INLAND
VOLKSBLATT
3 DONNERSTAG, 13. AUGUST 2009
HINTERGRUND: WIE DIE PRESSE IM IN- UND AUSLAND AUF DAS STEUERABKOMMEN MIT GROSSBRITANNIEN REAGIERTE
«Amnestie für Steuerflüchtlinge»
Presse kommentiert Abkommen wohlwollend – und spricht vereinzelt von Liechtenstein als «ehemaliger Steueroase»
VADUZ – Für den ramponierten Ruf
Liechtensteins ist das abgeschlos-
sene Abkommen ein Segen. Das
zeigt ein Blick in deutsche und eng-
lische Zeitungen. Doch auch im In-
land wird eine bemerkenswerte Ent-
wicklung offensichtlich.
• Daniel Banzer
Die altehrwürdige britische «Times»
zeigt sich sehr angetan von dem
«Deal» ihrer Regierung: «Das ist ein
Coup», schreibt David Wighton in
seinem Kommentar. Vor allem wenn
man bedenke, dass somit 5000 Briten
dazu gezwungen werden, zwischen
zwei und drei Milliarden Pfund (5,3
Milliarden Franken) zu deklarieren,
«ist das ein grossartiges Resultat».
Allerdings kritisiert Wighton die «re-
lativ bescheidene» Strafe – laut bri-
tischer Steuerbehörde beträgt diese
höchstens zehn Prozent der in den
letzten zehn Jahren hinterzogenen
Steuern: «Das zeigt nur, dass die Re-
gierung in diesen Tagen verzweifelt
auf der Suche nach Geld ist», kom-
mentiert Wighton bissig.
Für «Welt Online» ist die Sache
klar: «Das Abkommen hat Amnestie-
Charakter», schreibt die deutsche Qua-
litätszeitung und vergleicht Liechten-
stein mit der Schweiz: «Anders als bei
Abkommen, wie sie die Schweiz abge-
schlossen hat, wird auch die Behand-
lung von ‹altem› Schwarzgeld gere-
gelt.» Zudem findet sich, gut versteckt,
Lob für die Vorwärtsstrategie: Liech-
tenstein ist keine Steueroase, sondern
«galt lange Zeit» als eine solche.
Noch immer eine Steueroase
Die englische «Financial Times»
sieht durch das Steuerabkommen vor
allem Folgen für die Schweiz: «Der
Deal wird den Druck für das Nachbar-
land erhöhen.» Sie lässt jedoch keinen
Zweifel daran, dass Liechtenstein für
sie nach wie vor eine Steueroase ist.
Sie stellt ihren Lesern unser Land wie
folgt vor: «Liechtenstein ist ein kleines
Fürstentum, das seine Existenz vor
allem mit der Ver-
wahrung des Geldes
von reichen Aus-
ländern finanziert.»
Die bisher unter-
nommenen Bemühungen werden im
Artikel nicht erwähnt.
Wesentlich interessanter findet die-
se Tatsache die «Frankfurter Allge-
meine Zeitung» – und stellt die Mo-
tive Liechtensteins in den Vorder-
grund: «Das Fürstentum ist besonders
nach dem Fall Zumwinkel bestrebt,
mit einer Art Tabula-Rasa-Politik vom
Ruf wegzukommen, wenig mehr als
eine Steueroase zu sein.»
Die wirtschaftsliberale «Neue Zür-
cher Zeitung» erkennt in dem Abkom-
men einen letzten Zwischenschritt
zum «automatischen Informationsaus-
tausch im OECD-Raum». Schliesslich
hätten sich die G-20-Länder an ihrem
Treffen im April klar festgelegt. «Aus
ihrer Sicht kann es nicht länger sein,
dass in Steuerfragen das Bankgeheim-
nis dem grenzüberschreitenden Infor-
mationsaustausch entgegensteht. Ei-
nen ähnlichen Standpunkt vertritt
Staatssekretär Stephen Timms (...)».
Diese Äusserungen, so die «NZZ»
liessen «keinen Zweifel» daran, dass
im OECD-Raum als Endziel der auto-
matische Informati-
onsaustausch an-
gepeilt wird. Das Ab-
kommen zwischen
Liechtenstein und
Grossbritannien sei als ein letzter Zwi-
schenschritt verstehen, «der es dem
liechtensteinischen Finanzplatz er-
möglichen soll, in den nächsten fünf
Jahren eine geordnete Ablösung von
unversteuertem durch voll versteuertes
Geld zu bewerkstelligen», schreibt die
«NZZ». Sie schlussfolgert: «Für die
Schweiz dürfte es schwierig werden,
den Druck auf den hiesigen Finanz-
platz über die Einführung einer Abgel-
tungssteuer zu lindern.»
Abkommen «eine Weltneuheit»
Liechtenstein hat sich also in den
Augen einiger ausländischer Kom-
mentatoren zum Besseren entwickelt.
Das ist erfreulich – und interessant.
Ein bemerkenswerter Meinungswan-
del zeichnet auch das «Liechtenstei-
ner Vaterland» aus. Während die Ta-
geszeitung dem Abkommen mit Gross-
britannien in ihrer Mittwochsausgabe
auf dreieinhalb Seiten huldigte («Welt-
neuheit», «massgeschneiderte Lö-
sung»), zeigte sie sich vor ein paar Mo-
naten noch wesentlich kritischer. In
einem Kommentar auf Seite 1 hiess es
Mitte Dezember 2008 zum wesentlich
weicheren Steuerinformationsabkom-
men mit den USA: «Das Ausscheren
aus der bewährten schweizerisch-liech-
tensteinischen Allianz zum Schutz der
Privatsphäre wird weitreichende Fol-
gen haben.» Schuld an der Misere war,
wen wunderts, «die entschleunigte,
intransparente und alles andere als
vorausschauende Politik von Otmar
Hasler seit der ersten Finanzplatzkrise
im Jahr 2000».
Und die damalige VU-Fraktionsspre-
cherin Doris Beck bemängelte nur Ta-
ge später, dass Liechtenstein nach dem
Abschluss des «einschneidenden Ab-
kommens» nun auch mit der EU auf
einem Niveau verhandeln müsse, «das
den Finanzplatz im Wettbewerb der
Standorte um Meilen zurückwirft».
Zudem geisselte sie die «Aussenpolitik
der letzten Jahre»: «Dass es in unserem
Land gegenüber der besser gestellten
Schweiz künftig ein Gefälle geben
wird, allerdings in umgekehrter Rich-
tung», sage diesbezüglich alles.
Fahrplan wird angepasst
VADUZ – Mit Schulbeginn am 17. August
2009 wird der Fahrplan des «Liechtenstein-
Busses» in zwei Punkten angepasst. Einer-
seits verkehrt zwischen Schellenberg und
Buchs neu am Morgen eine Direktlinie 35E
und andererseits werden die Fahrplanzeiten
der Expresslinie 12E zwischen Vaduz und
Sargans teilweise angepasst.
Wichtige Erfahrungen gesammelt
Seit der Einführung der Linie 12E mit
Fahrplanwechsel im Dezember 2008 konn-
ten wichtige Erfahrungen im täglichen Be-
trieb gesammelt werden. Viele Fahrgäste
schätzen die schnelle Verbindung zwischen
Vaduz, Triesen, Balzers und Sargans sowie
die bequeme Möglichkeit, den InterCity
nach Zürich oder Chur zu erreichen. Um die
Fahrplanstabilität und die Anschlusssicher-
heit zu verbessern, werden die Abfahrts-
zeiten an den Haltestellen Triesen Post,
Triesen Adler/Schule, Balzers Roxy, Bal-
zers Gagoz und Trübbach Dornau um eini-
ge Minuten angepasst. Die Abfahrtszeiten
in Vaduz Post bleiben unverändert.
Das Angebot der Linie 35 wird am Mor-
gen mit einem Direktkurs nach Buchs deut-
lich verbessert. Der Kurs um 6.30 Uhr ab
Schellenberg wird neu direkt als «35E» via
Bendern/Schaan Industrie bis Buchs Bahn-
hof geführt. Die Retourfahrt erfolgt um 7.03
Uhr ab Buchs Bahnhof wieder via Schaan /
Bendern Industrie nach Schellenberg.
Zeitkritische Anschlüsse entlasten
Auf diese Weise erhalten viele Fahrgäste
morgens eine direkte, umsteigefreie Verbin-
dung in beide Richtungen. Die neuen Kurse
schaffen zusätzlich erforderliche Kapazi-
täten zu den Hauptverkehrszeiten und entlas-
ten damit zugleich zeitkritische Anschlüs-
se in Bendern und Schaan. Die genauen
Fahrplanzeiten und bedienten Haltestellen
der Linien 35E und 12E können den neu
aufgelegten Flyern sowie der Internetseite
www.lba.li entnommen werden. (red/pafl)
LBA INFORMIERT
Schon wieder an die Urne
Mobilfunk-Initiative erfolgreich – Volksabstimmung wohl noch in diesem Jahr
SCHAAN – Jetzt ist es offiziell: Die
Initiative zur Beibehaltung der
Mobilfunkgrenzwerte war erfolg-
reich. Heute werden die beglau-
bigten Unterschriften offiziell der
Regierung übergeben.
• Michael Benvenuti
Das Initiativkomitee wollte offiziell
zwar keine genauen Zahlen nennen,
wie viele Unterschriften heute um
15 Uhr überreicht werden, ein Mit-
glied dieses Komitees sprach gegen-
über dem «Volksblatt» aber von «ca.
2000». Die benötigten 1000 beglau-
bigten Unterschriften seien jeden-
falls «ganz ohne Probleme» erreicht
worden. Zum Vergleich: Das SPES-
Referendum war mit 2255 Unter-
schriften, das Referendum gegen
den Landtagsbeschluss zur Locke-
rung des Rauchverbots mit 2564
Unterschriften zustande gekommen.
Der Landtag ist am Zug
Nun muss der Landtag in seiner
September-Sitzung über das weitere
Vorgehen entscheiden. Bleiben die
Mandatare bei ihrem Beschluss, die
Strahlengrenzwerte ab 2013 von
heute 6 auf 0,6 V/m zu senken und
erteilen der Initiative damit eine Ab-
fuhr, muss die Regierung innerhalb
dreier Monate eine Volksabstim-
mung durchführen. Stimmt der
Landtag der Forderung der Wirt-
schaftsverbände hingegen zu, was
allerdings sehr unwahrscheinlich ist,
würde die Gesetzesänderung sofort
in Kraft treten. Allerdings könnte
gegen diesen Entscheid wiederum
ein Referendum ergriffen werden.
Am 4. Juli hatten LIHK, Banken-
verband, Wirtschaftskammer und
Treuhändervereinigung mit der Un-
terschriftensammlung für ihre Mo-
bilfunk-Initiative begonnen. Das
Ziel der Verbände: Die vom Landtag
im Jahr 2008 beschlossene Senkung
der Grenzwerte auf 0,6 V/m soll
rückgängig gemacht werden. Der
Grund: Nur so könne verhindert
werden, dass Liechtenstein ins
«Kommunikationsmittelalter» zu-
rückgeworfen werde. Die Wirtschaft
sei auf eine leistungsfähige, zuver-
lässige und flächendeckende Tele-
kommunikationsinfrastruktur ange-
wiesen – was mit 0,6 V/m aber nicht
zu gewährleisten sei.
Und der Schutz der Gesundheit?
Dieser sei ihnen «extrem wichtig»,
betonten die Vertreter der vier Ver-
bände. Deshalb würden sie sich ja
für die Schweizer Grenzwerte – die
weltweit tiefsten – aussprechen.
«Wenn wir wüssten, dass diese
schädlich sind, würden wir sie si-
cher nicht vertreten», hielt Jürgen
Nigg, Geschäftsführer der Wirt-
schaftskammer, fest.
Vonseiten der Politik gab
es Zustimmung für die
Volksinitiative. «Als Wirt-
schaftsminister unterstütze
ich die Initiative», erklärte Regie-
rungschef-Stellvertreter Martin
Meyer. «In Liechtenstein sollten
wir den Schweizer Grenzwert ha-
ben, da dieser sowohl den legitimen
Gesundheitsinteressen als auch den
Interessen des Wirtschaftsstand-
ortes Rechnung trägt.»
Ende März «SPES» und «Rauchverbot», voraussichtlich im November «Mobilfunkgrenzwert»: Liechtensteins Wahlvolk wird erneut an die Urne
gebeten.FOTO WODICKA