Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2009)

WIRTSCHAFT 
VOLKSBLATT 
FREITAG, 12. JUNI 2009 
Weko vermutet Absprachen 
im Strassen- und Tiefbau 
BERN – Die Wettbewerbskommission (We- 
ko) vermutet unzulässige Absprachen im 
Strassen- und Tiefbau in den Kantonen Zü- 
rich und Aargau. Sie hat zwei Untersu- 
chungen eröffnet und im grossen Stil Haus- 
durchsuchungen durchgeführt, wie es in ei- 
ner Mitteilung vom Mittwoch heisst. Bei 
Implenia, Walo Bertschinger, Marti und 
Strabag sowie einem Dutzend weiterer Bau- 
unternehmen der Kantone Zürich und Aar- 
gau kam es zu Durchsuchungen. Es handle 
sich um die grösste Aktion dieser Art, er- 
klärte Olivier Schaller, der für die Haus- 
durchsuchungen verantwortlich ist, auf An- 
frage der Nachrichtenagentur SDA. 
Dokumente auswerten 
Laut Schaller ist es möglich, dass die Un- 
tersuchung auf weitere Firmen ausgeweitet 
wird. Zuerst müssten die Dokumente ausge- 
wertet werden, die bei den Hausdurchsu- 
chungen beschlagnahmt wurden. Die Weko 
wurde aktiv, nachdem eine Anzeige einge- 
gangen war. Wer diese einreichte, war nicht 
zu erfahren. Laut Schaller besteht der Ver- 
dacht, dass sich Vertreter der angeschuldig- 
ten Bauunternehmen bei Ausschreibungen 
abgesprochen haben. Dabei sollen sie die 
Summen von Offerten koordiniert haben, 
um so Bauprojekte und Kunden untereinan- 
der aufzuteilen. Die Weko klärt nun ab, ob 
unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen 
vorliegen. (sda) 
SCHWEIZ 
Wie Unternehmen gedeihen 
Gerade in der Wirtschaftskrise lohnt sich das Abenteuer Selbstständigkeit 
VADUZ – Von ihnen hängt ab, ob 
Liechtenstein wächst oder stag- 
niert: den Leuten, die in den vie- 
len KMU arbeiten, forschen und 
entwickeln. Dazu Christian Haus- 
mann, Leiter des KMU Zentrums 
an der Hochschule Liechtenstein. 
• Kornelia Pfeiffer 
«Volksblatt»: Herr Hausmann, 
eine britische Zeitschrift schreibt: 
Das Unternehmertum ist cool ge- 
worden. Zwingen Krisenzeiten 
Leute zu ihrem Glück? 
Christian Hausmann: Selbst- 
ständig etwas im Leben zu gestal- 
ten, war immer schon cool. Wer 
möchte nicht wie Bill Gates oder 
Roman Abramovich aus dem Vollen 
schöpfen können? Statt von deren 
Geschäftsidee und Werdegang sind 
aber viel zu viele vor allem vom 
Reichtum solcher Vorbilder faszi- 
niert. Das jedoch ist die falsche 
Motivation. 
Eigene Ideen umzusetzen, sein 
eigener Chef sein, Mitarbeiter zu 
führen, Märkte zu erobern, sich ei- 
ne Stellung in der Gesellschaft zu 
erarbeiten – das ist das eigentliche 
Abenteuer, um das es geht. Krisen- 
zeiten können ein auslösendes Mo- 
ment sein, einen lang gehegten 
Wunsch wirklich werden zu las- 
sen.   
Nie waren die Bedingungen, eige- 
ne Ideen umzusetzen, so günstig 
wie heute? 
Stimmt! Denn ob Krise oder 
nicht, sein Geld muss man sowie so 
zusammenhaben, um eine Firma zu 
gründen und mit ausreichender An- 
fangsliquidität auszustatten. Geht 
man jetzt in die Selbstständigkeit 
und gründet sein eigenes Unterneh- 
men, wird man überproportional 
wachsen, sobald die Konjunktur 
wieder anzieht. Zudem bekommt 
man jetzt beste Bedingungen bei 
Lieferanten, die händeringend auf 
neue Kunden warten. Zugleich fin- 
det man qualifizierte Mitarbeiter 
auf dem Arbeitsmarkt. Das war vor 
ein paar Monaten noch ganz an- 
ders. Es lohnt sich also, jetzt in die 
Selbstständigkeit zu gehen und ak- 
tiv daran mitzuarbeiten, dass die 
Konjunktur wieder in Schwung 
kommt. 
Obwohl sich im Rheintal viel tech- 
nisches Know-how sammelt, spie- 
gelt sich das in den fünf bislang 
durchgeführten Businessplan- 
Wettbewerben kaum wider ... 
... das sehe ich anders. Bei fünf 
durchgeführten Wettbewerben ha- 
ben mehr als 300 Teams teilgenom- 
men. Daraus sind mehr als 60 Fir- 
men bei uns und im Rheintal ent- 
standen. Eine Auswertung der Da- 
ten hat ergeben, dass diese mittler- 
weile zwischen 2 und 20 Mitarbei- 
tern haben. Im Klartext: Hunderte 
von Arbeitsplätzen sind entstanden, 
was die Nachhaltigkeit des Wettbe- 
werbs unterstreicht. Klar: Bisher 
war nicht der Highflyer darunter, 
der es in diesen paar wenigen Jah- 
ren vom Start-up zum börsenko- 
tierten Konzern geschafft hat. Doch 
warten Sie ab, das werden wir noch 
erleben. 
Und Gelder für Jungunterneh- 
men fliessen? 
Jeder, der in die Selbstständigkeit 
geht, sollte genügend Eigenkapital 
mitbringen. Dann machen auch die 
Banken mit. Hier muss ich einmal 
eine Lanze brechen für die in letz- 
ter Zeit arg in die Kritik geratenen 
Banken: Sie stehen nach wie vor 
hinter den Jungunternehmen und 
helfen auch finanziell mit, wenn 
die Geschäftsidee tragfähig er- 
scheint und der Gründer das nötige 
fachliche und betriebswirtschaft- 
liche Know-how mitbringt. Zu Be- 
ginn sicherlich nicht mit Blanko- 
krediten, aber das war schon immer 
so. Ich habe aber auch neue innova- 
tive Modelle im Kopf, damit junge 
Unternehmen und Start-ups an aus- 
reichend Geldmittel für die Wachs- 
tumsphase herankommen. 
Die Weltbank stellt in ihrem jähr- 
lichen Bericht «Doing Business» 
fest, dass Unternehmensgrün- 
dungen in Singapur, Neuseeland 
und den USA am einfachsten 
sind. Und in Liechtenstein? 
In diesen Ländern kann man per 
E-Mail und Telefon eine Firma in- 
nerhalb von zwei Stunden gründen. 
Toll! Aber das sind nicht wirkliche 
Standortvorteile – zudem geht das 
bei uns auch, wenn Sie alle Unter- 
lagen beisammen haben. Im Län- 
dervergleich muss sich Liechten- 
stein also nicht verstecken. Doch 
kein potenzieller Unternehmer rich- 
tet seinen Firmensitz nur nach der 
Einfachheit der Gründung aus. Viel 
wichtiger sind Kriterien, die sich 
aus den Stärken und Schwächen 
des Unternehmers und seiner Ge- 
schäftsidee ergeben. 
In der Dienstleistungsbranche 
reicht ein Handy, ein Auto, ein 
Computer. Das Risiko ist gering. 
Wie gross ist die Angst vorm 
Scheitern bei den Teilnehmern 
am Businessplan Wettbewerb? 
Das Scheitern gehört zum unter- 
nehmerischen Risiko und das weiss 
auch jeder. Der Hauptgrund, wes- 
halb Teams beim Businessplan 
Wettbewerb mitmachen, ist nicht 
der Geldpreis, sondern, dass Fach- 
leute ihnen Feedback auf ihre Ge- 
schäftsidee geben. Damit wächst 
das Vertrauen in die eigene Stärke 
oder aber – was genauso wichtig ist 
– die Geschäftsidee wird ad acta 
gelegt. 
Beim Scheitern aber gibt es kul- 
turelle Unterschiede. In den USA 
gehört es zum guten Ton. In Europa 
und so auch in Liechtenstein ist 
dies nach wie vor mit einer «Quasi- 
Ächtung» verbunden, was bis zum 
Verbot führen kann, jemals wieder 
selbstständig zu werden. Gerade 
hier will ja nun die EU ansetzen mit 
ihrem Programm «Second Chan- 
ce». Leute, die mit der Firma ge- 
scheitert sind, sollen motiviert wer- 
den, es nochmals zu versuchen 
nach dem Moto: Fail, fail again, 
fail better ... 
Entrepreneurship hat ja viele Ge- 
sichter. Wie viel hat Unterneh- 
mertum mit Innovationen zu 
tun? 
Ohne die ist kein Staat zu ma- 
chen. Man muss sich von der Kon- 
kurrenz unterscheiden und dem 
Kunden einen Grund geben, die 
neuen Produkte oder Dienstleis- 
tungen zu kaufen. Innovation be- 
schränkt sich nicht auf den Kern- 
nutzen eines Produktes, sondern 
kann sich genauso gut in neuen 
Serviceleistungen oder einem inno- 
vativen Vertriebskonzept zeigen. 
Faktum bleibt: Hat man nicht ir- 
gendetwas Neues zu bieten, soll 
man lieber die Hände davon lassen. 
Darum ist auch die Förderung von 
Innovation der Schlüssel zum nach- 
haltigen Wachstum eines Wirt- 
schaftsraumes. 
Kleinstunternehmen kämpfen 
meist ohne Lobby. Wo sehen Sie 
für sie Chancen, von Liechten- 
stein aus andere Märkte zu ero- 
bern? 
Als Unternehmer in Liechten- 
stein ist man zum Export «ver- 
dammt».  Der Staat hat hier in den 
vergangenen Jahren einige Instru- 
mente geschaffen, die allerdings 
noch wenig bekannt sind, wohl 
aber die Exportmöglichkeiten stark 
unterstützen. Es ist mir ein Anlie- 
gen, diese Dienstleistungen in Zu- 
kunft mehr unter die kleinen und 
mittleren Unternehmen zu bringen. 
Im Sommer werden Sie die be- 
triebswirtschaftliche Seite des 
Unternehmertums verlassen und 
sich der volkswirtschaftlichen zu- 
wenden. Wie wichtig sind Kleins- 
tunternehmen für ein Land? 
KMU sind die Stütze jedes Wirt- 
schaftsraumes und für Liechten- 
stein besonders: Wir gehören zu 
den höchst industrialisierten Län- 
dern weltweit – daraus ergibt sich 
eine enorme Abhängigkeit von 
KMU. Sei dies als Arbeitgeber oder 
als Steuerzahler. Um langfristig ei- 
nen modernen und diversifizierten 
Wirtschaftsraum zu haben, muss 
der Hebel genau hier angesetzt wer- 
den. 
Christian Hausmann: Kleine und mittlere Unternehmen sind die Stütze jedes Wirtschaftsraumes und für Liechtenstein besonders. 
FOTO 
MICHAEL 
ZANGHELLINI 
Zur Person: 
Christian Hausmann 
Sechs Jahre hat Christian 
Hausmann das KMU Zen- 
trum an der Hochschule 
Liechtenstein geleitet. Fünf 
Mal hat er als Jury-Präsident 
des Businessplan Wettbe- 
werbs Liechtenstein Rheintal 
Jungunternehmer unterstützt, 
ihren Weg zu finden. Im Sep- 
tember wird er neuer Leiter 
des Amtes für Volkswirtschaft 
und damit wichtige Stütze für 
die Wirtschaftspolitik der 
liechtensteinischen Regie- 
rung. (kopf) 
13 
KOF: 2009 schrumpft die 
Wirtschaft um 2,5 Prozent 
ZÜRICH – Wenn 20 Experten Recht behal- 
ten, schrumpft die Wirtschaftsleistung der 
Schweiz dieses Jahr um 2,5 Prozent, mehr 
als noch vor Kurzem angenommen. Gemäss 
einer Umfrage sagen die gleichen Volks- 
wirte für 2010 ein Mini-Wachstum von 0,1 
Prozent voraus. Im März hatten sie für 2009 
noch einen Rückgang von lediglich 1,4 Pro- 
zent in Aussicht gestellt und für das nächste 
Jahr mit einer Wachstumsprognose von 0,4 
Prozent aufgewartet. 2010 dürfte sich die 
Wirtschaftslage somit stabilisieren, zeigt 
der am Mittwoch veröffentlichte «Consen- 
sus Forecast (BEC)» der Konjunkturfor- 
schungsstelle der ETH Zürich (KOF). Pessi- 
mistisch bewerten die Umfrageteilnehmer 
die Entwicklung der Ausrüstungsinvestiti- 
onen, die nach neuer Voraussage im lau- 
fenden Jahr um 6,8 Prozent zurückgehen 
werden. Das sind 1,6 Prozentpunkte mehr 
als vor drei Monaten prognostiziert. Der 
Rückgang der Exporte dürfe neu 10 Prozent 
betragen. Vor drei Monaten wurde noch mit 
–5,7 Prozent gerechnet. In etwa konstant 
bleibt die Erwartung der Arbeitslosenquote, 
die für das Gesamtjahr auf 3,8 Prozent an- 
steigen dürfte. Die letzte Expertenprognose 
sprach von 3,7 Prozent. 
Mehr Arbeitslose im Jahr 2010 
2010 schnellt die Arbeitlosenquote laut 
der KOF-Konsens-Prognose trotz Verbesse- 
rung der Gesamtwirtschaftslage auf 4,8 Pro- 
zent. Diese Einschätzung liegt 0,5 Prozent- 
punkte höher als im März. Die Inflation 
dürfte dieses Jahr –0,4 Prozent betragen, 
nachdem im März noch von 0,1 Prozent die 
Rede war. 2010 dürfte die Teuerung dann 
wieder auf 0,7 Prozent ansteigen, prognosti- 
zieren die Volkswirte. (sda)
	        

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