AUSLAND
VOLKSBLATT
8 DIENSTAG, 24. NOVEMBER 2009
Knochen von 4000 japanischen Sol-
daten, die während des Zweiten Weltkriegs
auf den Philippinen gefallen sind, wurden
gesammelt und in Banaue, nördlich vonMa-
nila, verbrannt. Die Asche wird nach Japan
gebracht.
HINTERGRUND: SCHICKSAL ZWEIER FRAUEN IM IRAN, DIE VOM ISLAM ZUM CHRISTENTUM KONVERTIERTEN
TEHERAN – Zwei iranische Konver-
titinnen zum Christentum sind aus
dem Teheraner Evin-Gefängnis ent-
lassen worden.
Das gab die Internationale Gesell-
schaft für Menschenrechte (IGFM)
bekannt. Die Freilassungen der Frau-
en, Maryam Rostampour und Mar-
zieh Amirizadeh, seien schon seit
längerer Zeit erwartet, aber immer
wieder hinausgeschoben worden,
weil offenbar Bedingungen an die
Entlassung geknüpft werden sollten,
so die Menschenrechtsorganisation.
Strenge Auflagen
Nach Erkenntnissen der Organisa-
tion sei es bei Konvertiten im Iran
üblich, dass an Haftentlassungen Ver-
haltensregeln gebunden werden, die
die Religionsfreiheit einschränken.
Die IGFM forderte die bedingungs-
lose Religionsfreiheit der beiden
Konvertitinnen. Die beiden zum
Christentum übergetretenen Irane-
rinnen, 27 bzw. 30 Jahre alt, befan-
den sich seit dem 5. März 2009 in
Haft. Beide wurden des «Verstosses
gegen die staatliche Sicherheit» an-
geklagt.
Weltweite Aktion
Das Hilfswerk für verfolgte
Christen «Open Doors» hatte seit
der Verhaftung der beiden jungen
Frauen zu einer weltweiten Unter-
schriftenaktion für ihre Entlassung
aufgerufen. Obwohl die Entlassung
vom Rostampour und Amirizadeh
ein Grund zur Freude sei, bleibe un-
klar, ob es sich hierbei um eine be-
dingungslose Entlassung handelt,
stellte «Open Doors» fest. Gängige
Praxis im Iran sei, dass Christen
nach ihrer Entlassung weiterhin zu
gerichtlichen Anhörungen erschei-
nen müssen.
«Abfall vom Islam»
Am 7. Oktober wurde die Anklage
gegen die beiden Frauen wegen
«staatsfeindlicher Aktivitäten» fal-
lengelassen und ihr Fall vom Revolu-
tionsgericht an einen Strafgerichts-
hof verwiesen. Den beiden Frauen
wurde «Abfall vom Islam» und die
illegale Verkündigung ihres christ-
lichen Glaubens vorgeworfen. Ihnen
drohten lebenslange Haft und täg-
liches Auspeitschen. In einer kurzen
Verhandlung am 9. August hatte der
Richter sie nach ihrer Religion be-
fragt. Darauf antworteten die Frauen:
«Wir lieben Jesus. Ja, wir sind
Christinnen. Wir wurden in eine mus-
limische Familie hineingeboren, aber
wir waren keine Muslime.» Der
Richter wies sie an, nachzudenken,
ob sie ihrem Glauben an Jesus ab-
schwören und zum Islam zurückkeh-
ren wollten. Doch die Frauen hatten
sich geweigert.
«Ja, wir sind Christinnen»
Frauen wurden nach internationalen Protesten aus Haft entlassen
USA: Geld statt Opium
KABUL – Die USA
stellen afghanischen
Provinzen, die den
Opium-Anbau erfolg-
reich reduziert oder
ausgemerzt haben,
Entwicklungshilfe in
Höhe von 26 Millio-
nen Euro zur Verfü-
gung. Der Drogen-
handel fördere die
Korruption und hin-
dere Afghanistan am Aufbau starker demo-
kratischer Institutionen und einer guten Re-
gierungsführung, hiess es.
Schweinegrippe:
Usbekistan schliesst Grenze
ASTANA – Usbekistan hat die Grenze zu
Kasachstan geschlossen, nachdem in beiden
Ländern zuletzt immer mehr Menschen an
der Schweingrippe erkrankt sind. Wie das
kasachische Aussenministerium am Montag
mitteilte, traf Usbekistan die Entscheidung
zur Grenzschliessung. Offizielle Gründe
seien nicht genannt worden, sagte ein Spre-
cher. Kasachische Medien und Bewohner
der usbekischen Hauptstadt Taschkent ver-
muteten jedoch, mit dem Schritt solle eine
Verbreitung des H1N1-Virus eingedämmt
werden.
«Lästiger» Zeuge ist tot
MOSKAU – Nach dem mysteriösen Tod
eines Häftlings hat die Moskauer Men-
schenrechtsbeauftragte Ella Pamfilowa Prä-
sident Medwedew um eine Prüfung des
Falls gebeten. Sergej Magnitski (37) hätte
wegen Steuerhinterziehung in Millionenhö-
he gegen eine früher Kreml-nahe Firma
aussagen sollen.
NACHRICHTEN
Freudentränen über die Freilassung.
EU erhöht Druck vor Klimagipfel
Washington und Peking «unhaltbare Strategie» vorgeworfen
BRÜSSEL/GENF – Zwei Wochen
vor dem Weltklimagipfel hat die
EU ihren Druck auf die USA und
China nochmals erhöht.
«Eine Einigung in Kopenhagen
hängt in vollem Umfang davon ab,
dass wir auch aus den Vereinigten
Staaten und China zufriedenstel-
lende Antworten erhalten», erklärte
der schwedische Umweltminister
und amtierende EU-Ratsvorsitzen-
de Andreas Carlgren. Bei der Kon-
ferenz in Kopenhagen geht es um
ein Nachfolgeabkommen für das
2012 auslaufende Kyoto-Protokoll
zur Eindämmung der klimaschäd-
lichen Treibhausgase.
«Unhaltbare Strategie»
Ohne Zusagen der USA und Chi-
nas würden nur die Hälfte aller
Emissionen abgedeckt, erklärte
Carlgren. Entscheidend für ein Ab-
kommen sei, dass beide Staaten Re-
duzierungen beim Treibhausgas-
Ausstoss zusagten. Der schwedische
Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt
schrieb auf einer EU-Website, ohne
verpflichtende Zusagen nach Ko-
penhagen zu kommen sei eine «un-
haltbare Strategie». Auf konkrete
Ziele zu verzichten «gibt keine glo-
bale Antwort und löst nicht die Be-
drohung durch den Klimawandel».
Für die deutsche Bundeskanzlerin
Angela Merkel wäre ein Misserfolg
des Gipfels ein dramatisches Signal.
«Wir werden in Kopenhagen keinen
ausziselierten Vertrag haben», sagte
die Kanzlerin in Berlin. Es müsse
aber eine international bindende
Verpflichtung zur Verminderung des
CO2-Ausstosses
geben. «Ich bin je-
denfalls motiviert, zum Erfolg bei-
zutragen», sagte Merkel.
Auch ein Wirtschaftsgipfel
Der 13-köpfige Rat für nachhal-
tige Entwicklung plädierte dafür,
die deutsche Konjunkturpolitik auf
zukunftsfähige, kohlenstoffarme
Wirtschafts- und Technologie-
zweige sowie auf Energieeffizienz
zu konzentrieren. Eine solche
Wachstumsstrategie sollte Merkel
auch beim Klimagipfel in Kopen-
hagen vorweisen können. «Kopen-
hagen steht nicht nur für einen Kli-
magipfel», erklärte der Ratsvorsit-
zende Volker Hauff (SPD). «In
Wirklichkeit wird es der wichtigste
Wirtschaftsgipfel aller Zeiten.» Die
USA haben sich noch nicht auf ei-
gene Ziele zur Reduzierung ihres
Schadstoffaustausches festgelegt,
ein Gesetzentwurf kommt im Kon-
gress nur schleppend voran.
FOTO
EPA
Massaker auf den Philippinen
21 Tote bei politischer Familienfehde auf Philippinen
MANILA – Eine grausame Famili-
enfehde um Einfluss und poli-
tische Ämter hat auf den Philippi-
nen am Montag mindestens 21
Menschenleben gefordert.
Die Opfer, darunter mehrere Jour-
nalisten und Menschenrechtler,
wurden nach Angaben eines Ange-
hörigen entführt und enthauptet.
Das ganze Ausmass des Blutbads
war am Abend noch unklar: 20
Menschen wurden nach Angaben
des Militärs noch vermisst. Ein Re-
gierungssprecher bezeichnete das
Blutbad als «grausames Massaker
an Zivilisten und beispiellos in der
jüngeren Geschichte».
Unfassbare Gewalt
Brisant: die Angehörigen der
Opfer bezichtigten den rivalisie-
renden Ampatuan-Clan, zu dem
auch Zaldy Ampatuan, der Gou-
verneur der autonomen Region
Muslimisch-Mindanao, gehört. Er
ist ein enger Verbündeter von Prä-
sidentin Gloria Macapagal-Arroyo
und unterhält nach Armeeangaben
eine private Miliz. Was sich am
Montag im Süden der Philippinen
abgespielt hat, ist selbst für die
Gewalt gewohnten Einwohner der
Region unfassbar. Die grausamsten
Taten werden dort meist von mus-
limischen Separatisten verübt, die
um einen eigenen Staat kämpfen.
Doch dieses Mal ging es offenbar
nicht um Ideologie und Selbstbe-
stimmung, sondern um Macht und
Einfluss.
«Sie sind alle geköpft worden»,
sagte der Vizebürgermeister von
Buluan, Esmael Toto Mangudada-
tu, fassungslos. Unter den Toten
seien seine Frau, zwei seiner
Schwestern, drei Menschenrechts-
anwälte und mehrere Lokalrepor-
ter. Nach unbestätigten Berichten
soll es sich sogar um 11 getötete
Journalisten und Fotografen han-
deln. Nach Angaben Mangudadatus
war seine Frau Genalyn mit mehre-
ren Dutzend Anhängern und den
Journalisten in einem Konvoi un-
terwegs, um seine Papiere für die
Kandidatur zum Gouverneur von
Maguindanao einzureichen. Über
die nicht unumstrittene Kandidatur
wollten die Journalisten berichten.
Hinterhalt auf offener Strasse
Plötzlich seien 100 Bewaffnete
auf die Strasse gesprungen, hätten
den Autos den Weg versperrt, sämt-
liche Insassen als Geiseln genom-
men und verschleppt. Er bezichtigte
einen Bürgermeister des Ampatuan-
Clans und Sohn des Gouverneurs als
Anführer. «Ich habe mit meiner Frau
gesprochen, bevor sie umgebracht
wurde, und sie hat mir gesagt, sie
seien auf Anordnung der Ampatuans
entführt worden», sagte der Vize-
Bürgermeister.
Präsidentin Arroyo (l.) traf in der Krisenregion ein.
FOTO EPA