Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2013)

  Kultur | 27 
SAMSTAG 
20. APRIL 2013 
Ende Februar ent- 
standene Aufnah- 
men der Restau- 
rierungsarbeiten in 
Vaduz. (Fotos: Vollmar) 
Schwerpunkt Die frisch restaurierte Vaduzer Rheinberger-Orgel 
Pepi Frommelt: «Alle Organisten, die auf der 
neuen Orgel gespielt haben, sind begeistert» 
Nachgefragt Pepi From- 
melt (77) war als Präsident 
der Orgelkommission an der 
kürzlich abgeschlossenen Re- 
stauration der Vaduzer Rhein- 
berger-Orgel beteiligt. Im 
«Volksblatt»-Interview äussert 
er sich zu den umfangreichen 
Arbeiten in und ausserhalb 
der Vaduzer Kathedrale. 
VON SEBASTIAN GOOP 
«Volksblatt»: Herr Frommelt, am 31. 
März wurde die renovierte Rheinber- 
ger-Orgel offiziell geweiht. In mühe- 
voller Kleinarbeit wurde sie zuvor 
über Monate hinweg renoviert  und 
neu eingabaut. Welches waren die 
wichtigsten Etappen der Renovie- 
rungsarbeiten? 
Pepi Frommelt: Vor dem Abbau der 
alten Orgel wurde eine genaue Be- 
standsaufnahme durchgeführt, in der 
jede Pfeife untersucht wurde, ob sie 
noch aus dem ursprünglichen Be- 
stand von 1873 stammte, oder bei wel- 
chem Umbau und von welcher Firma 
sie dazugekommen ist. Dann wurde 
der aus der Registrierung Rheinber- 
gers stammende Bestand nach Baut- 
zen transportiert, wo die Pfeifen in 
der Orgelwerkstatt Eule renoviert 
wurden. Bevor die renovierte und ver- 
grösserte Orgel nach Vaduz zurück- 
kam, wurde sie in einer Werkshalle  in 
Bautzen komplett aufgebaut. Von Ja- 
nuar bis März 2013 wurde sie in das 
ebenfalls renovierte Originalgehäuse 
in der Kathedrale wieder eingebaut. 
Worin bestand die grösste Herausfor- 
derung? 
Rheinbergers Registrierung umfasste 
33 Register, von denen 15 komplett 
und 5 teilweise original erhalten wa- 
ren. Diese galten als Basis und Richtli- 
nie für die ganze Restaurierung. Die 
neuen Register mussten so mensuriert 
werden, dass sie dem von Rheinberger 
angestrebten Klangideal der Hochro- 
mantik entsprachen. Eine planerische 
Meisterleistung war notwendig, um 
die 48 Register in das originale Gehäu- 
se einbauen zu können, das  ursprüng- 
lich für 33 Register gebaut war. 
Wie sah die Arbeit der Intonateure 
konkret aus? 
Die Arbeit der Intonateure entschei- 
det letztlich über die klangliche Qua- 
lität einer Orgel. Jede einzelne Pfeife 
wird genau auf die akustischen Ei- 
genheiten des Kirchenraums abge- 
stimmt. Diese Arbeit verlangt ein 
ganz besonderes Gehör und viel Er- 
fahrung über die zu erwartenden 
Veränderung der Akustik, wenn viele 
Personen mit schallschluckenden 
Kleidern die Kirche füllen, der Föhn 
oder die winterliche Kälte unter- 
schiedliche Voraussetzungen verur- 
sachen. Um möglichst wenig nicht ge- 
stört zu werden, haben die Intona- 
teure immer nachts von ca. 20 Uhr 
bis 4 Uhr morgens gearbeitet. 
Die Orgel von 1873 wurde auf 48 Re- 
gister vergrössert. Welche Folgen hat 
diese Vergrösserung? 
Das Klangspektrum der Orgel ist we- 
sentlich reichhaltiger geworden. Zu 
den von Rheinberger vorgegebenen 
Registern wurden 15 Register dazuge- 
baut, die teilweise der  neueren fran- 
zösischen Klangwelt entsprechen, teil- 
weise aber auch barocke Klarheit brin- 
gen. Damit ist Gewähr gegeben, dass 
auch neue Werke stilgerecht gespielt 
werden können. 
Welcher Unterschied macht sich be- 
merkbar, wenn man den jetzigen 
Klang der Orgel mit jenem vor der 
Renovation vergleicht? 
Da kommen zwei Neuerungen zu ei- 
nem glücklichen Ergebnis zusammen: 
Zum einen wurden im Zuge der vor 
zwei Jahren erfolgten Renovation der 
Kathedrale  früher eingebaute schall- 
hemmende Elemente wieder entfernt, 
zum anderen ist die Orgel farbiger 
und grösser geworden. Die starken 
Bassregister geben das Fundament 
für ein herrliches, sehr direktes Klang- 
erlebnis. 
Die Arbeiten hatten das Ziel, die Orgel 
in ihr ursprünglich von Rheinberger 
disponiertes Klangbild der Hochro- 
mantik zurückzuführen. Ist dies 
gelungen? 
Nach den ersten Darbietungen auf 
der neuen Orgel kann ich mit Über- 
zeugung sagen: Ja, es ist gelungen! Al- 
le Organisten, die die neue Orgel in- 
zwischen gespielt haben, sind begeis- 
tert von deren Klang. Es mache be- 
sondere Freude, die Werke der gros- 
sen Komponisten der Romantik auf 
diesem Instrument zu spielen, ist die 
meist gehörte Aussage. 
Wodurch zeichnet sich dieses Klang- 
bild der Hochromantik aus? 
Das Klangideal der Hochromantik 
zeichnet sich durch eine stark ausge- 
prägte Grundtönigkeit aus. Der Klan- 
gaufbau ist pyramidenförmig. Das 
heisst, dass der 
Klang auf starken 
Bassregistern auf- 
baut und in den hö- 
heren Lagen sch- 
maler wird, aber 
sehr farbig ausge- 
prägt ist. 
Auf welchen Betrag 
belaufen sich die 
Gesamtkosten und 
von wem wurden 
diese getragen? 
Der Neubau der Or- 
gel  im restaurativen 
Sinn wurde dank 
der   Exklusivförde- 
rung durch die Gedächtnisstiftung Pe- 
ter Kaiser unter dem Vorsitz des Fürst- 
lichen Kommerzienrates DDr. Herbert 
Batliner ermöglicht. An die grosszügi- 
ge Vergabung in der Höhe von  770 000 
Euro erinnert eine Gedenktafel im 
Eingangsraum der Vaduzer Kathedra- 
le mit dem Eintrag «Die neue Orgel zu 
Ehren des liechtensteinischen Kompo- 
nisten Josef Gabriel Rheinberger 
(1839–1901) in der Kathedrale zu St. 
Florin Vaduz gestiftet von der Ge- 
dächtnisstiftung Peter Kaiser (1793– 
1864) Vaduz». Die Kosten für den Um- 
bau der Empore, die Restaurierung 
des originalen Orgelgehäuses, für die 
Erneuerung der elektrischen Anlagen 
und diverse weitere Anpassungs- und 
Renovations-Arbeiten hat die Gemein- 
de Vaduz einen Kredit von 611 500 
Franken gesprochen. 
Wie viele Fachkräfte aus welchen 
Bereichen waren an den Arbeiten 
beteiligt? 
Eine Orgel ist ein äusserst komplizier- 
tes Instrument, in dem viele unter- 
schiedliche Techniken, die vom Schrei- 
nerhandwerk bis zur 
Elektronik reichen, 
zusammenspielen 
müssen.   
Für die Arbeiten 
braucht es Spezialis- 
ten: Holzpfeifenma- 
cher, Metallpfeifen- 
macher, Schreiner 
und Schnitzer für 
das Gehäuse, Metall- 
arbeiter für diverse 
Eisen- und Stahlele- 
mente, Elektriker 
für die Gebläsemoto- 
ren und Registerzü- 
ge, Elektroniker für 
die Schaltelemente 
und Kombinationsspeicher, speziali- 
sierte Bauzeichner und vor allem Pla- 
ner, die aus dem ganz komplexen Auf- 
bau ein Kunstwerk machen. Am Ein- 
bau des gesamten Werkes haben  sechs 
ausgebildete Orgelbauer unter der 
Oberleitung von Christoph Kumpe mit- 
gearbeitet. Chefintonateur war Gregor 
Mieke, der von drei Mitarbeitern un- 
terstützt wurde. 
In den letzten 130 Jahren wurde die 
Orgel mehrmals renoviert. 
Die verschiedenen Veränderungen 
sind jeweils in der guten Absicht vor- 
genommen worden, die Orgel dem 
sich rasch verändernden Musikge- 
schmack  anzupassen. Jede Orgelbau- 
firma hat ihre besondere Handschrift 
und auch eine eigene Vorstellung vom 
angestrebten Klang. Da diese Unter- 
schiede bei fünf, teils massiven, Ein- 
griffen in den ursprünglichen Be- 
stand der alten Orgel  zum Tragen ka- 
men, verlor die Orgel immer mehr ih- 
ren einheitlichen Klang und wurde 
diffus und eigentlich uninteressant. 
Was ist das Besondere an der Rhein- 
berger-Orgel verglichen mit anderen 
Orgeln aus dem späten 19. Jahrhun- 
dert? 
Rheinberger hat nicht nur die Disposi- 
tion der Vaduzer Orgel gemacht. In 
Deutschland hat er eine ganze Reihe 
von Orgeln im weiter oben schon be- 
schriebenen Stil der Hochromantik 
disponiert. Viele romantische Orgeln 
wurden im 20. Jahrhundert abgebaut, 
weil sich das Klangideal verändert hat. 
Die noch bestehenden wurden klang- 
lich so verändert, dass nichts mehr 
vom ursprünglichen Klang vorhanden 
war. Erst in den letzten Jahren wurde 
der Wert der romantischen Orgeln 
wieder entdeckt, es folgten Bemühun- 
gen, diesen Klang auferstehen zu las- 
sen. Das Besondere an der Vaduzer 
Orgel ist der Glücksfall, dass rund 20 
Register original erhalten blieben, 
nach denen das Klangbild von 1873/74 
rekonstruiert werden konnte. 
Zur Person 
Pepi Frommelt (77) ist Vorsitzender der Orgel- 
kommission. Er war vormals langjähriger Direktor 
der Liechtensteinischen Musikschule. 
Die restaurierte Rheinberger-Orgel wird 
anhand einer Konzertreihe präsentiert. Die 
kommenden Veranstaltungen: Konzert «Die 
Orgel als Partnerinstrument von Solisten» 
mit Karl Jerolitsch, Helga Frommelt, Monika 
Burggraf und Hannfried Lucke am Freitag, den 
3. Mai. Konzert «Die Orgel als Soloinstrument 
mit Orchester» mit Werken von Josef Gabriel 
Rheinberger am Samstag, den 18. Mai. Beginn 
ist bei freiem Eintritt jeweils um 20 Uhr. 
Beeindruckend: Die frisch renovierte Rheinberger-Orgel in der Vaduzer Kathedrale. (Foto: Michael Zanghellini) 
«Eine planerische 
Meisterleistung war 
notwendig.» 
PEPI FROMMELT 
VORSITZENDER ORGELKOMMISSION 
In mühevoller Kleinarbeit und unter enormem Aufwand wurde die Rheinberger-Orgel renoviert.  
	        

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