AUSLAND
VOLKSBLATT
10 DONNERSTAG, 8. JANUAR 2009
Papst Benedikt XVI. ist heiser
ROM – Das kalte Winter-
wetter macht auch Papst Be-
nedikt XVI. zu schaffen: Zu
Beginn der ersten Generalau-
dienz des neuen Jahres ent-
schuldigte sich das Oberhaupt der katho-
lischen Kirche am Mittwoch vor Tausenden
Gläubigen für seine Heiserkeit. «Leider habe
ich keine Stimme, aber ich hoffe, ich kann
mich verständlich machen», sagte Benedikt.
Anweisungen per Telefon
MUMBAI – Die Attentäter von Mumbai
(Bombay), die im November 163 Menschen
töteten, haben während der Anschlagsserie
genaue Anweisungen per Telefon aus Pakis-
tan erhalten. Sie sollten den grösstmög-
lichen Schaden anrichten.
Bush schafft Schutzgebiet
WASHINGTON – US-Präsident Bush hat
ein riesiges Naturschutzgebiet von der
Grösse Spaniens geschaffen. Es handelt
sich um drei Reservate mit einer Fäche von
rund 500 000 Quadratkilometern, in denen
seltene Fische und Korallenarten leben. Das
Gebiet umfasst den Marianengraben sowie
Gewässer um Inseln nahe der amerika-
nischen Samoa-Inseln.
Neuer Senator abgewiesen
WASHINGTON – Zwei Wochen vor dem
Amtsantritt des künftigen US-Präsidenten
Barack Obama wird das Gerangel um seine
Nachfolge im Senat immer dramatischer.
Entgegen dem Willen der Demokraten er-
nannte der unter Korruptionsverdacht ste-
hende Gouverneur von Illinois, Rod Blago-
jevich, den Parteiveteranen Roland Burris
zum neuen Senator des US-Staats. Diesem
wurde aber der Zutritt zum Kongress ver-
weigert.
Dati kehrt zurück
PARIS – Die französische
Justizministerin Rachida
Dati ist fünf Tage nach der
Geburt ihrer Tochter wieder
zum Dienst angetreten. Die
43-Jährige liess sich im
dunklen Kostüm mit Stö-
ckelschuhen fotografieren. Datis Tochter Zohra
war am Freitag auf die Welt gekommen.
USA droht Rekorddefizit
WASHINGTON – Den USA droht im lau-
fenden Haushaltsjahr laut jüngsten Schät-
zungen ein Rekorddefizit von 1,2 Billionen
Dollar. Das geht aus einem am Mittwoch
veröffentlichten Bericht der Rechnungsbe-
hörde im Kongress hervor. Für 2010 wurde
ein Fehlbetrag von 703 Milliarden Dollar
prognostiziert. Der künftige US-Präsident
Barack Obama kündigte anschliessend dras-
tische Massnahmen zur Wiederankurbelung
der Wirtschaft an.
NACHRICHTEN
Verschanzt in UN-Gebäuden hoffen Palästinenser auf ein rasches Ende der Kampfhandlungen.
FOTO
REUTERS
Es geht um das grosse Ganze
Iran gilt als Schlüssel zum Nahostproblem – Hoffnung ruht auf Obama
KAIRO – Der Kampf Israels gegen
die Hamas im Gazastreifen ist
wie der Krieg gegen die Hisbollah
im Libanon nicht allein eine wei-
tere Auseinandersetzung über
die Palästinenerfrage.
Vielmehr wird wieder ein Stellver-
treterkrieg geführt über die Zukunft
des Nahen Ostens an sich, mit den
Verbündeten des Westens auf der
einen und dem Iran auf der anderen
Seite. Anders als vor zwei Jahren
im Libanon gibt es dieses Mal al-
lerdings leise Anzeichen, dass et-
was in Bewegung kommen könnte.
Ein Hauptfaktor ist der Amtsan-
tritt des neuen US-Präsidenten Ba-
rack Obama. Der will zwar weiter-
hin fest an der Seite Israels stehen
und kann die arabischen Vorbehalte
den USA gegenüber gewiss nicht
sofort ausräumen. Doch Obama und
seine Mannschaft könnten eher be-
reit sein, ein Arrangement zu akzep-
tieren mit dem Ziel, die Lage in Ga-
za zu verbessern und eine politische
Lösung auszutüfteln. Dabei müsste
die Hamas ihr Gesicht wahren und
eine gewisse Machtposition behal-
ten können.
Befürworter dieses Kurses halten
das für die einzige Möglichkeit, die
radikalen Islamisten am Ende zu ei-
ner Verständigung mit Israel zu be-
wegen. Es ist sicher ein riskantes
Spiel, darauf zu setzen, dass Mili-
tante für politische Teilhabe der Ge-
walt entsagen. Doch diese Taktik ist
in der Vergangenheit bei anderen,
früher radikalen Palästinensergrup-
pen aufgegangen.
Klug, hart und hartnäckig
Zudem hat Obama Bereitschaft
zu Gesprächen mit dem Iran erken-
nen lassen, den viele für den Schlüs-
sel zum gesamten Nahostpuzzle
halten. Seit ihr Schützling Hisbol-
lah Israel 2006 so lange standhielt,
hat die islamische Republik in der
Region bedeutendes Gewicht ge-
wonnen.
Darüber hinaus scheinen sich zwei
bedeutende Entwicklungen abzuzei-
chnen: Zum einen steht der Iran als
Folge von Ölpreisverfall und Miss-
wirtschaft inzwischen ärmer da als
noch vor wenigen Monaten und
muss mehr auf innenpolitische Pro-
bleme achten. Zum anderen sieht es
im Irak inzwischen besser aus. Das
kommt Staaten wie Saudi-Arabien
und Ägypten zupass, die im zerstrit-
tenen arabischen Lager als Handlan-
ger der USA verschrien waren.
Schon hat Ägypten eindeutig ge-
gen die Hamas Stellung bezogen,
und selbst der zurückhaltende Aus-
senminister Saudi-Arabiens machte
sie indirekt für die Kämpfe verant-
wortlich. Die Türkei ihrerseits wäre
mit stärkerer Unterstützung von west-
licher Seite in einer idealen Position,
alle Beteiligten an einen Tisch zu be-
kommen. Dafür bedarf es allerdings
immer noch kluger, harter und hart-
näckiger diplomatischer Bemü-
hungen des Westens im Allgemeinen
und der USA im Besonderen.
Die Bewohner in Gaza nützten eine dreistündige Feuerpause, um sich bei
Hilfsorganisationen mit Lebensmitteln einzudecken.
FOTO
REUTERS
Der Gashahn ist zu
Barroso: Erdgaskunden sind «Geiseln»
MOSKAU/KIEW – Mitten im
tiefsten Winter erhält Europa
kein Gas mehr aus Russland über
die Ukraine. Kiew und Moskau
machen sich gegenseitig dafür
verantwortlich.
Insbesondere in Osteuropa blieben
in vielen Wohnungen die Hei-
zungen am Mittwoch kalt, Indus-
triebetriebe erhielten einge-
schränkte Gaslieferungen. Die Re-
gierungen Rumäniens und der Slo-
wakei riefen wegen der Gaskrise
den Notstand aus, in Bulgarien
wurden drastische Sparmassnah-
men verordnet.
Weshalb die Pipelines durch die
Ukraine kein Gas lieferten, blieb
umstritten. Während es in der Ukra-
ine hiess, Russland habe den Hahn
zugedreht, erklärte die russische
Gazprom, die Ukraine habe die
Gasleitungen gesperrt.
Internationale Beobachter
In der Zwischenzeit stoppte Gaz-
prom seine Gaslieferungen durch
die Ukraine offiziell. Laut der
Nachrichtenagentur Interfax hatte
dies Regierungschef Wladimir Pu-
tin angeordnet. Gazprom werde
erst wieder liefern, wenn ein Me-
chanismus zur Kontrolle unter Be-
teiligung internationaler Beobach-
ter gefunden sei, sagte Putin.
Die Europäische Union hatte die
Stationierung von internationalen
Beobachtern an der russisch-ukrai-
nischen Grenze vorgeschlagen, um
zu prüfen, wie viel russisches Gas
durch die dortigen Pipelines strömt.
Gleichzeitig bekräftigte die EU
ihre Kritik an den beiden Akteuren.
EU-Kommissionspräsident José
Manuel Barroso warf Russland und
der Ukraine daraufhin vor, in ihrem
Gasstreit die europäischen Erdgas-
kunden «als Geiseln» zu nehmen.
Die tschechische Ratspräsident-
schaft rief beide Länder auf, ihren
Streit bis Donnerstag zu beenden,
und warnte vor einer Belastung der
Beziehungen zur EU.
Verhandlungen am Donnerstag
Laut Barroso sind beide Parteien
mit der Stationierung von Beobach-
tern einverstanden. Die Modali-
täten sollen am Donnerstag in Brüs-
sel ausgehandelt werden. Ebenfalls
am Donnerstag, in Moskau, wollen
sich Gazprom und Naftogaz zudem
erstmals seit Ausbruch der Krise
am 1. Januar zu Verhandlungen
über das grundsätzliche Problem
treffen.
Russland fordert für seine Liefe-
rungen an die Ukraine einen Gas-
preis zwischen 250 und 450 Dollar
je 1000 Kubikmeter. Die Ukraine
hingegen will höchstens 210 Dollar
zahlen und verlangt vor allem hö-
here Transitgebühren.
Europa als «Geisel» Russlands und der Ukraine: Der Gashahn ist zu.
Knopf in der Gasleitung
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