis-
ten Maximilian Hornung begonne-
nen Konzertreihe des nunmehr
hauptberuflich tätigen Sinfonieor-
chesters Liechtenstein. Wieder stan-
den populäre Werke mit ausseror-
dentlichen Solisten auf dem Pro-
gramm. Wieder hatte Florian Krum-
pöck bei den Proben für erfreulich
niveauvollen Orchesterklang etwa
bei Streichern und Bläsern gesorgt,
und mit schon üblichem Turbo-Gang
bestieg er das Podium für die be-
rühmte Ouvertüre «Die seidene Lei-
ter» des italienischen Operngross-
meisters Rossini. In bekannt straffer
Führung liess er die mit köstlichen
musikalischen Einfällen gespickte
Ouvertüre abschnurren, am Schluss
wohl etwas zu dramatisch-laut ge-
steigert. Südliches Brio klingt gefäl-
liger.
Sympathische Tastenmeister
Danach nahm einer der derzeit sen-
sationellsten jungen Pianisten, der
Österreicher Ingolf Wunder, am Flü-
gel Platz für das traumhaft romanti-
sche und sehr beliebte 1. Konzert für
Klavier und Orchester in e-Moll, op.
11, von Chopin. Der polnisch-franzö-
sische Meister ist einer der Favoriten
Wunders. Der Künstler gewann
namhafte Preise und konzertiert
höchst erfolgreich auf der ganzen
Welt. Schlagartig berühmt wurde er
durch seine erfolgreiche Teilnahme
am Internationalen Chopin-Wettbe-
werb in Warschau 2010. Mit techni-
scher Bravour für die Chopin’schen
Perlenketten der Läufe und delika-
ter Anschlagskultur für die betören-
den Lyrismen des Meisterwerks be-
geisterte Ingolf Wunder das Publi-
kum. Für den stürmischen Applaus
bedankte sich der sympathische
Tastenmeister mit einem quirligen
Scherz von Moritz Moszkowski.
Nach der Pause kam man gleich noch
einmal in den Genuss der schon phä-
nomenalen Kunst eines jungen Hoch-
begabten. Er heisst Emmanuel Tje-
knavorian und wurde 1995 mit arme-
nischen Wurzeln in Wien geboren.
Er ist Preisträger vieler nationaler
und internationaler Wettbewerbe
und trat beim Abo-Konzert in der
Reihe «SOL & Young Artist» mit einer
atemberaubenden Interpretation der
populären «Zigeunerweisen», op. 20,
von Pablo de Sarasate auf. Emmanu-
els Geigenton besitzt eine sinnliche
Süsse sondergleichen.
Schuberts Fünfte
Die Schubert-Pflege hat sich Krum-
pöck als besondere Aufgabe beim
SOL gestellt. Nach der Vierten («Tra-
gischen») im 1. Abo-Konzert erklang
nun die lichte 5. Sinfonie in B-Dur, D
485. Der Rezensent hat nach Böhm,
Abbado oder Végh zwar eine andere
Vorstellung von Schubert-Interpre-
tationen, doch man wird sich an das
sehr oft überhitzte Temperament
des SOL-Maestros gewöhnen müs-
sen, auch bei Schubert. Sehr schön
gelang das erdentrückte Andante,
mit berechtigten Schatten das trotzi-
ge Menuetto, die Ecksätze schienen
bei der insgesamt luziden, noch in
der Wiener Klassik ruhenden Fünf-
ten aber zu eruptiv in den Steigerun-
gen. Das 3. Abo-Konzert findet erst
am 19. November 2013, dem Todes-
tag Franz Schuberts, statt. (es)
Florian Krumpöck, Chefdirigent des Sinfonieorchesters Liechtenstein, liess die mit köstlichen musikalischen Einfällen
gespickte Ouvertüre in bekannt straff er Führung abschnurren. (Foto: Paul Trummer)
www.volksblatt.li
Brahms’ Triumphlied
Forscher entdecken
Urfassung in Archiv
BREMEN 140 Jahre lang galt es als
verschollen. Jetzt haben Bremer
Forscher eine Frühfassung von
Brahms’ Triumphlied wiederent-
deckt. Das Werk schlummerte in
einem Archiv – versteckt zwi-
schen den Noten von Brahms’ be-
rühmtem Requiem. Bremer For-
scher haben eine für verschollen
gehaltene Urfassung von Johan-
nes Brahms’ Triumphlied wieder-
entdeckt. Der Musikwissen-
schaftler Prof. Ulrich Tadday be-
zeichnete den Fund am Mittwoch
als Sensation. Die Bremer Kom-
position unterscheide sich an vie-
len Stellen von der späteren Fas-
sung. «Es ist gerechtfertigt, von
einem eigenständigen Werk zu
sprechen.»
Zwischen Noten versteckt
Johannes Brahms hatte das Tri-
umphlied 1871 im Bremer Dom
uraufgeführt. Danach ging die
Partitur verloren. Seitdem wur-
de nur noch die viel bekanntere
spätere Fassung gespielt. Im Ar-
chiv der Philharmonischen Ge-
sellschaft stiess die Forscherin
Katrin Bock jetzt auf historische
Abschriften der Chor- und Or-
chesterstimmen der Bremer
Komposition. Sie lagen versteckt
zwischen den Noten von
Brahms’ Requiem, das dieser am
selben Tag im Bremer Dom diri-
giert hatte. Aus dem Material re-
konstruierte Bock gemeinsam
mit Tadday die vollständige Par-
titur – eine Arbeit, die sich über
mehrere Monate hinzog. Vier
Kopisten hatten die Abschriften
gefertigt, und dabei hatten sich
unzählige Fehler eingeschlichen.
Die Forscher mussten die Stim-
men deshalb Note für Note ab-
gleichen.
Fliessender, weniger martialisch
Das Ergebnis war erstaunlich:
Im Vergleich zur späteren Fas-
sung weist die Bremer Komposi-
tion mehr als 300 Abweichun-
gen auf. Die augenscheinlichste
ist, dass diese in C-Dur und
nicht wie später in D-Dur ge-
schrieben ist. Ausserdem sieht
die Frühfassung weniger Blas-
instrumente vor und ist insge-
samt fliessender und weniger
martialisch komponiert. «Es
kann sein, dass Johannes
Brahms nach der Uraufführung
festgestellt hat, dass das Funda-
ment der Holzblasinstrumente
nicht ausreicht», erläutert Tad-
day. Als weiteren Grund für die
Unterschiede sieht er den An-
lass: Das Bremer Triumphlied
hatte Brahms in Gedenken an
die im Krieg gegen Frankreich
gefallenen Soldaten komponiert.
Die spätere Fassung bejubelte
die Gründung des Deutschen
Reiches. Wann die Bremer Fas-
sung des Triumphlieds wieder
erklingen wird, ist noch unklar.
Aus der fertigen Partitur müssen
die Musikwissenschaftler erst
noch die einzelnen, korrigierten
Stimmen extrahieren. (sda/dpa)
Viel lauter Pop und gesungene «Fremdsprache»
Das auf zwei Da-
men geschrumpf-
te Trio Ganes
überzeugte das
Publikum im TAK
auch mit folkloris-
tisch-ladinischen
Musikperlen.
(Foto: Nils Vollmar)
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Volksblatt Rheinzeitung