KULTURNEWS
Donnerstag, 6. August 2009 Seite 19
KULTURNACHRI CHTEN FÜR DAS RHEI NTAL
Wer kennt sich aus?
«Berauschende Gewächse»: Dialogführung im Liechtensteinischen Landesmuseum
VADUZ – Noch immer ist der Alko-
hol Liechtensteins Droge Nr. 1.
Über den gesellschaftlichen Um-
gang mit Rauschmitteln im histo-
rischen und gegenwärtigen Liech-
tenstein wurde gestern im Lan-
desmuseum informiert.
• Arno Löffler
Die meisten der 15 Teilnehmer (incl.
Presse) hatten das Alter deutlich
überschritten, in dem man gemein-
hin von Eltern und Polizei hinsicht-
lich seines Konsumverhaltens bearg-
wöhnt wird. Esther Kocsis, Beauf-
tragte für Suchtfragen, wendet sich
sonst eher an jüngere Semester. In
einer dialogischen Führung mit Ste-
fanie Leibfried vom Museum ver-
mittelte sie den wissensdurstigen
Museumsbesuchern Wissen v. a.
über Hanf, Alkohol und Tabak, die in
Liechtenstein relevantesten Drogen.
52% haben schon gekifft
Hanf bzw. Cannabis hat erst seit
einigen Jahrzehnten eine so schlech-
te Presse. Schliesslich kann man al-
les Mögliche daraus machen: Texti-
lien, Medikamente oder Autos samt
Treibstoff. Im 19. Jahrhundert war
er eines der wichtigsten Produkte
der heimischen Wirtschaft, erläu-
terte Leibfried, rittlings auf einem
hölzernen «Hanfbrecher» sitzend.
Trotz der vielen zitierten Quellen
mussten die Führerinnen eingeste-
hen, dass sie keine gesicherten Er-
kenntnisse zum Konsum THC-hal-
tiger Sorten im Land aus jener Zeit
haben. 52% der Achtzehnjährigen in
Liechtenstein haben Erfahrungen
mit dem Konsum von Hanf ge-
macht. Kocsis sieht in dieser Zahl
nicht eine Tendenz zur allgemeinen
Akzeptanz einer relativ harmlosen
Volksdroge, sondern vielmehr «die
Gefahr der Polarisierung».
Und ein Gläschen zum Schluss
An einer alten Schultafel listete
Kocsis im Gespräch mit den Teil-
nehmern die wichtigsten Drogen
auf: Opiate (Heroin, Opium), Ko-
kain, Alkohol, Tabak, Ecstasy und
andere synthetische Drogen sowie
legale Medikamente wie Schmerz-
und Beruhigungsmittel. Die Wir-
kungsweise sei unterschiedlich, al-
len Stoffen gemein sei ihr Sucht-
potenzial.
Die Besucher erfuhren vom ersten
absoluten Tabakverbot im Land, er-
lassen unter Fürst Anton Florian zwi-
schen 1718 und 1721. Die betreffen-
de Norm sei allerdings ein Reichsge-
setz gewesen, wurde die Suchtbeauf-
tragte aus dem Publikum belehrt. Aus
dem Jahr 1893 datiert ein mit einem
Gulden Strafe bewehrtes Kautabaks-
verbot in liechtensteinischen Kir-
chen. Dass der Alkohol noch immer,
trotz seiner anerkanntermassen zer-
störerischen Wirkung, immer noch in
der öffentlichen Wahtrnehmung so
gut wegkommt, erklärte Koscis mit
seiner Rolle in der christlichen Litur-
gie und mit der relativen Kontrollier-
barkeit eigenen Konsumverhaltens.
Die überall in Mitteleuropa vorkom-
menden Naturdrogen, die schwer zu
dosieren und daher alles andere als
ungefährlich sind, wie Fliegen- und
andere halluzinogene Pilze, Stechap-
fel und Tollkirsche blieben weitge-
hend unerwähnt. Auf die Tollkirsche
kam Kocsis ganz am Schluss der
Führung doch noch zu sprechen, auf-
grund eines unrühmlichen Vorfalls in
der jüngsten Liechtensteiner Vergan-
genheit. Der Konsument erkannte
mehrere Tage lang seine Frau nicht
mehr. Passenderweise klang die Füh-
rung mit einem Apéro mit feinem
Liechtensteiner Wein aus.
Ein Öflein in Ehren? Nein, nur testatmen durch ein Papierrohr. Gar so weit ging der Spass doch wieder nicht.
FOTO
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LÖFFLER
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Wetter, Sterne und Kino
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Amoklauf im Fitness-Studio
International / 24
Musical-Workshop Mit Un-
terstützung der «siaa»-Stiftung und in Ko-
operation mit Evenique Berlin führt die
Liechtenstein Musical Company seit dem 3.
und bis 8. August einen Musical-Workshop
durch. Ausgesuchte Darsteller erarbeiten
unter professioneller Anleitung Szenen aus
dem Musical «Die Schwarzen Brüder». Das
Ergebnis ist am Samstag, den 8. August um
20 Uhr im Guido-Feger-Saal des Musik-
schulzentrums in Triesen zu erleben. (al)
NEWSMIX
Der Koschuh am 9. August
in der Poolbar
FELDKIRCH – Ka-
barett, Lesung, Ge-
sang und Schauspiel
vereint der Tiroler
Kabarettist Der Ko-
schuh im Best of sei-
nes Solo-Programms
«Wort fetzt!». Nach
zahlreichen Auftrit-
ten von Hamburg bis
Wien ist der Tiroler
nun zum ersten Mal
mit seinem Programm in Vorarlberg zu se-
hen – nämlich am kommenden Sonntag, den
9. August, ab 20.30 Uhr in der Poolbar in
Feldkirch. Selten werden Lachtränensäcke
so nachhaltig geleert wie bei Koschuhs
«Ode an den Frühling», seinen gekonnten
Dialekt-Persiflagen oder Liebesbriefen, die
nie geschrieben wurden, aber wohl so ge-
klungen hätten wie etwa Hitlers «Evva!».
Ursprünglich im Poetry Slam begonnen lotet
Der Koschuh längst genreübergreifend die
Grenzen der Lach-Belastbarkeit seines Pu-
blikums aus. Tiefsinnig, politisch und zum
Brüllen komisch – ein ganz besonderer Ka-
barettabend im Rahmen des Poolbar-Festi-
vals, bei dem neben einem Best Of aus sie-
ben Programmen auch das eine oder andere
für Vorarlberg massgeschneiderte Gusto-
stück dabei sein wird. (pd)
Lexikon über Castros
politischen Gedanken
HAVANNA – Wenige Tage vor dem Ge-
burtstag von Fidel Castro will Kuba ein Le-
xikon über die politischen Gedanken des
langjährigen Revolutionsführers veröffentli-
chen. Das Buch werde die Überlegungen
Castros zur aktuellen Politik seit seinem
Rückzug vor drei Jahren wiedergeben, be-
richteten kubanische Medien am Dienstag.
Es solle einen Beitrag zur zeitgenössischen
ideologischen Debatte und zum Aufbau des
Sozialismus in Kuba liefern. Das Lexikon
soll am Samstag vorgestellt werden. (sda)
Unterhaltung und Spannung
TV / 23
Zehn Tage im Sommer
62. Filmfestival von Locarno eröffnet
LOCARNO – Gestern Abend wurde
auf der Piazza Grande in Locarno
mit der Europa-Premiere der ro-
mantischen Komödie «500 Days
of Summer» das 62. Filmfestival
Locarno eröffnet.
• Ruth Allgäuer
Im Verlaufe von zehn Tagen wer-
den fast 400 Filme in elf verschie-
denen Sektionen zu sehen sein. Im
Internationalen Wettbewerb gehen
19 Filme aus aller Welt ins Rennen
um den Goldenen Leoparden.
Es ist dies das letzte Festival un-
ter der künstlerischen Leitung von
Frédéric Maire, der zukünftig die
Leitung der Cinémathèque Suisse
übernehmen wird. Der Ehrenleo-
pard wird dieses Jahr an den ameri-
kanischen Regisseur William Fried-
kin für seine Leistungen vergeben.
Friedkin schuf Filme wie «The Ex-
orcist», «French Connection».
Jurymitglied aus Liechtenstein
Übrigens ist auch Liechtenstein
an der diesjährigen Ausgabe des
Festivals erstmals «offiziell» vertre-
ten: Markus Wille, Geschäftsführer
des Filmclubs im Takino, sitzt in der
internationalen Jury der Semaine de
la critique, einer Reihe von Doku-
mentarfilmen, die von Schweizer
Filmjournalisten ausgewählt wurden.
Kurzfristige Neubesetzung
Wie erst gestern bekannt gegeben
wurde, musste der mexikanische
Filmemacher Enrique Rivero seinen
Platz in der Jury zur Vergabe des
Leoparden für den besten Erstlings-
film («Opera Prima») aufgrund
eines Notfalls kurzfristig aufgeben.
Er wird durch den chilenischen Re-
gisseur Esteban Larraín ersetzt, Ge-
winner «CinéCinéma» Spezial-
preises im Wettbewerb Filmema-
cher der Gegenwart für «Alicia en el
país». heuer präsentiert Esteban Lar-
raín auch sein neues Filmprojekt,
«The Passion of Michelangelo», im
«Cinéfondation»-Fenster innerhalb
der Sektion «Open Doors».
Das Festival endet am 15. August
mit der feierlichen Preisverleihung
auf der Piazza Grande.
Die Schauspielerin Zooey Deschanel im Locarno-Eröffnungsfilm, der Ko-
mödie «500 Days of Summer» (USA, 2009) von Marc Webb.
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ZVG
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