Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2013)

SAMSTAG 
2. MÄRZ 2013 
| 19 
  LSV-Ass erntet Früchte der harten Arbeit 
Tina Weirather glücklich: 
«Dieser Sieg ist einfach genial» 
Erleichterung Interviewan- 
fragen en masse hatte Tina 
Weirather nach ihrem ersten 
Weltcupsieg. Garmisch- 
Partenkirchen ist ein gutes 
Pflaster für die 23-Jährige. Im 
vergangenen Jahr wurde sie 
zwei Mal Dritte auf der Kan- 
dahar (Abfahrt und Super- 
G), nun toppte sie das völlig 
überraschend. 
VON JAN STÄRKER, GARMISCH 
Nach 
zig TV-, Radio- und In- 
terviews für die Printkolle- 
gen sowie offi  zieller Pres- 
sekonferenz nahm sich die 
Premierensiegerin auch ausführlich 
Zeit für das «Volksblatt». 
«Volksblatt»: Herzlichen Glück- 
wunsch, Tina. Beschreibe doch ein- 
fach mal deine Gefühlswelt nach 
dem ersten Sieg. 
Tina Weirather: Es ist unglaublich! 
Ich habe mein ganzes Leben auf die- 
sen Moment hingearbeitet. Und dass 
es genau jetzt so weit ist, ist irgend- 
wie krass. Da fehlen mir fast die 
Worte. Ich hatte in den letzten Wo- 
chen und Monaten so meine Prob- 
lemchen – und jetzt der Sieg, das ist 
einfach genial. 
Du hattest mit Nummer 3 die Best- 
zeit gefahren und standest dann in 
der Leaderbox. Wann war dir klar, 
dass keine mehr an dir vorbei- 
kommt? Du sagtest ja immer, dass 
du bis zur letzten Fahrerin warten 
wirst … 
Nach den Top 22, danach sind die 
besten Fahrerinnen ja durch, habe 
ich schon gedacht, dass es eine ziem- 
liche Überraschung sein muss, wenn 
noch eine schneller ist. Und nach 
der Nummer 30 habe ich dann schon 
angefangen, daran zu glauben. 
Deine Eltern, die zusammen 39 
Weltcupsiege haben, sind auch hier 
in Garmisch. Und als dir deine Ma- 
ma gratulierte, kullerten ein paar 
Tränen an deinen Wangen herunter. 
Ja schon. Auch meine Eltern haben 
mit mir sehr viel mitgemacht in den 
letzten Jahren. Deswegen bin ich 
auch sehr froh, dass sie bei meinem 
ersten Weltcupsieg dabei sein konn- 
ten. Wir werden sicherlich den 
Abend geniessen. 
Gibt es denn eine Siegesfeier? 
Schliesslich stehen noch Abfahrt 
(heute, 10. 30 Uhr, d. Red.) und am 
Sonntag der zweite Super-G an. 
Es wird keine Feier im Sinne von 
grossartig anstossen. Sondern ein- 
fach den Sieg und den Tag zusam- 
men geniessen. Feiern kann ich 
nicht grossartig, da noch viel drin 
liegt für mich in den nächsten bei- 
den Rennen. Aber den Sieg werde 
ich natürlich sehr geniessen. 
Der Sieg im Super-G kam nach der 
bisherigen Saison überraschend. 
Aber wie befreiend ist es für dich, 
dass der Druck des ersten Weltcup- 
sieges nun weg ist? 
Es war für mich nicht einmal der 
Druck, den ersten Sieg zu landen. 
Ich hatte viel mehr Druck, da ich 
erst einmal im Super-G im Ziel war 
und da nur 16 wurde. Ich war noch 
nicht einmal für das Weltcupfinale 
qualifiziert. Doch jetzt habe ich das 
mit dem Sieg toppen können. Und 
das ist natürlich ein cooles Gefühl. 
Und mit dem Sieg bist du praktisch 
für das Weltcupfinale auch im Su- 
per-G qualifiziert. 
Ja, das ist auf jeden Fall so gut wie 
fix. Darüber habe ich mich im Ziel 
eigentlich am meisten gefreut. Vor 
allem, da alle nach mir langsamer 
fuhren. Dann habe ich gedacht, es 
wird ein Top-10-Platz, dann hoffte 
ich, dass es für das Podest reicht, 
und dann kam keine mehr, die 
schneller war. 
Die Mama hat 33 Weltcupsiege, der 
Papa 6 und du jetzt einen. Macht 40 
Weltcupsiege für deine Familie ins- 
gesamt. Aber: Bis du die Mama er- 
reicht hast, musst du noch ein biss- 
chen Gas geben … 
Ich glaube, da muss ich fahren, bis 
ich 40 bin – und das mache ich si- 
cher nicht (lacht). 33 Weltcupsiege 
sind einfach unglaublich. Das ist 
Wahnsinn, was sie da geschafft hat 
und wohl nicht zu erreichen. Ich ha- 
be jetzt einen Sieg und bin darauf 
megastolz! 
Die strahlende Siegerin Tina Weirather: «Ich habe mein ganzes Leben auf diesen 
Moment hingearbeitet.» (Foto: VMH) 
Stolze Eltern: «Tina hat sich diesen Weltcupsieg verdient» 
Freudestrahlend Insgesamt 33 Weltcupsiege hat Hanni Weirather-Wenzel in ihrer beispiellosen Karriere eingefahren, war zudem Olympiasiegerin und 
Weltmeisterin. Ehemann Harti Weirather holte sechs Weltcupsiege und war Abfahrtsweltmeister. 
VON JAN STÄRKER, GARMISCH 
Gestern gab es den insgesamt 40. 
Weltcupsieg der Familie durch Toch- 
ter Tina. Und die Eltern strahlten 
nach dem Super-G-Erfolg mit der 
Sonne von Garmisch-Partenkirchen 
um die Wette. 
«Volksblatt»: Der erste Sieg von Tina 
im Weltcup. Etwas Besonderes auch 
für Sie beide. 
Hanni Weirather-Wenzel: Das ist 
schon sehr speziell. Für Tina und 
für uns. Sie hatte die ganze Saison ja 
extrem kämpfen müssen. Auch hat 
die Saison nicht besonders gut be- 
gonnen. Sie hat sich diesen Sieg ver- 
dient, denn sie musste schon einiges 
einstecken in ihrer Karriere. 
Und die Eltern sind sehr stolz. 
Hanni Wenzel-Weirather: Man ist 
immer stolz, wenn die eigene Toch- 
ter gut fährt. (lacht) 
Harti Weirather: Da kann man ja 
nur stolz sein, wenn die Tochter ihr 
erstes Weltcuprennen gewinnt. Und 
man konnte es nach dieser Saison, 
gerade im Super-G, nicht unbedingt 
erwarten. 
Wie wichtig ist der erste Weltcup- 
sieg auch für die Psyche? Damit der 
Druck, noch nicht gewonnen zu ha- 
ben, weg ist? 
Hanni Wenzel-Weirather: Das ist 
sehr wichtig. Auch nach der WM in 
Schladming, die ja nicht so lief wie 
gewünscht. Es war halt ihre erste 
WM seit sechs Jahren und die Erwar- 
tungen waren doch hoch. Das war 
eine schwierige Situation. Und des- 
halb hilft dieser Sieg ungemein. 
Wie sehr hat der Fakt, dass Sie, Herr 
Weirather, vor 31 Jahren bei der letz- 
ten WM in Schladming Gold gewon- 
nen haben, Tina vielleicht auch be- 
lastet? 
Harti Weirather: Für Tina war das 
sicherlich nicht einfach, mit dem 
Ganzen umzugehen. Das spielte 
schon mit. Aber: Sie ist seit Schlad- 
ming auch wieder besser in Schwung 
gekommen, hatte dort schon eine or- 
dentliche Abfahrt gezeigt. Man darf 
nicht unterschätzen, dass so eine 
Schuhrandprellung, wie sie sie sich 
zu Beginn der Saison zuzog, sehr 
langwierig und schmerzhaft ist. 
Jetzt hoffe ich, dass die ganzen Sie- 
gesfeierlichkeiten nicht zu lange 
dauern. (lacht) Bei uns ist das früher 
viel schneller gegangen, und man 
konnte sich dann wieder auf das 
nächste Rennen vorbereiten. Heut- 
zutage dauert das alles bis in den 
Abend hinein. 
Aber für den ersten Weltcupsieg 
kann man den etwas längeren 
Abend sicher in Kauf nehmen. 
Hanni Wenzel-Weirather: Das 
schon. Aber sie hat noch einiges vor, 
will noch Punkte ergattern. Feiern 
wird sie wohl nicht viel – freuen 
reicht auch schon. 
Mit dem Sieg hat sie sich auch für 
das Weltcupfinale im Super-G auf 
der Lenzerheide qualifiziert. 
Hanni Weirather-Wenzel: Ich hab 
die Punkte jetzt nicht genau im 
Kopf. Aber praktisch müsste es 
schon reichen mit dem Sieg. Ich 
schaue mehr auf das Skifahren als 
auf die Punkte. 
Harti Weirather: Es wäre halt auch 
wichtig, dass sie die 500-Punkte- 
Marke schafft, 
um automa- 
tisch in Len- 
zerheide da- 
bei zu sein. 
Doch das 
wird schwie- 
rig, denn sie hält derzeit bei 307 
Punkten im Gesamtweltcup. 
Wie wird der weitere Tag noch aus- 
sehen? Sind Sie bei Tina im Hotel 
dabei? 
Harti Weirather: Eher nicht. Tina 
muss sich jetzt wieder 
auf sich konzentrie- 
ren, denn es gibt 
in Garmisch noch 
eine Abfahrt und 
einen Super-G. 
Die stolzen Eltern Hanni und Harti 
Weirather mit Tochter Tina. (Foto: VMH) 
Kommentar 
Alles, nur 
keine Zauberei 
Nachdem 
sich Tina Wei- 
rather am 24. Januar 2010 
in Cortina (It) zum vierten 
Mal einen Kreuzbandriss 
zugezogen hatte, wurde es zwi- 
schenzeitlich ruhig um sie. Die mit 
so viel Talent gesegnete, zugleich 
vom Verletzungspech aber schwer 
gebeutelte Sportlerin musste in sich 
gehen. Sich klar darüber werden, 
ob sie den eingeschlagenen Weg 
überhaupt noch weitergehen möch- 
te. Wieder für Monate weg vom 
Fenster, wieder zahllose Reha-Stun- 
den, wieder dieser zähe Kampf. Um 
irgendwann vielleicht dahin zu 
kommen, wo sie doch ohnehin 
schon längst war. Eine erbauliche 
Perspektive ist das nicht. Jeder hät- 
te es verstanden, wenn Weirather 
nicht mehr gewollt hätte. 
Glücklicherweise verfügt die Toch- 
ter der ehemaligen Skigranden Han- 
ni und Harti Weirather neben allen 
fahrerischen Fähigkeiten auch über 
ein grosses Kämpferherz – und die 
Gabe, die Dinge selbst in dunklen 
Stunden nicht ausschliesslich 
schwarz zu sehen. «Ich spüre, dass 
es das noch nicht gewesen sein 
kann», liess die Planknerin einige 
Monate nach Cortina verlauten und 
machte sich an die Arbeit. Klaglos. 
Wieder mal. 
Seit ihrer Rückkehr auf die grosse 
Skibühne erfährt sie den Lohn für 
all die Mühen, die ihr bereits in jun- 
gen Jahren abverlangt wurden. Den 
Winter 2011/12 beendete sie als 
zweitbeste Abfahrerin der Welt. Im 
Gesamtweltcup belegte sie Rang 7. 
Und nun, mit 23 Jahren, der erste 
Weltcupsieg im Super-G von Gar- 
misch (De). 
Ihr Gefühl, das sie vor bald drei Jah- 
ren ein weiteres Mal hatte aufstehen 
lassen, hat sie offenkundig nicht ge- 
täuscht. Der Sturm an die Weltspitze 
erhält dadurch eine fast schon magi- 
sche Note. Dabei steckt dahinter al- 
les, nur keine Zauberei. Tina Wei- 
rather hat sich, wie kaum eine ande- 
re, jede einzelne ihrer Sternstunden 
hart erarbeiten müssen. Dafür ge- 
bührt ihr allergrösster Respekt. 
OLIVER BECK
	        

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