INLAND
VOLKSBLATT
5 SAMSTAG, 29. AUGUST 2009
«Steuergesetz wird
Attraktivität steigern»
SCHAAN – Gestern publizierte das Amt für
Statistik die Steuerstatistik 2009. Der Prä-
sident der Liechtensteinischen Industrie-
und Handelskammer, Josef Beck, äussert
sich nachstehend zu der Steuersituation in
Liechtenstein und das neue Steuergesetz.
• Stefan Lenherr
Josef Beck: «Liechtenstein weist im inter-
nationalen Vergleich eine tiefe Fiskalquote
auf, was sicher ein Standortvorteil ist. Laut
einer Untersuchung zum neuen liechtenstei-
nischen Steuergesetz ist in europäischen
Ländern wie auch weltweit in den letzten
Jahren eine allgemeine Tendenz zur Sen-
kung der Steuersätze zu verzeichnen. Die
Steuerbelastung für Unternehmen ist in ei-
nigen europäischen Ländern heute tiefer als
in Liechtenstein.
Die Liechtensteinische Industrie- und
Handelskammer (LIHK) begrüsst deshalb
die Totalrevision des liechtensteinischen
Steuergesetzes. Durch das neue Steuerge-
setz wird die steuerliche Attraktivität Liech-
tensteins verbessert. Weiter wird dieses
neue Steuergesetz eine bessere Grundlage
zum Abschluss von Doppelbesteuerungsab-
kommen bieten, welche für die Konkur-
renzfähigkeit des Wirtschaftsstandorts
Liechtenstein sehr wichtig sind.»
NACHGEFRAGT
Höchstmarke angesteuert
5,6 Prozent mehr Einnahmen im Steuerjahr 2008 – Wirtschaftskrise nur verzögert spürbar
VADUZ – Das bisherige Rekordjahr
2007 wurde mit Mehreinnahmen
von 48 Millionen noch einmal
übertroffen. Diese Entwicklung
könnte jedoch jäh unterbrochen
werden – der Krise wegen.
• Daniel Banzer
Obwohl das Jahr 2008 von der
wirtschaftlich bescheidenen Lage
geprägt war, können Land und Ge-
meinden im Jahr 2008 Steuerein-
nahmen von 905 Millionen Fran-
ken vorweisen. Damit übertrafen
sie den Vorjahreswert um 48 Milli-
onen Franken.
«Ergiebigste Steuer»
Mit 220 Millionen Franken war
die Kapital- und Ertragssteuer – mit
der Kapital, Reserven und Gewinn
von in Liechtenstein tätigen Unter-
nehmen besteuert werden – «die er-
giebigste Steuerart», stellte das
Amt für Statistik in der aktuellen
Steuerstatistik fest. Aus eben dieser
ist ebenfalls ersichtlich, dass die
Mehrwertsteuer ertragsmässig mit
213 Millionen an zweiter Stelle
folgte. Damit, so die Statistiker,
«brachten diese beiden Steuerarten
im Jahr 2008 knapp die Hälfte der
gesamten Steuereinnahmen ein».
Dass die eingangs erwähnte Re-
kordjagd im nächsten Jahr weiter-
geht, ist jedoch unwahrscheinlich.
Laut den Statistikern reagiert die
wichtige Kapital- und Ertragssteuer
zwar sehr ausgeprägt, aber verzö-
gert auf die Gewinnentwicklung
der im Land tätigen Unternehmen.
Und auch schon in der Steuersta-
tistik für das Jahr 2008 zeigen sich
– trotz erneutem Einnahmerekord –
erste Anzeichen für eine schwierige
Phase: Die Gründungs- und Wert-
stempelgebühr, bei der unter ande-
rem die neu gegründeten Stiftungen
versteuert werden, sank um 28,7
Prozent, rund 300 000 Franken
wurden weniger eingenommen.
Gemächliches Wachstum
Zudem, so das Amt für Statistik,
wiesen die drei ertragsreichen Steu-
erarten (siehe Kasten links) «unter-
durchschnittliche Wachstumsraten
auf». Einzig die Mehrwertsteuer
habe mit einem Plus von neun Pro-
zent «deutlich stärker zulegen kön-
nen, als das Gesamtwachstum der
Steuereinnahmen».
Ebenfalls positiv verlief das Steu-
erjahr 2008 für Familien mit einem
geringen Einkommen. «Weitge-
hend frei von Steuern» seien diese,
schreiben die Statistiker. So bezahl-
te ein verheiratetes Ehepaar mit
zwei Kindern und einem Einkom-
men von 70 000 Franken lediglich
24 Franken Steuern. Aber auch ver-
mögende Ehepaare mit Kindern
konnten zufrieden sein. Bei einem
Einkommen von 150 000 Franken
belief sich die Steuerbelastung auf
5325 Franken oder 3,6 Prozent.
Mehr Informationen zum Amt
für Statistik sowie die ganze Steu-
erstatistik unter: www.as.llv.li.
Liechtenstein ist ein Steuerparadies: Die Fiskalquote ist tief und liegt mit 21,1 Prozent unter der Quote der Schweiz (knapp 30 Prozent).
FOTO
W0DICKA
Bruttoerwerb Steuerbelastung 2006 Steuerbelastung 2007 Steuerbelastung 2008
50 000 Franken 0 Franken 0 Franken 0 Franken
60 000 Franken 42 Franken 0 Franken 0 Franken
70 000 Franken 758 Franken 24 Franken 24 Franken
80 000 Franken 1608 Franken 641 Franken 641 Franken
100 000 Franken 2948 Franken 1924 Franken 1924 Franken
200 000 Franken 12 998 Franken 9665 Franken 9665 Franken
Quelle: Amt für Statistik, Steuerstatistik 2009
STEUERBELASTUNG EINER FAMILIE MIT ZWEI KINDERN
Steuerstatistik in Kürze
Steuerart Einnahmen*
Vermögens- und Erwerbssteuer 161,1
Kapital- und Ertragssteuer 219,6
Couponsteuer 48,2
Grundstücksgewinnsteuer 17,5
Quellensteuer der Zupendler 19,3
Bes. Gesellschaftssteuern 89,3
Nachlass- und Erbschaftssteuer 9,0
Schenkungssteuer 3,5
Stempelabgaben 64,1
Gründungs- und Wertst.-Gebühr 0,7
Mehrwertsteuer 212,7
Steuer ausl. Versicherer 3,1
Motorfahrzeugsteuer 11,1
Rentnersteuer 2,5
Übrige Steuereinnahmen 43,3
Total 904,9
* Angaben in Millionen Franken
Quelle: Steuerstatistik 2008/2009
Fiskalquoten im Überblick
VADUZ – Die Fiskalquote wird als Indika-
tor für die Belastung einer Volkswirtschaft
mit Steuern und Sozialabgaben herangezo-
gen. Sie setzt die Steuereinnahmen in das
Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt.
Land/Organisation Quote*
Liechtenstein 21,0 Prozent
USA 28,0 Prozent
Schweiz 29,6 Prozent
Deutschland 35,6 Prozent
OECD 35,9 Prozent
EU 15 39,8 Prozent
Österreich 41,7 Prozent
Schweden 49,1 Prozent
Quelle: Steuerstatistik 2008/2009, Stand: 2004 bis 2006
Gewinnstreben statt «grünem» Denken
Bau von Fotovoltaikanlagen dank Fördermittel lukrativ – Vaduzer Gemeinderat reagiert
VADUZ – In Vaduz ist der Bau von
Fotovoltaikanlagen dank gross-
zügiger Fördermittel ein lukra-
tives Geschäft geworden, der
ökologische Gedanke rückte im-
mer mehr in den Hintergrund. Der
Gemeinderat reagiert und kürzt
die Subventionsgelder.
• Stefan Lenherr
Nachdem bereits die Gemeinde
Triesen die Fördermittel für Foto-
voltaikanlagen gekürzt hat, reagiert
nun auch Vaduz. Der Gemeinderat
begrüsse grundsätzlich die Subven-
tionierung von Fotovoltaikanlagen,
heisst es in einer gestern ver-
schickten Mitteilung, «eine Kor-
rektur des Beitragsatzes wurde aber
beschlossen, da der rein wirtschaft-
liche Anreiz gegenüber dem ökolo-
gischen Zweck heute überwiegt».
Durch die Wirtschaftskrise pro-
duzieren die Hersteller von Solar-
und Fotovoltaikanlagen nahezu
doppelt so viel wie die Nachfrage
des Marktes verlangt. In der Folge
sind die Preise eingebrochen. «Da-
durch ist aus der Förderung durch
die Gemeinde eine Finanzierung
geworden», sagt der Vaduzer Ge-
meinderat René Hasler. Als Vertre-
ter der Freien Liste habe ihm die
Entscheidung, die Fördermittel für
eine ökologisch an und für sich
sehr sinnvolle Sache zu kürzen,
zwar wehgetan, «doch wir mussten
der veränderten Entwicklung Rech-
nung tragen».
Gewinnbringendes Modell
Findige Geschäftsleute hatten
schon Flyer verteilt und angeboten,
auf fremden Dächern Fotovoltaik-
anlagen zu bauen und den Erlös aus
dem Verkauf des generierten Stroms
an die Liechtensteinischen Kraft-
werke aufzuteilen. Ein lukratives
Geschäft, da der finanzielle Auf-
wand verschwindend gering ge-
worden war. Ein realitätsnahes Re-
chenbeispiel: Eine Fotovoltaikanla-
ge kostet 42 500 Franken. Das Land
steuert 12 500 Franken bei, von der
Gemeinde kommen nochmals
25 000 dazu. Der Bauherr muss
noch gerade 5000 Franken selbst
aufbringen. Da die LKW für den in
ihr Netz eingespeisten Strom eine
Förderung garantiert, ist die Anlage
in Kürze abbezahlt und wirft in der
Folge Gewinne ab.
Fördergelder breiter streuen
Dem Gewinnstreben wollte der
Gemeinderat einen Riegel vorschie-
ben, auch angesichts der ausu-
fernden Kosten, wo doch in diesen
wirtschaftlich unsicheren Zeiten
der Spargedanke im Vordergrund
steht. Das Budget zur Förderung
von Fotovoltaikanlagen für die Jah-
re 2008 bis 2011, das ursprünglich
200 000 Franken betrug, musste
bereits auf 1 Million Franken er-
höht werden. Nun sollen die Gel-
der aus dem Topf, der zur Förderung
ökologisch sinnvoller Massnahmen
gedacht ist, breiter gestreut werden.
So ist beispielsweise angedacht,
Hausbesitzer bei der Wärmedäm-
mung ihrer Liegenschaften unter
die Arme zu greifen. Der Einbau
von Warmwasser generierenden
Solaranlagen soll übrigens wie bis-
her gefördert werden, da es sich
hierbei um Eigenbedarf handelt
und keine Gewinne rausgeschlagen
werden können.
Vaduz kürzt die Fördergelder für den Bau von Fotovoltaikanlagen.
FOTO ZVG