Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2009)

AUSLAND 
VOLKSBLATT 
10 MONTAG, 21. SEPTEMBER 2009 
Eine Motorradfahrerin 
stoppt vor den Konterfeis von Kanzlerin 
Merkel (CDU) und FDP-Chef Guido Wes- 
terwelle. Die FDP will nach den deutschen 
Wahlen mit der CDU/CSU eine Koalition 
bilden. 
HINTERGRUND: TIROLER LANDESFESTUMZUG OHNE «JODELING» UND SCHUHPLATTLING 
Einer Veranstaltung a la «Jodeling, 
Schuhplattling and Dancing» hatte 
Landesfestumzugskoordinator An- 
dreas Khol bereits im Vorfeld eine 
Absage erteilt und daran hielten sich 
die Teilnehmer am Landesfestum- 
zug, dem Höhepunkt des Andreas 
Hofer Gedenkjahres, auch. Dennoch 
stand die Pflege der Tradition am 
Sonntag im Vordergrund. Bei strah- 
lendem Sonnenschein und spätsom- 
merlicher Hitze marschierten 26 000 
Mitglieder von Traditionsverbänden 
begleitet von Blasmusik durch Inns- 
bruck. Auch politische Botschaften 
hatten bei der Veranstaltung Platz, 
stiessen bei den 70 000 Zuschauern 
aber nicht immer auf Verständnis. 
«Unsere Heimat Tirol – EINigt TI- 
ROL in Europa», «Ein Tirol – nach 
über 90 Jahren Unrechtsgrenze for- 
dern wir die Wiedervereinigung Süd- 
Tirols mit Österreich» und «Freiheit- 
liche fordern Selbstbestimmung für 
Südtirol» war auf Transparenten zu 
lesen. 
Neben zahlreichen Traditionsver- 
bänden wie Schützen, Trachtenver- 
bände aus Nord- und Südtirol und 
dem Trentino waren auch Abord- 
nungen der ehemaligen «Andreas- 
Hofer-Feinde» aus Bayern und Frank- 
reich dabei. Begleitetet wurden auch 
sie bei ihrem Einzug vom Applaus der 
Zuschauer. Ob das als Zeichen der 
Versöhnung oder der Unwissenheit zu 
werten war, sei dahingestellt. Auch 
die umstrittene Dornenkrone wurde 
wie angekündigt mitgetragen. Ihre 
Symbolik wurde allerdings «ent- 
schärft», indem sie mit 2009 Rosen 
verziert worden war. 
Leid der Südtiroler 
Die «Dornenkrone» soll das Leid 
der Südtiroler versinnbildlichen. Be- 
reits 1959 war eine «Dornenkrone» 
beim damaligen Landesfestumzug in 
Innsbruck als Symbol für die Unter- 
drückung der 1919 an Italien annek- 
tierten Südtiroler mitgetragen wor- 
den. 1984 hatte eben diese Dornen- 
krone für heftige Proteste Roms ge- 
sorgt. Das vieldiskutierte «Los von 
Rom» wurde von einer Südtiroler 
Schützenkompanie aus dem Pustertal 
auf einem Transparent in dicken 
schwarzen Blockbuchstaben gefor- 
dert. «Wir getrennten Ladiner wollen 
zurück zu Bozen», verlangten dage- 
gen Mitglieder eines Ladiner-Ver- 
eines auf einem Plakat. 
Andreas Hofer gefeiert 
Innsbruck: Traditionspflege und politische Botschaften 
Medwedew warnt 
vor Krieg zwischen 
Israel und Iran 
MOSKAU – Der russische 
Präsident Dmitri Medwe- 
dew (Bild) hat Israel in 
einem Interview des US- 
Fernsehsenders CNN vor einem Krieg ge- 
gen den Iran gewarnt. «Das wäre das 
Schlimmste, was man sich vorstellen 
könnte», sagte der Kremlchef in dem auf 
seiner Internetseite am Sonntag veröffent- 
lichten Interview. «Das wäre eine humani- 
täre Katastrophe» mit einer grossen Zahl an 
Flüchtlingen und ungeahnten Folgen für 
den gesamten Nahen Osten, sagte Medwe- 
dew. Russland behalte sich ungeachtet der 
Proteste aus den USA das Recht vor, den 
Iran weiter mit Verteidigungswaffen auszu- 
statten. In einem Kriegsfall könnten weder 
der Iran noch Israel mit einer Unterstützung 
Russlands rechnen, betonte der Präsident. 
Er hoffe, dass die Entscheidung eines An- 
griffs auf den Iran nie getroffen werde. 
Obama lehnt Stopp von 
Folter-Ermittlungen ab 
WASHINGTON – US-Präsident Barack 
Obama lehnt einen Stopp von Folter-Er- 
mittlungen gegen den US-Geheimdienst 
CIA ab. «Niemand steht über dem Gesetz», 
sagte er dem TV-Sender CNN am Sonntag. 
Ausserdem stehe es ihm nicht zu, in lau- 
fende Ermittlungen der Justiz einzugreifen. 
Obama bezog sich damit auf die Forderung 
von sieben ehemaligen CIA-Chefs, die ein 
Ende der Ermittlungen gegen Geheim- 
agenten wegen Folter und brutaler Verhör- 
methoden unter der Regierung seines Vor- 
gängers George W. Bush verlangt hatten. 
NACHRICHTEN 
Die Kanonen für den 21-schüssigen Salut zu Ehren des Bundespräsidenten. 
FOTO 
APA 
Die Leichen der sechs 
bei einem Selbstmordanschlag 
in Kabul getöteten italienischen 
Soldaten der internationalen Af- 
ghanistan-Schutztruppe (ISAF) 
sind am Sonntag nach Italien ge- 
bracht worden. Der Tod der Sol- 
daten hat in Italien tiefe Bestür- 
zung und erneut eine politische 
Debatte über das militärische 
Engagement am Hindukusch 
ausgelöst. Seit Beginn des Af- 
ghanistan-Einsatzes sind 21 ita- 
lienische Soldaten ums Leben 
gekommen. Italien hat 2800 Sol- 
daten in Afghanistan stationiert. 
(Foto: AP) 
FOTO 
AP 
Al Kaida droht Deutschland 
Terroranschläge im Umfeld der Bundestagswahl angekündigt 
BERLIN – Die Anspannung ist 
spürbar. Wo sonst vor dem Jü- 
dischen Museum in Berlin die Po- 
lizisten entspannt mit Passanten 
plaudern, patrouillieren Beamte 
nun mit schwarzen Maschinen- 
pistolen. 
• Georg Ismar, dpa 
Auch an Flughäfen und grossen 
Bahnhöfen gehört die massive Be- 
waffnung in den nächsten Wochen 
zum neuen Bild. Die Gefahr ist 
abstrakt, aber sie hat eine neue 
Qualität, heisst es in Sicherheits- 
kreisen. Zwei neue Videos des mut- 
masslichen Al-Kaida-Terroristen 
Bekkay Harrach erhöhen die Ner- 
vosität. Denn erstmals ist eine Dro- 
hung von ihm auf einen festen Zeit- 
rahmen rund um die Bundestags- 
wahl bezogen. 
Verfassungsschutz-Chef Heinz 
Fromm warnte schon zu Jahresbe- 
ginn, «dass Anschläge gegen unser 
Land vorbereitet werden». Auffäl- 
lige Reisebewegungen haben diese 
Sorge nun in den letzten Tagen ver- 
stärkt – über allem kreist die Be- 
fürchtung vor einem zweiten Ma- 
drid. Dort gab es im März 2004 bei 
Anschlägen auf Pendlerzüge 191 
Tote. Der Terror hatte politische 
Folgen: Drei Tage später gewannen 
die Sozialisten überraschend die 
Wahlen. Der Nachfolger des kon- 
servativen Ministerpräsidenten Jo- 
sé María Aznar, der Sozialist José 
Luis Rodríguez Zapatero, ordnete 
den Abzug der Truppen aus dem 
Irak an. 
Besonders das am Freitag aufge- 
tauchte Video ist eine eindeutige 
Ansage vor der Bundestagswahl. 
Es kommt zunächst wenig bedroh- 
lich daher. Harrach, ehemaliger 
Student der Wirtschaftsmathema- 
tik, steht vor einem roten Samtvor- 
hang. Er trägt schulterlanges, ge- 
geltes Haar, gekleidet ist er mit An- 
zug und hellblauer Krawatte – ein 
fast skurril anmutender Auftritt 
eines Mannes, der der mittleren 
Führungsebene von al Kaida zuge- 
rechnet wird und der über sich sagt: 
«Mich für Allah in die Luft zu 
sprengen ist mein Wunsch seit 
1993.» 
Der 32-jährige Deutsch-Marok- 
kaner stammt aus Bonn. Zuletzt 
wurde er im afghanisch-pakista- 
nischen Grenzgebiet vermutet. Der 
Türke Ömer Ö., der derzeit wegen 
seiner mutmasslichen Al-Kaida- 
Mitgliedschaft in Koblenz vor Ge- 
richt steht, soll Harrach angewor- 
ben haben. Harrach, der sich «Abu 
Talha, der Deutsche» nennt, gilt als 
Verehrer von Osama Bin Laden 
und soll hochintelligent sein. Über 
Deutschland weiss er genau Be- 
scheid, auch wie sensibel das The- 
ma Afghanistan ist, gerade nach 
dem von der Bundeswehr angeord- 
neten Luftangriff bei Kundus mit 
Dutzenden Toten. 
Ruhig erklärt Harrach, dass 
Deutschland sofort seine 4200 Sol- 
daten zurückholen soll. «Mit Ab- 
zug des letzten deutschen Soldaten 
wird auch der letzte Mudschahed- 
din aus Deutschland abgezogen», 
sagt er und fügt zynisch hinzu: 
«Dafür steht al Kaida mit ihrem 
Namen.» Weiter heisst es: «Sollte 
allerdings das deutsche Volk seine 
zur Auswahl stehenden Parteien 
nicht mehrheitlich dazu bewegen 
wollen, die deutschen Soldaten aus 
Afghanistan abzuziehen, dann wird 
es nach den Wahlen ein böses Er- 
wachen geben.» Es sei an der Zeit 
zu begreifen, dass Afghanistan 
nicht das 17. Bundesland sei. 
Einsatz alternativlos 
In Deutschland gibt es bislang 
weitgehendes Einvernehmen, dass 
der Afghanistan-Einsatz alternativ- 
los ist, nur die Linkspartei ist für ei- 
nen sofortigen Abzug. Will Harrach 
nur Angst verbreiten, in der Hoff- 
nung, dass so die politische Zu- 
stimmung zu dem Einsatz am Hin- 
dukusch bröckelt? An die Muslime 
in Deutschland gerichtet sagt er, sie 
sollten in den zwei Wochen nach 
der Wahl «von allem was nicht le- 
bensnotwendig ist» 
fernbleiben, wenn 
die Deutschen 
sich nicht für ei- 
nen Abzug ent- 
s c h e i d e n 
sollten. 
Standbild von einem Video mit Audio-Botschaft. 
FOTOS 
AP 
Bekkay Harrach.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.