WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN FÜR DAS RHEINTAL
WIRTSCHAFT
Ben Bernanke
sieht «Inflations-
gefahren» und
will die «Geld-
politik straffen»
Wirtschaft / 14
Mittwoch, 22. Juli 2009 Seite 11
Inficon mit beträchtlichem Verlust
Wirtschaft / 13
UBS im 1. Quartal mit Verlust
Wirtschaft / 14
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HINTERGRUND: IMPORT VON GEFÄLSCHTEN UHREN – VON DOMINIQUE ARLETTAZ, SDA
BERN – Trotz des Verbots bleibt
die Einfuhr von Fälschungen durch
Reisende in die Schweiz mit wenig
Risiko verbunden. Der Uhrenindus-
trie bringt die vor gut einem Jahr in
Kraft getretene Gesetzesrevision
gegen Fälschung und Piraterie bis-
her kaum etwas. Bei den Luxus-
uhren sei es trotz des Importverbots
für Fälschungen noch nicht gelun-
gen, den Handel einzudämmen,
sagte Michel Arnoux, Leiter des
Fälschungsbekämpfungs-Dienstes
des Verbands der Schweizerischen
Uhrenindustrie FH. Wenigstens sei
die Anzahl der importierten Nach-
ahmungen nicht weiter gestiegen.
Schwierig zu unterscheiden
Diese durchzogene Bilanz hängt
vor allem mit der Art des Produkts
zusammen: Eine gefälschte von ei-
ner echten Uhr zu unterscheiden sei
für einen Laien nicht gerade ein-
fach, sagte Arnoux. Normalerweise
beschlagnahme ein Zollbeamter ei-
ne Ware nicht, wenn er sich nicht
sicher sei, dass es sich um eine Fäl-
schung handle. Wird eine gefälschte
Uhr beschlagnahmt, ist es an der
FH oder dem Markenbesitzer, die
Kosten für die Kontrolle zu über-
nehmen. Diese beliefen sich auf 50
bis 250 Franken pro Beschlagnah-
mung, was nicht gerade motivie-
rend sei, sagte Arnoux.
Die neue gesetzliche Grundlage
war am 1. Juli 2008 in Kraft getre-
ten. Trotz der grossen Schwierig-
keiten habe deren Einführung Lü-
cken bei der Durchführung und
Probleme bei der Aufteilung der
Zuständigkeiten ans Tageslicht ge-
bracht, sagte Arnoux. Diese wür-
den nun mit der Eidg. Zollverwal-
tung (EZV) diskutiert, um Ände-
rungen vorzunehmen. Die bishe-
rige Praxis habe beispielsweise klar
gezeigt, dass eine bessere Schulung
der Zollbeamten nötig sei. Bis vor
Kurzem sei der Import einer einzel-
nen Fälschung durch einen Tou-
risten in die Schweiz noch toleriert
worden, sagte Daniel Monney, Ver-
antwortlicher des Zentralamts für
Edelmetallkontrolle bei der Ober-
zolldirektion. Das absolute Verbot
durch die gesetzliche Neuerung ha-
be daran kaum etwas geändert.
Die Aufmerksamkeit am Zoll
gelte in erster Linie Fälschungen,
die gefährlich seien, wie beispiels-
weise Medikamenten oder Autoer-
satzteilen. Fälschungen würden bei
Stichproben entdeckt, wobei hier
das Gespür und die Erfahrung der
Zollbeamten ausschlaggebender
seien als die geltenden Gesetze.
Nicht kontrollierbar sei der Inter-
nethandel mit Uhrenfälschungen,
sagte Monney. Sperre die FH eine
Internetseite, tauche diese am nächs-
ten Tag in neuer Form wieder auf.
Zudem werden Postpakete am Zoll
nicht mehr kontrolliert. Die Zöllner
müssten sich auf die elektronischen
Dokumente verlassen.
Leichte Sanktionen
Bei der Kontrolle der Touristen
am Zoll sei das neue Gesetz wenig
abschreckend, sind sich Monney
und Arnoux einig. Die einzige Stra-
fe besteht in der Beschlagnahmung
einer Fälschung. Diese Sanktionen
sind weniger streng als in der Euro-
päischen Union. In Frankreich und
Italien zum Beispiel müssten die
Händler von Fälschungen eine
Busse im Wert des Originalpro-
dukts bezahlen, sagte Monney.
Diese beiden Länder seien bei Lu-
xusprodukten – wegen deren wirt-
schaftlicher Bedeutung - besonders
aufmerksam. Laut Arnoux bringt
die gesetzliche Neuerung vom 1.
Juli 2008 vor allem das Bemühen
um Prävention und Information
zum Ausdruck. Viel wirkungsvoller
wären aber Geldstrafen, sagte er.
«Gesetz wenig abschreckend»
Nach Gesetzesrevision: Kampf gegen Import von gefälschten Uhren noch immer schwierig
BIEL – Die Branche leidet weiter
unter der Weltwirtschaftskrise. Im
Juni brachen die Uhrenexporte um
fast ein Drittel ein. Auf das Halbjahr
gerechnet beläuft sich der Export-
einbruch auf über ein Viertel. Im
Juni sanken die Uhrenausfuhren im
Vergleich zum Vorjahresmonat um
31,9 Prozent auf 1,077 Mrd. Fran-
ken. Teuerungsbereinigt beläuft sich
das Minus auf 28,3 Prozent. Der Ex-
port von Uhren habe sich damit im
Juni deutlich verlangsamt, teilte der
Verband der Schweizerischen
Uhrenindustrie (FH) am Dienstag
mit. Bei den Armbanduhren lag der
wertmässige Rückgang bei 31,5
Prozent auf 1,005 Mrd. Franken.
Uhren mit einem Preis von über 500
Fr. verkauften sich deutlich schlech-
ter als billigere Uhren. Zeitmesser
in der Preisspanne von 300 bis 500
Fr. legten sogar zu. Weiterhin deut-
lich zurück gingen die Umsätze mit
Golduhren (–35 Prozent) zurück,
während Stahl- (–29,7 Prozent) und
bimetallige Produkte (–46,2 Pro-
dukte) ebenfalls stark litten. Einen
massiven Rückgang verzeichneten
im Juni weiterhin die Exporte in die
USA (-49,2 Prozent). In Japan san-
ken die Verkäufe um 42,4 Prozent,
im grössten Absatzmarkt Hongkong
um 35,9 Prozent. (sda)
Uhrenexporte brechen ein
Rabenschwarzes Halbjahr
Wirtschaftskrise beschert den Eidgenossen einen Rekordeinbruch bei den Exporten
BERN – Die Krise setzt dem
Schweizer Aussenhandel so stark
zu wie noch nie. Die Exporte
sackten im ersten Halbjahr nomi-
nal um fast 16 Prozent ab. Das ist
der stärkste je gemessene Rück-
gang in einem Halbjahr.
Allein im Juni tauchten die Exporte
um 20,4 Prozent auf 14,929 Mia.
Franken. Real, also um die Teue-
rung bereinigt, betrug das Minus
23,5 Prozent. Etwas weniger stark
litten die Importe: Sie gingen um
17,7 (real: 10,7) Prozent auf 13,357
Mia. Fr. zurück, wie die Eidg. Zoll-
verwaltung (EZV) am Dienstag
mitteilte. Alle Exportbranchen wie-
sen ein Minus auf, sechs von zehn
erlitten dabei einen Rückgang zwi-
schen 20 und 40 Prozent. Beson-
ders hart getroffen wurde im Juni
erneut die Metall- (–38,7 Prozent)
und die Uhrenindustrie (–31,9 Pro-
zent, siehe unten). Mit Ausnahme
von Ozeanien ging die Nachfrage
auf allen Absatzmärkten zurück.
Rabenschwarzes Halbjahr
Der Schweizer Aussenhandel
blickt damit auf ein rabenschwarzes
erstes Halbjahr zurück. Mit einem
Rückgang der Ein- und Ausfuhren
um je 16 Prozent rutschte er auf
den Stand des Jahres 2006 ab. Die
Krise frass damit drei Jahre Wachs-
tum auf.
Die Exporte sanken von Januar
bis Juni nominal um 15,6 Prozent
auf 88,907 Mia. Franken. Real be-
trug das Minus 17,4 Prozent. Dabei
schnitten die Ausfuhren im zweiten
Quartal noch schlechter ab als im
ersten. Grösste Verliererin ist
mit einem Exporteinbruch um
37,5 Prozent die Metallin-
dustrie. Starke Einbussen
von einem Viertel und mehr
verzeichneten auch die Tex-
til-, die Uhren-, die Maschi-
nen- und Elektro- sowie
die Kunststoffindustrie.
Mit vergleichsweise
geringen Einbussen
kamen die Nahrungs-
und Genussmittelbran-
che, die Präzisionsins-
trumente und die Che-
mische Industrie da-
von. Besonders mit der
EU liess der Warenverkehr
«überdeutlich» nach, wie die
EZV festhält. Der Rückgang be-
läuft sich auf 17,5 Prozent und fiel
damit doppelt so kräftig aus wie je-
ner bei den Ausfuhren nach Asien
und Nordamerika. Einziges Plus
verzeichneten die Exporte nach
Afrika.
Auch Importe rückläufig
Die Importe verringerten sich um
16,2 Prozent auf 79,908 Mia. Fran-
ken. Teuerungsbereinigt beträgt der
Rückgang 10,0 Prozent. Hier fiel
der Rückgang im zweiten Quartal
2009 doppelt so hoch aus wie im
ersten. Am schwächsten war der
Rückgang bei den Konsumgütern
(–4 Prozent), am stärksten bei En-
ergieträgern (–30 Prozent). Aller-
dings gibt es bei den Konsumgü-
tern starke Schwankungen. Nah-
rungs- und Genussmittel etwa gin-
gen nur um 5,2 Prozent zurück, da-
gegen sanken die Importe von Un-
terhaltungselektronik und Autos
um einen Fünftel. Einfuhren aus
Asien und Ozeanien legten zu, jene
aus allen anderen Gebieten gingen
zurück.
Weniger Erdöl aus Lybien
Aus Afrika wurden gar zwei Drit-
tel weniger eingeführt. Dies vor
allem wegen des starken Rück-
gangs (–90 Prozent) von impor-
tierten Erdöl aus Libyen. Die Ein-
fuhren aus der EU sanken um 18,1
Prozent. Die Handelsbilanz wies
einen Überschuss von 9 Mia. Fr.
aus. Damit reduzierte sich der Ak-
tivsaldo gegenüber der Vorjahres-
periode um 10 Prozent. (sda)
Im ersten
Halbjahr
wurden
rund 30
Prozent
weniger
Uhren
exportiert.
NEWSMIX
US-Konjunkturbarometer legt
weiter kräftig zu
WASHINGTON – Der Silberstreif am
Horizont wird immer heller: Das US-Kon-
junkturbarometer ist auch im Juni stärker
als erwartet angestiegen. Der Index, der
aus zehn wichtigen Wirtschaftsindikatoren
besteht, kletterte um 0,7 Prozent, wie das
Conference Board am Montag mitteilte.
Damit ging es mit dem Index, der die Wirt-
schaftsaussichten für die nächsten drei bis
sechs Monate ins Auge fasst, bereits im
dritten Monat hintereinander aufwärts. Ex-
perten hatten zuvor mit einem beschei-
deneren Plus von lediglich 0,4 Prozent ge-
rechnet. Im Vormonat stieg der Index revi-
diert um 1,3 Prozent, zunächst waren 1,2
Prozent angegeben. (sda/dpa)
IWF will Kapital um
250 Milliarden aufstocken
WASHINGTON – Der Internationale Wäh-
rungsfonds (IWF) will mit einer kräftigen
Kapitalerhöhung die Voraussetzung für neue
Kredite an ärmere Länder schaffen. Die Ein-
lagen der 185 Mitgliedstaaten sollen um 250
Mrd. Dollar aufgestockt werden. Dies be-
schloss das Führungsgremium des Fonds am
Montagabend (Ortszeit). Wie viel jedes Land
aufbringen muss, richtet sich nach dessen
Wirtschaftskraft. Damit die Kapitalerhöhung
wirksam wird, müssen am 7. August mindes-
tens 85 Prozent der IWF-Mitglieder zustim-
men. Mit diesem Schritt will der Fonds das
Vertrauen in den Schwellen- und Entwick-
lungsländern fördern, die unter dem schwä-
cheren Welthandel und strengeren Kreditauf-
lagen besonders leiden. Allein 18 Mrd. Dol-
lar sollen ohne Auflagen an arme Länder
fliessen – das ist deutlich mehr, als sie jähr-
lich an Hilfen bekommen. (sda/reuters)
Tarifkonflikt beim
«Boston Globe» beigelegt
BOSTON – Die grösste Gewerkschaft der
finanziell angeschlagenen US-Zeitung
«Boston Globe» hat einem neuen Tarifver-
trag zugestimmt, der Einsparungen von ins-
gesamt zehn Millionen Dollar (sieben Milli-
onen Euro) vorsieht. Dazu zählen unter an-
derem eine Gehaltskürzung um sechs Pro-
zent, unbezahlter Urlaub und verringerte
Zuzahlungen für die Krankenkasse. Ausser-
dem werden lebenslange Arbeitsplatzgaran-
tien abgeschafft. Einen ähnlichen Vorschlag
hatte die Gewerkschaft im Juni noch abge-
lehnt. Der Medienkonzern der «New York
Times», zu dem der 137 Jahre alten «Boston
Globe» inzwischen gehört, kürzte die Ge-
hälter daraufhin um 23 Prozent. (ap)